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Wahl ⦻ Meter

Marius Krüger edited this page Jul 23, 2018 · 2 revisions

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Präambel

Sie kennen sicher den Wahl-o-Mat – die Wahlentscheidungshilfe der Bundeszentrale für politische Bildung (bpb):

In Vorbereitung auf eine anstehende Wahl ermöglicht ihnen dieses Tool, die eigenen Stellungnahmen zu vordefinierten Fragen mit den autorisierten Antworten der verschiedenen Parteien zu vergleichen. 
Der Wahl-o-Mat kreuzt insofern die Wahl-Versprechen der Parteien mit den Erwartungen der BürgerInnen. Vom Wahl-o-Mat nicht abgebildet wird dann allerdings das tatsächliche Abstimmungsverhalten der Parteien und PoltikerInnen in der darauffolgenden Legislaturperiode. Offen bleibt für Sie als BürgerIn insofern:

  • Haben die Parteien das Versprochene umgesetzt und
  • wie hat der von mir gewählte Direktkandidat / die von mir gewählte Partei (in mir wichtigen Belangen) abgestimmt?

Insgesamt mangelt es in unserer modernen repräsentativen Demokratie also an Controllinginstrumenten, die uns als BürgerInnen (insbesondere vor einer Wahl) über die Qualität unserer RepräsentantInnen informieren. Der Wahl-⦻-Meter – ein noch umzusetzendes Feature unserer DEMOCRACY App – setzt genau an diesem Punkt an.

Dieses Konzeptpapier erklärt Ihnen insofern den konzeptuellen Ursprung, die genaue Ausgestaltung sowie die Anwendungsformen des Wahl-⦻-Meters.

1. Konzeptueller Ursprung des Wahl-⦻-Meters

1.1 Wahl-O-Mat

Gemäß Wikipedia ist der Wahl-O-Mat eine Entscheidungshilfe für aktuell anstehende Europa-, Bundestags- und Landtagswahlen. Er ist in die Kategorie der Voting Advice Applications (VAA) einzuordnen. Gemäß Definition können solche Anwendungen Teilnehmern politischer Wahlen helfen, einen Kandidaten oder eine Partei zu finden, der seinen/ihren politischen Einstellungen am nächsten kommt.

Konzeptuell basiert der Wahl-O-Mat auf dem „StemWijzer“ aus den Niederlanden (Instituut voor Publiek en Politiek, IPP). In Deutschland wurde er erstmalig zur Bundestagswahl 2002 in Zusammenarbeit mit der studentischen Agentur für politische Kommunikation Politikfabrik angeboten. Seitdem die Bundeszentrale für Politische Bildung in das Projekt eingestiegen ist, steht er in etwa vier Wochen vor der jeweiligen Europa-, Bundestags- und Landtagswahl zur Verfügung.

Wie genau funktioniert der Wahl-O-Mat? In Vorbereitung auf eine anstehende Wahl, werden von einem 25-köpfigen Redaktionsteam an JungwählerInnen (18 bis 26 Jahre) ca. 30 politische Thesen zusammengestellt, welche dann sowohl von den Parteien als auch Ihnen als WählerIn beantwortet werden können.

Als BenutzerIn des Wahl-O-Mat beziehen sie also zu den 30 politischen Thesen zunächst mit den drei Antwortmöglichkeiten „stimme zu“, „neutral“ und „stimme nicht zu“ Stellung. Die eigenen Stellungnahmen werden dann mit den autorisierten Antworten von bis zu 8 auswählbaren Parteien verglichen. Sie können beliebig vielen Thesen doppeltes Gewicht geben. Es besteht auch die Möglichkeit, Thesen zu überspringen und später oder gar nicht zu bewerten. Als Auswertung erhalten Sie als BenutzerIn ein Balkendiagramm, das zeigt, mit welcher Partei sie wie stark übereinstimmen sowie eine Tabelle mit dem detaillierten Vergleich der eigenen Antworten mit den Aussagen der ausgewählten Parteien. Mathematisch bildet der Wahl-O-Mat einen Mittelwert der eigenen Zustimmungen, Ablehnungen und neutralen Antworten mit den Positionen jeder Partei für die 30 Thesen und sortiert diese Werte absteigend. Vom Wahl-O-Mat werden alle zu den jeweiligen Wahlen zugelassenen Parteien berücksichtigt, die den Fragebögen beantwortet haben.

Kritik? In der Kritik steht der Wahl-o-Mat vor allem dafür, nur die Aussagen von maximal acht Parteien gleichzeitig zu vergleichen. Die bpb begründet dies mit einer besseren Übersicht und Vergleichbarkeit. So heißt es: „Eine Auswertung von mehr als acht Parteien gleichzeitig kann im Wahl-O-Maten nicht mehr sinnvoll und für den Nutzer nachvollziehbar dargestellt werden.“ Im Juli 2015 gab die Bundesregierung ferner an, bis 2016 auch Versionen des Wahl-O-Maten in Leichter Sprache und Deutscher Gebärdensprache zu prüfen. Bisher ist die Umsetzung nicht erfolgt. Grundsätzlich problematisch ist weiterhin, dass die von den Parteien behaupteten Positionen im Wahlkampf nicht mit dem späteren, tatsächlichen Verhalten übereinstimmen müssen – es liegt insofern nahe, auch das bisherige, reale Abstimmungsverhalten der Parlamentarier VAA's zu Grunde zu legen.

Weitere Anwendungen? An den Wahl-O-Mat angelehnt, entstanden auch themenspezifische weitere Angebote wie der Digital-O-Mat (Netzpolitik) oder der offensichtlich derzeit pausierende Sozial-O-Mat (Sozialpolitik).

1.2 DEMOCRACY App

Die DEMOCRACY App ist eine Open-Source-Software des gleichnamigen Trägervereins DEMOCRACY Deutschland e.V. Mit DEMOCRACY können Sie in Echtzeit alle vergangenen, aktuellen und zukünftigen Abstimmungen des Deutschen Bundestages beobachten und sich entlang der offiziellen Parlamentsinformationen über diese Anträge und Gesetzesvorlagen informieren. Zusätzlich zur Information bekommen Sie als virtueller Bundestagsabgeordneter auch die Möglichkeit, selbst über die Papiere abzustimmen. DEMOCRACY fasst alle Einzel-Vota dann zu einem kumulierten Communityergebnis zusammen, welches noch vor der offiziellen Bundestagsentscheidung in-app publiziert und somit den Bundestagsabgeordneten übergeben wird. Damit ermöglicht DEMOCRACY Ihnen nicht nur, ihrer Stimme im politischen Berlin innerhalb der Legislaturperiode Gehör zu verleihen, sondern auch den Grat der Bestätigung bzw. Ablehnung Ihrer Positionen in der Nutzerschaft zu ermitteln. Parallel dazu und nach dem offiziellen Entscheid, können Sie dieses individuelle bzw. mehrheitliche Abstimmungsverhalten mit den offiziellen Resultaten des Bundestags, der Fraktionen bzw. dem einzelnen Abgeordneten vergleichen.

2. Funktionsweise des Wahl-⦻-Meters

Als BenutzerIn der App DEMOCRACY können Sie zu etwa ~800 Gesetzgebungsverfahren und ~1.500 Anträgen pro Legislaturperiode mit den drei Antwortmöglichkeiten „stimme zu“, „neutral = enthalte mich“ und „stimme nicht zu = lehne ab“ Stellung beziehen – genau wie beim Wahl-O-Mat zu den 30 Thesen. Obschon die DEMOCRACY App diese politischen Profilingdaten serverseitig vermeidet (vgl. dazu unser Konzept zur Stimmmanonymisierung – Unterpunkt: Wie wird Stimmanonymität gewährleistet?), können Sie als NutzerIn erlauben, dass Quittungen ihrer einzelnen Abstimmungsentscheidungen lokal auf ihrem Handy verbleiben. Prinzipiell liegen auf ihrem Handy (bei aktiver Nutzung des DEMOCRACY Service) also folgende Datenbestände vor:

  • Ihre Stellungnahmen zu den jeweiligen Bundestagsvorgängen (Gesetzen/Anträgen) sowie
  • die tatsächlichen Stellungnahmen aus dem Bundestag, die sich
  • a) aus den realpolitischen, echten Stellungnahmen der einzelnen Fraktionen bzw.
  • b) aus dem tatsächlichen Abstimmungsverhalten der Abgeordneten ergeben.

Im Unterschied zum o.g. Wahl-O-Mat kann auf Basis dieser Daten nicht mehr nur das Ex-ante-Wahl-Versprechen einer Partei mit der Ex-ante-Wahl-Erwartung eines/r Bürgers/in verglichen werden, sondern eine viel tiefergehende Voting Advice Application entwickelt werden. Der Wahl-⦻-Meter ist eine Unternehmung in genau diese Richtung:

Entsprechend des Wahl-O-Mats, soll der/die NutzerIn mit dem Wahl-⦻-Meter ein Auswertungsmöglichkeit zur Verfügung gestellt bekommen, die ihm für den parlamentarischen Echtbetrieb zeigt, mit welcher (Bundestagas-)Partei er/sie wie stark übereinstimmt. Mathematisch bildet der Wahl-⦻-Meter dafür ebenfalls Mittelwerte der eigenen Zustimmungen, Ablehnungen und neutralen Antworten mit den Zustimmungen, Ablehnungen und neutralen Antworten jeder Partei für die X vom Nutzer abgestimmten Vorgänge und sortiert diese Mittelwerte absteigend. Die Darstellung per Balkendiagramm ist hierbei naheliegend.

Auf diesen Erkenntnissen aufbauend, möchten wir im nachfolgenden Kapitel alle sinnvollen Anwendungsszenarien für einen Wahl-⦻-Meter behandeln. Aufgegriffen werden dabei auch die Optionen, den Wahl-⦻-Meter auf eine Stichprobe (aller beantworteten BT-Vorgänge) anzuwenden sowie diese in ihrer (subjektiven) Wichtigkeit selbstständig zu gewichten.

3. Anwendungschancen des Wahl-⦻-Meter

3.1 Inhaltliche Anwendungen

Wahl-⦻-Meter-relevante Datenquellen sind im Kontext der DEMOCRACY App:

  • Ihre inviduellen Stellungnahmen zu den (Bundestags-)Vorgängen – Im folgenden individuelles Stimmverhalten genannt
  • alle individuellen zum Communityergbnis akkumulierten Stellungnahmen – Im folgenden Community-Stimmverhalten genannt
  • die zum Bundestagsergebnis akkumulierten Stellungnahmen der Parteien/Abgeordneten – im folgenden Bundestags-Stimmverhalten genannt
  • die zu Fraktionsergebnissen akkumulierten Stellungnahmen (anwesender) Abgeordneter – im folgenden Fraktions-Stimmverhalten genannt
  • die einzelnen Stellungnahmen (anwesender) Abgeordneter – im folgenden Abgeordneten-Stimmverhalten genannt.

Betrachtet man den Wahl-⦻-Meter ausschließlich im Sinne eines Voting Advice Application (VAA), sind folgende Kombinationen denkbar: Wir erinnern uns: VAA's wollen den TeilnehmerInnen politischer Wahlen helfen, einen Kandidaten oder eine Partei zu finden, der/die seinen politischen Einstellungen am nächsten kommt.

3.1.1 individuelles Stimmverhalten X Fraktions-Stimmverhalten

Kreuzt man Ihr individuelles Stimmverhalten mit den aus dem parlamentarischen Echtbetrieb hervorgehenden Fraktionsstellungnahmen, erhalten Sie eine Aussage darüber, wie stark Sie in ihrem Stimmverhalten mit den im Bundestag vertretenen Parteien übereinstimmen, in kurz: wer sie als Partei wie gut vertritt. Die Darstellung per Balkendiagramm mit je einem Übereinstimmungsbalken je Partei [in % Übereinstimmung] ist hierbei naheliegend.

3.1.2 individuelles Stimmverhalten X Abgeordneten-Stimmverhalten

Kreuzt man ferner Ihr individuelles Stimmverhalten sogar mit den im parlamentarischen Echtbetrieb geäußerten Abgeordnetenstellungnahmen, erhalten Sie zusätzlich eine Aussage darüber, welcher Abgeordnete sie wie gut vertritt. Diese Auswertung funktioniert allerdings nur für eine kleine Stichprobe aller in der DEMOCRACY App vorhandenen Abstimmungen – die namentlichen Abstimmungen. Als Darstellung sind sowohl ein absteigendes Abgeordneten-Ranking [mit Übereinstimmung in %] sowie eine fixierte Anzeige für ihren Wahlkreis-Direktkandidaten [mit Übereinstimmung in %] denkbar.

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Weiter gefasst kann der Wahl-⦻-Meter aber auch darüber Auskunft geben, wie stark Sie die Community repräsentieren (3.1.3) bzw. ob Sie der Bundestag im Allgemeinen repräsentiert (3.1.4). Darüber hinausgehend ist ferner die Auswertung, welche Partei (3.1.5) bzw. welcher Abgeordneter (3.1.6) die Community "am besten repräsentiert" denkbar.

3.1.3 individuelles Stimmverhalten X Community-Stimmverhalten

Kreuzt man Ihr individuelles Stimmverhalten mit dem Kumulierten der Community, erhalten Sie eine Aussage darüber, zu welchem Grat sie die Community vertreten. Geeignete, unabhängige Direkt- bzw. Communitykandidaten könnten auf diese Weise relativ einfach gefunden werden. Als Darstellung sind hier ihre individuellen Übereinstimmungswerte wie auch ihre Positionierung auf einer eine Bestenliste [nach Übereinstimmung in %] denkbar.

3.1.4 individuelles Stimmverhalten X Bundestags-Stimmverhalten

Kreuzt man Ihr individuelles Stimmverhalten mit den kumulierten Gesamt-Bundestags-Ergebnissen, erhalten Sie auch noch eine Aussage darüber, inwiefern der Bundestag im allgemeinen für Sie als Volksvertretung funktioniert. Wichtig ist, an dieser Stelle zu verstehen, dass diese Ergebnisse einen Bias enthalten, denn abgestimmt wird im Bundestag geschäftsordnungbedingt ohnehin nur über solche Anträge/Gesetzesvorlagen, die von min. 5 Abgeordneten oder einer Fraktion eingebracht werden; diese Einbringungen müssen nicht zwingend die Anliegen aus der Bevölkerung repräsentieren. Weiterhin ist es logisch, dass über eingebrachte Papiere entweder einstimmig, aber zumindest mit Dafür-Stimme der einbringenden Fraktion abgestimmt wird. Das Ergebnis ist insofern dahingehend verzerrt, dass Sie zumindest immer eine Sockelübereinstimmung mit mindestens einer Partei haben. Als Darstellung für die o.g. Anwendung ist ein Übereinstimmungsbalken mit dem Bundestag als solcher [in %] denkbar.

3.1.5 Community-Stimmverhalten X Fraktions-Stimmverhalten

Kreuzt man überdies das aus allem individuellen Stimmverhalten hervorgehende Community-Stimmverhalten mit den Fraktionspositionen, erhalten Sie als App-Nutzerschaft eine Aussage darüber, welche politische Partei dem Community-Stimmverhalten am nächsten kommt. Mathematisch werden den Parteien hierbei die Communityergebnisse je Abstimmungsvorgang (z.B. "67% Zustimmung", "12% Enthaltung", "21% Ablehnung") je nach ihrem Abstimmungsverhalten (z.B. Zustimmung) zugerechnet und über die Anzahl der Vorgänge gemittelt. Als Darstellung ist auch hier ein Balkendiagramm mit je einem Übereinstimmungsbalken je Partei [in % Übereinstimmung zur Community] naheliegend. Problematisch ist diese Darstellung allerdings insofern, als dass die dabei herauskommenden Ergebnisse in der derzeitigen Konfiguration der DEMOCRACY App uneindeutig interpretierbar sind. Ein Beispiel: Nehmen wir exemplarisch an, die Linke erziele eine 63%-Übereinstimmung mit der Community, würde uns das in zweierlei Hinsicht zu denken geben; a) die BürgerInnen würden tatsächlich alle links wählen, wenn sie sich mit den Inhalten beschäftigen oder b) in der Community befinden sich überwiegend "politisch Linke". Zwischen diesen beiden möglichen Deutungsextremen können wir, auch auf Basis unseres Konzepts, den Antragsteller in der App nicht prominent anzuzeigen, nicht unterscheiden. Insofern wohnt dieser Kreuzung kaum evidente Aussagekraft inne, obschon man Tendenzen über die nutzende Community aus ihr ableiten könnte.

3.1.6 Community-Stimmverhalten X Abgeordneten-Stimmverhalten

Gleiches gilt auch für die Kreuzung des Community-Stimmverhaltens mit dem Abgeordneten-Stimmverhalten. Mittels dieser Berechnungsmethode würden Sie als App-Nutzerschaft eine Aussage darüber erhalten, welcher Abgeordnete dem Community-Stimmverhalten am nächsten kommt. Mathematisch werden den Abgeordneten hierbei genau wie oben die Communityergebnisse je Abstimmungsvorgang (z.B. "67% Zustimmung", "12% Enthaltung", "21% Ablehnung") je nach ihrem Abstimmungsverhalten (z.B. Zustimmung) zugerechnet und über die Anzahl der Vorgänge gemittelt. Diese Auswertung funktioniert wie unter 3.1.2 beschrieben allerdings nur für die namentlichen Abstimmungen. Als Darstellung ist ein absteigendes Abgeordneten-Ranking [mit Übereinstimmung in %] denkbar. Problematisch ist diese Berechnung insofern, als das die Abgeordnete nicht zuletzt wegen der Fraktionsdisziplin sehr häufig mit ihren Parteien stimmen. Insofern gelten die Grenzen des Ansatzes 3.1.5 auch für 3.1.6.

3.2 Methodische Variationen

Nachdem wir nun relativ lange die inhaltlichen Anwendungsgebiete des Wahl-⦻-Meters erläutert haben, widmet sich der folgende Abschnitt methodischer Variationen dieser inhaltlichen Anwendungen. Grundsätzlich gilt dafür zunächst, dass es beim beim Wahl-⦻-Meter, genau wie beim Wahl-O-Mat, auch die Möglichkeit gibt, Thesen (=Vorgänge) zu überspringen und später oder gar nicht zu bewerten, indem man sie gar nicht abstimmt. Das Messen des Wahl-⦻-Meters kann sich selbstredend nur auf diejenigen Vorgänge beziehen, die vom Nutzer auch abgestimmt wurden (Abstimmungsauswahl des Nutzers). Innerhalb dieser Abstimmungen ist es konzeptuell denkbar, den Wahl-⦻-Meter auf eine (gefilterte) Subauswahl von Vorgängen anzuwenden (3.2.1) und/oder Vorgänge oder Subauswahlen unterschiedlich zu gewichten (3.2.2).

3.2.1 Subauswahl

Wie bereits erklärt, nehmen Sie als BenutzerIn mit der Stellungnahme zu bestimmten Vorgängen schon eine "Vorauswahl" für den Wahl-⦻-Meter vor; genauer definieren sie seinen Anwendungsbereich damit exakt. Der Wahl-⦻-Meter kann in seiner Basisvariante also bereits mit Fug und Recht behaupten, ihre politische Vertretung in den für Sie wichtigen Belangen zu messen. Darüber hinausgehend ist es denkbar, diese Gesamtauswahl in mehrere Subauswahlen zu zerlegen, um den Informationsgehalt des Meters noch anzureichern bzw. statistische Ausgleichseffekte abzufedern. In Frage kommt hier vor allem die Übertragung des Sachgebietsfilter auf den Wahl-⦻-Meter. Auf diese Weise wäre es ihnen z.B. möglich, Anwendungsfall 3.1.1 und Anwendungsfall 3.1.2 nicht über alle Themen, sondern in den einzelnen Sachgebietsdimensionen zu messen. Als Sachgebiete bieten sich hierfür die 28 Themengebiete aus dem Parlamentsinformationssystem DIP 21 an, die lauten:

  1. Arbeit und Beschäftigung
  2. Ausländerpolitik, Zuwanderung
  3. Außenpolitik und internationale Beziehungen
  4. Außenwirtschaft
  5. Bildung und Erziehung
  6. Bundestag
  7. Energie
  8. Entwicklungspolitik
  9. Europapolitik und Europäische Union
  10. Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
  11. Gesundheit
  12. Innere Sicherheit
  13. Kultur
  14. Landwirtschaft und Ernährung
  15. Medien, Kommunikation und Informationstechnik
  16. Neue Bundesländer
  17. Öffentliche Finanzen, Steuern und Abgaben
  18. Politisches Leben, Parteien
  19. Raumordnung, Bau- und Wohnungswesen
  20. Recht
  21. Soziale Sicherung
  22. Sport, Freizeit und Tourismus
  23. Staat und Verwaltung
  24. Umwelt
  25. Verkehr
  26. Verteidigung
  27. Wirtschaft
  28. Wissenschaft, Forschung und Technologie

So könnten Sie je Sachgebiet, ihr individuelles Abstimmungsverhalten mit dem

  • der Parteien bzw.
  • der Abgeordneten

vergleichen und/oder ihren individuellen Wahl-O-Meter zusammenstellen, indem Sie ihn (kumuliert) nur für z.B. ihre 5 wichtigsten Sachgebiete "Wirtschaft", "Verteidigung", "Soziale Sicherung", "Energie" und "Arbeit und Beschäftigung" anwenden (und somit mehrere Subauswahlen in gleicher Gewichtung zusammenfassen). Mathematisch wird zur Ergebnisberechnung hierbei immer noch die Formel des ungewichteten Mittelwerts (auf eine kleinere Stichprobe als die Grundgesamtheit) angewendet.

3.2.2 Gewichtung

Wenn der Wahl-O-Meter wie im Ende des letzten Abschnitts formuliert solche "Warenkorbergebnisse, z.B. auf Basis einer eigenen Sachgebietszusammenstellung ermöglicht, ist es darüber hinaus naheliegend, die einzelnen Elemente im Warenkorb unterschiedlich zu gewichten. In Anlehnung an den Wahl-O-Mat wäre es im Meter entsprechend möglich, beliebig vielen Sachgebieten doppeltes Gewicht geben. Hierbei auf die granularste Ebene, den einzelnen Vorgang zu gehen, erscheint nur bei Gering-Nutzern sinnvoll.

Neben diesen Ideen, (1) der "gleichstarken 5 Sachgebiete" bzw. (2) "beliebig vielen doppelt-starken Sachgebieten" bei n Sachgebieten, könnten die ausgewählten Sachgebiete auch (3) in eine (gewichtende) Rangfolge gebracht werden. Zu unterscheiden wären dabei vorgegebene Gewichtungszahlen (z.B. 25,25,15,15,10) oder individuelle Gewichtungsmöglichkeiten.

Mathematisch verändert sich die Ergebnisberechnung damit hin zu einem gewichteten Mittelwert. Die Gewichtungskoeffizienten ergeben sich dabei gemäß der Gewichtungsregeln des oberen Absatzes.

4. Kritische Würdigung

Auch wenn sich der "Wahl-⦻-Meter" an der bekannten Bezeichnung des Wahl-O-Mats ("Automat") anlehnt, weißt er doch einen entscheidenden Unterschied auf: Die Übereinstimmungen bzw. Differenzen zwischen ihren und den PolitikerInnen-/Parteipositionen werden auf Basis der tatsächlichen Entscheidungen im Bundestag "gemessen". Der Wahl-O-Meter ist insofern ein Werkzeug zum evidenten Beurteilen (subjektiver) politischer Vertretung.

Obschon er damit ein riesiges Potential in Sachen Politikcontrolling und Voting Advice hebt, weißt der Wahl-⦻-Meter auch methodische Grenzen auf. Obwohl seine Benutzung prinzipiell auch ad-hoc funktioniert, hängt seine Aussagekraft, weil er vergangenheitsdatenbasiert arbeitet, natürlich von einer (Vorab-) Leistung des Nutzers ab; so wächst seine Aussagequalität mit der Anzahl der betätigten eigenen Stellungnahmen.

Wendet man den Wahl-⦻-Meter zeitlich indifferent, z.B. auf die gesamte Legislaturperiode an, könnte dies (temporale) Veränderungen in der eigenen politischen Einstellung über die Zeit unterschlagen (Mittelwertproblem). Es macht insofern Sinn den BenutzerInnen verschiedene Messintervalle anzubieten.

Darüber hinaus werden vom Wahl-⦻-Meter in der Basisvariante nur die im Bundestag vertretenen Fraktionen erfasst, nicht aber die Kleinstparteien, die auch zur nächsten BT-Wahl zugelassen sind. Abhilfe könnte an dieser Stelle durch autorisierte Parteizugänge geleistet werden, über die sie ihre Stellungnahmen abgeben können.

Zusammenfassend kann gesagt werden, dass der Wahl-O-Mat seine Berechtigung als VAA durch den Wahl-⦻-Meter keinesfalls verliert. In Bezugnahme auf die beiden oben aufgeworfenen Fragen

  • Haben die Parteien das Versprochene umgesetzt und
  • wie hat der von mir gewählte Direktkandidat / die von mir gewählte Partei (in mir wichtigen Belangen) abgestimmt?

kann bei entsprechender Nutzung des Service Wahl-⦻-Meter insbesondere Frage 2 sehr evident von Ihnen beantwortet werden. Auf diese Weise können Sie politische Kampagnen im Wahlprozess in Zukunft hoffentlich besser durchschauen und diejenigen politischen Richtungen stärken, die wirklich ihre Interessen vertreten.

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