/
vorlesung03.tex
121 lines (82 loc) · 5.42 KB
/
vorlesung03.tex
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
11
12
13
14
15
16
17
18
19
20
21
22
23
24
25
26
27
28
29
30
31
32
33
34
35
36
37
38
39
40
41
42
43
44
45
46
47
48
49
50
51
52
53
54
55
56
57
58
59
60
61
62
63
64
65
66
67
68
69
70
71
72
73
74
75
76
77
78
79
80
81
82
83
84
85
86
87
88
89
90
91
92
93
94
95
96
97
98
99
100
101
102
103
104
105
106
107
108
109
110
111
112
113
114
115
116
117
118
119
120
121
\section{Kombinatorik-Beispiele}
\subsection{Beispiel: 10-facher Münzwurf}
Mit welcher W. kommt exakt 7-mal ``Kopf''?
$0$ sei Wappen, $1$ sei Kopf.
Das Modell ist offenbar ein Laplace-Experiment über $\{0,1\}^{10}$, also ist
\[\Omega=\{0,1\}^{10} = \{ (i_1,\ldots,i_{10}) : i_j \in \{0,1\}, j = 1,\ldots,10 \}\]
$(1,1,1,1,1,0,0,0,0,0)$ ist das Ereignis/Ergebnis: ``Die ersten 5 Würfe ergeben Kopf, alle späteren Wappen''
\noindent \textbf{Allgemein gilt}:
$\omega = (i_1,\ldots,i_{10})$ heißt, dass im $j$-ten Versuch das mit $i_j$ kodierte Ergebnis kommt.\\
\textbf{Nächster Schritt}:
Identifiziere das interessierende Ereignis als Teilmenge $A \subset \Omega$:
\[ A = \{ \omega=(i_1,\ldots,i_{10}) \in \Omega : i_1+\ldots + i_{10} = 7 \} \]
\textbf{In Worten}:
Alle $10$-Tupel, die an $7$ Positionen eine $1$ und an $3$ Positionen eine $0$ haben.
\noindent Wie immer bei Laplace-Experimenten gilt:
\[P(A) = \frac{|A|}{|\Omega|} \]
Klar ist: $|\Omega| = 2^{10} = 1024$ ($\Omega$ besteht aus den $10$-Permutationen mit Wiederholung aus einer Menge von $2$ Elementen).
\noindent Die nächste Frage heißt:
Wie viele Elemente hat $A$?\\
Die $7$ $1$en müssen auf die $10$ möglichen Positionen (ohne Wiederholung) verteilt werden.
$7$-Kombination ohne Wiederholung mit $10$ Elementen:
\[ {10 \choose 7} = \frac{10!}{7!3!} = \frac{10\cdot 9 \cdot 6}{3 \cdot 2} = 5 \cdot 3 \cdot 8 = 120 \]
Also \[ P(A) = \frac{120}{1024} = \frac{15}{128} \]
\subsection{Beispiel: Geburtstagsproblem}
Wie groß ist die W. dafür, dass von $n$ Personen (mindestens) zwei am gleichen Tag Geburtstag haben?
Vernünftige Einschränkungen an $n$: $n \geq 2, n \leq 365$ (Wir ignorieren Schaltjahre, Zwillinge, etc.)
Wir gehen wieder von einem Laplace-Experiment aus, und zwar über
\[ \Omega = \{ (i_1,\ldots,i_n) : i_j = \{ 1,\ldots,365 \} \} \]
Dabei bedeutet $i_j=k$, dass die $j$-te Person am $k$-ten Tag des Jahres Geburtstag hat.
\begin{center}
$|\Omega| = 365^n$
($n$ Permutationen mit Wiederholung aus einer Menge mit $365$ Elementen)
\end{center}
\textbf{Nächster Schritt} (wieder):
Identifiziere $A$ als Teilmenge von $\Omega$.
\[ A = \{ (i_1,\ldots,i_n) \in \Omega : \exists j,k \in \{1,\ldots,n\}\text{ mit }j\neq k \text{ und } i_j=i_k \} \]
Hier nützlich: Übergang zum Komplementär-Ereignis
\[ A^c = \{ (i_1,\ldots,i_n) \in \Omega : i_j \neq i_k \text{ für } j \neq k \}\]
$A^c$ ist also die Menge der $n$-Permutationen aus einer Menge von $365$ Elementen, nun also \textbf{ohne} Wiederholung:
$365 \cdot 364 \cdot \ldots \cdot (365 - n +1)$.
Also
\[ P(A) = 1-P(A^c) = 1 - \frac{365 \cdot 364 \cdot \ldots \cdot (365 - n +1)}{365^n} \]
Man sieht an der Formel, dass $P(A)$ mit wachsendem $n$ größer wird.
Interessanterweise erhält man ab $n=23$ einen Wert $P(A) \geq \frac{1}{2}$.
\subsection{Beispiel: Wichteln}
$n$ Kinder verpacken jeweils ein Geschenk.
Diese werden zufällig an die Kinder verteilt: jedes Kind erhält also exakt ein Geschenk.
Wie groß ist nun die Wahrscheinlichkeit, dass dies ``ohne Tränen funktioniert'', so dass kein Kind sein eigenes Geschenk erhält?
$\Omega$ sei die Menge aller $n$-Permutationen ohne Wiederholung aus $n$. Interpretationen:
$\omega = (i_1,\ldots,i_n)$ mit $i_j=k$ bedeutet, dass das $j$-te Kind Geschenk mit der Nummer $k$
(das vom $k$-ten Kind verpackt wurde) erhält.
Also
\[ |\Omega| = n! \]
$A$ ist nun die Menge der fixpunktfreien Permutationen. Also ist $A^c$ die Menge aller Permutationen, die mindestens einen Fixpunkt haben.
Wir suchen
\[ B_j = \{ (i_1,\ldots,i_n)\in \Omega:\ i_j=j \} \]
($j$ ist ein Fixpunkt, Kind Nummer $j$ erhält sein eigenes Geschenk zurück)
Klar: \[ A^c = \bigcup_{j=1}^n B_j \]
Nebenrechnung: $|B_j| = (n-1)!$
Schade: Die $B_j$ sind nicht disjunkt.
\[ A^c = \{ (i_1,\ldots,i_n) \in \Omega:\ \exists j \in \{1,\ldots, n\} \text{ mit } i_j=j \} \]
Typisches Anwendungsgebiet für die Siebformel: % TODO Href dorthin
Für $n=2$ gilt also z.B.
\[ P(B_1 \cup B_2) = P(B_1) + P(B_2) - P(B_1\cap B_2) \]
Bei $|H| = k$ besteht $\bigcap_{j\in H}B_j$ aus allen Permutationen, deren Werte in den $k$ Positionen aus $H$ festgelegt sind, die übrigen $n-k$ sind frei.
Für alle $H$ mit $|H|=k$ erhält man also $P\left(\bigcap_{j\in H} B_j\right) = \frac{(n-k)!}{n!}$.
Hängt also nur von $|H|$ ab.
Wie vele $H \subset \{ 1,\ldots,n \}$ mit $|H|=k$ gibt es?
$k$-Kombinationen ohne Wdhl. aus $|H|$ ist $n \choose k$
Damit
\[P(A) = 1- P(A^c) = 1-P\left(\bigcup_{j=1}^n B_j\right) = 1-\sum_{k=1}^n(-1)^{k+1} \cdot {n \choose k} \cdot \frac{(n-k)!}{n!} = \sum_{k=0}^n \frac{(-1)^k}{k!}\] % TODO Sieht seltsam aus ...
Aus der Analysis ist die Reihendarstellung der Experimentalfunktion bekannt
\[e^x = \sum_{k=0}^\infty \frac{x^k}{k!}\]
Mit $n\rightarrow\infty$ geht die gesuchte Wahrscheinlichkeit also gegen $e^{-1} = \frac{1}{e} \approx 0.3679\ldots$
\subsection{Beispiel: Kartenspiel}
Ein Kartenspiel mit $52$ Karten wird gut gemischt, die oberen $5$ werden umgedreht.
Mit welcher Wahrscheinlichkeit erhält man Ereignis $A$, einen ``Flush'' (alle haben die gleichen Farben), bzw. Ereignis $B$, $4$ Karten mit der gleichen Wertigkeit?
\[P(A) = 4 \cdot \frac{{13 \choose 5}}{{52 \choose 5}} \] (Möglichkeiten für die Farbe mal die Möglichkeit, aus der Farbe 5 auszusuchen durch Gesamtmenge)
\[ P(B) = \frac{13 \cdot 48}{{52 \choose 5}} \]
(Auswahl des Kartenwerts mal Möglichkeit für die 5. Karte durch Gesamtmenge)
\[ \frac{P(A)}{P(B)} = \frac{33}{4} \]
Ein Flush ist also ca. acht mal wahrscheinlicher als ein Vierling.