forked from pielstroem/Topics
-
Notifications
You must be signed in to change notification settings - Fork 13
/
Grenzboten_1844_Tagebuch_77.txt
1 lines (1 loc) · 37.1 KB
/
Grenzboten_1844_Tagebuch_77.txt
1
T a g e b u clj. i. A « S Wien. I. Materialismus. — Geheime Andachtsübungen. — Die Liedertafel und die Polizei. — „Die Körbe" und die „Kronenwächter". — Albert Nimmer. — Kisfaludy. — Lenau. — Fcldmann. Jedermann, der die hiesigen Lebensweise nur oberflächlich kennt, weiß, daß die religiöse Indifferenz, gegenüber dem gröbsten Jeloten- thum, mit jedem ^andre steigt und die katholische Färbung Wiens eben Nichts weiter ist, als eine Färbung, ein Anstrich, wie die Oelfarben des Schlagbaumes. Wenn anderswo die Philosophie dem Glauben den Krieg erklärt hat, so ist es dagegen hier die feiste Wirthsgestalt des Materialismus, die geschmeidige Advocatur der Selbstsucht, welche dem Dogma den Fehdehandschuh hinwirft, und die Regierung erlaubt nicht, daß das Dogma denselben aufhebe. Natürlich! man will vor allem Andern ruhige Bürger. Man fürchtet jede Polemik, denn die Reibung könnte Feuer erzeugen und das Balkengezimmer in Brand versetzen. Die religiösen Interessen werden hier blos protegirt, aber sie sind noch weit entfernt davon, ihre Emancipation zu verlangen. Sie werden fragen, wohin diese Einleitung ziele? Zur Erklärung dessen, was gegenwärtig die Staatsverwaltung in nicht geringe Thätigkeit setzt, nämlich der Privatandachtsübungen, die in der letzten Zeit ganz geräuschlos an Zahl und Ausdehnung zugenommen und jetzt plötzlich durch einen Zufall die Aufmerksamkeit der öffentlichen Gewalt auf sich gelenkt haben. Alle jene Köpfe, denen das Dogma in derjenigen Form nicht munden wollte, in welcher es ihnen von den meisten Dienern der Kirche geboten ward, aber gleichwohl zu wenig geistige Energie besaßen, sich selbst die innere Beruhigung zu verschaffen, die einmal der Mensch bedarf, wenn er nicht zum stumpfen Dasein des Thieres herabsinken soll, versanken anfänglich in. den bequemen Ausweg der vollständigsten Gleichgiltigkeit gegen alle religiösen Dinge 59 » 4V8 und glaubten bereits ihre Ruhe gewonnen, indem sie die wichtigste Seite der Ueberzeugung vornehm ignorirten. Doch dieser faule Zustand ist auf die Dauer bei der Mehrzahl der Menschen gar nicht haltbar und wir bemerken an diesen Deisten ohne Geistesschärfe, an diesen Atheisten ohne die mindeste Logik im Verlaufe ihres Lebens ein immerwährendes, unerquickliches Schwanken, einen krampfhaften Zustand der Seele, eine Verwirrung und Ziellosigkeit des Gemüthes, welche man oft dem Auge der Welt zu verbergen sucht, die aber dennoch einmal vorhanden sind und den Genuß der materiellen Güter, bei dem man sich lange Zeit beruhigt hatte, auf die bitterste Weise verkümmern. Dieses Schaukelsystem von Dünkel und peinigender Leere ist eine traurige Seclenlage und es bedarf da blos einer zufälligen Anregung, einer persönlichen Begegnung, um die große Schaar dieser Nachlösen einem Justemilieu-Culrus zuzuführen, der in der stillen Begrenzung häuslicher, zwangloser Andachtsübungen seine Befriedigung findet. Die erwähnten Betversammlungen, gegen welche jetzt mit aller Strenge des Gesetzes verfahren werden soll, beschäftigten sich vorzüglich mit Vorlesung von gedruckten Predigten, über deren Tendenz man Verschiedenes hört, denn während die Einen behaupten, es seien lediglich Ausgeburten des Muckerthums dazu verwendet worden, sagen wieder Andere, man habe sich an die lichtesten Werke des reinen Protestantismus, an einen Ammon, Dräseke u. s. w. gehalten. Wahrscheinlich werden beide Aussagen Wahrheit enthalten und diese Versammlungen selbst verschiedene Tendenzen befolgt, ein pietistisches Colorit getragen, die anderen mehr dem Denkglaubcn gehuldigt haben. Ein7hoher Staatsbeamter soll in dieser Beziehung gesagt haben: Eher müsse die Welt zu Grunde gehen, ehe solche Versammlungen in Oesterreich geduldet werden dürften. Die Unterdrückung derselben ist sehr leicht: man braucht blos das vorhandene Gesetz über unerlaubte Versammlungen oder Vereine dagegen aufzurufen. Welcher Hemmschuh in dieser Hinsicht das erwähnte, zur Zeit der französischen Staatsumwälzung erlassene Gesetz für jedes vereinte Wirken ist, das möge das Beispiel der seit Kurzem bestehenden Liedertafel beweisen, welche die von der Landesbehörde bestätigten Statuten in den Handen hat, gleichwohl von der Polizeihofstelle nicht die Anerkennung erringen kann, welche es ihr möglich machen würde, als wirklicher Verein öffentlich aufzutreten. Als ihr Vorstand, der erst kürzlich von seiner norddeutschen Neise zurückgekehrte Redacteur der Musikzeitung, !)r. Schmidt, einen Aufruf in den Zeitungen einrücken lassen wollte, um Mitglieder zum Beitritt einzuladen, ward derselbe vom Censor gestrichen, so daß der Liedertafel blos der Weg mündlicher Verständigung übrig bleibt, was dem rascheren Gedeihen derselben sehr hinderlich ist. Seitdem sie indeß den Kaiser nach seiner Rückkehr von der Reise nach Trieft im Lustschloß zu Schön- 469 brunn mit Festgesängen begrüßt hat, scheint ihr ein günstigeres Gestirn aufzugehen und man höheren Orts zu der Ueberzeugung gelangt zu sein, daß durch Beförderung solcher harmlasen Genossenschaften am besten der wüsten Sorte der Vergnügungssucht und dem Geist des Unbehagens entgegengewirkt werden könne, der jetzt alle Kreise der Gesellschaft wie ein häßlicher Alp zu erdrücken droht. Bei dem Concert für das in der Umgebung abgebrannte Dorf Sievering trat unsere Liedertafel auf eine recht imposante Weise vor das Publicum, das nunmehr den regsten Antheil nimmt an dem Bestand des jungen Instituts, das freilich noch manchen Strauß auszukämpfen haben wird. So wollte man nicht gestatten, daß auf dem Concertzettel der Ausdruck: Männergesangverein vorkomme und schlug darum das minder demagogische Wort: Männerchor vor. So komisch nun auch diese Silbcnstecherei erscheinen mochte, der Verein beharrte auf seinem Vereinsrecht und stellte blos die Alternative, entweder als solcher angekündigt zu werden, oder gänzlich aus dem Concerte wegzubleiben. Das wirkte. Was indeß das Merkwürdigste bei dem ganzen Vorfalle ist, die Hauptstadt blieb, obschon die Leute an allen Straßenecken von dem Vereine gelesen hatten, vollkommen ruhig und das Pflaster rauchte nicht von vergossenem Bürgerblut. Man muß derlei verwegene Kämpfe manchmal an's Tageslicht bringen, damit das Verdienst solcher Männer, welche trotz aller Schwierigkeiten an die Begründung nützlicher und reeller Werke gehen, gehörig gewürdigt werde, denn es erfordert ohne Zweifel mehr festen Muth und entschiedene Mannheit, sich diesen Nadelstichen der Gewalt, diesen Plänkeleien der starren Legalität auszusetzen, als sich mit der Macht in eine große Schlacht einzulassen. Im Burgtheater hat eine Novität, Berger's Lustspiel: „Die Körbe" einen noch schlechteren Erfolg gehabt, als die „Kronenwächter", die aus Rücksicht für die darin eingestreuten loyalen Tiraden einige Male gegeben wurden. Die Fama der Stadt hat sich dabei lächerlich gemacht, da sie „die Körbe" Herrn Holbein selber zuschrieb und nicht zu wissen schien, daß Herr Berger, ein geborener Münchner, in Stuttgart lebt. Auch die in diesen Blattern bereits erwähnten dramaturgischen Artikel in der Wiener Hofzeitung, welche man anfangs ebenfalls der Hofburgtheaterdirection zuschrieb, sind keineswegs aus Holbein's Feder geflossen. Ihr Verfasser soll Albert Nimmer, ein ehemaliger Offizier, jetzt Finanzbeamter und Mitredacteur der Wiener Zeitung sein; sie sind auch nicht im Mindesten im Interesse der Theaterverwaltung geschrieben, sondern ihr Ziel geht dahin, die Einrichtung der Tantivme als die vernünftigste und gerechteste Honorirungsart darzustellen und deren allgemeine Durchführung bei allen deutschen Hofbuhnen dringend zu empfehlen, es geschieht dies meinem so schneidenden Tone und mit so klarer Durchsichtigkeit der Theaterverhältnisse, daß 470 man daraus den Höheren Wunsch entnehmen kann, die deutschen Bühnen mochten recht bald dem von Wien und Berlin gegebenen rühmlichen Beispiele folgen, zumal die kleinen Höfe sonst immer so bildungsstolz thun und sich in jüngster Zeit anstellen, als hielten nur unvermeidliche Rücksichten aus die Wünsche der größeren Höfe sie von zeitgemäßen Reformen ab. Aus Ungarn vernimmt man, der populärste Sänger der magyarischen Poesie, Alexander Kisfaludy, sei auf seinem Landgute gestorben; er war immer einer der Ersten, welche den von Bürgerkrieg und türkischer Barbarei verwüsteten ungarischen Parnaß bepflanzten und die leisen Regungen des Nationalbewußtseins in poetische Obhut nahmen. Seine glühenden Liebesgesange, die er unter dem Titel: „Himfy's Liebesklagen" herausgab, und die auch in's Deutsche übertragen wurden, erfreuen sich im ungarischen Volke einer ungemeinen Verbreitung und oft schallen aus den verklebten Fenstern einer Haidcschenke, die Lenau so unübertrefflich zu schildern versteht, in den stillen Mondnächten, die über den ungarischen Savannen strahlen, die Stanzen des magyarischen Petrarka. Der Name Lenau erweckt in mir ein schmerzliches Gefühl, das gewiß von allen Denen getheilt wird, welchen seine herrlichen Gedichte genußreiche Stunden verschafft haben. Seine Freunde hegten hier >chon lange traurige Besorgnisse für den phantasievollen Dichter, dessen Nervensystem augenscheinlich sehr angegriffen war; aus diesen physischen Ursachen möchten wohl auch die jüngsten Productionen Lenau's zu erklären sein und der mystische Hauch, der „Savonarola" und die „Albi- genser", auch mitunter seinen Faust durchweht. Die Werke des heiligen Augustinus beschäftigten unseren Dichter lange Zeit sehr angelegentlich und die mystischen Bücher des Mittelalters waren ihm sehr interessant. Die letzten Nachrichten aus Stuttgart lauten wieder beruhigender und Lenau wird der Dichtkunst und seinen Freunden wieder geschenkt werden, ob ohne Rückfall, das kann nur die Zukunft lehren. Lenau ist Willens, sich in der romantischen Brühl bei Möd- ling anzukaufen und steht mit dem Baron Bayer, der unter dem Namen Rupertus poetischen Dilettantismus betreibt, wegen seines hübschen Landhauses in Unterhandlung. Der Lustspieldichter Feldmann in München läßt bei Wallishauser seine dramatischen Arbeiten drucken und so eben ist der erste Band erschienen, welcher die Lustspiele: Die schöne Athenienserin, das Porträt der Geliebten, der Sohn auf Reisen, die Kirschen und die freie Wahl enthält und sicher sein Publicum finden wird, denn was auch die Kritik wider Feldmann vorgebracht hat, der Erfolg ist für ihn und die Theaterbesucher werden auch seine Leser werden. Feldmann ist ein Miniatur-Kotzebue, besitzt drollige Erfindung und einen leichten Dialog und das reicht bei der Unsrucht- 471 harten der deutschen Komödie vollkommen aus, Anklang und Anerkennung zu finden. 2. Vereine: Concordia, juridisch-politischer Lcscvercin, kaufmännischer Verein, Ettinghauser'6 Vorlesungen. — Wiener Kroll, oder der neue Apollo-Saal. — Der junge Strauß. — „Ein deutscher Krieger" von Bauernfeld. — Moritz von Sachsen. — Pugcitschesf. — Struensee und die Censur. Wintervergnügungen aller Art haben begonnen. Ein Fortschritt gegen frühere Jahre sind mehrere geistige Vereine, in welchen man höhere Dinge als die hübschen Madeln und Strauß jlimm- 5«z»i«»- und Scholz und Nestrc») verhandelt. Sogar ein Shakspeareklub hat sich gebildet und ein Lesekreis für politische Broschüren. Thätiger als die Deutschen sind die Slaven, in deren Zusammenkünften mehr Begeisterung und Patriotismus herrscht, weil sie sich für die Unterdrückten halten. Als officielle literarische Vereine sind bekannt: die Concordia, in welcher Bauernfcld und Castelli das Präsidium haben und welche in drei Sectionen (Schriftsteller, Musiker und Maler) sich theilt. Mitglieder derselben sind: Grillparzer, Halm, Holbein, Fränkl, Fürst Friedrich von Schwarzenberg ?c. unter den Schriftstellern, Prof. Nico- lay, Staudigl, Randhartinger !c. unter den Musikern, die Hofschauspieler Löwe, La Noche, Lucas, Fichtner ze., die Maler Waldmüller Kriehuber, Schilcher :c. Man versammelt sich jeden Sonnabend um neun Uhr Nachts und banquettirt, musicirt, declamirt und kritisirt im buntesten Gemisch von Ernst und Scherz bis lange nach Mitternacht. Als eine Art Opposition versammelt sich um dieselbe Stunde und an demselben Abend eine andere Gesellschaft unter dem Präsidium Saphir's im Easino. Hier findet man die Schriftsteller Bäuerle, Otto Prechtler, Deinhardstein, I)r. Schlesinger, Kussner, Ebersberg:c. Die .Schauspieler, Musiker und Maler der Concordia sind auch Mitglieder dieses Vereins und gastiren bald hier, bald dort. Am Sonnabend und am Dienstag Abend hält überdies der Regierungsrath Professor Ettinghauser populäre Vorlesungen über Physik, die sehr viel Zuspruch und Dilettanten haben, an denen man jedoch die etwas allzugroße Popularität tadelt. Die Säle des juridisch-politischen Lesevereins, wie des kaufmännischen Vereins, in welchen beiden Anstalten man eine reiche Auswahl von deutschen und ausländischen Zeitungen aller Art und Farben findet, sind jeden Abend gedrängt voll. Daß es in einer Stadt von 40VMU Einwohnern nur zwei Anstalten ähnlicher Art S'de, ist freilich sehr traurig. Man beneidet Berlin um Eine Anstalt, acht um eine gelehrte oder Lehranstalt, sondern um das bekannte Kroll sche Etablissement. Man hat gefunden, daß es Wiens unwürdig wäre, wenn es sich von Berlin überflügeln ließe und nicht gleichfalls einen i^aal hätte, in welchem mehrere tausend Menschen zu gleicher Zeit 4«2 soupiren, tanzen und banquettiren könnten. Um den Schilling und die hegelischen Schüler beneidet man es nicht, aber den Kroll konnte man ihnen nicht allein lassen. So hat sich denn eine Actiengesell- schaft gebildet, die ein Etablissement baute, das an Pracht Alles überbieten soll, was bisher in Wien gesehen wurde. Sechstausend Menschen sollen hier zugleich sich belustigen können und um der Sache einen ehrwürdigen, historischen Namen zu geben und an frühere Zeit anzuknüpfen, wird das Etablissement den Namen Apollo-Saal führen, bekanntlich einer der berühmtesten Säle aus der Zeit von 18,13. Der neue Apollo-Saal wird am 8. Januar eröffnet werden. Der junge Strauß mit einem Orchester von sechsundachtzig Personen wird die Tanzmusik besorgen und erhalt für jeden Abend sechshundert si. E-M. — Der junge Strauß! Sie sehen, wir halten auch bei unsern „Walzerkönigen" auf Legitimität. Der junge Strauß steht übrigens im Kriege gegen seinen Vater wie einst Heinrich V. gegen Kaiser Heinrich IV., wie Absalon gegen König David. Ein Theil des Straußischen Orchesters hat eine Revolution gemacht und seinen Sohn auf ihren Schild erhoben. I^o roi est mon, vive le rin! Die Polizei hat nach österreichischer Politik das tiur »ccomnli gelten lassen und so bietet Wien jetzt das furchtbare Schauspiel zweier geigenden Gegenkönige. Welch ein herrlicher Stoff zu einer Tragödie mit obligater Orchesterbegleitung. — Bon Theaterneuigkeiten ist der so ungewöhnlich glückliche Succes Ihrer „letzten weißen Rose" an unserem Burgtheater das bedeutendste Ereigniß dieser Woche. Ohne auf eine genaue Analyse des Inhalts einzugehen*)--Die nächste Neuigkeit ist ein Schauspiel von Bauernfeld, „ein deutscher Krieger" es spielt zur Zeit des dreißigjährigen Krieges. Sein Held ist eine Art Johann von Werth. Es soll sich durch gute Charakteristik auszeichnen. Ihm folgt Prutz „Moritz von Sachsen." — Ja, wundern Sie sich, wir haben ihn aus der Eensur richtig herausgekriegt, die Freiheitsstellen so wie die Religionsconflicte sind freilich in die Brüche gegangen. Indeß soll der Dichter selbst Concessionen gemacht haben und es ist genug dramatisches Feuer in dieser Dichtung, um auch ohne Flittergold durchzudringen. Gutzkow's Pugatschess soll gleichfalls kom- *) Unser verehrter Herr Correspondent möge es verzeihen, wenn wir die folgenden zwei Seiten seines Manuskriptes nicht abdrucken. Es ist immer ein kitzlicher Punkt, über eine Production des Redacteurs in seinem eigenen Blatte berichten zu lassen. Der Leser glaubt nicht an die Unbefangenheit des Einsenders. Und mit Recht! So scharf wie in einem andern Blatte wird der Correspondent sich nie aussprechen, er wird immer trachten, den befreundeten Redacteur zu schonen. Und lobt er, so sieht der Leser gleichfalls eine Absichtlichkeit darin. Von diesem Gesichtspunkte ausgehend, haben die Grenzboten bisher von den Verhandlungen über jenes Drama keine Notiz genommen und die wohlwollende Erwähnung desselben von Seiten ihrer Correspon- denzen ausgelassen. — Kuranda. — 473 um. Dagegen ist für Laube's Struensee leider' alle Hoffnung verloren. Die Censur findet in der Liebe des Ministers, so wie in der Krankheit des Königs „unübersteigliche" (?) Hindernisse. II Aus Berlin. Das Publicum, Schadow und der König. — Drei Componisten. — Die Stadtverordneten schreiten vorwärts! — Localvereine für das Wohl der arbeitenden Classen. — Herr Bornemann. Die Kunstausstellung ist drei Tage nach ihrer Schließung wieder geöffnet worden, um bis zu Ende Novembers aufgestellt zu bleiben. Meister Schadow meinte zwar, das Publicum, das dieses Mal so spärlich gekommen, verdiene nicht, daß man sich seinetwegen noch länger incommodire, und der alte absolute Herr hatte auch in der That, alles Einwandes und zwar selbst von Seite des zuletzt noch die Ausstellung besuchenden Königs ungeachtet, einen Theil der Bilder schon abliefern lassen, aber nachdem mündliches Zureden vergeblich gewesen war, kam als ultimn, ratio eine königliche Cabinetsordre, in Folge deren die Säle zwar wieder geöffnet sind, doch ist weder ein Theil der bereits abgesotten Bilder, noch das renitente Publicum freiwillig zurückgekehrt. Das Publicum ist ein curiöses Individuum! Sollte man wohl glauben, daß es dies Mal die Kunstausstellung nur darum so spärlich besucht hat, weil diese zu weitläufig war? Hätte sich die Ausstellung auf zwei oder drei Säle beschränkt, dann wären Viele wohl ein Dutzend Mal hingegangen, aber zwanzig und noch mehr Säle zu durchlaufen, von denen einige in diesem Jahre ganz neu hinzugekommen waren, dazu war man durch die GeWerbeausstellung zu ermüdet und so blieb man lieber zu Hause, um sich der Anstrengung gar nicht auszusetzen. Also auch hier wieder ein Beweis, daß die Hälfte zuweilen mehr werth sei, als das Ganze. Einer unserer drei Generalmusikdirectoren, nämlich Felix Mendelssohn, geht nun wirklich von Berlin fort, nachdem er in dieser Woche noch zum Abschiede seinen „Paulus" aufgeführt. Er behält von seinem Gehalte nur tausend Thaler, wofür er sich verpflichtet, kein anderweitiges, festes Engagement anzunehmen, sondern sich für den Fall, daß hier ein besserer Gebrauch als bisher von seinen Diensten gemacht werden könne, zur Verfügung des Königs zu halten. Spontini ist einstweilen nach Dresden gegangen, um dort seine neu in Scene gesetzte „Vestalin" zu dirigiren, und auch Meyerbeer will, wie es heißt, nach Aufführung seiner neuen Festoper den hiesigen Aufenthalt mit dem in Paris wieder vertauschen. Es scheint, daß hier nur die im„c>rin» ^vnlium ihren musikalischen Wirkungskreis zu finden vermögen, Grenzvvtcn I«/, 5. iii) 474 Was sagen Sie dazu, daß auch unserer Stadtverordnetenversammlung ein politischer Geist sich zu bemächtigen anfängt? Die Verweigerung auch der sehr bedingten Oeffentlichkeit, auf welche die Majorität derselben angetragen, scheint selbst die altväterischsten dieser Vater unserer Stadt etwas verstimmtzuhaben,sodaß sieanfangen, an eine bessere Vertretung der letzteren bei den Provinzialständcn zu denken, die bisher«—wenig stars in der Mark Brandenburg — so entschieden für die dunkclstcHeimlich- keit waren. Ein kürzlich in der Stadtverordnetenversammlung gestellter Antrag geht nun dahin, nicht blos die Vertretung Berlins, sondern die des Standes der Städte überhaupt bei den Provinzialständen zu verstärken. In denselben ist ausschließlich nur der Grundbesitz und davon wieder mit überwiegender Macht der Rittergutsbesitz repräsen- tirt, der ohnehin einen sehr naheliegenden Einfluß auf den Stand der Bauerngutsbesitzer zu üben pflegt, so daß nicht blos die eigentliche Intelligenz des Landes gar nicht vertreten, sondern der ti.or«-ot!et selbst in seinen grundbesitzenden Mitgliedern in den Hintergrund gedrängt ist. Zwar hat auf dem vorigen Landtage der bei mehreren provin- zialständischen Versammlungen gemachte Antrag auf eine größere Betheiligung der Städte bei der Repräsentation keine Zustimmung von oben gefunden; es steht jedoch zu hoffen, daß ein solches Begehren, das direct von der Hauptstadt des Landes ausgeht, größere Berücksichtigung finden werde. Eine Nachricht über die Verhandlungen der Stadtverordneten über diesen Gegenstand sollte kürzlich durch die hiesigen Zeitungen veröffentlicht werven, doch wurde sie von der Censur gestrichen, vorgeblich, weil das Gesetz eine solche Veröffentlichung nicht gestatte. Das Obercensurgericht, an welches darauf rccurrirt wurde, hat indessen zwischen einer Privatmittheilung dieser Art und amtlicher Veröffentlichung einen Unterschied gemacht und erstere für vollkommen zulässig erklärt, wahrend letztere — allerdings nicht zum Vortheil der Sache — nach wie vor untersagt bleibt. In diesem Augenblicke ist man damit beschäftigt, die Localver- eine zu bilden, die dem mit seinem Vorstand und Ausschüsse bereits organisirten Centralvcrein für das Wohl der arbeitenden Classen als Ergänzung dienen sollen. Erst durch die Localvereine kann und will der Eentralverein wirken, aber welche Gestalt, welchen Einfluß und welche Wirksamkeit jene erhalten werden, das ist vorläufig noch nichr zu sagen. Soll das Ganze nicht auf ein bloßes Spielen mit Associationen und populären Formen hinauslaufen, so werden dort die arbeitenden Stande uno nicht blos, wie im Eentralverein, die Geheim- räche und reichen Fabrikherren an das Ruder treten, und statt es bei Pnlliativmittcln, wie die vorgeschlagenen Prämien-Sparkassen :c. bewenden zu lassen, wird man in eine gründliche Untersuchung dessen, was den Arbeitern Noth thut, eingehen müssen. Nun, wir wollen sehen, wie sich diese Localvereine constituiren, um darnach zu beurthei- 475 im, ob von der neuen Institution überhaupt etwas zu halten sei. Der Präsioent des Obcrcensurgerichts, Herr Bornemann, ist zugleich zum Präsidenten des Centralvereins gewählt worden,, was, wenn schon einmal die Geheimräthe vorzugsweise zu diesem Posten bestimmt waren, eine glückliche Wahl zu nennen ist, da Herr Bornemann unter gegebenen Umständen jedenfalls eine gewisse Selbständigkeit und Freiheit sich zu bewahren weiß. Erwägt man namentlich, wie wenig positiver Boden dem Obercensurgericht verliehen ist, so muß man wohl zugeben, daß Herr Bornemann diesen Boden aus geschickte und befriedigende Weise zu benutzen versteht. Justus. III. Ans Hamburg. Ronge's Vries in Hamburg. — Das Feuilleton der Neuen Zeitung. — Des Narre» Loo; das Stadttheater. — Gas! — Monaldcöchi. — Don Pasquale. — „Banquier und Journalist" auf dem Thciliatheatcr. Trotz des Dranges wichtiger vatcrstädtischer Angelegenheiten haben wir uns in jüngster Zeit sehr eifrig mit Johannes Rouge und dem heiligen Rock beschäftigt. Der durch die Macht der Presse tausendfach geschleuderte Bannstrahl des wackern Mannes blitzte auch in unsern Tages- und Wochenblättern lustig wieder. Der „Hamburger Korrespondent" unddie „Nach richten" kamen hinterdrein gehinkt, was namentlich bei Ersterem auffiel, während die „Neue Zeitung" den Reigen sehr ehrenwerth eröffnet hatte. Die Censur hat, so viel ich weiß, keinem unserer Blätter in Betreff der Veröffentlichung des Norge'schen Schreibens das geringste Hinderniß in den Weg gelegt. Die Redaction des „Correspondenten" begleitete dasselbe mit einem Commentare, der das Befremden über den schiefen, halblutherischen Standpunkt ausdrückte, auf welchem man Ronge erblicke. Ein Com- mentar zu diesem Commentar ward bisher nicht gefunden. — Ich sprach oben von der „Neuen Zeitung." Lies't man denn auswärts auch das Feuilleton derselben? Es war- Schade, wenn dies nicht der Fall. Im ersten Theile zieht sich der „ewige Jude" in unerträglicher und unabsehbarer Bandwurmlange der Fortsetzungen hin. Dann kommen meist erschrecklich wilde und bissige oder auch sammetpfötige und das Lob mit vollen Backen auspustende Theater- und Literaturkritiken. Lob oder Tadel hängt hier, wie Hamlet's Tollheit, vom Winde ab. Etwas von diesem Stoff ist übrigens unausbleiblich in jedem Feuilleton besagter, in ihrer politischen Tenocnz noch immer sehr achtungswerthen Zeitung. — Unter Wille's Redaction — die jetzt dem sich rasch aufschwingenden „Wandsbecker Intelligenzblatt" zu Gute kommt — wäre das Unwesen bis zu dem jetzigen Grade schwerlich KN-i- 47N ausgeartet. Am schlimmsten ist neulich unser armes Stadttheater mit diesem Musterfeuilleton compromittirt worden. Nach jahrelangem systematischem Schimpfen plötzlich ein Honig- und Mandelmilch-Artikel des Lobes, weil für die jetzt abgelaufene Woche ein vorzügliches Reper- toir angezeigt gewesen! Jetzt kam die beklagenswerthe Direction in den Verdacht, einen Menschen, in Betreff dessen sie gegen Jedermann so oft die gründlichste Verachtung geäußert, sich um jeden Preis versöhnt zu haben. Was ich aber auch von der Direction des Stadt- thcaters denken mag -— der Verdacht ward nicht von mir getheilt. Uebrigens hat besagte Zeitung, nach sachverständiger Schätzung, ungefähr sechshundert Abonnenten. Von städtischen Dingen berühre ich heute die Gasfrage, welche wohl am frühesten in unsern Theatern zur factischen Lösung kommen wird. Mindestens hört man, daß die bei dem Beleuchtungswesen bisher angestellten Arbeiter zu Weihnachten ihren Abschied erhalten. Unsere Hauseigenthümer sind im heftigen Streite mit der Gascompagnie, welche ausschließlich für sich das Recht der Nöhrenlegung, der Gas- sittings überhaupt in Anspruch nimmt. Die öffentliche Meinung spricht sich dahin aus, der Staat habe zu entscheiden, daß die Compagnie das Gas liefern müsse, möge die Nöhrenlegung durch die Compagnie beschafft sein oder nicht, sobald nur die Apparate die nöthige Prüfung auszuhalten im Stande. — Der Siehlbau schreitet muthig und kothig vorwärts. Er kostet ungeheure Summen und dabei haben wir noch das Gaudium, den Lindley'schen Plan, nach welchem er ausgeführt wird, von Wien aus, wo er gleichfalls zur Prüfung kam, verworfen zu sehen. Die patriotische Gesellschaft ließ dies Gutachten in dem oben erwähnten „Wandsbecker Intelligenzblatt" veröffentlichen und es machte nicht geringes Aufsehen — leider post to5tum. Im Stadttheater hat Laube's unverantwortlich verspäteter ,.Monaldeschi", namentlich durch ausgezeichnetes Spiel Baison's und der Lenz, einen glänzenden Succeß errungen. Im nächsten Briefe Weiteres. Auch Don Pasquale ist gestern mit gutem Erfolge aufgeführt worden. Die Thaliabühne hat am letzten Sonnabend ein wahres Wagstück durchgesetzt. Sie brachte in einem kleinen schwanke „Die Namensbruder oder Banquier und Journalist", der nicht aus dem Französischen, sondern Originalarbeit ist, den dramatischen Erstlingsversuch eines hiesigen Autors, ohne ihn solenn durchfallen zu sehen, was sehr Viele sehnsüchtig gewünscht hatten. Die anspruchslose Kleinigkeit, worin einige Situationen und Localbeziehungen fast unverdientes Glück machten, geht sogar morgen schon zum dritten Male über die Bretter, nachdem bei der ersten Darstellung sämmtliche Mitwirkende hervorgerufen waren. 477 IV. Notizen. Napoleons Verkehr mit einem Kinde. — Dukter's Geschichte des Erzherzogs Karl. — Ein Blick in die Werkstatt. — Aus Schlesien. — Karl Heinzen.— Der heilige Rock und das Frankfurter Conversationsvlatt. — Mäßigkeit in Schlesien. — Polen. — Die in England schon länger bekannten „Erinnerungen an Napoleon auf Se. Helena" von Elisabeth Abell sind nun auch in's Deutsche übertragen (von or. Ernst v. Bursian. Leipzig, 1844. Verlag von Gustav Brauns) und werden gewiß allgemein ansprechen. Las Cases in seinen Memoiren hat mehr die Größe des gefesselten Prometheus im Auge, obwohl ihm die Feder oft in theatralische Sentimentalität ausglitscht; hier strahlt uns nur die Liebenswürdigkeit des Helden, seine Grazie, seine Naivetät und Gutmüthigkeit aus tausend kleinen Zügen entgegen. Wir beobachten den Verkehr eines großen Mannes mit einem wirklichen Kinde; denn die Verfasserin scheint noch ganz unter dem Eindruck jener Zeit zu leben, da sie, ein kleines Mädchen, mit Napoleon spielte; und noch jetzt kann sie, wie ein egoistisches Kind, sich manches übermüthigen Streiches freuen, den sie damals sich gegen dem großen Gefangenen erlaubte, ohne viel an sein empfindliches Schicksal zu denken. Nach Miß oder Mrs. Abell war Napoleon auf Se. Helena sehr gut aufgehoben und hatte wenig oder keinen Grund, sich über Hudson Löwe und die anderen Annehmlichkeiten seines Aufenthaltes zu beklagen. Jedenfalls gab ihm Se. Helena Gelegenheit, die kleine Engländerin zu unterhalten und ihr eine Jugenderinnerung zu hinterlassen, deren sie sich ihr Leben lang rühmen wird. Sie ist übrigens dankbar genug, in ihrem Endurtheil anzuerkennen, daß Napoleon kein schlechtes Herz gehabt hat. — Die Uebersetzung ist leicht fließend. Man erlaube uns jedoch die Bemerkung, daß viele Uebersetzer noch immer I^eAlwrn mit Leghorn übersetzen und sich darunter vermuthlich eine englische Stadt denken. Leghorn heißt aber zu deutsch Livorno. — - Die erste Lieferung von Dukter's „Erzherzog Karl von Oesterreich" (Kaulfuß Woe. Prandel & Co. in Wien; Gustav Heckenast in Pesth.) zeichnet sich durch sehr schöne Holzschnitte (von P. I. N. Geiger) aus und geht bis zum Jahre !7W, wo Karl's Vater, Peter Leopold von Toscana, römischer Kaiser wurde. Peter Leopold, in toscana einer der liebenswerthesten Fürsten, ein humaner Reformator in Justiz- und Administrationssachen, war gleichwohl bestimmt, a s römischer Kaiser in Oesterreich reactionär zu wirken und den jose- pylmicyen Fortschritt mit gelinder Vorsicht zurückzustimmen. So z.B. 478 wurde die von Kaiser Joseph gegebene Preßfreiheit unter ihm noch nicht aufgehoben und nur beschränkt, wo sie dem Clerus entgegentrat. Erst unter Franz it., mit dem Aufgang der französischen Revolution, wurde die Reaction entschiedener durchgeführt, bis sich allmälig sogar eine unverletzliche Veamtenherrschaft festsetzen konnte. Wir möchten wissen, in wie weit diese Dukter'sche Geschichte von der Gnade der österreichischen Censur abhangt; ob sie in Wien oder in Pesth gedruckt wird. So patriotisch der Gegenstand ist und so freudig die Oesterreicher eine Geschichte ihres verehrungswürdigen Helden Karl aufnehmen werden, so zweifeln wir doch, daß es möglich ist, seine ganze Bedeutung und Stellung immer würdig hervorzuheben, ohne mit den peinlichen Rücksichten der Wiener Censur zu collidiren. Wenn man glaubt, die Gedankenpolizei stopfe nur der „feindseligen Gesinnung" den Mund, so irrt man gewaltig; im öffentlichen wie im Privatleben kann oft der Wohlmeinendste und darum Wahrheitsliebendste seine Meinung nicht sagen, ohne zu verletzen. — In Nro. 326 der Deutschen Allgemeinen befindet sich ein Brief aus Kiel, der sich tadelnd darüber ausspricht, daß die Droysen- sche Adresse an die holsteinischen Stände von der sogenannten Elite, ohne Betheiligung der eigentlichen Bürgerschaft, ausging. Diese Nummer 3M erscheint hier in Leipzig am 2!. November. Bald daraus (in Nro. WU) bringt die Deutsche Allgemeine eine Art Entgegnung auf den Kieler Brief „aus dem Holsteinischen", die vom 20. November datirt ist. Wie ungeschickt! Lies't man „im Holsteinischen" die Deutsche Allgemeine vierundzwanzig Stunden früher, als in Leipzig? Das wäre ein Wunder, welches über alle Mirakel des heiligen Rok- kes ginge. Welchen Blick in die Correspondcnzwerkstatt müssen solche Anachronismen den harmlosen Leser thun lassen. Erklärt mir, Doc- tor Oerindur, diesen Rebus der Natur. — Die schlesischen Weber werden sich diesen Winter gewiß nicht unterstehen, Hunger zu haben. Erstens wird Petz, der nach ein Paar Monaten graulicher Untersuchungshaft und gegen eine Eaution von tausend Thalern frei umhergehen darf, so fleißig untersucht, daß man hoffen kann, doch noch irgend ein Verbrechen als Beweis für die innere Wahrheit und den prophetischen Geist seiner Denuncianten herauszn- fchnüfseln; zweitens sino die bei den Langenbielauer Tumulten arre- tirten Weber — wir erinnern uns in diesem Augenblick nicht ihrer Zahl, sie ist aber beträchtlich — in erster Instanz zu Strafen verurtheilt worden, deren Härte kaum zu erwarten war; einige sogar sollen, bevor sie auf die Festung kommen, mit Peitschenhieben zur Vernunft und Einsicht gebracht, d, h. gesättigt werden! Und doch sind es keine Negersklaven. Ob die angestellten Untersuchungen sich nicht auch auf die 479 ^unter Praktiken gewisser Fabrikanten erstreckt haben? s^r^aw h^r welcher seine Arbeiter mit handgreiflichen Wucher- <Ve rüät v r den Gesetzen ganz straflos ? Kann die Regierung durften betrugr, v ^ bedrohen, ^^7^zw^in^7A?beiter r.ut seinen gesonnener/Herrn eini- , r d in Gesetz gleichstellen würden? - In Moskau hat ^''Ä^arg vor Kurzem allen Fabrikanten verboten, ihre Arbeiter /Äa en anstatt mit baarem Gelde, abzulehnen. Also selbst in !v! Kllnd wo das Fabrikwesen noch auf einer verhältnißmäßig riede- » Ktufe steht, hat sich schon das englische Trucksystem — ein wah- !'!s Acts^ Wie mag es erst anderwärts grassiren! — Karl Heinzen in Köln sollte wegen einer Schrift über die »reußische Büreaukratie verhaftet und untersucht werden, zog es aber «»r hat auf den Dampfwagen zu setzen und nach Brüssel zu fahren. Man bat dem verlorenen Sohn gar sehnsüchtige Steckbriefe nachgedickt Darauf antwortete Karl Heinzen der Behörde: wenn man Ka aarantire, daß er bis zur Urthelsprechung auf freiem Fuß bleibe, so wolle er sich der Untersuchung stellen und den Spruch des Ge- ickts über sich ergehen lassen. — Die Gerichte werden freilich ,u stolz sein, daraus etwas zu erwiedern. Denn auf das Urtheil kommt es am wenigsten an-, das Hauptgaudium besteht ja eben darin daß man den böswilligen Schreier durch die Untersuchungshaft recht matt und mürbe machen kann; hinterher mag er zehnmal frei- ,krochen werden, wenn er nur erst gebrochen und geknickt ist. Wir können es Keinem in solchem Falle verdenken, wenn er alles mögliche Nertraucn den Gerichten und alles mögliche Mißtrauen einer christlich- '^»^„löcher Polizei schenkt. Manche sagen, nach deutscher Art: der ^ ^ ist mock un , -r hätt' einmal auch sitzen können. Aber es the es°n hirta q es Deutschland gesessen worden - nicht blos ^on?n G!!ehr!?n - und was hat man herausgesessen? Wir können es auel Keinem verdenken, wenn er acht unnützer Märtyrer für n Vol werden will, welches allenfalls zuletzt einige Hundert Tha- e für We^ zusammenschießt, nachdem sich der Marm- ar's GM' aesesien oder mit Glasscherben den Hals abgeschnitten hat. Leb re Ansp le.ng kann zwar nicht auf Preußen bezogen werden, aber ock auf L "^ Deutschland. Wo solche Dinge vorfallen !!unen,^da ist Alles möglich und Nichts vorauszusehen. — Das Schreiben Ronge's über den heiligen Rock ist einer Berliner Leitung von einem protestantischen Censor gestrichen worden. Der Mensch heißt John. - Das Frankfurter „Conversationsblatt" 480 ist much ein protestantisches Blatt und wird von der Deutschen Allgemeinen beschuldigt, daß es Sue's „ewigen Juden" in verstümmelter Uebersetzung bringe; der schwarze Jesuitenfaden, der sich durch den Roman zieht, ist nämlich an vielen Stellen abgeschnitten. Wohl mit Unrecht wird deshalb Dr. Schuster angefallen. Vielmehr zeigt die Entdeckung blos, wie viel Wahrheit an der, in dieser selben Deutschen Allgemeinen erschienenen Berüchtigung ist, wornach »r. Schuster, nicht des Jesuitenromans wegen, sondern aus harmlosen Gründen am I. Januar 1845 die Redaction des Conversationsblattes aufgeben müsse. — Dagegen haben wir ein Recht, den Or. Schuster anzufallen. Der in den Grenzboten erschienene kleine Artikel: „Frauenbilder Georges Sand's, geschildert von Heinrich Laube", gefiel dem Schuster dermaßen, daß er ihn in Nro. 324 des Conversationsblattes Wort für Wort nachdruckte. Wahrscheinlich will Dr. Schuster die Grenzboten aufmuntern. Um aber diesen löblichen Zweck zu erfüllen, mußte er die Quelle nennen. Und dies hat er, wie gewöhnlich, unterlassen. — Die Oberfchlefier sollen jetzt ziemlich mäßig im Branntweintrinken, aber desto unmäßiger im Judenfresser sein. Um dem armen Volke, welches kein Huhn im Topfe und keinen Wein im Keller hat, aber doch keinen Branntwein trinken soll, einigen Ersatz und bei dem Mangel alles öffentlichen Lebens eine geistige Anregung zu geben, wirft man ihm die Juden vor. Was Pfaffen und Maßigkeitspredi- ger in diesem Fache leisten, davon führen Vauschke's „Freikugeln'' sehr erbauliche Beispiele an. Nach diesem, über schlesische Zustände genau unterrichteten Blatt sind zwei Drittel der Branntweinverkaufer in Oberschlesien Christen. Dies hindert aber natürlich nicht, gegen die Juden zu predigen und zu donnern, die es darauf abgesehen hatten, durch die Branntweinpest die Bauern zu ruiniren. — Polen ist noch nicht todt; aber seine wenigen Lebenszeichen verrathen nur einen verzweifelten Todeskampf. Neuerdings sind wieder achtzehn Patrioten aus Wilna nach dem großen polnischen Kirchhof: Sibirien gewandert. Darunter waren drei Advocaten und ein Criminalbeamter, überhaupt Leute aus den gebildetsten Classen. Europa sieht phlegmatisch zu, vielleicht wird es aber doch noch eines Tags dem eisigen Terroristen zurufen müssen: Polens Blut erstickt Dich! — Möchte dieser Tag nicht allzulang auf sich warten lassen. Vcrlaq von Fr. Ludw. Herbig. — Redacteur I. Kuranda Druck von Friedrich Andrä.