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                <title>Die verkehrte Welt</title>
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                    <p> Der annotierte Datenbestand der Digitalen Bibliothek inklusive Metadaten sowie
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                <note>
                              Erstdruck in: Bambocciaden, hg. v. J.Ch.A.F. Bernhardi, Bd. 2, Berlin 1800.
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                    <titleStmt>
                        <title>Ludwig Tieck: Werke in vier Bänden. Nach dem Text der »Schriften« von 1828–1854, unter Berücksichtigung der Erstdrucke. Herausgegeben von Marianne Thalmann, Band 1–4, München: Winkler, 1963.</title>
                        <author key="pnd:12989432X">Tieck, Ludwig</author>
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                        <pubPlace>München</pubPlace>
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                <head type="h3" xml:id="tg474.3.2">Ludwig Tieck</head>
                <head type="h2" xml:id="tg474.3.3">Die verkehrte Welt</head>
                <head type="h4" xml:id="tg474.3.4">Ein historisches Schauspiel in fünf Aufzügen</head>
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                        <title>Symphonie</title>
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                        <head type="h4" xml:id="tg475.2.1">Symphonie</head>
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                            <hi rend="italic" xml:id="tg475.2.2.1">Andante aus D dur</hi>
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                        <p xml:id="tg475.2.4">Will man sich ergötzen, so kömmt es nicht sowohl darauf an, auf welche Art es geschieht, als vielmehr darauf, daß man sich in der Tat ergötzt. Der Ernst sucht endlich den Scherz, und wieder ermüdet der Scherz, und sucht den Ernst; doch beobachtet man sich genau, trägt man in beides zu viel Absicht und Vorsatz hinein, so ist es gar leicht um den wahren Ernst, so wie um die wahre Lustigkeit geschehen.</p>
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                            <hi rend="italic" xml:id="tg475.2.6.1">Piano</hi>
                        </stage>
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                        <p xml:id="tg475.2.8">Gehören aber wohl dergleichen Betrachtungen in eine Symphonie? Warum soll es denn so gesetzt anfangen? Ei nein! wahrhaftig nein, ich will lieber sogleich alle Instrumente durcheinanderklingen lassen!</p>
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                        <stage rend="zenoPC" xml:id="tg475.2.10">
                            <hi rend="italic" xml:id="tg475.2.10.1">Crescendo</hi>
                        </stage>
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                        <p xml:id="tg475.2.12">Ich darf ja nur wollen, doch freilich mit Verstand, denn nicht sogleich, urplötzlich, erhebt sich der Sturm, er meldet sich er wächst, dann erregt er Teilnahme, Angst, Furcht und Lust, da er sonst nur leeres Erstaunen und Erschrecken veranlassen würde. Ist es schwer vom Blatte zu spielen, so ist es noch schwerer, vom Blatte sogleich zu hören. Aber nun sind wir schon tief im Getümmel; Pauken, schlagt! Trompeten, klingt!</p>
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                        <stage rend="zenoPC" xml:id="tg475.2.14">
                            <hi rend="italic" xml:id="tg475.2.14.1">Fortissime</hi>
                        </stage>
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                        <p xml:id="tg475.2.16">Ha! das Getümmel, die Attacken, das Schlachtgewühl von Tönen? Wohin rennt ihr? Woher kommt ihr? die stürzen sich wie Sieger durch das lauteste Gedränge, jene fallen, verscheiden; die dort kommen verwundet, matt zurück, und suchen Trost und Freundschaft. Da trabt's heran, wie Rossesschnauben; da orgelt's tief, wie Donner im Gebirg; da rauscht es, tobt es, wie ein Wassersturz, der verzweifelnd, sich vernichten <pb n="273" xml:id="tg475.2.16.1"/>
wollend, über die nackten Klippen stürzt, und tiefer, immer tiefer hinunter wütet, und keinen Stillstand, keine Ruhe findet.</p>
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                        <stage rend="zenoPC" xml:id="tg475.2.18">
                            <hi rend="italic" xml:id="tg475.2.18.1">Adagio</hi>
                        </stage>
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                        <p xml:id="tg475.2.20">Und nun? – Was war es nun, daß ich diesem Gelüste folgte? Da liegt nun hinter mir, versunken, das erst bewegte, lebendige Gefilde, und nichts davon bleibt zurück, und ebenso eilt auch dieser Ton, der gegenwärtige, schon seinem Untergang entgegen.</p>
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                        <stage rend="zenoPC" xml:id="tg475.2.22">
                            <hi rend="italic" xml:id="tg475.2.22.1">Tempo primo</hi>
                        </stage>
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                        <p xml:id="tg475.2.24">Doch die Erinnrung bleibt, und sie wird wieder Gegenwart: muß ich doch diese auch beleben und mit meinem Bewußtsein durchdringen; darum kann ich das was War und Ist und sein Wird in einem Zauber binden.</p>
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                        <stage rend="zenoPC" xml:id="tg475.2.26">
                            <hi rend="italic" xml:id="tg475.2.26.1">Violino primo solo</hi>
                        </stage>
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                        <p xml:id="tg475.2.28">Wie? Es wäre nicht erlaubt und möglich, in Tönen zu denken und in Worten und Gedanken zu musizieren? O wie schlecht wäre es dann mit uns Künstlern bestellt! Wie arme Sprache, wie ärmere Musik! Denkt ihr nicht so manche Gedanken so fein und geistig, daß diese sich in Verzweiflung in Musik hineinretten, um nur Ruhe endlich zu finden? Wie oft, daß ein zergrübelter Tag nur ein Summen und Brummen zurückläßt, das sich erst später wieder zur Melodie belebt? Was redet uns in Tönen oft so licht und überzeugend an? Ach ihr lieben Leute, die Zuhörer mein ich das meiste in der Welt grenzt weit mehr aneinander, als ihr es meint; darum seid billig, seid nachsichtig, und nicht gleich vor den Kopf geschlagen, wenn ihr einmal einen paradoxen Satz antrefft; denn vielleicht ist, was euch so unbehaglich verwundert, nur das Gefühl, daß ihr dem Magnetberge nahe kommt, der in euch alle eisernen Fugen und Klammern loszieht: das Schiff, welches euch trägt, zerbricht freilich, aber hofft, vertraut, ihr kommt an Land, wo ihr kein Eisen weiter braucht.</p>
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                        <stage rend="zenoPC" xml:id="tg475.2.30">
                            <hi rend="italic" xml:id="tg475.2.30.1">Pizzicato mit Accompagnement der Violinen</hi>
                        </stage>
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                        <p xml:id="tg475.2.32">Die paradoxen Sätze sind übrigens für verständige Leute weit seltener, als man denken sollte. Die verständigen Leute sind aber noch viel seltener.</p>
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                            <hi rend="italic" xml:id="tg475.2.34.1">
                                <pb n="274" xml:id="tg475.2.34.1.1"/>
Alle Instrumente</hi>
                        </stage>
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                        <p xml:id="tg475.2.36">Es ist gar kein Zweifel, daß nicht die Versammlung der verehrten Zuschauer und Zuhörer aus dergleichen bestehen sollte, und darum freut sich so Theater als Orchester, vor einem so erlauchten oder erleuchteten Publikum zu spielen. Nur müssen alle die Geduld behalten, die Haupttugend des Lebens, ohne welche das Leben selber nicht zu tragen ist.</p>
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                            <hi rend="italic" xml:id="tg475.2.38.1">Forte</hi>
                        </stage>
                        <lb xml:id="tg475.2.39"/>
                        <p xml:id="tg475.2.40">Alles ist fertig, die Dekoration aufgestellt, der Souffleur zugegen; mehr Zuschauer kommen auch nicht. Die Erwartung ist rege, die Neugier gespannt; nur wenige denken jetzt schon an das Ende, und daß sie alsdann fragen werden: nun, war es denn etwas Besonderes? – Gebt acht! denn das müßt ihr, um nicht alles auf den Kopf zu stellen. – Gebt aber auch nicht zu sehr acht, um nicht mehr zu sehn und zu hören, als man euch hat zeigen wollen. – Gebt acht! gebt aber ja auf die rechte Art acht! hört zu! hört zu! zu! zu!! zu!!!</p>
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                        <stage rend="zenoPC" xml:id="tg475.2.42">
                            <hi rend="italic" xml:id="tg475.2.42.1">Der Vorhang geht auf. Das Theater stellt ein Theater vor.</hi>
                        </stage>
                        <stage rend="zenoPC" xml:id="tg475.2.43">
                            <hi rend="italic" xml:id="tg475.2.43.1">Der Epilogus tritt auf.</hi>
                        </stage>
                        <lb xml:id="tg475.2.44"/>
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                            <speaker xml:id="tg475.2.45.part1">EPILOGUS.</speaker>
                            <p xml:id="tg475.2.45.part2"> Nun, meine Herren, wie hat euch unser Schauspiel gefallen? Es war freilich nicht viel, indessen da ihr alles zu nehmen gewohnt seid, so war es doch immer des Annehmens wert. Man kann nicht alle Tage neu sein, und wenn man es sein könnte, würde man doch nicht alle Tage vortrefflich sein; ja sollten wir es selbst dahin bringen, alle Tage vortrefflich zu sein, so würden wir dann gewiß die Alltäglichkeit nicht mehr vortrefflich finden, sondern das Armselige käme dann gewiß zu der Ehre, für vortrefflich zu gelten.</p>
                            <p xml:id="tg475.2.46">Ihr müßt euch übrigens darüber nicht verwundern, daß ihr das Stück noch gar nicht gesehn habt, denn hoffentlich seid ihr doch insoweit gebildet, daß das bei euch nichts zur Sache tut, um darüber zu urteilen. Ei! wer hätte die Zeit, alles das zu lesen, was wir verwerfen, oder erheben! Wer wollte nur das beurteilen, was man kennt! Wahrlich, der meisten Urteil würde dann noch kleiner ausfallen, als ein Lacedämonischer Brief. Ihr seid hoffentlich schon geübt, und habt im Urteilen etwas getan, daß ihr also unsre Komödie <pb n="275" xml:id="tg475.2.46.1"/>
gar nicht zu sehen braucht, um zu wissen, was an ihr ist. Der Name des Verfassers, wenn er berühmt ist, das Urteil eines guten Freundes, dem ihr Verstand zutraut, sind ja gewöhnlich die Wegweiser, die euch leiten. Oder ihr sagt mit jener hübschen Kaltblütigkeit, die einen gebildeten, überfüllten, von gelehrten Zeitungen aufgepäppelten Menschen charakterisiert: ei! es ist so übel nicht; gut genug für jene Zeit – leidlich für die bornierte Absicht – nur, freilich, fehlt es am Besten. Wie denn? Wo denn? fragt ein Wißbegieriger. O Freund, ist die Antwort, das wäre gar zu weitläufig, Sie sind zurück, wie viel Zeit wäre nötig, Ihnen die Sache klarzumachen, ich will Ihnen die vorigen schicken, wenn Sie nachgekommen sind, sprechen wir uns wieder.</p>
                            <p xml:id="tg475.2.47">Es wird aber Zeit sein, daß ich abtrete. Hinter den Kulissen herrscht große Verwirrung, und es ist am besten, ich gehe, damit ich nicht von dem Strome fortgerissen werde.</p>
                            <pb n="276" xml:id="tg475.2.48"/>
                        </sp>
                    </div>
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                        <title>1. Akt</title>
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                        <head type="h4" xml:id="tg476.2.1">Erster Akt</head>
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                            <hi rend="italic" xml:id="tg476.2.4.1">Skaramuz. Der Poet.</hi>
                        </stage>
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                            <speaker xml:id="tg476.2.6.part1">SKARAMUZ.</speaker>
                            <p xml:id="tg476.2.6.part2"> Nein, Herr Poet, sagt, was Ihr wollt, redet, was Ihr mögt, denkt und wendet ein, soviel es Euch nur möglich ist, so bin ich doch fest entschlossen, auf nichts zu hören, nichts zu überlegen, sondern auf meinem Willen zu bestehn, und damit Punktum!</p>
                        </sp>
                        <sp>
                            <speaker xml:id="tg476.2.7.part1">POET.</speaker>
                            <l xml:id="tg476.2.7.part2"> Lieber Skaramuz.</l>
                        </sp>
                        <sp>
                            <speaker xml:id="tg476.2.8.part1">SKARAMUZ.</speaker>
                            <l xml:id="tg476.2.8.part2"> Ich höre nichts. Da, mein Herr Poet, seht, wie ich mir die Ohren zuhalte.</l>
                        </sp>
                        <sp>
                            <speaker xml:id="tg476.2.9.part1">POET.</speaker>
                            <l xml:id="tg476.2.9.part2"> Aber das Stück –</l>
                        </sp>
                        <sp>
                            <speaker xml:id="tg476.2.10.part1">SKARAMUZ.</speaker>
                            <p xml:id="tg476.2.10.part2"> Was Stückt! ich bin auch ein Stück, und ich habe auch das Recht, mitzusprechen. Oder denkt Ihr, daß ich keinen Willen habe? Meint ihr Poeten, die Herren Schauspieler wären immer gezwungen, das zu tun, was ihr ihnen befehlt? O mein Herr, die Zeiten ändern sich manchmal plötzlich.</p>
                        </sp>
                        <sp>
                            <speaker xml:id="tg476.2.11.part1">POET.</speaker>
                            <l xml:id="tg476.2.11.part2"> Aber die Zuschauer –</l>
                        </sp>
                        <sp>
                            <speaker xml:id="tg476.2.12.part1">SKARAMUZ.</speaker>
                            <l xml:id="tg476.2.12.part2"> Also, weil es Zuschauer in der Welt gibt, soll ich unglücklich sein? Ei, welcher schöne Schluß!</l>
                        </sp>
                        <sp>
                            <speaker xml:id="tg476.2.13.part1">POET.</speaker>
                            <l xml:id="tg476.2.13.part2"> Freund, Ihr müßt mich notwendig anhören.</l>
                        </sp>
                        <sp>
                            <speaker xml:id="tg476.2.14.part1">SKARAMUZ.</speaker>
                            <p xml:id="tg476.2.14.part2"> Wenn ich muß: gut. Hier sitz ich; nun redet einmal wie ein verständiger Mensch, wenn Euch das möglich ist. <hi rend="italic" xml:id="tg476.2.14.1.part2">Er setzt sich auf die Erde.</hi>
                            </p>
                        </sp>
                        <sp>
                            <speaker xml:id="tg476.2.15.part1">POET.</speaker>
                            <p xml:id="tg476.2.15.part2"> Wertgeschätzter Herr Skaramuz! Dieselben sind beim hiesigen Theater zu einem gewissen bestimmten Rollenfach engagiert, Sie sind mit einem Worte, um mich kurz auszudrücken, der Skaramuz. Es ist auch nimmermehr zu leugnen daß Sie es in diesem Fache so ziemlich weit gebracht haben, und kein Mensch auf der Welt ist mehr geneigt als ich, Ihren Talenten Gerechtigkeit widerfahren zu lassen; aber, mein Teuerster, deswegen sind Sie noch nimmermehr ein tragischer Schauspieler; Sie sind deswegen noch nicht imstande, einen edlen Charakter darzustellen.</p>
                            <pb n="277" xml:id="tg476.2.16"/>
                        </sp>
                        <sp>
                            <speaker xml:id="tg476.2.17.part1">SKARAMUZ.</speaker>
                            <p xml:id="tg476.2.17.part2"> Sapperlot! das wär ich nicht imstande? Mein Seel, so edel, wie Sie ihn nimmermehr sollen schreiben können. Wenn es ausgemacht ist (wie es denn in unsern Tagen ausgemacht ist), daß eine edle Rolle einen ursprünglich edlen Menschen, Mann oder Herrn, zur Darstellung erfordert, so halte ich Ihre Äußerung für eine persönliche Beleidigung, und ich fodre hiemit die ganze Welt auf, groß und klein, mich an Edelmut zu übertreffen.</p>
                        </sp>
                        <sp>
                            <speaker xml:id="tg476.2.18.part1">SCÄVOLA</speaker>
                            <stage>
                                <hi rend="italic" xml:id="tg476.2.18.1.part1">einer von den Zuschauern.</hi>
                            </stage>
                            <l xml:id="tg476.2.18.part2"> Oh, Herr Skaramuz, mit Ihnen nimmt man es noch auf.</l>
                        </sp>
                        <sp>
                            <speaker xml:id="tg476.2.19.part1">SKARAMUZ.</speaker>
                            <l xml:id="tg476.2.19.part2"> Wieso? Ei, wie das? Ich muß gestehn, ich erstaune über diese Unverschämtheit.</l>
                        </sp>
                        <sp>
                            <speaker xml:id="tg476.2.20.part1">SCÄVOLA.</speaker>
                            <p xml:id="tg476.2.20.part2"> Nein, mein Herr, das haben Sie gar nicht Ursach. Ich bin für mein Geld hier, Herr Skaramuz, und da kann ich hier denken, was ich will.</p>
                        </sp>
                        <sp>
                            <speaker xml:id="tg476.2.21.part1">SKARAMUZ.</speaker>
                            <l xml:id="tg476.2.21.part2"> Die Gedankenfreiheit ist Ihnen unbenommen, aber das Sprechen ist Ihnen untersagt.</l>
                        </sp>
                        <sp>
                            <speaker xml:id="tg476.2.22.part1">SCÄVOLA.</speaker>
                            <l xml:id="tg476.2.22.part2"> Wenn Sie sprechen dürfen, wird es mir auch noch immer erlaubt sein.</l>
                        </sp>
                        <sp>
                            <speaker xml:id="tg476.2.23.part1">SKARAMUZ.</speaker>
                            <l xml:id="tg476.2.23.part2"> Und was haben Sie denn Edles getan?</l>
                        </sp>
                        <sp>
                            <speaker xml:id="tg476.2.24.part1">SCÄVOLA.</speaker>
                            <l xml:id="tg476.2.24.part2"> Ich habe vorgestern für meinen liederlichen Neffen Schulden bezahlt.</l>
                        </sp>
                        <sp>
                            <speaker xml:id="tg476.2.25.part1">SKARAMUZ.</speaker>
                            <l xml:id="tg476.2.25.part2"> Und ich habe gestern den Souffleur geschont, indem ich eine ganze Szene ausließ.</l>
                        </sp>
                        <sp>
                            <speaker xml:id="tg476.2.26.part1">SCÄVOLA.</speaker>
                            <l xml:id="tg476.2.26.part2"> Ich war vorige Woche bei Tisch bei guter Laune, und verschenkte einen ganzen Taler an Almosen.</l>
                        </sp>
                        <sp>
                            <speaker xml:id="tg476.2.27.part1">SKARAMUZ.</speaker>
                            <l xml:id="tg476.2.27.part2"> Ich zankte mich vorgestern mit dem Schneider, der mich mahnte, und behielt das letzte Wort.</l>
                        </sp>
                        <sp>
                            <speaker xml:id="tg476.2.28.part1">SCÄVOLA.</speaker>
                            <l xml:id="tg476.2.28.part2"> Vor acht Tagen habe ich einen besoffenen Menschen nach Hause gebracht.</l>
                        </sp>
                        <sp>
                            <speaker xml:id="tg476.2.29.part1">SKARAMUZ.</speaker>
                            <l xml:id="tg476.2.29.part2"> Dieser Besoffene war ich, mein Herr; aber ich hatte mich auf das Wohl unsres Landesherrn betrunken.</l>
                        </sp>
                        <sp>
                            <speaker xml:id="tg476.2.30.part1">SCÄVOLA.</speaker>
                            <l xml:id="tg476.2.30.part2"> Ich bekenne mich für überwunden.</l>
                        </sp>
                        <sp>
                            <speaker xml:id="tg476.2.31.part1">SKARAMUZ.</speaker>
                            <l xml:id="tg476.2.31.part2"> Und dafür sind Sie nun so undankbar, und kommen her, und wollen mir meinen Edelmut schmälern?</l>
                        </sp>
                        <sp>
                            <speaker xml:id="tg476.2.32.part1">SCÄVOLA.</speaker>
                            <l xml:id="tg476.2.32.part2"> Ich bitte um Verzeihung, Herr Skaramuz.</l>
                            <lb xml:id="tg476.2.33"/>
                            <stage rend="zenoPC" xml:id="tg476.2.34">
                                <hi rend="italic" xml:id="tg476.2.34.1">Pierrot stürzt herein.</hi>
                            </stage>
                            <lb xml:id="tg476.2.35"/>
                        </sp>
                        <sp>
                            <speaker xml:id="tg476.2.36.part1">POET.</speaker>
                            <l xml:id="tg476.2.36.part2"> Was willst du, Pierrot?</l>
                        </sp>
                        <sp>
                            <speaker xml:id="tg476.2.37.part1">PIERROT.</speaker>
                            <l xml:id="tg476.2.37.part2"> Was ich will? Ich will heute nicht spielen, durchaus nicht!</l>
                            <pb n="278" xml:id="tg476.2.38"/>
                        </sp>
                        <sp>
                            <speaker xml:id="tg476.2.39.part1">POET.</speaker>
                            <l xml:id="tg476.2.39.part2"> Aber warum nicht?</l>
                        </sp>
                        <sp>
                            <speaker xml:id="tg476.2.40.part1">PIERROT.</speaker>
                            <p xml:id="tg476.2.40.part2"> Warum? Weil ich auch endlich einmal einen Zuschauer abgeben will; ich bin lange genug Komödiant gewesen.</p>
                            <lb xml:id="tg476.2.41"/>
                            <stage rend="zenoPC" xml:id="tg476.2.42">
                                <hi rend="italic" xml:id="tg476.2.42.1">Wagemann, der Direktor, kommt herein.</hi>
                            </stage>
                            <lb xml:id="tg476.2.43"/>
                        </sp>
                        <sp>
                            <speaker xml:id="tg476.2.44.part1">POET.</speaker>
                            <l xml:id="tg476.2.44.part2"> Gut, daß Sie kommen, Herr Directeur, hier ist alles in der größten Verwirrung.</l>
                        </sp>
                        <sp>
                            <speaker xml:id="tg476.2.45.part1">WAGEMANN.</speaker>
                            <l xml:id="tg476.2.45.part2"> Wieso?</l>
                        </sp>
                        <sp>
                            <speaker xml:id="tg476.2.46.part1">POET.</speaker>
                            <p xml:id="tg476.2.46.part2"> Pierrot will heute nicht spielen, sondern Zuschauer sein, und Herr Skaramuz will in meinem Stücke durchaus nichts anders, als den Apollo agieren.</p>
                        </sp>
                        <sp>
                            <speaker xml:id="tg476.2.47.part1">SKARAMUZ.</speaker>
                            <p xml:id="tg476.2.47.part2"> Und mit Recht, Herr Directeur; ich habe die Narren lange genug gespielt, so daß ich es nun wohl auch einmal mit den Klugen versuchen kann.</p>
                        </sp>
                        <sp>
                            <speaker xml:id="tg476.2.48.part1">WAGEMANN.</speaker>
                            <p xml:id="tg476.2.48.part2"> Sie sind zu strenge, Herr Poet, Sie müssen den armen Leuten etwas mehr Freiheit lassen; man muß ihnen ein bißchen durch die Finger sehn.</p>
                        </sp>
                        <sp>
                            <speaker xml:id="tg476.2.49.part1">POET.</speaker>
                            <l xml:id="tg476.2.49.part2"> Doch das Schauspiel, die Kunst –</l>
                        </sp>
                        <sp>
                            <speaker xml:id="tg476.2.50.part1">WAGEMANN.</speaker>
                            <p xml:id="tg476.2.50.part2"> Je, das fügt sich ja doch. Sehn Sie, ich denke so: bezahlt haben die Zuschauer nun einmal, und damit ist das Wichtigste geschehn.</p>
                        </sp>
                        <sp>
                            <speaker xml:id="tg476.2.51.part1">PIERROT.</speaker>
                            <p xml:id="tg476.2.51.part2"> Adieu, Herr Poet, ich mische mich unter die verehrungswürdigen Zuschauer. Ich will einmal über die Lampen hinweg den berühmten Sprung vom Felsen Leukate in das Parterre hineintun, um zu sehen, ob ich entweder sterbe, oder von einem Narren zu einem Zuschauer kuriert werde.</p>
                            <lb xml:id="tg476.2.52"/>
                            <lg>
                                <l rend="zenoPLm12n12" xml:id="tg476.2.53">Lebe wohl du alte Liebe,</l>
                                <l rend="zenoPLm12n12" xml:id="tg476.2.54">Jetzt beginnt ein neues Leben,</l>
                                <l rend="zenoPLm12n12" xml:id="tg476.2.55">Und mit sehr vernünftgem Streben</l>
                                <l rend="zenoPLm12n12" xml:id="tg476.2.56">Fühl ich andre Herzenstriebe.</l>
                            </lg>
                            <lb xml:id="tg476.2.57"/>
                            <lg>
                                <l rend="zenoPLm12n12" xml:id="tg476.2.58">Keine Lampe soll mich schrecken,</l>
                                <l rend="zenoPLm12n12" xml:id="tg476.2.59">Kein Souffleur hält mich zurück,</l>
                                <l rend="zenoPLm12n12" xml:id="tg476.2.60">Nein, ich will das ruhge Glück</l>
                                <l rend="zenoPLm12n12" xml:id="tg476.2.61">Eines Auditoris schmecken.</l>
                            </lg>
                            <lb xml:id="tg476.2.62"/>
                            <lg>
                                <l rend="zenoPLm12n12" xml:id="tg476.2.63">Nun empfangt mich, wilde Wogen,</l>
                                <l rend="zenoPLm12n12" xml:id="tg476.2.64">Du, Theater, fahre hin,</l>
                                <l rend="zenoPLm12n12" xml:id="tg476.2.65">Zu dem herrlichsten Gewinn</l>
                                <l rend="zenoPLm12n12" xml:id="tg476.2.66">Fühl ich mich hinabgezogen.</l>
                            </lg>
                            <lb xml:id="tg476.2.67"/>
                            <stage rend="zenoPC" xml:id="tg476.2.68">
                                <hi rend="italic" xml:id="tg476.2.68.1">Er springt ins Parterre.</hi>
                            </stage>
                            <lb xml:id="tg476.2.69"/>
                            <lg>
                                <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg476.2.70">
                                    <pb n="279" xml:id="tg476.2.70.1"/>
Wo bin ich? o Himmel!</l>
                                <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg476.2.71">Ich atme noch immer?</l>
                                <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg476.2.72">O Wunder! ich stehe</l>
                                <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg476.2.73">Hier unten? die Schimmer</l>
                                <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg476.2.74">Der Lichter sind dort? –</l>
                                <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg476.2.75">Ihr seht mich, ihr Götter!</l>
                                <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg476.2.76">Von Leuten umgeben;</l>
                                <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg476.2.77">Stolz rag ich hervor!</l>
                                <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg476.2.78">Wem dank ich dies Leben?</l>
                                <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg476.2.79">Dies bessere Leben?</l>
                            </lg>
                        </sp>
                        <sp>
                            <speaker xml:id="tg476.2.80.part1">DIE ZUSCHAUER.</speaker>
                            <lg>
                                <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg476.2.81">Herr Pierrot ist zum</l>
                                <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg476.2.82">Zuschauer aufgenommen!</l>
                                <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg476.2.83">Zuschauer Pierrot sei willkommen!</l>
                                <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg476.2.84">Sei gegrüßt, du großer Mann!</l>
                            </lg>
                        </sp>
                        <sp>
                            <speaker xml:id="tg476.2.85">PIERROT.</speaker>
                            <lg>
                                <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg476.2.86">Meint ihr mich, ihr Wohlgebornen?</l>
                                <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg476.2.87">Nehmt ihr mich zum Bruder an?</l>
                                <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg476.2.88">O mein Dank soll nicht ermüden,</l>
                                <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg476.2.89">Weil mein Busen atmen kann.</l>
                            </lg>
                        </sp>
                        <sp>
                            <speaker xml:id="tg476.2.90.part1">GRÜNHELM</speaker>
                            <stage>
                                <hi rend="italic" xml:id="tg476.2.90.1.part1">ein Zuschauer.</hi>
                            </stage>
                            <p xml:id="tg476.2.90.part2"> Herrlich! herrlich! bei meiner Seele herrlich! Aber, um nicht eins ins andre zu reden, so möchte ich zur Abwechselung gern einmal mitspielen, das würde mir in der Seele wohltun.</p>
                            <lb xml:id="tg476.2.91"/>
                            <lg>
                                <l rend="zenoPLm12n12" xml:id="tg476.2.92">Ich zittre nur, ich stottre nur,</l>
                                <l rend="zenoPLm12n12" xml:id="tg476.2.93">Und kann es doch nicht lassen,</l>
                                <l rend="zenoPLm12n12" xml:id="tg476.2.94">Ich fühl's, ich geh auf falscher Spur</l>
                                <l rend="zenoPLm12n12" xml:id="tg476.2.95">Und dennoch muß ich spaßen.</l>
                            </lg>
                            <lb xml:id="tg476.2.96"/>
                            <stage rend="zenoPC" xml:id="tg476.2.97">
                                <hi rend="italic" xml:id="tg476.2.97.1">Er steigt zum Theater hinauf.</hi>
                            </stage>
                            <lb xml:id="tg476.2.98"/>
                            <p xml:id="tg476.2.99">Und somit, Herr Skaramuz, überlaßt mir nur gutwillig Eure komische Rolle, und Ihr mögt dann, wie gesagt, den Apollo übernehmen.</p>
                        </sp>
                        <sp>
                            <speaker xml:id="tg476.2.100.part1">SKARAMUZ.</speaker>
                            <p xml:id="tg476.2.100.part2"> Ich stehe zu Befehl; wenn ich Ihnen mit meiner ganzen Eigentümlichkeit aufwarten kann, so haben Sie zu gebieten.</p>
                        </sp>
                        <sp>
                            <speaker xml:id="tg476.2.101.part1">GRÜNHELM.</speaker>
                            <l xml:id="tg476.2.101.part2"> Allzu gütig, allzu gütig, nur ganz gehorsamst zu bitten.</l>
                        </sp>
                        <sp>
                            <speaker xml:id="tg476.2.102.part1">POET.</speaker>
                            <l xml:id="tg476.2.102.part2"> Aber was soll denn aus meinem vortrefflichen Schauspiele werden?</l>
                        </sp>
                        <sp>
                            <speaker xml:id="tg476.2.103.part1">PIERROT</speaker>
                            <stage>
                                <hi rend="italic" xml:id="tg476.2.103.1.part1">zu den Zuschauern um ihn.</hi>
                            </stage>
                            <p xml:id="tg476.2.103.part2"> Meine Herren, unterstützen Sie des Skaramuz' Gesuch; ich versichre Sie, ich schwöre es Ihnen zu, er wird den Apollo herrlich machen.</p>
                            <pb n="280" xml:id="tg476.2.104"/>
                        </sp>
                        <sp>
                            <speaker xml:id="tg476.2.105.part1">ZUSCHAUER.</speaker>
                            <l xml:id="tg476.2.105.part2"> Skaramuz soll den Apollo spielen, und zwar auf lautes Begehren.</l>
                        </sp>
                        <sp>
                            <speaker xml:id="tg476.2.106.part1">POET.</speaker>
                            <p xml:id="tg476.2.106.part2"> Nun gut, ich wasche meine Hände, ob sie mir gleich gebunden sind; das Publikum mag alles zu verantworten haben.</p>
                        </sp>
                        <sp>
                            <speaker xml:id="tg476.2.107.part1">PUBLIKUM.</speaker>
                            <l xml:id="tg476.2.107.part2"> Wir getrauen es uns zu verantworten.</l>
                        </sp>
                        <sp>
                            <speaker xml:id="tg476.2.108.part1">POET.</speaker>
                            <p xml:id="tg476.2.108.part2"> Ich bin im größten Elende – ach freilich, ist es die Bestimmung unserer Kunst, gänzlich mißverstanden und travestiert zu werden, und leider gefallen wir dann am meisten. Das Urteil, das an dem Marsyas vollzogen wurde, wird zur Vergeltung jetzt nur zu oft an der Poesie ausgeübt. Ich weiß mich vor Schmerzen nicht zu lassen. Herr Grünhelm, Sie übernehmen also das Lustigmachen?</p>
                        </sp>
                        <sp>
                            <speaker xml:id="tg476.2.109.part1">GRÜNHELM.</speaker>
                            <l xml:id="tg476.2.109.part2"> Allerdings, mein Herr Poet, und ich will ganz gewiß meinen Mann stehn.</l>
                        </sp>
                        <sp>
                            <speaker xml:id="tg476.2.110.part1">POET.</speaker>
                            <l xml:id="tg476.2.110.part2"> Wie wollen Sie's denn anfangen?</l>
                        </sp>
                        <sp>
                            <speaker xml:id="tg476.2.111.part1">GRÜNHELM.</speaker>
                            <p xml:id="tg476.2.111.part2"> Herr, ich habe selber lange als ein Mann gedient, der sich damit abgibt, sich amüsieren zu lassen, ich meine als Zuschauer, darum weiß ich auch genau, was gefällt. Die Leute da unten wollen nämlich unterhalten sein; das ist im Grunde der einzige Grund, warum sie so still und ruhig dastehn.</p>
                        </sp>
                        <sp>
                            <speaker xml:id="tg476.2.112.part1">POET.</speaker>
                            <l xml:id="tg476.2.112.part2"> Gut! aber wie wollen Sie es denn machen?</l>
                        </sp>
                        <sp>
                            <speaker xml:id="tg476.2.113.part1">GRÜNHELM.</speaker>
                            <p xml:id="tg476.2.113.part2"> Sehn Sie, auf den guten Willen der Zuschauer kömmt freilich das meiste an, das weiß ich so gut, wie Sie; die wahre Kunst ist daher die, diesen guten Willen so recht emporzubringen, ich meine nämlich, daß die Gutherzigkeit oben bleibt.</p>
                        </sp>
                        <sp>
                            <speaker xml:id="tg476.2.114.part1">POET.</speaker>
                            <l xml:id="tg476.2.114.part2"> Nun freilich, aber eben die Mittel –</l>
                        </sp>
                        <sp>
                            <speaker xml:id="tg476.2.115.part1">GRÜNHELM.</speaker>
                            <l xml:id="tg476.2.115.part2"> Nun, das ist ja meine Sorge, Herr Poet, darum haben Sie sich ja gar nicht zu kümmern. <hi rend="italic" xml:id="tg476.2.115.1.part2">Singt.</hi>
                            </l>
                            <lb xml:id="tg476.2.116"/>
                            <l rend="zenoPLm12n12" xml:id="tg476.2.117">Der Vogelfänger bin ich ja, u.s.w.</l>
                        </sp>
                        <sp>
                            <speaker xml:id="tg476.2.118.part1">ZUSCHAUER.</speaker>
                            <l xml:id="tg476.2.118.part2"> Bravo! Bravo!</l>
                        </sp>
                        <sp>
                            <speaker xml:id="tg476.2.119.part1">GRÜNHELM.</speaker>
                            <p xml:id="tg476.2.119.part2"> Nun? Sehn Sie mein Herr, das ist nur eins von meinen Mitteln. – Sind Sie nicht ziemlich gut amüsiert meine Herren?</p>
                        </sp>
                        <sp>
                            <speaker xml:id="tg476.2.120.part1">ZUSCHAUER.</speaker>
                            <l xml:id="tg476.2.120.part2"> Exzellent! o ganz überaus vortrefflich!</l>
                        </sp>
                        <sp>
                            <speaker xml:id="tg476.2.121.part1">GRÜNHELM.</speaker>
                            <l xml:id="tg476.2.121.part2"> Haben Sie eine Sehnsucht nach etwas Verständigem?</l>
                        </sp>
                        <sp>
                            <speaker xml:id="tg476.2.122.part1">ZUSCHAUER.</speaker>
                            <l xml:id="tg476.2.122.part2"> Nein, nein; aber nachher wollen wir ein wenig gerührt sein.</l>
                            <pb n="281" xml:id="tg476.2.123"/>
                        </sp>
                        <sp>
                            <speaker xml:id="tg476.2.124.part1">GRÜNHELM.</speaker>
                            <p xml:id="tg476.2.124.part2"> Nur Geduld, es kann ja nicht alles in einem Haufen kommen. Vermissen Sie also wohl den ordentlichen Apollo?</p>
                        </sp>
                        <sp>
                            <speaker xml:id="tg476.2.125.part1">ZUSCHAUER.</speaker>
                            <l xml:id="tg476.2.125.part2"> Nicht im mindesten.</l>
                        </sp>
                        <sp>
                            <speaker xml:id="tg476.2.126.part1">GRÜNHELM.</speaker>
                            <l xml:id="tg476.2.126.part2"> Nun Herr Poet, was haben Sie also gegen den liebwertesten Skaramuz?</l>
                        </sp>
                        <sp>
                            <speaker xml:id="tg476.2.127.part1">POET.</speaker>
                            <l xml:id="tg476.2.127.part2"> Nicht das mindeste mehr, ich bin überführt.<hi rend="italic" xml:id="tg476.2.127.1.part2"> Geht ab.</hi>
                            </l>
                        </sp>
                        <sp>
                            <speaker xml:id="tg476.2.128.part1">ZUSCHAUER.</speaker>
                            <l xml:id="tg476.2.128.part2"> Wir wollen aber auch nicht lauter Possen haben.</l>
                        </sp>
                        <sp>
                            <speaker xml:id="tg476.2.129.part1">SKARAMUZ.</speaker>
                            <p xml:id="tg476.2.129.part2"> Je behüt uns Gott vor solcher Sünde! Was wäre ich für ein Apollo, wenn ich das litte oder zugäbe? Nein, meine Herren, ernsthafte Sachen die Fülle, Sachen zum Nachdenken, damit doch auch der Verstand in einige Übung kömmt.</p>
                            <lb xml:id="tg476.2.130"/>
                            <stage rend="zenoPC" xml:id="tg476.2.131">
                                <hi rend="italic" xml:id="tg476.2.131.1">Ein Bote tritt auf.</hi>
                            </stage>
                            <lb xml:id="tg476.2.132"/>
                        </sp>
                        <sp>
                            <speaker xml:id="tg476.2.133.part1">SKARAMUZ.</speaker>
                            <l xml:id="tg476.2.133.part2"> Was gibt's?</l>
                        </sp>
                        <sp>
                            <speaker xml:id="tg476.2.134">BOTE.</speaker>
                            <lg>
                                <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg476.2.135">O mächtger Gott, der du mit deinem Witze</l>
                                <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg476.2.136">Von fernher triffst, der du die Leier schlägst,</l>
                                <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg476.2.137">Du, dem Homer noch manchen Namen gibt,</l>
                                <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg476.2.138">Die ich nicht all aus Eile nennen kann,</l>
                                <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg476.2.139">Ich komme dir zu sagen, daß dein Feind,</l>
                                <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg476.2.140">Den sonst die Sterblichen Apoll genannt,</l>
                                <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg476.2.141">(Weil sie in schnöder Unerfahrenheit</l>
                                <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg476.2.142">Die Tage ihres irdschen Daseins lebten),</l>
                                <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg476.2.143">Daß dieser, o Gebieter, fortgeflohn,</l>
                                <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg476.2.144">Und, wie man sagt, zu dieser Frist beim König</l>
                                <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg476.2.145">Admet der Schafe Hürden still bewahrt;</l>
                                <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg476.2.146">Dort übt er einsam leichte Hirtenlieder,</l>
                                <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg476.2.147">Und zähmt, wie uns Mythologie berichtet,</l>
                                <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg476.2.148">Die wilden Bären, Löwen, Panther, Tiger,</l>
                                <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg476.2.149">Und was ihm sonst noch vor die Fäuste kömmt,</l>
                                <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg476.2.150">Mit himmlischer Gewalt der Harmonie,</l>
                                <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg476.2.151">Die er dem silbern Saitenspiel entlockt.</l>
                            </lg>
                        </sp>
                        <sp>
                            <speaker xml:id="tg476.2.152.part1">SKARAMUZ.</speaker>
                            <p xml:id="tg476.2.152.part2"> Dort mag er bleiben, und sich also auf die Idylle applizieren; daß er sich aber nur nimmermehr innerhalb der Grenzen dieses Theaters betreffen läßt, sonst soll er mit seinem Kopfe diesen Frevel büßen; – zum Überfluß mag noch ein Steckbrief in die Zeitungen gerückt werden. <hi rend="italic" xml:id="tg476.2.152.1.part2">Geht ab.</hi>
                            </p>
                        </sp>
                        <sp>
                            <speaker xml:id="tg476.2.153.part1">BOTE.</speaker>
                            <l xml:id="tg476.2.153.part2"> Dein Wille soll vollzogen werden.</l>
                        </sp>
                        <sp>
                            <speaker xml:id="tg476.2.154.part1">SCÄVOLA.</speaker>
                            <l xml:id="tg476.2.154.part2"> Ob es wohl eine Tragödie wird?</l>
                        </sp>
                        <sp>
                            <speaker xml:id="tg476.2.155.part1">PIERROT.</speaker>
                            <p xml:id="tg476.2.155.part2"> Nein, meine Herren, wir Schauspieler haben uns alle die Hand darauf gegeben, daß keiner von uns sterben will; <pb n="282" xml:id="tg476.2.155.1.part2"/>
folglich geht's nimmermehr durch, wenn es auch der Dichter im Sinn haben sollte.</p>
                        </sp>
                        <sp>
                            <speaker xml:id="tg476.2.156.part1">SCÄVOLA.</speaker>
                            <l xml:id="tg476.2.156.part2"> Es ist auch besser so, denn ich bin mit einem gar zu zärtlichen Gemüt behaftet.</l>
                        </sp>
                        <sp>
                            <speaker xml:id="tg476.2.157.part1">PIERROT.</speaker>
                            <p xml:id="tg476.2.157.part2"> Zum Henker, Herr, unsereins ist auch nicht von Stahl und Eisen. Ich habe die Ehre, Ihnen zu versichern, daß ich ungemein fein empfinde; hol doch der Teufel das ungebildete Wesen!</p>
                        </sp>
                        <sp>
                            <speaker xml:id="tg476.2.158.part1">SCÄVOLA.</speaker>
                            <l xml:id="tg476.2.158.part2"> Das sag ich auch immer, denn warum sind wir wohl sonst Menschen?</l>
                        </sp>
                        <sp>
                            <speaker xml:id="tg476.2.159.part1">PIERROT.</speaker>
                            <l xml:id="tg476.2.159.part2"> Und sogar Zuschauer?</l>
                        </sp>
                        <sp>
                            <speaker xml:id="tg476.2.160.part1">SCÄVOLA.</speaker>
                            <p xml:id="tg476.2.160.part2"> Ei freilich hat das Ding sehr viel auf sich; so ein Zuschauer ist gleichsam das Höchste, was man werden kann.</p>
                        </sp>
                        <sp>
                            <speaker xml:id="tg476.2.161.part1">PIERROT.</speaker>
                            <p xml:id="tg476.2.161.part2"> Freilich! Sind wir denn nicht mehr, als alle die Kaiser und Fürsten, die dort nur vorgestellt werden?</p>
                        </sp>
                        <sp>
                            <speaker xml:id="tg476.2.162.part1">SCÄVOLA.</speaker>
                            <l xml:id="tg476.2.162.part2"> Eben darum müssen wir uns auch ganz gewaltig in der Bildung erhalten.</l>
                        </sp>
                        <sp>
                            <speaker xml:id="tg476.2.163.part1">PIERROT.</speaker>
                            <l xml:id="tg476.2.163.part2"> Hochmut will Zwang haben.</l>
                        </sp>
                        <sp>
                            <speaker xml:id="tg476.2.164.part1">SKARAMUZ.</speaker>
                            <l xml:id="tg476.2.164.part2"> Aber tausend Element! wo bleibt denn, ins Henkers Namen, mein Parnaß?</l>
                        </sp>
                        <sp>
                            <speaker xml:id="tg476.2.165.part1">GRÜNHELM.</speaker>
                            <l xml:id="tg476.2.165.part2"> Es ist auch wahr, ich will ihn den Augenblick schicken. <hi rend="italic" xml:id="tg476.2.165.1.part2">Ab.</hi>
                            </l>
                        </sp>
                        <sp>
                            <speaker xml:id="tg476.2.166.part1">WAGEMANN.</speaker>
                            <l xml:id="tg476.2.166.part2"> Nun ist ja wohl alles in Ordnung. Adieu, Herr Skaramuz.</l>
                        </sp>
                        <sp>
                            <speaker xml:id="tg476.2.167.part1">SKARAMUZ.</speaker>
                            <p xml:id="tg476.2.167.part2"> Ergebenster, bitte der Frau Gemahlin meine gehorsamste Empfehlung zu machen. <hi rend="italic" xml:id="tg476.2.167.1.part2">Der Directeur geht ab. Vier Statisten bringen den Parnaß herein.</hi> Nur da hingestellt – so – etwas hier weiter her, damit ich den Souffleur besser hören kann. <hi rend="italic" xml:id="tg476.2.167.2.part2">Er steigt hinauf und setzt sich.</hi> Recht schön sitzt es sich hier. – Wieviel trägt mir aber der Berg ein? Wer weiß mir das zu sagen? – Der Schatzmeister soll kommen.</p>
                        </sp>
                        <sp>
                            <speaker xml:id="tg476.2.168.part1">SCHATZMEISTER</speaker>
                            <stage>
                                <hi rend="italic" xml:id="tg476.2.168.1.part1">tritt auf.</hi>
                            </stage>
                        </sp>
                        <sp>
                            <speaker xml:id="tg476.2.169.part1">SKARAMUZ.</speaker>
                            <l xml:id="tg476.2.169.part2"> Was trägt mir der Berg jährlich?</l>
                        </sp>
                        <sp>
                            <speaker xml:id="tg476.2.170.part1">SCHATZMEISTER.</speaker>
                            <l xml:id="tg476.2.170.part2"> Unter Dero Vorweser war der Kastalische Quell die einzige Einnahme.</l>
                        </sp>
                        <sp>
                            <speaker xml:id="tg476.2.171.part1">SKARAMUZ.</speaker>
                            <p xml:id="tg476.2.171.part2"> Was war das für ein Quell? Ein Gesundbrunnen etwa? ein Sauer- oder Schwefelbrunnen? Wurde er viel verschickt? Wie teuer verkaufte man die Flasche?</p>
                        </sp>
                        <sp>
                            <speaker xml:id="tg476.2.172.part1">SCHATZMEISTER.</speaker>
                            <p xml:id="tg476.2.172.part2"> Er wurde selten verschickt, und das wenige <pb n="283" xml:id="tg476.2.172.1.part2"/>
wurde verschenkt. Fast niemand wollte das Wasser gut finden; Ihr Vorweser, der <hi rend="spaced" xml:id="tg476.2.172.2.part2">ci-de</hi>
                                <hi rend="spaced" xml:id="tg476.2.172.3.part2">vant Apollon</hi> mochte es gern.</p>
                        </sp>
                        <sp>
                            <speaker xml:id="tg476.2.173.part1">SKARAMUZ.</speaker>
                            <p xml:id="tg476.2.173.part2"> Und weiter nichts? Hängt kein Vorwerk mit dem Berge zusammen, kein Wiesenwachs? Was hab ich an Vieh, an Gänsen, Hühnern und dergleichen einzunehmen?</p>
                        </sp>
                        <sp>
                            <speaker xml:id="tg476.2.174.part1">SCHATZMEISTER.</speaker>
                            <l xml:id="tg476.2.174.part2"> Von allen diesem weiß ich nichts.</l>
                        </sp>
                        <sp>
                            <speaker xml:id="tg476.2.175.part1">SKARAMUZ.</speaker>
                            <p xml:id="tg476.2.175.part2"> O so muß ich notwendig meine Grundstücke verbessern; da mag der Henker Euer Apoll sein, wenn so ein magres Einkommen bei der Stelle ist. – Und auch keine Zehnden?</p>
                        </sp>
                        <sp>
                            <speaker xml:id="tg476.2.176.part1">SCHATZMEISTER.</speaker>
                            <l xml:id="tg476.2.176.part2"> Nichts von dieser Art.</l>
                        </sp>
                        <sp>
                            <speaker xml:id="tg476.2.177.part1">SKARAMUZ.</speaker>
                            <l xml:id="tg476.2.177.part2"> Es sind doch etwa nicht noch gar Schulden auf dem Berg.</l>
                        </sp>
                        <sp>
                            <speaker xml:id="tg476.2.178.part1">SCHATZMEISTER.</speaker>
                            <l xml:id="tg476.2.178.part2"> Nein, Ihro Majestät.</l>
                        </sp>
                        <sp>
                            <speaker xml:id="tg476.2.179.part1">SKARAMUZ.</speaker>
                            <p xml:id="tg476.2.179.part2"> Nun, das ist gut. So müßt Ihr, Schatzmeister, aber gleich Geld aufnehmen, der Kreditor hat die erste Hypothek. – Steht der Parnaß in der Feuerkasse?</p>
                        </sp>
                        <sp>
                            <speaker xml:id="tg476.2.180.part1">SCHATZMEISTER.</speaker>
                            <l xml:id="tg476.2.180.part2"> O ja.</l>
                        </sp>
                        <sp>
                            <speaker xml:id="tg476.2.181.part1">SKARAMUZ.</speaker>
                            <p xml:id="tg476.2.181.part2"> So sind wir also vor Unglück gesichert. – Eine Brauerei und ein Backhaus soll da unten zu meinen Füßen angelegt werden.</p>
                        </sp>
                        <sp>
                            <speaker xml:id="tg476.2.182.part1">SCHATZMEISTER.</speaker>
                            <l xml:id="tg476.2.182.part2"> Ganz wohl.</l>
                        </sp>
                        <sp>
                            <speaker xml:id="tg476.2.183.part1">SKARAMUZ.</speaker>
                            <p xml:id="tg476.2.183.part2"> Die Gemein Weiden werden abgestellt; mit dem Pegasus und allem übrigen Vieh, das mir gehört, wird die Stallfütterung eingeführt.</p>
                        </sp>
                        <sp>
                            <speaker xml:id="tg476.2.184.part1">SCHATZMEISTER.</speaker>
                            <l xml:id="tg476.2.184.part2"> Ganz wohl.</l>
                        </sp>
                        <sp>
                            <speaker xml:id="tg476.2.185.part1">SKARAMUZ.</speaker>
                            <p xml:id="tg476.2.185.part2"> Ihr werdet die Bücher darüber gelesen haben, es ist von ausgemachtem Nutzen. – Die Zuschauer haben doch die Komödie bezahlt?</p>
                        </sp>
                        <sp>
                            <speaker xml:id="tg476.2.186.part1">SCHATZMEISTER.</speaker>
                            <l xml:id="tg476.2.186.part2"> Ja, Ihro Exzellenz.</l>
                        </sp>
                        <sp>
                            <speaker xml:id="tg476.2.187.part1">SKARAMUZ.</speaker>
                            <l xml:id="tg476.2.187.part2"> Ich erlasse ein strenges Verbot, daß alle Freibillets aufhören sollen.</l>
                        </sp>
                        <sp>
                            <speaker xml:id="tg476.2.188.part1">SCHATZMEISTER.</speaker>
                            <l xml:id="tg476.2.188.part2"> Das sind aber alles ganz neue Einrichtungen, mein König, von denen Griechenland nichts wußte.</l>
                        </sp>
                        <sp>
                            <speaker xml:id="tg476.2.189.part1">SKARAMUZ.</speaker>
                            <p xml:id="tg476.2.189.part2"> Was Griechenland! Wir leben jetzt gottlob in bessern Zeiten. – Apropos, gut, daß ich daran denke. Du sagtest mir vorher vom Kastalischen Brunnen; aus dem Dinge muß ein Gesundbrunnen gemacht werden.</p>
                        </sp>
                        <sp>
                            <speaker xml:id="tg476.2.190.part1">SCHATZMEISTER.</speaker>
                            <l xml:id="tg476.2.190.part2"> Wie ist das möglich?</l>
                        </sp>
                        <sp>
                            <speaker xml:id="tg476.2.191.part1">SKARAMUZ.</speaker>
                            <p xml:id="tg476.2.191.part2"> Die Möglichkeit ist meine Sorge; genug, daß ich viel Geld dafür einnehmen werde; denn ich will den Leuten <pb n="284" xml:id="tg476.2.191.1.part2"/>
weismachen lassen, daß sie sich alle Gebrechen der Seele und des Leibes mit diesem Wasser heilen können – aber- umsonst ist der Tod.</p>
                        </sp>
                        <sp>
                            <speaker xml:id="tg476.2.192.part1">SCHATZMEISTER.</speaker>
                            <l xml:id="tg476.2.192.part2"> Ihr Vorgänger kannte keine einzige Münzsorte.</l>
                        </sp>
                        <sp>
                            <speaker xml:id="tg476.2.193.part1">SKARAMUZ.</speaker>
                            <p xml:id="tg476.2.193.part2"> Das war auch ein Narr, und ein Mensch, der, wenn man ihn beim Lichte besieht, in die fabelhaften Zeiten fällt. Jetzt aber hat die Aufklärung um sich gegriffen und ich regiere. – Laßt mir einmal die Musen kommen.</p>
                            <lb xml:id="tg476.2.194"/>
                            <stage rend="zenoPC" xml:id="tg476.2.195">
                                <hi rend="italic" xml:id="tg476.2.195.1">Schatzmeister ab.</hi>
                            </stage>
                            <stage rend="zenoPC" xml:id="tg476.2.196">
                                <hi rend="italic" xml:id="tg476.2.196.1">Die Neun Musen treten auf, und verneigen sich.</hi>
                            </stage>
                            <lb xml:id="tg476.2.197"/>
                        </sp>
                        <sp>
                            <speaker xml:id="tg476.2.198.part1">SKARAMUZ</speaker>
                            <stage>
                                <hi rend="italic" xml:id="tg476.2.198.1.part1">mit leichtem Kopfnicken.</hi>
                            </stage>
                            <p xml:id="tg476.2.198.part2"> Freut mich, die wertgeschätzten Mademoisells kennenzulernen. Hoffe, wir sollen uns immer gut vertragen. Sie wohnen nun bei mir auf dem Parnaß zur Miete; wenn Sie ausziehn wollen, müssen Sie mir ein Vierteljahr vorher aufkündigen. – Wie heißen Sie denn, mein schönes Kind.</p>
                        </sp>
                        <sp>
                            <speaker xml:id="tg476.2.199.part1">MELPOMENE.</speaker>
                            <l xml:id="tg476.2.199.part2"> Ich bin Melpomene.</l>
                        </sp>
                        <sp>
                            <speaker xml:id="tg476.2.200.part1">SKARAMUZ.</speaker>
                            <l xml:id="tg476.2.200.part2"> Sie sehn so bekümmert aus.</l>
                        </sp>
                        <sp>
                            <speaker xml:id="tg476.2.201.part1">MELPOMENE.</speaker>
                            <p xml:id="tg476.2.201.part2"> Ach, Herr Apollo! ich bin aus einem sehr guten Hause. Mein Vater war Hofrat, und der Edle ließ mir eine unvergleichliche Erziehung zukommen. Ach! wie war ich in meiner guten Eltern Hause glücklich, und wie bestrebte ich mich, eine gute zärtliche Tochter zu sein! Ich hatte auch einen Geliebten, aber dieser verließ mich aus Stolz, weil er sich hatte adeln lassen; meine Eltern starben nachher vor Kummer. Ein guter Mensch, unser Hausdoktor, nahm sich zwar meiner an, aber er war zu arm, als daß er mich hätte heiraten können, und so bin ich denn aus Desparation unter die Musen gegangen. Hab ich nun nicht ein Recht, traurig zu sein?</p>
                        </sp>
                        <sp>
                            <speaker xml:id="tg476.2.202.part1">SKARAMUZ.</speaker>
                            <l xml:id="tg476.2.202.part2"> Ja wohl, mein Kind, aber ich will als ein Vater für Sie sorgen.</l>
                        </sp>
                        <sp>
                            <speaker xml:id="tg476.2.203.part1">SCÄVOLA</speaker>
                            <stage>
                                <hi rend="italic" xml:id="tg476.2.203.1.part1">zu einem andern.</hi>
                            </stage>
                            <l xml:id="tg476.2.203.part2"> Nun seht doch um Gottes willen, wie mir da schon die Tränen aus den Augen laufen.</l>
                        </sp>
                        <sp>
                            <speaker xml:id="tg476.2.204.part1">DER ANDERE.</speaker>
                            <l xml:id="tg476.2.204.part2"> Ei Gevatter, so schont Euch doch zum fünften Akt.</l>
                        </sp>
                        <sp>
                            <speaker xml:id="tg476.2.205.part1">SKARAMUZ.</speaker>
                            <l xml:id="tg476.2.205.part2"> Und wer sind Sie, schönes Kind?</l>
                        </sp>
                        <sp>
                            <speaker xml:id="tg476.2.206.part1">THALIA.</speaker>
                            <p xml:id="tg476.2.206.part2"> Danke der gütigen Nachfrage, mein Herr; mit meinem Taufnamen heiße ich Thalia, ich habe lange bei den wertgeschätzten <pb n="285" xml:id="tg476.2.206.1.part2"/>
Eltern dieser guten Person gedient, und da will ich auch jetzt nicht von ihr lassen, sondern bin ihr sogar bis unter die Musen gefolgt.</p>
                        </sp>
                        <sp>
                            <speaker xml:id="tg476.2.207.part1">SKARAMUZ.</speaker>
                            <p xml:id="tg476.2.207.part2"> Warte den letzten Akt ab, so kann deine Treue unmöglich unbelohnt bleiben. – Wo ist mein Stallmeister?</p>
                            <lb xml:id="tg476.2.208"/>
                            <stage rend="zenoPC" xml:id="tg476.2.209">
                                <hi rend="italic" xml:id="tg476.2.209.1">Der Stallmeister kömmt.</hi>
                            </stage>
                            <lb xml:id="tg476.2.210"/>
                        </sp>
                        <sp>
                            <speaker xml:id="tg476.2.211.part1">SKARAMUZ.</speaker>
                            <p xml:id="tg476.2.211.part2"> Den Pegasus, ich will spazierenreiten. – <hi rend="italic" xml:id="tg476.2.211.1.part2">Stallmeister ab, und kommt sogleich mit einem aufgezäumten Esel zurück.</hi> Hilf mir.</p>
                        </sp>
                        <sp>
                            <speaker xml:id="tg476.2.212.part1">STALLMEISTER.</speaker>
                            <l xml:id="tg476.2.212.part2"> In welchem Silbenmaße wollen sich Ihre Gnaden heut erlustigen?</l>
                        </sp>
                        <sp>
                            <speaker xml:id="tg476.2.213.part1">SKARAMUZ.</speaker>
                            <p xml:id="tg476.2.213.part2"> O Narr, ich will eine schlichte vernünftige Prosa reiten. Denkst du, daß ich mich vom alcäischen Vers will zerstoßen lassen, oder gar in den verfluchten Proceleusmatikern den Hals brechen? Nein, ich liebe Vernunft und Ordnung.</p>
                        </sp>
                        <sp>
                            <speaker xml:id="tg476.2.214.part1">STALLMEISTER.</speaker>
                            <l xml:id="tg476.2.214.part2"> Ihr Vorfahr flog immer in der Luft.</l>
                        </sp>
                        <sp>
                            <speaker xml:id="tg476.2.215.part1">SKARAMUZ.</speaker>
                            <p xml:id="tg476.2.215.part2"> Redet mir von dem Kerl nicht mehr; das muß ja ein rechter Hans Narr, ein rechter exzentrischer Esel gewesen sein. In der Luft zu fliegen! Nein, die Luft hat keine Balken, ich lobe mir die Erde. – Adieu, meine Freunde! ich will nur eine kleine Abhandlung über den Nutzen der Familiengemälde reiten, und bin gleich wieder da. <hi rend="italic" xml:id="tg476.2.215.1.part2">Er reitet langsam fort.</hi>
                            </p>
                            <lb xml:id="tg476.2.216"/>
                            <stage rend="zenoPC" xml:id="tg476.2.217">
                                <hi rend="italic" xml:id="tg476.2.217.1">Der Vorhang fällt.</hi>
                            </stage>
                            <lb xml:id="tg476.2.218"/>
                        </sp>
                        <sp>
                            <speaker xml:id="tg476.2.219.part1">SCÄVOLA.</speaker>
                            <l xml:id="tg476.2.219.part2"> Das war nun nämlich die Einleitung.</l>
                        </sp>
                        <sp>
                            <speaker xml:id="tg476.2.220.part1">PIERROT.</speaker>
                            <l xml:id="tg476.2.220.part2"> So ein erster Akt ist immer zum Verständnis notwendig.</l>
                        </sp>
                        <sp>
                            <speaker xml:id="tg476.2.221.part1">DER ANDERE</speaker>
                            <stage>
                                <hi rend="italic" xml:id="tg476.2.221.1.part1">zu Scävola.</hi>
                            </stage>
                            <l xml:id="tg476.2.221.part2"> In dem Stück liegt viel Moral.</l>
                        </sp>
                        <sp>
                            <speaker xml:id="tg476.2.222.part1">SCÄVOLA.</speaker>
                            <l xml:id="tg476.2.222.part2"> Gewiß, ich fange schon an, besser zu werden.</l>
                        </sp>
                        <sp>
                            <speaker xml:id="tg476.2.223.part1">PIERROT.</speaker>
                            <l xml:id="tg476.2.223.part2"> Die Musik!</l>
                            <lb xml:id="tg476.2.224"/>
                        </sp>
                    </div>
                    <div type="h4">
                        <head type="h4" xml:id="tg476.2.227">Orchester</head>
                        <stage rend="zenoPC" xml:id="tg476.2.228">
                            <hi rend="italic" xml:id="tg476.2.228.1">Adagio. As Moll</hi>
                        </stage>
                        <lb xml:id="tg476.2.229"/>
                        <p xml:id="tg476.2.230">Wie alles forteilt! Wie in dieser Sterblichkeit so gar nichts standhält! Womit willst du das Leben des Menschen vergleichen? Mit dem Schatten? Mit der Wolke? Ach! beide sind <pb n="286" xml:id="tg476.2.230.1"/>
immer noch zuverlässiger, als dieser Hauch, der uns jetzt beseelt, und im nächsten Augenblicke verschwunden ist.</p>
                        <p rend="zenoPLm4n0" xml:id="tg476.2.231">So erfüllt jetzt der schmeichelnde Ton der Musik die Luft, und jede Luftwelle erzittert vor Freude, und doch darf nur der Finger innehalten, so verstummen alle diese beredten Geister, so fällt das glänzende Gebäude zusammen, und keine Spur aller der Kristalle und funkelnden Regenbogen bleibt zurück, die sich jetzt so majestätisch auf und nieder bewegen. Wenn nicht alles vergänglich wäre, o was fänden wir dann noch zu klagen Ursach?</p>
                        <p rend="zenoPLm4n0" xml:id="tg476.2.232">Das Lachen schweigt, die Begebenheiten des Stücks laufen zu Ende, der Vorhang fällt endlich zum letztenmal, die Zuschauer gehn nach Hause. Einmal kommen sie dann nicht wieder, sie sind fortgegangen, niemand kann sagen, wohin; niemand kann sie erfragen, keiner betritt die schreckliche, grauenvolle Wüste, der jemals wiederkäme. Ach du schwaches, leichtzerbrechliches Menschenleben! Ich will dich immer als ein Kunstwerk betrachten, das mich ergötzt und das einen Schluß haben muß, damit es ein Kunstwerk sein und mich ergötzen könne. Dann bin ich stets zufrieden, dann bin ich von gemeiner Freude und von dem lastenden Trübsinne gleich weit entfernt. O daß nur alle Freunde mit mir bleiben, bis ich selber nicht mehr bin, daß sie kein Seufzer und keine Träne vergebens suchen darf.</p>
                    </div>
                </div>
            </div>
            <div subtype="work:no" type="act" xml:id="tg477" n="/Literatur/M/Tieck, Ludwig/Dramen/Die verkehrte Welt/2. Akt">
                <div>
                    <desc>
                        <title>2. Akt</title>
                    </desc>
                </div>
                <div subtype="work:no" type="scene" xml:id="tg478" n="/Literatur/M/Tieck, Ludwig/Dramen/Die verkehrte Welt/2. Akt/1. Szene">
                    <div>
                        <desc>
                            <title>1. Szene</title>
                        </desc>
                    </div>
                    <div type="text" xml:id="tg478.2">
                        <div type="h4">
                            <head type="h4" xml:id="tg478.2.1">Erste Szene</head>
                            <stage rend="zenoPC" xml:id="tg478.2.4">
                                <hi rend="italic" xml:id="tg478.2.4.1">Freies Feld.</hi>
                            </stage>
                            <lb xml:id="tg478.2.5"/>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg478.2.6.part1">APOLLO</speaker>
                                <stage>
                                    <hi rend="italic" xml:id="tg478.2.6.1.part1">bei seiner Herde.</hi>
                                </stage>
                                <lg>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg478.2.7">Wie freundlich lächelt mir die stille Gegend,</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg478.2.8">Die gern und liebevoll den Gott empfängt.</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg478.2.9">Hier hör ich früh der Lerche muntres Lied,</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg478.2.10">Die sich mit hellen Tönen aufwärts schwingt,</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg478.2.11">Die Nachtigall aus dichtbelaubten Büschen,</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg478.2.12">Den stillen Gang der Wasser, die melodisch</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg478.2.13">Durch Felsen unter Efeuranken irren;</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg478.2.14">Wie spielende Weste durch meine Locken flattern,</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg478.2.15">
                                        <pb n="287" xml:id="tg478.2.15.1"/>
Und mich der holde Geist der Einsamkeit</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg478.2.16">Mit seinen süßen Flügeln lieblich fächelt;</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg478.2.17">Das Rohr des Flusses girrt in leisen Tönen,</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg478.2.18">Die Eiche braust und spricht mit ernster Stimme,</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg478.2.19">Aufmerksam horcht der junge kleine Wald</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg478.2.20">Und hält die zarten Blätter unbewegt.</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg478.2.21">Ob mir ein ländlich Lied gelingen mag</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg478.2.22">Will ich nach Hirtenweise jetzt versuchen.</l>
                                </lg>
                                <lb xml:id="tg478.2.23"/>
                                <lg>
                                    <l rend="zenoPLm12n12" xml:id="tg478.2.24">Wohl dem Mann, der in der Stille</l>
                                    <l rend="zenoPLm12n12" xml:id="tg478.2.25">Seine kleine Herde führt,</l>
                                    <l rend="zenoPLm12n12" xml:id="tg478.2.26">Weit von Menschen, in der Hülle</l>
                                    <l rend="zenoPLm12n12" xml:id="tg478.2.27">Dunkler Bäume sie regiert.</l>
                                    <l rend="zenoPLm12n12" xml:id="tg478.2.28">Wo er wohnet, sind die Götter,</l>
                                    <l rend="zenoPLm12n12" xml:id="tg478.2.29">Sitzen bei dem kleinen Mahl,</l>
                                    <l rend="zenoPLm12n12" xml:id="tg478.2.30">Ewig sonnt ihn Frühlingswetter,</l>
                                    <l rend="zenoPLm12n12" xml:id="tg478.2.31">Fern von ihm die rege Qual,</l>
                                    <l rend="zenoPLm12n12" xml:id="tg478.2.32">Die mit ihren schwarzen Flügeln</l>
                                    <l rend="zenoPLm12n12" xml:id="tg478.2.33">Um den Unzufriednen schwärmt,</l>
                                    <l rend="zenoPLm12n12" xml:id="tg478.2.34">Daß er sich von Tal zu Hügeln</l>
                                    <l rend="zenoPLm12n12" xml:id="tg478.2.35">Und von Hügeln talwärts härmt.</l>
                                    <l rend="zenoPLm12n12" xml:id="tg478.2.36">Aber hier ist Abendröte</l>
                                    <l rend="zenoPLm12n12" xml:id="tg478.2.37">Widerschein von Morgenrot,</l>
                                    <l rend="zenoPLm12n12" xml:id="tg478.2.38">Und die kleine Schäferflöte</l>
                                    <l rend="zenoPLm12n12" xml:id="tg478.2.39">Klinget bis zu unserm Tod.</l>
                                </lg>
                                <lb xml:id="tg478.2.40"/>
                                <stage rend="zenoPC" xml:id="tg478.2.41">
                                    <hi rend="italic" xml:id="tg478.2.41.1">Mopsa und Phyllis kommen.</hi>
                                </stage>
                                <lb xml:id="tg478.2.42"/>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg478.2.43">MOPSA.</speaker>
                                <lg>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg478.2.44">Wie lieblich klingt dein Lied, holdselger Schäfer,</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg478.2.45">Es lockte uns vom Wald ins freie Tal.</l>
                                </lg>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg478.2.46">PHYLLIS.</speaker>
                                <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg478.2.47">Ich hörte niemals noch so süße Stimme.</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg478.2.48">APOLLO.</speaker>
                                <lg>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg478.2.49">Sollt ihr den Sänger nicht begeistern? Kühn</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg478.2.50">Fliegt von der Lippe der Gesang, das Bild</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg478.2.51">Von euch macht jeden Ton melodisch süß.</l>
                                </lg>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg478.2.52">PHYLLIS.</speaker>
                                <lg>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg478.2.53">Willst du mit uns das Wechselliedchen singen,</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg478.2.54">Das du uns gestern lehrtest?</l>
                                </lg>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg478.2.55">APOLLO.</speaker>
                                <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg478.2.56">Fang nur an.</l>
                                <pb n="288" xml:id="tg478.2.57"/>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg478.2.58">PHYLLIS.</speaker>
                                <lg>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg478.2.59">Warum in der Brust dies Schmachten?</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg478.2.60">Will kein Gott denn meiner achten?</l>
                                </lg>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg478.2.61">MOPSA.</speaker>
                                <lg>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg478.2.62">Ach, so süße herbe Tränen,</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg478.2.63">Ach, ein wunderbares Sehnen –</l>
                                </lg>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg478.2.64">APOLLO.</speaker>
                                <lg>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg478.2.65">Liebe, Liebe überwindet,</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg478.2.66">Wo sie zarte Herzen findet.</l>
                                </lg>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg478.2.67">PHYLLIS.</speaker>
                                <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg478.2.68">Was ist Liebe? Was ist Sehnen?</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg478.2.69">MOPSA.</speaker>
                                <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg478.2.70">Warum diese ewgen Tränen?</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg478.2.71">APOLLO.</speaker>
                                <lg>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg478.2.72">Liebe glänzt im nassen Blick,</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg478.2.73">Trän und Glanz spricht nur ihr Glück.</l>
                                </lg>
                            </sp>
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                                <speaker xml:id="tg478.2.74">ALLE.</speaker>
                                <lg>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg478.2.75">Wundern sollen dich nicht Schmerzen,</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg478.2.76">Die die Brust mit Wonne füllen,</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg478.2.77">Und den Blick in Tränen hüllen,</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg478.2.78">Denn in diesen schönen Schmerzen</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg478.2.79">Lernen lieben unsre Herzen.</l>
                                </lg>
                                <lb xml:id="tg478.2.80"/>
                                <stage rend="zenoPC" xml:id="tg478.2.81">
                                    <hi rend="italic" xml:id="tg478.2.81.1">Aulicus und Myrtill kommen.</hi>
                                </stage>
                                <lb xml:id="tg478.2.82"/>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg478.2.83.part1">AULICUS.</speaker>
                                <p xml:id="tg478.2.83.part2"> Singt ihr schon wieder eure abgeschmackten Gesänge? Schäfer, Ihr macht uns alle unsre Mädchen abspenstig, und das soll Euch am Ende übel geraten.</p>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg478.2.84.part1">MYRTILL.</speaker>
                                <p xml:id="tg478.2.84.part2"> Lauter Gesang und Klang und Klang und Gesang erfüllt jetzt unsre Felder, das ist nicht auszuhalten. Die Schäferinnen sprechen von nichts als Lied und Liebe, und Liebe und Lied, und Lied und Liebe, und so immer fort; ich für meine Person sage: das ist dumm!</p>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg478.2.85.part1">AULICUS.</speaker>
                                <l xml:id="tg478.2.85.part2"> Freilich ist's dumm, das ist gar keine Frage.</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg478.2.86.part1">PHYLLIS.</speaker>
                                <l xml:id="tg478.2.86.part2"> Aber was habt ihr uns denn zu befehlen?</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg478.2.87.part1">MYRTILL.</speaker>
                                <l xml:id="tg478.2.87.part2"> Ihr seid in uns verliebt, und da haben wir euch sehr Viel zu befehlen.</l>
                                <lb xml:id="tg478.2.88"/>
                                <stage rend="zenoPC" xml:id="tg478.2.89">
                                    <hi rend="italic" xml:id="tg478.2.89.1">Der alte Damon tritt auf.</hi>
                                </stage>
                                <lb xml:id="tg478.2.90"/>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg478.2.91.part1">DAMON.</speaker>
                                <l xml:id="tg478.2.91.part2"> Nun ja, da steht ihr hier, wie die Narren, und der Wolf macht sich unterdes in euren Herden lustig.</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg478.2.92.part1">MYRTILL.</speaker>
                                <p xml:id="tg478.2.92.part2"> Der Wolf? Nun wahrhaftig, der Kerl soll zum längsten <pb n="289" xml:id="tg478.2.92.1.part2"/>
ein Wolf gewesen sein. Kommt! der soll davon zu sagen haben, wieviel Wolle er lassen muß.</p>
                                <lb xml:id="tg478.2.93"/>
                                <stage rend="zenoPC" xml:id="tg478.2.94">
                                    <hi rend="italic" xml:id="tg478.2.94.1">Sie gehen ab.</hi>
                                </stage>
                                <lb xml:id="tg478.2.95"/>
                            </sp>
                        </div>
                    </div>
                </div>
                <div subtype="work:no" type="scene" xml:id="tg479" n="/Literatur/M/Tieck, Ludwig/Dramen/Die verkehrte Welt/2. Akt/2. Szene">
                    <div>
                        <desc>
                            <title>2. Szene</title>
                        </desc>
                    </div>
                    <div type="text" xml:id="tg479.2">
                        <div type="h4">
                            <head type="h4" xml:id="tg479.2.1">Zweite Szene</head>
                            <stage rend="zenoPC" xml:id="tg479.2.4">
                                <hi rend="italic" xml:id="tg479.2.4.1">Straße.</hi>
                            </stage>
                            <lb xml:id="tg479.2.5"/>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg479.2.6.part1">GRÜNHELM.</speaker>
                                <p xml:id="tg479.2.6.part2"> Es ist schwer, seht ihr, auf lange Zeit einen Lustigmacher abzugeben, und die Rolle des Apollo ist bei weitem leichter. Das hat Herr Skaramuz auch recht wohl gewußt, und darum ist er so erpicht darauf gewesen. Man kann nicht zwei zu zwei addieren, ohne in die Gefahr zu kommen, sich zu verrechnen, und manches Zeug sieht in der Ferne recht witzig aus, was in der Nähe nur eine absolute Dummheit ist. Indes wer noch nie einen Kanarienvogel gesehen hat, mag vielleicht einen Sperling dafür halten, und wie man sich die Sachen will schmecken lassen, so schmecken sie einem fast immer. Da kömmt ja die Muse.</p>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg479.2.7.part1">THALIA</speaker>
                                <stage>
                                    <hi rend="italic" xml:id="tg479.2.7.1.part1">kömmt.</hi>
                                </stage>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg479.2.8.part1">GRÜNHELM.</speaker>
                                <l xml:id="tg479.2.8.part2"> Nun, meine schönste Lisette –</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg479.2.9.part1">THALIA.</speaker>
                                <l xml:id="tg479.2.9.part2"> Herr Grünhelm!</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg479.2.10.part1">GRÜNHELM.</speaker>
                                <l xml:id="tg479.2.10.part2"> Oder hören Sie sich lieber Kolombine nennen?</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg479.2.11.part1">THALIA.</speaker>
                                <p xml:id="tg479.2.11.part2"> Das ist mir nun fast ganz einerlei, denn Name ist Name. Sind Sie wohl imstande zu lieben, Herr Grünhelm?</p>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg479.2.12.part1">GRÜNHELM.</speaker>
                                <l xml:id="tg479.2.12.part2"> Ei warum das nicht? Ihre schöne Physiognomie hat mich schon seit lange entzückt.</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg479.2.13.part1">THALIA.</speaker>
                                <l xml:id="tg479.2.13.part2"> Ach, wenn wir nur erst miteinander verheiratet wären!</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg479.2.14.part1">GRÜNHELM.</speaker>
                                <l xml:id="tg479.2.14.part2"> Ja wohl, mein Schätzchen, das ist ja Tag und Nacht mein Wunsch.</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg479.2.15.part1">THALIA.</speaker>
                                <l xml:id="tg479.2.15.part2"> Wir lieben uns doch gewiß recht innig.</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg479.2.16.part1">GRÜNHELM.</speaker>
                                <l xml:id="tg479.2.16.part2"> Das wollte ich wohl beschwören.</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg479.2.17.part1">SCÄVOLA.</speaker>
                                <l xml:id="tg479.2.17.part2"> Ob wohl ein Gewitter in dem Stück vorkömmt?</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg479.2.18.part1">PIERROT.</speaker>
                                <l xml:id="tg479.2.18.part2"> Wenn wir's begehren, bequemen sie sich schon darnach.</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg479.2.19.part1">DER ANDRE.</speaker>
                                <l xml:id="tg479.2.19.part2"> Gevatter, ja, wir wollen ihnen das Gewitter nicht schenken.</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg479.2.20.part1">GRÜNHELM.</speaker>
                                <l xml:id="tg479.2.20.part2"> Meine Herren, ein Gewitter ist ein ganz gutes Ding, aber es paßt da in unser Stück gar nicht hinein.</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg479.2.21.part1">SCÄVOLA.</speaker>
                                <l xml:id="tg479.2.21.part2"> Ach was, passen! Es soll passen und muß passen!</l>
                                <pb n="290" xml:id="tg479.2.22"/>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg479.2.23.part1">PIERROT.</speaker>
                                <l xml:id="tg479.2.23.part2"> Es muß biegen oder brechen; wir wollen ein Gewitter haben.</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg479.2.24.part1">GRÜNHELM.</speaker>
                                <p xml:id="tg479.2.24.part2"> So komm nur, meine Geliebte, und laß uns unter Dach und Fach kommen, da das grausame Publikum nach dem Donnerwetter verlangt.</p>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg479.2.25.part1">THALIA.</speaker>
                                <p xml:id="tg479.2.25.part2"> Unter Dach und Fach sind wir leicht; ich wollte, ich wäre ebenso geschwind unter die Haube gebracht. <hi rend="italic" xml:id="tg479.2.25.1.part2">Geht.</hi>
                                </p>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg479.2.26">GRÜNHELM.</speaker>
                                <lg>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg479.2.27">O ihr Götter! hört mein Flehen,</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg479.2.28">Rührt das Herz der stolzen Spröden,</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg479.2.29">Die sich nimmer will entblöden</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg479.2.30">Kalt mein Elend anzusehen.</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg479.2.31">Ja, das Letzte will ich wagen,</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg479.2.32">Will noch einmal zu ihr gehen,</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg479.2.33">Kürzlich ihr den Jammer klagen</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg479.2.34">Und in meinen alten Tagen</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg479.2.35">Endlich doch die Ruhe sehen.</l>
                                </lg>
                                <lb xml:id="tg479.2.36"/>
                                <stage rend="zenoPC" xml:id="tg479.2.37">
                                    <hi rend="italic" xml:id="tg479.2.37.1">Ab.</hi>
                                </stage>
                                <lb xml:id="tg479.2.38"/>
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                <div subtype="work:no" type="scene" xml:id="tg480" n="/Literatur/M/Tieck, Ludwig/Dramen/Die verkehrte Welt/2. Akt/3. Szene">
                    <div>
                        <desc>
                            <title>3. Szene</title>
                        </desc>
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                    <div type="text" xml:id="tg480.2">
                        <div type="h4">
                            <head type="h4" xml:id="tg480.2.1">Dritte Szene</head>
                            <stage rend="zenoPC" xml:id="tg480.2.4">
                                <hi rend="italic" xml:id="tg480.2.4.1">Wald. Gewitter.</hi>
                            </stage>
                            <stage rend="zenoPC" xml:id="tg480.2.5">
                                <hi rend="italic" xml:id="tg480.2.5.1">Skaramuz auf seinem Esel.</hi>
                            </stage>
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                                <speaker xml:id="tg480.2.7.part1">SKARAMUZ.</speaker>
                                <p xml:id="tg480.2.7.part2"> Wo, Henker, kommt denn das Gewitter her? davon steht ja kein einziges Wort in meiner Rolle. Was sind das für Dummheiten! Und ich und mein Esel werden darüber pudelnaß. Ei das steht mir gar nicht an. – Maschinist! Maschinist! so halt Er doch ins Teufels Namen inne! – <hi rend="italic" xml:id="tg480.2.7.1.part2">Es donnert und blitzt.</hi> Höre mich Schlingel von einem Maschinisten! Wie kannst du dich unterstehen, Donner und Blitz so zu verschwenden? Das sollst du mir gewiß teuer bezahlen. – Ich sage, halt mit dem Donnern inne.</p>
                                <lb xml:id="tg480.2.8"/>
                                <stage rend="zenoPC" xml:id="tg480.2.9">
                                    <hi rend="italic" xml:id="tg480.2.9.1">Maschinist tritt auf.</hi>
                                </stage>
                                <lb xml:id="tg480.2.10"/>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg480.2.11.part1">MASCHINIST.</speaker>
                                <l xml:id="tg480.2.11.part2"> Herr Skaramuz, ich kann nicht dafür, denn es muß sein.</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg480.2.12.part1">SKARAMUZ.</speaker>
                                <l xml:id="tg480.2.12.part2"> Muß sein? Ich sage aber, es muß durchaus nicht sein! Wer hat hier zu befehlen?</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg480.2.13.part1">MASCHINIST.</speaker>
                                <l xml:id="tg480.2.13.part2"> Das Publikum hat es so gewollt.</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg480.2.14.part1">SKARAMUZ.</speaker>
                                <l xml:id="tg480.2.14.part2"> Ist das wahr, meine Herren?</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg480.2.15.part1">ZUSCHAUER.</speaker>
                                <l xml:id="tg480.2.15.part2"> Ja, wir haben es ihm so befohlen.</l>
                                <pb n="291" xml:id="tg480.2.16"/>
                            </sp>
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                                <speaker xml:id="tg480.2.17.part1">SKARAMUZ.</speaker>
                                <l xml:id="tg480.2.17.part2"> Aber, meine Herren, ich werde naß.</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg480.2.18.part1">SCÄVOLA.</speaker>
                                <p xml:id="tg480.2.18.part2"> Wir wollen uns eben an dergleichen Leiden ergötzen, denn Lukrez sagt, wie bekannt: <hi rend="spaced" xml:id="tg480.2.18.1.part2">suave mari magno etc.</hi>
                                </p>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg480.2.19.part1">SKARAMUZ.</speaker>
                                <l xml:id="tg480.2.19.part2"> Lukrez sagt mir das zum Possen. – – Meine Herren, lassen Sie das Gewitter aufhören.</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg480.2.20.part1">ZUSCHAUER.</speaker>
                                <l xml:id="tg480.2.20.part2"> Nein, es soll bleiben.</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg480.2.21.part1">SKARAMUZ.</speaker>
                                <l xml:id="tg480.2.21.part2"> In einem stillen, sanften, historischen Schauspiel –</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg480.2.22.part1">ZUSCHAUER.</speaker>
                                <l xml:id="tg480.2.22.part2"> Es soll eben etwas fürchterlich werden.</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg480.2.23.part1">SKARAMUZ.</speaker>
                                <p xml:id="tg480.2.23.part2"> Müssen denn auch die Götter von der Wut der Elemente leiden? Ja, ja, jetzt erfahr ich es in der Tat, daß auch über uns ein dunkles, unausweichbares Fatum waltet. – O ihr undankbaren Zuschauer! Habe ich euch darum den Apollo vertrieben, habe ich euch darum von der Poesie erlöst, daß ihr es mir nun so schnöde vergelten müßt?</p>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg480.2.24.part1">MASCHINIST</speaker>
                                <stage>
                                    <hi rend="italic" xml:id="tg480.2.24.1.part1">fährt mit dem Gewitter fort.</hi>
                                </stage>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg480.2.25.part1">SKARAMUZ.</speaker>
                                <p xml:id="tg480.2.25.part2"> Ich leide von eurer Wut, aber ich will es euch gewiß gedenken. Wenn mir vom Regen der Esel da verdorben wird, so könnt ihr euch nur nach einem neuen für mich umsehn. Daß ihr's nur wißt, meine Herren, es ist der Pegasus; er ist mehrmals in Kupfer gestochen, und nun muß er so im Regenwetter dastehn, und hat nicht einmal einen Mantel umzuhängen. – O mein Kopf fängt an zu schwärmen.</p>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg480.2.26.part1">MASCHINIST.</speaker>
                                <l xml:id="tg480.2.26.part2"> Herr Skaramuz, ich glaube es wird bald vorbei sein.</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg480.2.27.part1">SKARAMUZ.</speaker>
                                <p xml:id="tg480.2.27.part2"> Im Grunde ist er doch meinesgleichen, und die Menschenliebe gebietet mir, ihn zu bemitleiden. – Da, hier will ich dich mit meinem Mantel bekleiden, ich will mich in meine Vernunft und Philosophie einhüllen, die dir gänzlich mangeln. – Wenn ich's recht bedenke, so kann es gar nicht anders sein, als daß einen der Regen naß macht.</p>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg480.2.28.part1">SCÄVOLA.</speaker>
                                <l xml:id="tg480.2.28.part2"> Gehn Sie bald ab, Herr Skaramuz?</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg480.2.29.part1">SKARAMUZ.</speaker>
                                <l xml:id="tg480.2.29.part2"> Warum, mein Geehrtester?</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg480.2.30.part1">SCÄVOLA.</speaker>
                                <l xml:id="tg480.2.30.part2"> Die Szene greift mich zu sehr an, das alles ist für mich ein bißchen zu erhaben.</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg480.2.31.part1">SKARAMUZ.</speaker>
                                <p xml:id="tg480.2.31.part2"> Ha ha, wie tut's? Im Regen stehn, ist noch schlimmer. Ja, mein Bester, bei uns geht es manchmal verteufelt hoch her.</p>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg480.2.32.part1">SCÄVOLA.</speaker>
                                <p xml:id="tg480.2.32.part2"> Gehn Sie doch lieber ab, bester Mann; denn wenn ich zu sehr angegriffen werde, so haben Sie nachher für den Schaden zu stehn.</p>
                                <pb n="292" xml:id="tg480.2.33"/>
                            </sp>
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                                <speaker xml:id="tg480.2.34.part1">SKARAMUZ.</speaker>
                                <l xml:id="tg480.2.34.part2"> Laßt mich noch erst mit diesem gelehrten Thebaner sprechen. – Worauf legst du dich?</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg480.2.35.part1">MASCHINIST.</speaker>
                                <p xml:id="tg480.2.35.part2"> Donner und Blitz zu machen, auch zieh ich die Löwen und Wölfe an, der Esel da ist auch von meiner Erfindung; wer sollte wohl in ihm einen von unsern Schauspielern wiedererkennen?</p>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg480.2.36.part1">SKARAMUZ.</speaker>
                                <p xml:id="tg480.2.36.part2"> So bist du also imstande, aus einem schlechten Schauspieler einen guten Esel zu machen? Und das nennt ihr Maschinerie, was sich von selber macht? – Wie entsteht der Donner?</p>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg480.2.37.part1">MASCHINIST.</speaker>
                                <p xml:id="tg480.2.37.part2"> Ich habe hier gestoßenen Kolophonium, den blase ich durch ein Licht, so wird daraus der Blitz; in demselben Augenblick wird oben eine eiserne Kugel gerollt, und das bedeutet dann den Donner.</p>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg480.2.38.part1">SKARAMUZ.</speaker>
                                <p xml:id="tg480.2.38.part2"> Gut, folge mir. – Meine Herren da unten! ich hoffe Sie alle gesund wieder nach Hause zu liefern, aber weiter hab ich Sie dann nicht zu verantworten. <hi rend="italic" xml:id="tg480.2.38.1.part2">Er steigt wieder auf den Esel und reitet fort.</hi>
                                </p>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg480.2.39.part1">MASCHINIST.</speaker>
                                <l xml:id="tg480.2.39.part2"> Ist's erlaubt, das Donnerwetter zu beendigen?</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg480.2.40.part1">PIERROT.</speaker>
                                <l xml:id="tg480.2.40.part2"> O ja; nun muß wieder was Häusliches kommen.</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg480.2.41.part1">MASCHINIST.</speaker>
                                <p xml:id="tg480.2.41.part2"> Rekommandiere mich; ich wohne hier gegenüber in dem großen Eckhause, wenn etwa Nachfrage nach mir sein sollte. Ich verstehe es auch vortrefflich, Feuerwerke zu arrangieren, und mit Geschmack eine Illumination einzurichten.<hi rend="italic" xml:id="tg480.2.41.1.part2"> Geht ab.</hi>
                                </p>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg480.2.42.part1">SCÄVOLA.</speaker>
                                <l xml:id="tg480.2.42.part2"> Das war eine sogenannte große Szene.</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg480.2.43.part1">DER ANDRE.</speaker>
                                <p xml:id="tg480.2.43.part2"> Ja, Gevatter, da herrscht schon mehr der englische Schwung drin. Ihr werdet die englische Literatur gelesen haben.</p>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg480.2.44.part1">SCÄVOLA.</speaker>
                                <l xml:id="tg480.2.44.part2"> Ja freilich! Hab ich doch in meiner Jugend sogar die englische Krankheit gehabt.</l>
                                <lb xml:id="tg480.2.45"/>
                            </sp>
                        </div>
                    </div>
                </div>
                <div subtype="work:no" type="scene" xml:id="tg481" n="/Literatur/M/Tieck, Ludwig/Dramen/Die verkehrte Welt/2. Akt/4. Szene">
                    <div>
                        <desc>
                            <title>4. Szene</title>
                        </desc>
                    </div>
                    <div type="text" xml:id="tg481.2">
                        <div type="h4">
                            <head type="h4" xml:id="tg481.2.1">Vierte Szene</head>
                            <stage rend="zenoPC" xml:id="tg481.2.4">
                                <hi rend="italic" xml:id="tg481.2.4.1">Wirtsstube.</hi>
                            </stage>
                            <lb xml:id="tg481.2.5"/>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg481.2.6.part1">DER WIRT.</speaker>
                                <p xml:id="tg481.2.6.part2"> Wenige Gäste kehren jetzt bei mir ein, und wenn das so fortwährt, so werde ich am Ende das Schild noch gar einziehen müssen. – Ja sonst waren noch gute Zeiten, da wurde kaum ein Stück gegeben, in welchem nicht ein Wirtshaus mit seinem Wirte vorkam. Ich weiß es noch, in wie <pb n="293" xml:id="tg481.2.6.1.part2"/>
vielen hundert Stücken bei mir in dieser Stube hier die schönste Entwickelung vorbereitet wurde. Bald war es ein verkleideter Fürst, der hier sein Geld verzehrte, bald ein Minister, oder wenigstens ein reicher Graf, die sich alle bei mir aufs Lauern legten. Ja sogar in allen Sachen, die aus dem Englischen übersetzt wurden, hatte ich meinen Taler Geld zu verdienen. Manchmal mußte man freilich auch in einen sauern Apfel beißen, und verstelltes Mitglied einer Spitzbubenbande sein, wofür man dann von den moralischen Personen rechtschaffen ausgehunzt wurde; indessen war man doch in Tätigkeit. – Aber jetzt! – Wenn auch jetzt ein fremder reicher Mann von der Reise kommt, so quartiert er sich originellerweise bei einem Verwandten ein, und gibt sich erst im fünften Akt zu erkennen; andere kriegt man nur auf der Straße zu sehn, als wenn sie in gar keinem honetten Hause wohnten; – dergleichen dient zwar, die Zuschauer in einer wunderbaren Neugier zu erhalten, aber es bringt doch unsereins um alle Nahrung.</p>
                                <lb xml:id="tg481.2.7"/>
                                <stage rend="zenoPC" xml:id="tg481.2.8">
                                    <hi rend="italic" xml:id="tg481.2.8.1">Anne tritt auf.</hi>
                                </stage>
                                <lb xml:id="tg481.2.9"/>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg481.2.10.part1">ANNE.</speaker>
                                <l xml:id="tg481.2.10.part2"> Ihr seid so verdrüßlich, Vater.</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg481.2.11.part1">WIRT.</speaker>
                                <l xml:id="tg481.2.11.part2"> Ja, mein Kind, ich bin mit meinem Stande sehr unzufrieden.</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg481.2.12.part1">ANNE.</speaker>
                                <l xml:id="tg481.2.12.part2"> Wünscht Ihr denn etwas Vornehmeres zu sein?</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg481.2.13.part1">WIRT.</speaker>
                                <p xml:id="tg481.2.13.part2"> Das gerade nicht; aber es ärgert mich unbeschreiblich, daß nach meinem Stande nicht die mindeste Nachfrage geschieht.</p>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg481.2.14.part1">ANNE.</speaker>
                                <l xml:id="tg481.2.14.part2"> Ihr werdet gewiß mit der Zeit in die vorige Achtung kommen.</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg481.2.15.part1">WIRT.</speaker>
                                <p xml:id="tg481.2.15.part2"> Nein, liebe Tochter, denn die Zeiten lassen sich sehr schlecht dazu an. O daß ich nicht ein Hofrat geworden bin! Sieh fast alle jetzigen Komödienzettel nach, und immer steht unten: die Szene ist im Hause des Hofrats. – Wenn es länger so fortgeht, lasse ich mich zum Kerkermeister machen, denn die Gefängnisse kommen doch noch in vaterländischen und Ritterstücken vor. – Aber mein Sohn soll durchaus nichts anders als Hofrat werden.</p>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg481.2.16.part1">ANNE.</speaker>
                                <p xml:id="tg481.2.16.part2"> Tröstet Euch lieber Vater, und hängt Eurer Melancholie nicht so nach. – Wie war es doch damals, als der Waltron erschien? Wißt Ihr noch, wie zu jener Zeit manche Schauspiele fast nur aus Gewehr präsentieren, Salutieren, Trommelschlag, <pb n="294" xml:id="tg481.2.16.1.part2"/>
Reveille und Schießen bestanden? Einen andern Menschen als Soldaten wurde man gar nicht gewahr. Und wie ist dieser Stand jetzt auch vernachlässigt, so daß kaum noch hie und da ein einzelner Obrist sich in den gangbaren Stücken blicken läßt?</p>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg481.2.17.part1">WIRT.</speaker>
                                <p xml:id="tg481.2.17.part2"> Was gilt's, ich arbeite mich noch selber zum Poeten um, und erfinde eine neue Dichtart, die die Hofratsstücke verdrängen soll, und in denen die Szene immer im Wirtshause spielt.</p>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg481.2.18.part1">ANNE.</speaker>
                                <l xml:id="tg481.2.18.part2"> Tut das, lieber Vater, ich will die Liebesszenen auf mich nehmen.</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg481.2.19.part1">WIRT.</speaker>
                                <p xml:id="tg481.2.19.part2"> Still! – Es fährt wahrhaftig ein Wagen vor. – Sogar eine Extrapost! lieber Himmel, wo muß der unwissende Mensch herkommen, daß er bei mir einkehrt?</p>
                                <lb xml:id="tg481.2.20"/>
                                <stage rend="zenoPC" xml:id="tg481.2.21">
                                    <hi rend="italic" xml:id="tg481.2.21.1">Ein Fremder tritt herein.</hi>
                                </stage>
                                <lb xml:id="tg481.2.22"/>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg481.2.23.part1">FREMDER.</speaker>
                                <l xml:id="tg481.2.23.part2"> Guten Morgen, Herr Wirt.</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg481.2.24.part1">WIRT.</speaker>
                                <p xml:id="tg481.2.24.part2"> Diener, Diener von Ihnen, gnädiger Herr. – Wer in aller Welt sind Sie, daß Sie inkognito reisen und bei mir einkehren? Sie sind gewiß noch aus der alten Schule; gelt, so ein Mann vom alten Schlage, vielleicht aus dem Englischen übersetzt?</p>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg481.2.25.part1">FREMDER.</speaker>
                                <p xml:id="tg481.2.25.part2"> Ich bin weder gnädiger Herr, noch reise ich inkognito. – Kann ich diesen Tag und die Nacht hier logieren?</p>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg481.2.26.part1">WIRT.</speaker>
                                <p xml:id="tg481.2.26.part2"> Mein ganzes Haus steht Ihnen zu Befehl. – Aber, im Ernst, wollen Sie hier in der Gegend keine Familie unvermuteterweise glücklich machen? oder plötzlich heiraten? Oder eine Schwester aufsuchen?</p>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg481.2.27.part1">FREMDER.</speaker>
                                <l xml:id="tg481.2.27.part2"> Nein, mein Freund.</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg481.2.28.part1">WIRT.</speaker>
                                <l xml:id="tg481.2.28.part2"> Sie reisen also bloß so simpel, als ein ordinärer Reisender?</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg481.2.29.part1">FREMDER.</speaker>
                                <l xml:id="tg481.2.29.part2"> Ja.</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg481.2.30.part1">WIRT.</speaker>
                                <l xml:id="tg481.2.30.part2"> Da werden Sie wenig Beifall finden.</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg481.2.31.part1">FREMDER.</speaker>
                                <l xml:id="tg481.2.31.part2"> Ich glaube, der Kerl ist rasend.</l>
                                <lb xml:id="tg481.2.32"/>
                                <stage rend="zenoPC" xml:id="tg481.2.33">
                                    <hi rend="italic" xml:id="tg481.2.33.1">Postillion kömmt.</hi>
                                </stage>
                                <lb xml:id="tg481.2.34"/>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg481.2.35.part1">POSTILLION.</speaker>
                                <l xml:id="tg481.2.35.part2"> Hier ist Ihr Koffer, gnädiger Herr.</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg481.2.36.part1">FREMDER.</speaker>
                                <l xml:id="tg481.2.36.part2"> Und hier ist dein Trinkgeld.</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg481.2.37.part1">POSTILLION.</speaker>
                                <l xml:id="tg481.2.37.part2"> O das ist wohl zu wenig. – Ich bin den Berg herunter so herrlich gefahren –</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg481.2.38.part1">FREMDER.</speaker>
                                <l xml:id="tg481.2.38.part2"> Nun da!</l>
                                <pb n="295" xml:id="tg481.2.39"/>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg481.2.40.part1">POSTILLION.</speaker>
                                <l xml:id="tg481.2.40.part2"> Großen Dank. <hi rend="italic" xml:id="tg481.2.40.1.part2">Geht ab.</hi>
                                </l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg481.2.41.part1">FREMDER.</speaker>
                                <p xml:id="tg481.2.41.part2"> Ob ich sie noch wiederfinde? – O wie sich alle meine Gedanken nach der geliebten Heimat wenden! Wie soll ich den Anblick ertragen, wenn sie mir wieder gegenübersteht? Wenn die Vergangenheit mit allen Freuden und Schmerzen an mir vorüberzieht? O du armer Mensch! was nennst du Vergangenheit? Gibt es denn eine Gegenwart für dich? Zwischen der verflossenen Zeit und der Zukunft hängst du an einem kleinen Augenblick mitteninne, und jede Freude geht nur schnell vorbei, und vermag gar nicht in dein Herz zu dringen.</p>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg481.2.42.part1">WIRT.</speaker>
                                <p xml:id="tg481.2.42.part2"> Wenn's zu fragen erlaubt ist, so vermute ich, Dieselben sind aus einem alten verlegenen Stück, das ein unbekannter Verfasser so etwas neu aufgestutzt hat?</p>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg481.2.43.part1">FREMDER.</speaker>
                                <l xml:id="tg481.2.43.part2"> Was?</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg481.2.44.part1">WIRT.</speaker>
                                <p xml:id="tg481.2.44.part2"> Wenn Sie nur Beifall finden! – Geld müssen Sie doch wenigstens haben; oder dient es etwa in Ihrem Kram, daß Sie sich arm stellen?</p>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg481.2.45.part1">FREMDER.</speaker>
                                <l xml:id="tg481.2.45.part2"> Sie sind sehr neugierig, Herr Wirt.</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg481.2.46.part1">WIRT.</speaker>
                                <p xml:id="tg481.2.46.part2"> Das muß ich sein, mein Herr, da können Sie jeden Sekundaner fragen. Das Alter muß alt sein, Telephus muß als Bettler erscheinen, der Sklave muß seinem Stande gemäß sprechen. Sie dürfen nur die <hi rend="spaced" xml:id="tg481.2.46.1.part2">ars poetica</hi> nachschlagen, und der bin ich als Wirt auch unterworfen.</p>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg481.2.47.part1">FREMDER.</speaker>
                                <p xml:id="tg481.2.47.part2"> Ich danke Ihnen für die schöne Raserei, von dieser echten Rarität hab ich bis jetzt noch keine angetroffen. – Haben Sie die neusten Zeitungen?</p>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg481.2.48.part1">WIRT.</speaker>
                                <l xml:id="tg481.2.48.part2"> Hier! ein merkwürdiger Steckbrief ist darin abgefaßt.</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg481.2.49.part1">FREMDER</speaker>
                                <stage>
                                    <hi rend="italic" xml:id="tg481.2.49.1.part1">liest.</hi>
                                </stage>
                                <p xml:id="tg481.2.49.part2"> »Es ist aus gefänglichem Gewahrsam ein Landstreicher gebrochen, der sich für den Apollo auszugeben pflegt. Er ist an einem silbernen Bogen kennbar und gelocktem Haar, jugendlichen Angesichts und pflegt viel zu singen, auch in der Luft zu fliegen. Es will verlauten, daß er sich als Schäfer soll verdungen haben. Jede Obrigkeit wird gebeten, ihn auszuliefern, da an diesem Verbrecher viel gelegen ist. Die etwanigen Unkosten sollen ersetzt werden.«</p>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg481.2.50.part1">WIRT.</speaker>
                                <l xml:id="tg481.2.50.part2"> Man soll dem Spitzbuben schon auf der Spur sein.</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg481.2.51.part1">FREMDER.</speaker>
                                <p xml:id="tg481.2.51.part2"> Ich habe ihn sonst recht gut gekannt, und es ihm oft vorhergesagt, daß es so weit mit ihm kommen würde, da er sich durchaus auf keine ernsthafte Studien legen wollte. Das kömmt von der Belletristerei, wenn man sie nicht zum <pb n="296" xml:id="tg481.2.51.1.part2"/>
Nutzen der Menschheit anwendet. – Weiß man nicht, was er verbrochen hat?</p>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg481.2.52.part1">WIRT.</speaker>
                                <p xml:id="tg481.2.52.part2"> Er soll sich unterstanden haben, die Phantasterei einzuführen, hat Tragödien geschrieben, und darin auf das Schicksal und die Götter geflucht, hat die moralische Tendenz durchaus vernachlässigt; in Summa, er hat der ganzen kultivierten Welt ein großes Ärgernis gegeben.</p>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg481.2.53.part1">FREMDER.</speaker>
                                <l xml:id="tg481.2.53.part2"> Es sollte an ihm ein Exempel statuiert werden.</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg481.2.54.part1">WIRT.</speaker>
                                <l xml:id="tg481.2.54.part2"> Wenn sie seiner habhaft werden, wird es gewiß daran nicht ermangeln.</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg481.2.55.part1">FREMDER.</speaker>
                                <l xml:id="tg481.2.55.part2"> Führen Sie mich auf mein Zimmer. <hi rend="italic" xml:id="tg481.2.55.1.part2">Sie gehn ab.</hi>
                                </l>
                                <lb xml:id="tg481.2.56"/>
                            </sp>
                        </div>
                    </div>
                </div>
                <div subtype="work:no" type="scene" xml:id="tg482" n="/Literatur/M/Tieck, Ludwig/Dramen/Die verkehrte Welt/2. Akt/5. Szene">
                    <div>
                        <desc>
                            <title>5. Szene</title>
                        </desc>
                    </div>
                    <div type="text" xml:id="tg482.2">
                        <div type="h4">
                            <head type="h4" xml:id="tg482.2.1">Fünfte Szene</head>
                            <stage rend="zenoPC" xml:id="tg482.2.4">
                                <hi rend="italic" xml:id="tg482.2.4.1">Am Parnaß.</hi>
                            </stage>
                            <stage rend="zenoPC" xml:id="tg482.2.5">
                                <hi rend="italic" xml:id="tg482.2.5.1">Bäcker und Brauer.</hi>
                            </stage>
                            <lb xml:id="tg482.2.6"/>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg482.2.7.part1">BÄCKER.</speaker>
                                <l xml:id="tg482.2.7.part2"> Nun können wir doch erst sagen, Meister Brauer, daß wir im Lande einen reellen Parnaß haben.</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg482.2.8.part1">BRAUER.</speaker>
                                <p xml:id="tg482.2.8.part2"> Und das Getränk, was ich da fabriziere, mein lieber Bäcker, wahrlich, das ist ein andres Gesöff, als die alte Hippokrene.</p>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg482.2.9.part1">BÄCKER.</speaker>
                                <p xml:id="tg482.2.9.part2"> Ich mag gern bei Euch trinken, das ist gewiß, aber das Zeugs steigt einem sogleich so in den Kopf, daß man nicht weiß, wo einem der Kopf steht.</p>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg482.2.10.part1">BRAUER.</speaker>
                                <p xml:id="tg482.2.10.part2"> Darum bekümmere ich mich in meinem Leben nicht, wenn ich nur für meine Person weiß, wo das Maul sitzt.</p>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg482.2.11.part1">BÄCKER.</speaker>
                                <l xml:id="tg482.2.11.part2"> Aber liegen nicht die Gebäude niedlich da unten am Berge?</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg482.2.12.part1">BRAUER.</speaker>
                                <l xml:id="tg482.2.12.part2"> O die Aussicht hat etwas Vortreffliches.</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg482.2.13.part1">BÄCKER.</speaker>
                                <l xml:id="tg482.2.13.part2"> Und unser gnädigster Apoll –</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg482.2.14.part1">BRAUER.</speaker>
                                <l xml:id="tg482.2.14.part2"> Seinesgleichen muß gar nicht gefunden werden. – Da kommen meine Gäste.</l>
                                <lb xml:id="tg482.2.15"/>
                                <stage rend="zenoPC" xml:id="tg482.2.16">
                                    <hi rend="italic" xml:id="tg482.2.16.1">Verschiedene Gäste treten auf.</hi>
                                </stage>
                                <lb xml:id="tg482.2.17"/>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg482.2.18.part1">ERSTER GAST.</speaker>
                                <l xml:id="tg482.2.18.part2"> Gevatter, ich bin ganz begeistert, das ist Euch ein Trunk wie höllisches Feuer.</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg482.2.19.part1">ZWEITER GAST.</speaker>
                                <l xml:id="tg482.2.19.part2"> Nachdem's fällt, nachdem's fällt – la, la – ja, wie's fällt.</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg482.2.20.part1">ERSTER GAST.</speaker>
                                <p xml:id="tg482.2.20.part2"> Er wird selbst fallen, und dann kommt's darauf an, nachdem er fällt, ob er sich nicht ein Loch in den Kopf fällt.</p>
                                <pb n="297" xml:id="tg482.2.21"/>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg482.2.22.part1">DRITTER GAST.</speaker>
                                <l xml:id="tg482.2.22.part2"> Tragt den Besoffenen – so – soffenen nach Hause.</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg482.2.23.part1">VIERTER GAST.</speaker>
                                <p xml:id="tg482.2.23.part2"> Kommt; ich für meine Perschon, seht Ihr, als wenn ich sagen wollte Ich, als zum Exempel Ich, so wie ich Euch da vor mir sehe und vor mir stehe, ich kann keine besoffene Perschon, wenigstens für meine Perschon, ausstehn. So viel davon, aber kein Wort weiter; denn, wie man zu sagen pflegt, es sind doch nur unnütze Reden, und da sogar der große Nebukadnezar hat auf allen vieren gehen müssen, nun – warum wollen wir uns denn schämen? So pfleg ich nur immer zu sagen.</p>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg482.2.24.part1">ERSTER GAST.</speaker>
                                <l xml:id="tg482.2.24.part2"> Ganz recht, und du pflegst auch immer ein Flegel zu sein.</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg482.2.25.part1">VIERTER GAST.</speaker>
                                <p xml:id="tg482.2.25.part2"> Was? hab ich deswegen mit dir Gleichheit und Brüderschaft und Menschenwert getrunken, daß du mich so öffentlich verschimpfieren tust? Vor all den ehrbaren Herren? Heraus, wenn du Herz hast!</p>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg482.2.26.part1">ERSTER GAST.</speaker>
                                <l xml:id="tg482.2.26.part2"> Herz? – Aber wo ist dein Verstand? der ist im Bierkruge hängengeblieben.</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg482.2.27.part1">VIERTER GAST.</speaker>
                                <p xml:id="tg482.2.27.part2"> So hängt er doch noch irgendwo; aber wenn man dich auch an den Galgen hinge, so würde dein Verstand doch nirgends hängen, denn solchen Schimpf wird sich, was nur einen Funken Verstand hat, doch wohl nimmermehr selber antun, daß es in deinem Dummkopf eine Herberge suchte.</p>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg482.2.28.part1">BRAUER.</speaker>
                                <p xml:id="tg482.2.28.part2"> Lieben Leute, vertragt euch doch friedlich; da ihr alle von einem Biere getrunken habt, solltet ihr billig alle auch einerlei Gesinnung hegen.</p>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg482.2.29.part1">VIERTER GAST.</speaker>
                                <l xml:id="tg482.2.29.part2"> Nimmermehr will ich mir einen solchen Schimpf antun lassen, vollends wenn ich aus der Tabagie komme.</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg482.2.30.part1">DRITTER GAST.</speaker>
                                <l xml:id="tg482.2.30.part2"> Lieber möcht ich ohne weitere Umstände ein Esel sein.</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg482.2.31.part1">ZWEITER GAST.</speaker>
                                <p xml:id="tg482.2.31.part2"> Oben an und nirgend hinaus, so ist es mit dem Brauer, und drum sucht er auch immer den Hopfen zu sparen.</p>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg482.2.32.part1">ERSTER GAST.</speaker>
                                <l xml:id="tg482.2.32.part2"> Nach meiner unmaßgeblichen Meinung sollten wir gleich wacker auf ihn zuschlagen.</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg482.2.33.part1">VIERTER GAST.</speaker>
                                <l xml:id="tg482.2.33.part2"> Schon deswegen, weil er ein Brauer ist.</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg482.2.34.part1">ZWEITER GAST.</speaker>
                                <l xml:id="tg482.2.34.part2"> Wie lange quält er nicht die arme Gerste, bis sie sich von ihm zu Bier machen läßt.</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg482.2.35.part1">DRITTER GAST.</speaker>
                                <l xml:id="tg482.2.35.part2"> Das hatt ich vergessen! Gut, daß Ihr mich zur rechten Zeit erinnert. Er soll nicht leben bleiben.</l>
                                <pb n="298" xml:id="tg482.2.36"/>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg482.2.37.part1">ERSTER GAST.</speaker>
                                <l xml:id="tg482.2.37.part2"> Es wäre übel getan, wenn wir irgendeinen Brauer leben ließen. –</l>
                                <lb xml:id="tg482.2.38"/>
                                <stage rend="zenoPC" xml:id="tg482.2.39">
                                    <hi rend="italic" xml:id="tg482.2.39.1">Sie fallen über ihn her.</hi>
                                </stage>
                                <lb xml:id="tg482.2.40"/>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg482.2.41.part1">BRAUER.</speaker>
                                <l xml:id="tg482.2.41.part2"> Schützt die Braugerechtigkeit! – Hülfe von wegen der Obrigkeit!</l>
                                <lb xml:id="tg482.2.42"/>
                                <stage rend="zenoPC" xml:id="tg482.2.43">
                                    <hi rend="italic" xml:id="tg482.2.43.1">Skaramuz reitet auf seinem Esel herein.</hi>
                                </stage>
                                <lb xml:id="tg482.2.44"/>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg482.2.45.part1">SKARAMUZ.</speaker>
                                <l xml:id="tg482.2.45.part2"> Was gibt's hier, Leute? – Ins Teufels und in der Obrigkeit Namen, haltet Friede! – he! Wache!</l>
                                <lb xml:id="tg482.2.46"/>
                                <stage rend="zenoPC" xml:id="tg482.2.47">
                                    <hi rend="italic" xml:id="tg482.2.47.1">Die Wache kömmt.</hi>
                                </stage>
                                <lb xml:id="tg482.2.48"/>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg482.2.49.part1">SKARAMUZ.</speaker>
                                <l xml:id="tg482.2.49.part2"> Bringt die Leute auseinander. – Was hat's denn gegeben?</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg482.2.50.part1">BÄCKER.</speaker>
                                <p xml:id="tg482.2.50.part2"> Mein König, ich bin ein ruhiger Zuschauer gewesen, und kann also am besten davon urteilen. Der Brauer ist ganz unschuldig, aber in der poetischen Begeisterung suchten die Gäste Händel.</p>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg482.2.51.part1">SKARAMUZ.</speaker>
                                <p xml:id="tg482.2.51.part2"> Er muß das Bier nicht so stark brauen, sonst geraten mir meine Untertanen doch noch auf die Dithyrambe, und das soll nicht sein. – Geht nach Hause, lieben Leute, und beruhigt euch; aus dergleichen Händeln kann doch nichts herauskommen.</p>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg482.2.52.part1">VIERTER GAST.</speaker>
                                <l xml:id="tg482.2.52.part2"> Warum nicht? Ich frage immer gern, warum?</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg482.2.53.part1">SKARAMUZ.</speaker>
                                <p xml:id="tg482.2.53.part2"> Daß ich ihn nicht mit seinen anstößigen Reden der Hauptwache anvertraue, da soll ihm die Begeisterung bald verrauchen. <hi rend="italic" xml:id="tg482.2.53.1.part2">Die Gäste gehn ab.</hi> Die Musen sollen auftreten. <hi rend="italic" xml:id="tg482.2.53.2.part2">Er besteigt den Parnaß und setzt sich.</hi>
                                </p>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg482.2.54.part1">BRAUER.</speaker>
                                <l xml:id="tg482.2.54.part2"> Ich will nur nach Hause gehn.</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg482.2.55.part1">BÄCKER.</speaker>
                                <l xml:id="tg482.2.55.part2"> Ich ebenfalls, denn ich muß meinen Ofen heizen.</l>
                                <lb xml:id="tg482.2.56"/>
                                <stage rend="zenoPC" xml:id="tg482.2.57">
                                    <hi rend="italic" xml:id="tg482.2.57.1">Sie gehn in den Parnaß hinein.</hi>
                                </stage>
                                <stage rend="zenoPC" xml:id="tg482.2.58">
                                    <hi rend="italic" xml:id="tg482.2.58.1">Die Musen kommen.</hi>
                                </stage>
                                <lb xml:id="tg482.2.59"/>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg482.2.60.part1">SKARAMUZ.</speaker>
                                <p xml:id="tg482.2.60.part2"> Seid ihr alle vollzählig? Es muß immer genaue Anfrage geschehen, daß mir keine Muse unversehens entwischt, denn die Wissenschaften müssen in ihrer Blüte beileibe nicht gestört werden. – Jetzt singt mir ein Lied.</p>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg482.2.61.part1">DIE MUSEN</speaker>
                                <stage>
                                    <hi rend="italic" xml:id="tg482.2.61.1.part1">singen.</hi>
                                </stage>
                                <p xml:id="tg482.2.61.part2"> Unser allergnädigster Monarch ist heut in eigener Person auf seinem Esel zurückgekommen, und hat sich sogleich auf die Spitze des Parnasses verfügt, allwo er geruhte, das königliche Szepter in seine Hände zu nehmen, und damit sein beglücktes Land zu regieren. Ihm haben die Untertanen die neue Brauerei zu verdanken, er hat uns einen <pb n="299" xml:id="tg482.2.61.2.part2"/>
löblichen Bäcker eingesetzt, und der Staat verspricht sich außerdem noch von seiner Weisheit die allervollkommensten Einrichtungen. Die Unsterblichkeit ist ihm so gewiß, als die Liebe seiner Untertanen, als die Bewunderung einer staunenden Nachwelt. Künste und Wissenschaften stehn unter seinem unmittelbaren Schutze; er lebe lange und beglücke sein Land noch hundert Jahre mit seiner preiswürdigen Regierung. – Hiebei unentgeltlich eine Beilage.</p>
                                <lb xml:id="tg482.2.62"/>
                                <stage rend="zenoPC" xml:id="tg482.2.63">
                                    <hi rend="italic" xml:id="tg482.2.63.1">Der Fremde tritt auf.</hi>
                                </stage>
                                <lb xml:id="tg482.2.64"/>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg482.2.65.part1">FREMDER.</speaker>
                                <p xml:id="tg482.2.65.part2"> Ich bin aus weiten Landen gekommen, um so glücklich zu sein, Ew. Majestät von Angesicht zu Angesicht kennenzulernen.</p>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg482.2.66.part1">SKARAMUZ.</speaker>
                                <p xml:id="tg482.2.66.part2"> Ja, es ist immer schon der Mühe wert, und wenn ich's nicht durch einen glücklichen Zufall selber wäre, würde ich mich auch genötigt sehen, Reisen nach mir anzustellen.</p>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg482.2.67.part1">FREMDER.</speaker>
                                <l xml:id="tg482.2.67.part2"> Sie machen eine Epoche in der Weltgeschichte.</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg482.2.68.part1">SKARAMUZ.</speaker>
                                <p xml:id="tg482.2.68.part2"> O ja, das ist noch meine geringste Kunst. – Von mir schreibt sich eigentlich die Blüte der Wissenschaften her, denn ich bin der erste, der den Parnaß urbar gemacht hat.</p>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg482.2.69.part1">FREMDER.</speaker>
                                <l xml:id="tg482.2.69.part2"> In der Tat?</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg482.2.70.part1">SKARAMUZ.</speaker>
                                <p xml:id="tg482.2.70.part2"> Und welche Vorurteile ich dabei habe bekämpfen müssen! – Ich habe auch die Brauerei da unten angelegt. Oh, mein Freund, Sie haben gewiß in der ganzen Fremde dergleichen nicht gesehn. Was sind Sie Ihres Handwerks nach?</p>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg482.2.71.part1">FREMDER.</speaker>
                                <l xml:id="tg482.2.71.part2"> Ein Arzt.</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg482.2.72.part1">SKARAMUZ.</speaker>
                                <p xml:id="tg482.2.72.part2"> Also doch nützlich? Ich mag die nützlichen Leute ungemein gern; denn warum? sie sind nützlich, und das Nützlichsein selbst ist ungemein nützlich, folglich zwingt mich meine Vernunft zu dieser gegründeten Hochachtung.</p>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg482.2.73.part1">FREMDER.</speaker>
                                <l xml:id="tg482.2.73.part2"> Aber was seh ich.</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg482.2.74.part1">SKARAMUZ.</speaker>
                                <l xml:id="tg482.2.74.part2"> Ja, ja, eine Bäckerei ist auch am Parnaß angebracht.</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg482.2.75.part1">FREMDER.</speaker>
                                <l xml:id="tg482.2.75.part2"> Darf ich meinen Augen trauen?</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg482.2.76.part1">SKARAMUZ.</speaker>
                                <l xml:id="tg482.2.76.part2"> Es hat sich schon mancher darüber gewundert.</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg482.2.77.part1">FREMDER.</speaker>
                                <l xml:id="tg482.2.77.part2"> Seh ich nicht meine geliebte Karoline?</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg482.2.78.part1">MELPOMENE</speaker>
                                <stage>
                                    <hi rend="italic" xml:id="tg482.2.78.1.part1">hervorstürzend.</hi>
                                </stage>
                                <l xml:id="tg482.2.78.part2"> O Friedrich, bist du wieder da? Wo hast du Trauter so lange gesteckt?</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg482.2.79.part1">FREMDER.</speaker>
                                <l xml:id="tg482.2.79.part2"> O welche unvermutete Zusammenkunft!</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg482.2.80.part1">MELPOMENE.</speaker>
                                <l xml:id="tg482.2.80.part2"> Du findest mich als Muse, aber mein Herz ist dir noch immer getreu.</l>
                                <pb n="300" xml:id="tg482.2.81"/>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg482.2.82.part1">FREMDER.</speaker>
                                <p xml:id="tg482.2.82.part2"> O so sei meine Gattin. Mein Onkel ist gestorben, die reiche Erbschaft ist mir zugefallen, ich habe genug für uns beide, ja weit mehr, als wir brauchen, wenn mir nur deine Liebe gewiß ist.</p>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg482.2.83.part1">MELPOMENE.</speaker>
                                <l xml:id="tg482.2.83.part2"> Und du kannst zweifeln? – Ich will gleich mit dir gehn.</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg482.2.84.part1">SKARAMUZ</speaker>
                                <stage>
                                    <hi rend="italic" xml:id="tg482.2.84.1.part1">aufstehend.</hi>
                                </stage>
                                <p xml:id="tg482.2.84.part2"> Halt! halt! was will mir das werden? – Nein, meine Freunde, das geht so geschwinde nicht, die Musenkompagnie darf nicht inkomplett werden. Wo sollten wir denn hernach die tragischen Szenen in unserm Stücke herkriegen, wenn sich Melpomene aus dem Stücke heraus verheiraten wollte? Das geht nimmermehr!</p>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg482.2.85.part1">MELPOMENE.</speaker>
                                <l xml:id="tg482.2.85.part2"> Grausames Schicksal!</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg482.2.86.part1">FREMDER.</speaker>
                                <l xml:id="tg482.2.86.part2"> Tyrannischer Gott!</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg482.2.87.part1">SKARAMUZ.</speaker>
                                <p xml:id="tg482.2.87.part2"> Hat sich da was tyrannisch und grausam zu sein. Ich gebe euch meine Gründe an, denn ich sage: es soll nicht sein! und darum kann's nicht sein. Und außerdem bin ich selbst so halb und halb in die Melpomene verliebt, und denke sie vielleicht mit der Zeit zu heiraten. Also, Ihr fremder Kerl, steht nur von Euren unsinnigen Bewerbungen ab, denn sonst möcht es Euch gar zu leicht den Hals kosten. <hi rend="italic" xml:id="tg482.2.87.1.part2">Geht ab.</hi>
                                </p>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg482.2.88.part1">FREMDER.</speaker>
                                <l xml:id="tg482.2.88.part2"> So soll ich dich lassen?</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg482.2.89.part1">MELPOMENE.</speaker>
                                <l xml:id="tg482.2.89.part2"> So muß ich scheiden?</l>
                                <lb xml:id="tg482.2.90"/>
                                <stage rend="zenoPC" xml:id="tg482.2.91">
                                    <hi rend="italic" xml:id="tg482.2.91.1">Die Musen gehn, außer Thalia, ab.</hi>
                                </stage>
                                <lb xml:id="tg482.2.92"/>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg482.2.93.part1">GRÜNHELM.</speaker>
                                <p xml:id="tg482.2.93.part2"> Verlieren Sie den Mut nicht, mein fremder Herr Verliebter, das muß sich noch einrichten lassen, wenn uns der Verstand auf dem rechten Fleck sitzt.</p>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg482.2.94.part1">FREMDER.</speaker>
                                <l xml:id="tg482.2.94.part2"> Aber wie?</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg482.2.95.part1">THALIA.</speaker>
                                <p xml:id="tg482.2.95.part2"> Kommen Sie nur, wir wollen das ordentlich beratschlagen. Ich biete Ihnen meine Hülfe und Klugheit an.</p>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg482.2.96.part1">GRÜNHELM.</speaker>
                                <l xml:id="tg482.2.96.part2"> Brav, Lisette! es wird uns ganz gewiß gelingen.</l>
                                <lb xml:id="tg482.2.97"/>
                                <stage rend="zenoPC" xml:id="tg482.2.98">
                                    <hi rend="italic" xml:id="tg482.2.98.1">Gehn.</hi>
                                </stage>
                                <lb xml:id="tg482.2.99"/>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg482.2.100.part1">PIERROT.</speaker>
                                <l xml:id="tg482.2.100.part2"> Hätt ich doch den Skaramuz in meinem Leben für keinen solchen Tyrannen gehalten.</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg482.2.101.part1">SCÄVOLA.</speaker>
                                <p xml:id="tg482.2.101.part2"> Lieber Freund, seht, das macht alles die französische Revolution, die steckt an, die verführt die Leute.</p>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg482.2.102.part1">PIERROT.</speaker>
                                <l xml:id="tg482.2.102.part2"> Aber warum tun denn Fürsten und Herren nicht in Zeiten dazu?</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg482.2.103.part1">SCÄVOLA.</speaker>
                                <p xml:id="tg482.2.103.part2"> Nach und nach wird es wohl mehr in den Gang kommen. Keiner will den Anfang machen, damit sie ihn nicht für grob ausschreien.</p>
                                <pb n="301" xml:id="tg482.2.104"/>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg482.2.105.part1">PIERROT.</speaker>
                                <l xml:id="tg482.2.105.part2"> Ja wohl! so hat doch jedes Ding seinen Haken!</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg482.2.106.part1">DER ANDRE.</speaker>
                                <l xml:id="tg482.2.106.part2"> Was ein Haken werden will, krümmt sich bald. Da liegt's!</l>
                                <lb xml:id="tg482.2.107"/>
                            </sp>
                        </div>
                    </div>
                </div>
                <div subtype="work:no" type="scene" xml:id="tg483" n="/Literatur/M/Tieck, Ludwig/Dramen/Die verkehrte Welt/2. Akt/6. Szene">
                    <div>
                        <desc>
                            <title>6. Szene</title>
                        </desc>
                    </div>
                    <div type="text" xml:id="tg483.2">
                        <div type="h4">
                            <head type="h4" xml:id="tg483.2.1">Sechste Szene</head>
                            <stage rend="zenoPC" xml:id="tg483.2.4">
                                <hi rend="italic" xml:id="tg483.2.4.1">Wald.</hi>
                            </stage>
                            <stage rend="zenoPC" xml:id="tg483.2.5">
                                <hi rend="italic" xml:id="tg483.2.5.1">Apollo, wilde Tiere.</hi>
                            </stage>
                            <lb xml:id="tg483.2.6"/>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg483.2.7.part1">EIN LÖWE.</speaker>
                                <p xml:id="tg483.2.7.part2"> Ich bin Ihnen unendlich verbunden, Herr Schäfer; Sie haben mit Ihrer vortrefflichen Kunst so lange an mir gezähmt, bis es Ihnen doch gelungen ist, etwas Bildung in mich hineinzubringen.</p>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg483.2.8.part1">LEOPARD.</speaker>
                                <p xml:id="tg483.2.8.part2"> Ich bin auch gesittet und spüre ein ordentliches Verlangen nach den Künsten in mir, so wie nach guter Gesellschaft.</p>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg483.2.9.part1">TIGER.</speaker>
                                <l xml:id="tg483.2.9.part2"> Wenn man mir jetzt eine Pension gäbe, würde ich mich nur wenig mit Würgen beschäftigen.</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg483.2.10.part1">APOLLO.</speaker>
                                <l xml:id="tg483.2.10.part2"> Ich freue mich, wenn ich Ihnen habe nützlich sein können.</l>
                                <lb xml:id="tg483.2.11"/>
                                <stage rend="zenoPC" xml:id="tg483.2.12">
                                    <hi rend="italic" xml:id="tg483.2.12.1">Die Tiere gehn ab.</hi>
                                </stage>
                                <stage rend="zenoPC" xml:id="tg483.2.13">
                                    <hi rend="italic" xml:id="tg483.2.13.1">Aulicus und Myrtill.</hi>
                                </stage>
                                <lb xml:id="tg483.2.14"/>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg483.2.15.part1">AULICUS.</speaker>
                                <p xml:id="tg483.2.15.part2"> Herr Schäfer, Ihr habt da viele Lasterhafte gebessert, wollt Ihr nicht auch an uns den Versuch machen?</p>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg483.2.16.part1">APOLLO.</speaker>
                                <l xml:id="tg483.2.16.part2"> An meinem Beistande soll's nicht fehlen.</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg483.2.17.part1">MYRTILL.</speaker>
                                <l xml:id="tg483.2.17.part2"> Dauert die Operation aber lange? denn ich habe nicht viel Zeit übrig.</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg483.2.18.part1">APOLLO.</speaker>
                                <l xml:id="tg483.2.18.part2"> Nachdem eure Herzen verhärtet sind.</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg483.2.19.part1">AULICUS.</speaker>
                                <p xml:id="tg483.2.19.part2"> Nun, nur immer frisch dran, wir müssen doch wohl von der Kultur etwas abbekommen. Ich will mich nicht von solchem Rhinozeros beschämen lassen.</p>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg483.2.20.part1">APOLLO.</speaker>
                                <l xml:id="tg483.2.20.part2"> Kommt denn und hört meine Lieder.</l>
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                                <stage rend="zenoPC" xml:id="tg483.2.22">
                                    <hi rend="italic" xml:id="tg483.2.22.1">Sie gehn ab.</hi>
                                </stage>
                                <stage rend="zenoPC" xml:id="tg483.2.23">
                                    <hi rend="italic" xml:id="tg483.2.23.1">Der Vorhang fällt.</hi>
                                </stage>
                                <lb xml:id="tg483.2.24"/>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg483.2.25.part1">PIERROT.</speaker>
                                <l xml:id="tg483.2.25.part2"> Auf diese Lieder wär ich wohl begierig.</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg483.2.26.part1">SCÄVOLA.</speaker>
                                <p xml:id="tg483.2.26.part2"> Sie würden uns gar zu weich machen, und darum ist es wohl besser, daß wir sie nicht hören.</p>
                                <p xml:id="tg483.2.27">Pierrot. Je nun, es ist ein ganz guter Kniff, sich aus der Affäre zu ziehn, daß man sie hinter der Szene spielen läßt.</p>
                                <lb xml:id="tg483.2.28"/>
                            </sp>
                        </div>
                        <div type="h4">
                            <head type="h4" xml:id="tg483.2.29">
                                <pb n="302" xml:id="tg483.2.29.1"/>
Musik</head>
                            <stage rend="zenoPC" xml:id="tg483.2.30">
                                <hi rend="italic" xml:id="tg483.2.30.1">Allegro</hi>
                            </stage>
                            <p xml:id="tg483.2.31">In welcher Trunkenheit jauchzt unser Geist, wenn es ihm einst vergönnt ist, tausend wechselnde, bunte, schwebende, tanzende Gestalten zu erblicken, die stets erneut und verjüngt in ihm aufsteigen. Angerührt, angelacht von tausendfältiger Liebe wickelt die Seele sich in Lieder von allen Farben und jubelt himmelan, daß das träge alltägliche Leben sie lange nicht wiederfindet.</p>
                            <p rend="zenoPLm4n0" xml:id="tg483.2.32">Wie ein goldner Funke ein Feuerwerk anzündet, daß sich alle Räder glühend drehn, und alle Sterne in ihren Kreisen funkeln, die Flamme freiwillig die verschlungenen Linien durchläuft, und alles in buntflammende Bewegung treibt, daß das trunkene Auge staunend sich ergötzt, und den Strudel der wechselnden farbigen Flammen mit Entzücken betrachtet: so ist es mit den wankenden, glänzenden Bildern, die die Freude uns vorführt. Ach! was war es, wenn es vorüber ist? Oder wenn du es mit kunstrichterlichem Auge siehst? Laß dem magischen Feuer seinen Lauf, die wunderliche Stickerei nimmt sich nur auf einem dunkeln Nachtgrunde aus; beim hellen Tageslicht würde sie nüchtern und verlegen mit allen ihren Farben kokettieren.</p>
                            <p rend="zenoPLm4n0" xml:id="tg483.2.33">Wißt ihr denn, was ihr wollt, die ihr in allen Dingen den Zusammenhang sucht? Wenn der goldne Wein im Glase blinkt, und der gute Geist von dort in euch hineinsteigt; wenn ihr Leben und Seele in doppelter Wirkung empfindet, und alle Schleusen eures Wesens geöffnet sind, durch die das zurückgehaltene Entzücken mächtiglich hinbraust; wenn dann die letzten Tiefen, in die noch kein Ton drang, widerklingen; wenn alles sich in <hi rend="spaced" xml:id="tg483.2.33.1">eine</hi> Melodie gesellt, und in der Luft verwandte Geister unsichtbare Tänze feiern – was denkt ihr da, und was vermögt ihr da zu ordnen? Ihr genießt euch selbst und die harmonische Verwirrung.</p>
                            <p rend="zenoPLm4n0" xml:id="tg483.2.34">Ja, könnten wir in dieser Fülle nur immer schwelgen, müßten wir nicht auch im Wahnsinn nüchtern und mäßig sein, um das Holdseligste, Törichtste, Weiseste in uns selbst nicht zu vernichten durch Überfülle. Doch heilig seien mir jene Stunden, in denen ich von der Ambrosia nippen durfte; nie will ich sie in der Erinnerung schmähn, um ihrer wert zu bleiben.</p>
                            <pb n="303" xml:id="tg483.2.35"/>
                        </div>
                    </div>
                </div>
            </div>
            <div subtype="work:no" type="act" xml:id="tg484" n="/Literatur/M/Tieck, Ludwig/Dramen/Die verkehrte Welt/3. Akt">
                <div>
                    <desc>
                        <title>3. Akt</title>
                    </desc>
                </div>
                <div subtype="work:no" type="scene" xml:id="tg485" n="/Literatur/M/Tieck, Ludwig/Dramen/Die verkehrte Welt/3. Akt/1. Szene">
                    <div>
                        <desc>
                            <title>1. Szene</title>
                        </desc>
                    </div>
                    <div type="text" xml:id="tg485.2">
                        <div type="h4">
                            <head type="h4" xml:id="tg485.2.1">Erste Szene</head>
                            <stage rend="zenoPC" xml:id="tg485.2.4">
                                <hi rend="italic" xml:id="tg485.2.4.1">Feld.</hi>
                            </stage>
                            <stage rend="zenoPC" xml:id="tg485.2.5">
                                <hi rend="italic" xml:id="tg485.2.5.1">Apollo, der Poet.</hi>
                            </stage>
                            <lb xml:id="tg485.2.6"/>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg485.2.7">POET.</speaker>
                                <lg>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg485.2.8">Aufs freie Feld muß ich zu dir mich flüchten,</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg485.2.9">Um ungestört ein frohes Lied zu dichten,</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg485.2.10">Ich will mich auf den Rasen zu dir setzen,</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg485.2.11">Nach langer Zeit poetisch mich ergötzen.</l>
                                </lg>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg485.2.12">APOLLO.</speaker>
                                <lg>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg485.2.13">Was fehlt dir denn, mein allertreuster Freund?</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg485.2.14">Man hat auch dich vertrieben, wie es scheint.</l>
                                </lg>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg485.2.15">POET.</speaker>
                                <lg>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg485.2.16">Vertrieben nicht, doch mocht ich dort nicht bleiben,</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg485.2.17">Das wilde Volk hat deinen Dienst zerstört,</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg485.2.18">Nichts darf ich mehr im kühnen Schwunge schreiben,</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg485.2.19">Und wenn der holde Wahnsinn mich betört,</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg485.2.20">Wenn durch die Adern sich dein Feuer gießet,</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg485.2.21">Und hoher Klang von meiner Lippe tönt,</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg485.2.22">Durch alle Worte lautre Gottheit fließet,</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg485.2.23">Und selber das Gemeinste sich verschönt,</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg485.2.24">So stehn sie da und ihre Augen starren,</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg485.2.25">Und kurz: sie halten mich für einen Narren.</l>
                                </lg>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg485.2.26">APOLLO.</speaker>
                                <lg>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg485.2.27">Mein Freund, willst du dich meinem Dienste weihen,</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg485.2.28">So mußt du derlei Mißverstand verzeihen;</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg485.2.29">Wer faßt es, was entzückt der Sänger spricht?</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg485.2.30">Zur Finsternis wird Blöden helles Licht.</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg485.2.31">Das Feuer, was du willst in ihnen zünden,</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg485.2.32">Mußt du doch schon in ihrer Asche finden,</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg485.2.33">Und ach! die meisten sind schon ausgebrannt,</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg485.2.34">Noch eh sie Licht und Feuer je gekannt.</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg485.2.35">Ich wundre mich, daß dies den Mißmut weckt,</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg485.2.36">Und dich aus deiner heitern Laune neckt;</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg485.2.37">Nein, solltest du durch böse Schickung allen</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg485.2.38">An einem schlimmen Tage einst gefallen,</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg485.2.39">Dann komm zu dieser Flur zurück und sage</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg485.2.40">Mir deine große, höchst gerechte Klage.</l>
                                    <pb n="304" xml:id="tg485.2.41"/>
                                </lg>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg485.2.42">POET.</speaker>
                                <lg>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg485.2.43">Beschämt und stolz geh ich zur Stadt zurück,</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg485.2.44">Getröstet hat mich dieser Augenblick.</l>
                                </lg>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg485.2.45">APOLLO.</speaker>
                                <lg>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg485.2.46">Es muß, mein Freund, in diesem irdschen Leben</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg485.2.47">Auch hin und wieder trübe Stunden geben,</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg485.2.48">Sonst geht es euch, ihr Menschen, gar zu gut,</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg485.2.49">Und das verdirbt den allerkühnsten Mut.</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg485.2.50">Seht, Herr Poet, ich bin ja selbst ein Gott,</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg485.2.51">Und diene meinen Feinden doch zum Spott,</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg485.2.52">Geschieht das mir zur Strafe meiner Sünden,</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg485.2.53">Mögt Ihr Euch um so eh'r zurechte finden.</l>
                                </lg>
                                <lb xml:id="tg485.2.54"/>
                                <stage rend="zenoPC" xml:id="tg485.2.55">
                                    <hi rend="italic" xml:id="tg485.2.55.1">Sie gehn.</hi>
                                </stage>
                                <lb xml:id="tg485.2.56"/>
                            </sp>
                        </div>
                    </div>
                </div>
                <div subtype="work:no" type="scene" xml:id="tg486" n="/Literatur/M/Tieck, Ludwig/Dramen/Die verkehrte Welt/3. Akt/2. Szene">
                    <div>
                        <desc>
                            <title>2. Szene</title>
                        </desc>
                    </div>
                    <div type="text" xml:id="tg486.2">
                        <div type="h4">
                            <head type="h4" xml:id="tg486.2.1">Zweite Szene</head>
                            <stage rend="zenoPC" xml:id="tg486.2.4">
                                <hi rend="italic" xml:id="tg486.2.4.1">Parnaß.</hi>
                            </stage>
                            <stage rend="zenoPC" xml:id="tg486.2.5">
                                <hi rend="italic" xml:id="tg486.2.5.1">Skaramuz oben, Bediente näher, Volk unten, die Musen.</hi>
                            </stage>
                            <lb xml:id="tg486.2.6"/>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg486.2.7.part1">SKARAMUZ.</speaker>
                                <l xml:id="tg486.2.7.part2"> Gibt's heute was Neues?</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg486.2.8.part1">GRÜNHELM.</speaker>
                                <p xml:id="tg486.2.8.part2"> Nichts eben, als daß mehrere Studenten von der Universität gekommen sind, die den Wunsch hegen, sich examinieren zu lassen, um brauchbar zu werden.</p>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg486.2.9.part1">SKARAMUZ.</speaker>
                                <l xml:id="tg486.2.9.part2"> Laßt sie vorkommen.</l>
                                <lb xml:id="tg486.2.10"/>
                                <stage rend="zenoPC" xml:id="tg486.2.11">
                                    <hi rend="italic" xml:id="tg486.2.11.1">Löwe, Tiger und die übrigen Wilden Tiere werden hereingeführt.</hi>
                                </stage>
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                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg486.2.13.part1">SKARAMUZ.</speaker>
                                <l xml:id="tg486.2.13.part2"> So ein Student hat doch immer ein munteres Wesen.</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg486.2.14.part1">GRÜNHELM.</speaker>
                                <l xml:id="tg486.2.14.part2"> Das macht die freie Lebensart, und sie wissen von keinen Sorgen, diese Musensöhne.</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg486.2.15.part1">SKARAMUZ.</speaker>
                                <l xml:id="tg486.2.15.part2"> Musensöhne? – Was muß ich denn da von euch hören, ihr Gesindel von Musen?</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg486.2.16.part1">GRÜNHELM.</speaker>
                                <p xml:id="tg486.2.16.part2"> O gnädigster Apollo, das ist nur so eine hergebrachte Redensart, womit weder den Musen noch den Studenten zu nahe geschieht, so wie man ja auch den Kirchhof, Gottesacker, und die Advokaten, Diener der Gerechtigkeit zu nennen pflegt. Die Soldaten heißen ja auch Verteidiger des Vaterlandes; ja man pflegt ja sogar oft poetischerweise die Gegend, wo man geboren ist, sein Vaterland zu nennen. An so etwas müßt Ihr Euch nicht stoßen, denn unsre Sprache hat außerordentlich viel Synonymen.</p>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg486.2.17.part1">SKARAMUZ.</speaker>
                                <p xml:id="tg486.2.17.part2"> Es soll eine Grammatik darüber abgefaßt werden, <pb n="305" xml:id="tg486.2.17.1.part2"/>
damit sich die Fremden zurechtzufinden wissen. – Ihr Herren wollt also nützlich sein?</p>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg486.2.18.part1">DER WOLF.</speaker>
                                <l xml:id="tg486.2.18.part2"> Ja, mein König, wir spüren eine unendliche Begierde nach einer guten Besoldung.</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg486.2.19.part1">SKARAMUZ.</speaker>
                                <p xml:id="tg486.2.19.part2"> Nun das ist brav, so werdet ihr hoffentlich bald brauchbare Staatsbürger werden. – Geht und laßt euch die langen Haare etwas verschneiden, dann sollt ihr sogleich examiniert werden. <hi rend="italic" xml:id="tg486.2.19.1.part2">Die Studenten gehen ab.</hi> Wißt ihr, Leute, daß heute mein Geburtstag ist?</p>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg486.2.20.part1">GRÜNHELM.</speaker>
                                <l xml:id="tg486.2.20.part2"> Ja, mein König, ich habe auch deswegen schon die Kanonen aufführen lassen.</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg486.2.21.part1">SKARAMUZ.</speaker>
                                <l xml:id="tg486.2.21.part2"> Nun so schießt sie mir zu Ehren ab.</l>
                                <lb xml:id="tg486.2.22"/>
                                <stage rend="zenoPC" xml:id="tg486.2.23">
                                    <hi rend="italic" xml:id="tg486.2.23.1">Eine Salve von Kanonen.</hi>
                                </stage>
                                <lb xml:id="tg486.2.24"/>
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                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg486.2.25.part1">SKARAMUZ.</speaker>
                                <p xml:id="tg486.2.25.part2"> Ungemein gern mag ich die Kanonen sprechen hören; es ist der bündigste Vortrag, er überstimmt jeden andern, man kann weder ein eignes noch ein fremdes Wort dabei hören. – Musen, habt ihr euch zur Feier meines Geburtstages ausgerüstet?</p>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg486.2.26.part1">MELPOMENE.</speaker>
                                <p xml:id="tg486.2.26.part2"> Allerdings, erhabner Apollo, wir werden an diesem wichtigen Tage ein Schauspiel aufführen, welches wir einstudiert haben.</p>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg486.2.27.part1">SKARAMUZ.</speaker>
                                <l xml:id="tg486.2.27.part2"> So ist es recht, ich will mich einmal heut abend recht von meinen Geschäften erholen.</l>
                                <lb xml:id="tg486.2.28"/>
                                <stage rend="zenoPC" xml:id="tg486.2.29">
                                    <hi rend="italic" xml:id="tg486.2.29.1">Sie gehn ab.</hi>
                                </stage>
                                <lb xml:id="tg486.2.30"/>
                            </sp>
                        </div>
                    </div>
                </div>
                <div subtype="work:no" type="scene" xml:id="tg487" n="/Literatur/M/Tieck, Ludwig/Dramen/Die verkehrte Welt/3. Akt/3. Szene">
                    <div>
                        <desc>
                            <title>3. Szene</title>
                        </desc>
                    </div>
                    <div type="text" xml:id="tg487.2">
                        <div type="h4">
                            <head type="h4" xml:id="tg487.2.1">Dritte Szene</head>
                            <stage rend="zenoPC" xml:id="tg487.2.4">
                                <hi rend="italic" xml:id="tg487.2.4.1">Feld, in der Ferne ein Palast.</hi>
                            </stage>
                            <stage rend="zenoPC" xml:id="tg487.2.5">
                                <hi rend="italic" xml:id="tg487.2.5.1">Admet. Alceste.</hi>
                            </stage>
                            <lb xml:id="tg487.2.6"/>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg487.2.7">ADMET.</speaker>
                                <lg>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg487.2.8">So sind wir denn gezwungen fortzuwandern,</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg487.2.9">Die süße Heimat zu verlassen, alles</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg487.2.10">Was mein war, ist mir grausam nun entrissen;</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg487.2.11">Durch fremdes Elend zieht sich unsre Bahn,</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg487.2.12">Und daß du, teure Gattin, mit mir leidest,</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg487.2.13">Ist meiner schweren Leiden größre Hälfte.</l>
                                </lg>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg487.2.14">ALCESTE.</speaker>
                                <lg>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg487.2.15">Dem Manne muß die treue Gattin folgen,</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg487.2.16">Nicht bloß zur Lust ward ich dir zugesellt,</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg487.2.17">Denn mir gehört wie dir dein Leid und Glück.</l>
                                    <pb n="306" xml:id="tg487.2.18"/>
                                </lg>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg487.2.19">ADMET.</speaker>
                                <lg>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg487.2.20">Wie hold das Abendrot den Turm beglänzt,</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg487.2.21">Daß alle Zinnen purpurrot erfunkeln,</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg487.2.22">Und sieh, ein prächtger Regenbogen kränzt</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg487.2.23">Den Palast, und er leuchtet hell im Dunkeln.</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg487.2.24">Die Bienen sumsen nun der Heimat zu,</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg487.2.25">Die Nachtigall läßt ihre Lieder klingen,</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg487.2.26">Nur wir, wir Armen, finden keine Ruh;</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg487.2.27">Das Glück entfloh auf blitzesschnellen Schwingen,</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg487.2.28">Das falsche, tückische, erboste Glück,</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg487.2.29">Und ließ als Beute uns dem Feind zurück.</l>
                                </lg>
                                <lb xml:id="tg487.2.30"/>
                                <stage rend="zenoPC" xml:id="tg487.2.31">
                                    <hi rend="italic" xml:id="tg487.2.31.1">Apollo kömmt.</hi>
                                </stage>
                                <lb xml:id="tg487.2.32"/>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg487.2.33.part1">APOLLO.</speaker>
                                <l xml:id="tg487.2.33.part2"> Gehst du noch so spät spazieren, mein König?</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg487.2.34.part1">ADMET.</speaker>
                                <p xml:id="tg487.2.34.part2"> Hat sich was spazierenzugehn. Du verstehst dich sehr schlecht auf die Menschenkenntnis, mein Freund. Sieht man wohl so aus, wenn man spazierengeht?</p>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg487.2.35.part1">APOLLO.</speaker>
                                <l xml:id="tg487.2.35.part2"> Was beginnt ihr also?</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg487.2.36.part1">ADMET.</speaker>
                                <p xml:id="tg487.2.36.part2"> Vertrieben sind wir, arme Flüchtlinge sind wir, unser Hab und Gut hat man uns genommen, nichts als diesen Wanderstab hat man uns gelassen, elende Emigranten sind wir.</p>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg487.2.37.part1">APOLLO.</speaker>
                                <l xml:id="tg487.2.37.part2"> Aber wie ist denn das so schnell gekommen?</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg487.2.38.part1">ADMET.</speaker>
                                <p xml:id="tg487.2.38.part2"> Du fragst noch? Seit ich dich ruchlosen Schäfer aufgenommen habe, ist mir nichts als Unglück begegnet. Wer weiß, was für Bosheiten hinter dir stecken. Der mächtige Apollo hat mich vertrieben, er will der einzige König sein, und ich habe nachgeben müssen.</p>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg487.2.39.part1">ALCESTE.</speaker>
                                <p xml:id="tg487.2.39.part2"> Du Schändlicher, kamst als ein Landstreicher zu uns, und wir vertrauten dir unsre Herden an, ist das nun dein Dank?</p>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg487.2.40.part1">APOLLO.</speaker>
                                <l xml:id="tg487.2.40.part2"> Aber welche Schuld kann man mir denn geben?</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg487.2.41.part1">ALCESTE.</speaker>
                                <p xml:id="tg487.2.41.part2"> Einer muß doch schuld sein, und da dünkt es mir am wahrscheinlichsten, daß alles an dir liegt, denn sonst wüßt ich mich auf gar niemand zu besinnen.</p>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg487.2.42.part1">APOLLO.</speaker>
                                <l xml:id="tg487.2.42.part2"> Ich schwöre euch –</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg487.2.43.part1">ADMET.</speaker>
                                <p xml:id="tg487.2.43.part2"> Schwöre nur nicht, du Meineidiger! Falscher, Undankbarer! Heimtückischer, Boshafter, Ungeheurer! Du, für den alle schändlichen Namen erfunden sind! Du, den man gar nicht nennen könnte, wenn man ihn nicht mit einem Schimpfnamen nennen wollte!</p>
                                <pb n="307" xml:id="tg487.2.44"/>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg487.2.45.part1">APOLLO.</speaker>
                                <l xml:id="tg487.2.45.part2"> Wie könnt ihr aber so sehr auf mich schmähen?</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg487.2.46.part1">ADMET.</speaker>
                                <p xml:id="tg487.2.46.part2"> Können? – Du siehst ja doch, daß wir es können. Du Hochmütiger! hat sich das Glück nicht vorher von mir müssen ausschelten lassen, ohne nur mit einer einzigen Silbe zu antworten, und du willst es nicht leiden? Bist du denn mehr als das Glück? O mein Freund, dergleichen hoffärtige Gedanken laß dir ja vergehen, denn ich muß dir sagen: das Glück ist etwas erstaunlich Hohes, es beherrscht die ganze Welt, es ist eine Art von Gottheit, die sogar die Götter regiert. Und blind ist das gute Ding noch obenein. Mit einem Worte, es ist gewissermaßen ein abstrakter Begriff, der im Grunde gar nichts in sich führt; ein Wesen, das an das Schicksal hinan will, beide sind wenigstens Grenznachbarn: und, wenn das Schicksal manchmal das gute Glück hat, sich vernünftig zu betragen, oder wenn das Glück manchmal das Schicksal trifft, die Guten zu belohnen, wie man sich auszudrücken pflegt, sehr Ihr, so gehn sie in solchen Fällen Hand in Hand. Ihr müßt sie aber beileibe nicht mit dem Zufall verwechseln, denn der ist vollends gar nichts, ja man ist selbst uneinig darüber, ob er nur existiert. – Seht, das sind meine religiösen Grundsätze, und ich denke, sie halten Stich.</p>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg487.2.47.part1">APOLLO.</speaker>
                                <l xml:id="tg487.2.47.part2"> Eure Leidenschaft spricht noch aus Euch, und deshalb seid Ihr unbillig gegen mich.</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg487.2.48.part1">ADMET.</speaker>
                                <p xml:id="tg487.2.48.part2"> Nein, mein Freund, die Philosophie spricht aus mir, und das müßt Ihr Euch nur gar nicht einfallen lassen, mich tadeln zu wollen, denn das kann ich nicht gut vertragen.</p>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg487.2.49.part1">APOLLO.</speaker>
                                <l xml:id="tg487.2.49.part2"> Lebt wohl; wir sprechen uns wohl ein andermal wieder, denn jetzt seid Ihr nicht aufgelegt.<hi rend="italic" xml:id="tg487.2.49.1.part2"> Geht ab.</hi>
                                </l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg487.2.50.part1">ADMET.</speaker>
                                <p xml:id="tg487.2.50.part2"> Nicht aufgelegt? Was kann er damit meinen? Ich fürchte, das da ist ein böser Bube, ein Satiriker, der immer Personalitäten mit einmengt. – Nicht aufgelegt? Ei, ich bin noch in meinem Leben nicht aufgelegt gewesen. – Sage mir, teuerste Gattin, warum habe ich ihm nicht gleich den Kopf entzweigeschlagen?</p>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg487.2.51">ALCESTE.</speaker>
                                <lg>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg487.2.52">Er war so klug, seht eilig zu entweichen,</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg487.2.53">Drum konnte deine Hand ihn nicht erreichen,</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg487.2.54">Doch tröste dich, mein Gatte, nimm die Schmerzen</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg487.2.55">Nicht ohne Not zu heftig dir zu Herzen,</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg487.2.56">Nach Winter kömmt der Lenz, und glücklich wenden</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg487.2.57">Die Mächte, was sie jetzt als Jammer senden.</l>
                                    <pb n="308" xml:id="tg487.2.58"/>
                                </lg>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg487.2.59">ADMET.</speaker>
                                <lg>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg487.2.60">Ja, beste Gattin, ich will mich bequemen,</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg487.2.61">Und, was ich sonst nicht tu, Vernunft annehmen.</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg487.2.62">Wir wollen unser Elend standhaft dulden,</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg487.2.63">Es sei uns Trost, daß wir es nicht verschulden.</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg487.2.64">Du bist jetzt, Teure, Hoffnung mir und Labe,</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg487.2.65">Drum ließ mir ja das Glück die schönste Gabe;</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg487.2.66">Wir steigen willig von des Thrones Stufen,</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg487.2.67">Zur Bürgertugend werden wir gerufen,</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg487.2.68">Und schmerzlos seh ich auf den Glanz zurück,</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg487.2.69">Er wandelt sich in ein Familienstück;</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg487.2.70">Wir dürfen auf den Beifall sichrer zählen,</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg487.2.71">Als wenn wir uns mit Kron und Szepter quälen.</l>
                                </lg>
                                <lb xml:id="tg487.2.72"/>
                                <stage rend="zenoPC" xml:id="tg487.2.73">
                                    <hi rend="italic" xml:id="tg487.2.73.1">Sie gehn ab.</hi>
                                </stage>
                                <lb xml:id="tg487.2.74"/>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg487.2.75.part1">SCÄVOLA.</speaker>
                                <l xml:id="tg487.2.75.part2"> O große Menschheit!</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg487.2.76.part1">PIERROT.</speaker>
                                <p xml:id="tg487.2.76.part2"> Ich bitt euch, Leute – es sind da Sachen in dem Stück – ich sage euch nur so viel – sie sind ganz ungemein.</p>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg487.2.77.part1">DER ANDRE.</speaker>
                                <p xml:id="tg487.2.77.part2"> Was man doch jetzt immer zur großen Denkungsart angeführt wird! – Ja, das klingt an ders, als ehemals.</p>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg487.2.78.part1">WACHTEL</speaker>
                                <stage>
                                    <hi rend="italic" xml:id="tg487.2.78.1.part1">ein Zuschauer.</hi>
                                </stage>
                                <l xml:id="tg487.2.78.part2"> Es muß morgen wieder sein, und dann bringe ich alle meine Kinder her.</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg487.2.79.part1">SCÄVOLA.</speaker>
                                <l xml:id="tg487.2.79.part2"> Wenn nur die Fürsten solche Stücke mit Bürgertugend beherzigen wollten!</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg487.2.80.part1">PIERROT.</speaker>
                                <l xml:id="tg487.2.80.part2"> Sie wären kapabel und dankten alle ab.</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg487.2.81.part1">WACHTEL.</speaker>
                                <p xml:id="tg487.2.81.part2"> Warum sollten sie abdanken? Sie brauchen ja bloß zum Staat zu sagen: Nun geh hin und sei eine Republik! und damit wär's ja fertig.</p>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg487.2.82.part1">SCÄVOLA.</speaker>
                                <l xml:id="tg487.2.82.part2"> Hexerei ist es nicht, das ist wahr.</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg487.2.83.part1">DER ANDRE.</speaker>
                                <l xml:id="tg487.2.83.part2"> Solche Republik kann im Grunde noch jeder stiften.</l>
                                <lb xml:id="tg487.2.84"/>
                            </sp>
                        </div>
                    </div>
                </div>
                <div subtype="work:no" type="scene" xml:id="tg488" n="/Literatur/M/Tieck, Ludwig/Dramen/Die verkehrte Welt/3. Akt/4. Szene">
                    <div>
                        <desc>
                            <title>4. Szene</title>
                        </desc>
                    </div>
                    <div type="text" xml:id="tg488.2">
                        <div type="h4">
                            <head type="h4" xml:id="tg488.2.1">Vierte Szene</head>
                            <stage rend="zenoPC" xml:id="tg488.2.4">
                                <hi rend="italic" xml:id="tg488.2.4.1">Stadt. – Große Illumination. – Der Namenszug des Skaramuz rennt an allen Fenstern.</hi>
                            </stage>
                            <lb xml:id="tg488.2.5"/>
                            <p xml:id="tg488.2.6">DIE ZUSCHAUER! Herrlich! herrlich!</p>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg488.2.7.part1">WACHTEL.</speaker>
                                <p xml:id="tg488.2.7.part2"> Jetzt hat es der Grünhelm gut, der sich dem Theater gewidmet hat, er kann das alles recht in der Nähe besehn.</p>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg488.2.8.part1">SCÄVOLA.</speaker>
                                <l xml:id="tg488.2.8.part2"> Wenn es nicht des Aufsehens wegen wäre, so stieg' ich auch hinauf.</l>
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                                <stage rend="zenoPC" xml:id="tg488.2.10">
                                    <hi rend="italic" xml:id="tg488.2.10.1">Wagen fahren vorüber, und aus dem Schlage ruft man: O wie prächtig!</hi>
                                </stage>
                                <stage rend="zenoPC" xml:id="tg488.2.11">
                                    <hi rend="italic" xml:id="tg488.2.11.1">
                                        <pb n="309" xml:id="tg488.2.11.1.1"/>
Skaramuz auf seinem Esel, Gefolge.</hi>
                                </stage>
                                <lb xml:id="tg488.2.12"/>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg488.2.13.part1">SKARAMUZ.</speaker>
                                <l xml:id="tg488.2.13.part2"> Was ist das für ein Name?</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg488.2.14.part1">GRÜNHELM.</speaker>
                                <l xml:id="tg488.2.14.part2"> Der Ihrige, mein König.</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg488.2.15.part1">SKARAMUZ.</speaker>
                                <l xml:id="tg488.2.15.part2"> Laßt mir einmal den Maschinisten kommen, der das Zeug eingerichtet hat.</l>
                                <lb xml:id="tg488.2.16"/>
                                <stage rend="zenoPC" xml:id="tg488.2.17">
                                    <hi rend="italic" xml:id="tg488.2.17.1">Maschinist tritt auf.</hi>
                                </stage>
                                <lb xml:id="tg488.2.18"/>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg488.2.19.part1">MASCHINIST.</speaker>
                                <l xml:id="tg488.2.19.part2"> Ich bin Ew. Majestät unwürdiger Diener.</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg488.2.20.part1">SKARAMUZ.</speaker>
                                <p xml:id="tg488.2.20.part2"> Ich sehe, Er kann mehr als donnern und blitzen; es ist mir lieb, daß Er sich auf mancherlei appliziert hat. Fahre Er so fort, und es wird Ihm nicht fehlen, sich großen Glanz zu veranstalten. <hi rend="italic" xml:id="tg488.2.20.1.part2">Ab.</hi>
                                </p>
                                <p xml:id="tg488.2.21">MASCHINIST, <hi rend="italic" xml:id="tg488.2.21.1">gegen das Parterre.</hi> Die ganze Erleuchtung ist im Grunde zum Vergnügen eines verehrungswürdigen Publikums eingerichtet, und der einfältige Skaramuz bildet sich ein, es sei seinetwegen geschehn; aber wir wollen ihm davon nichts merken lassen, sonst ist ihm die ganze Freude mit seinem Geburtstage verdorben. <hi rend="italic" xml:id="tg488.2.21.2">Ab.</hi>
                                </p>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg488.2.22.part1">WACHTEL.</speaker>
                                <l xml:id="tg488.2.22.part2"> Es ist auch wahr, es ist bloß unsertwegen; aber ich wäre in meinem Leben nicht darauf gekommen.</l>
                                <lb xml:id="tg488.2.23"/>
                                <stage rend="zenoPC" xml:id="tg488.2.24">
                                    <hi rend="italic" xml:id="tg488.2.24.1">Bäcker und Brauer kommen.</hi>
                                </stage>
                                <lb xml:id="tg488.2.25"/>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg488.2.26.part1">BRAUER.</speaker>
                                <l xml:id="tg488.2.26.part2"> Sieh, Gevatter, das nenn ich mir eine Illumination.</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg488.2.27.part1">BÄCKER.</speaker>
                                <l xml:id="tg488.2.27.part2"> Ja, etwas anders kann es auch durchaus nicht vorstellen.</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg488.2.28.part1">BRAUER.</speaker>
                                <l xml:id="tg488.2.28.part2"> Warum nicht?</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg488.2.29.part1">BÄCKER.</speaker>
                                <l xml:id="tg488.2.29.part2"> Je, Mann, das sind ja lauter Lampen, und wo Lampen sind, da ist auch die Illumination nicht weit.</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg488.2.30.part1">BRAUER.</speaker>
                                <l xml:id="tg488.2.30.part2"> Könnt Ihr darauf schwören?</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg488.2.31.part1">BÄCKER.</speaker>
                                <l xml:id="tg488.2.31.part2"> Das nun wohl nicht, aber alle Leute sagen es doch so.</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg488.2.32.part1">BRAUER.</speaker>
                                <l xml:id="tg488.2.32.part2"> Ja, wenn man alles glauben wollte, was die Leute sagen, da wäre einem übel geraten.</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg488.2.33.part1">BÄCKER.</speaker>
                                <l xml:id="tg488.2.33.part2"> Das ist wohl wahr, aber das scheint mir noch immer eine Illumination zu sein.</l>
                                <lb xml:id="tg488.2.34"/>
                                <stage rend="zenoPC" xml:id="tg488.2.35">
                                    <hi rend="italic" xml:id="tg488.2.35.1">Eine Alte Frau mit einer Laterne.</hi>
                                </stage>
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                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg488.2.37.part1">FRAU.</speaker>
                                <p xml:id="tg488.2.37.part2"> Lieben Leute, ich suche schon die ganze Stadt durch; könnt ihr mir nicht sagen, wo das Feuerwerk ist?</p>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg488.2.38.part1">BÄCKER.</speaker>
                                <l xml:id="tg488.2.38.part2"> Je, da hängt es ja.</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg488.2.39.part1">FRAU.</speaker>
                                <l xml:id="tg488.2.39.part2"> Ach, das hab ich schon lange gesehn. – Aber, das ist wahr, es ist prächtig.</l>
                                <pb n="310" xml:id="tg488.2.40"/>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg488.2.41.part1">BRAUER.</speaker>
                                <l xml:id="tg488.2.41.part2"> Es ist ja kein Feuerwerk.</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg488.2.42.part1">BÄCKER.</speaker>
                                <l xml:id="tg488.2.42.part2"> Seht, das kömmt so auf eine Manier heraus, und darum kann man's auch so nennen.</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg488.2.43.part1">FRAU.</speaker>
                                <l xml:id="tg488.2.43.part2"> Also ist es doch noch ungewiß, ob ich recht bin?</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg488.2.44.part1">BÄCKER.</speaker>
                                <l xml:id="tg488.2.44.part2"> Ins Teufels Namen, nein, das ist es ja.</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg488.2.45.part1">FRAU.</speaker>
                                <l xml:id="tg488.2.45.part2"> Aber ich muß es doch gewiß wissen, sonst kann ich's ja nicht mit Seelenruhe genießen.</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg488.2.46.part1">BRAUER.</speaker>
                                <l xml:id="tg488.2.46.part2"> Seht, da kommt eine große Maskerade.</l>
                                <lb xml:id="tg488.2.47"/>
                                <stage rend="zenoPC" xml:id="tg488.2.48">
                                    <hi rend="italic" xml:id="tg488.2.48.1">Gefolge von Reitern in allerhand Marken: einige als Ritter, andre als Mohren, einer ist der Tod, ihm folgen einige Teufel.</hi>
                                </stage>
                                <lb xml:id="tg488.2.49"/>
                            </sp>
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                                <speaker xml:id="tg488.2.50.part1">FRAU.</speaker>
                                <l xml:id="tg488.2.50.part2"> Gott steh' uns bei, das war schön!</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg488.2.51.part1">BRAUER.</speaker>
                                <l xml:id="tg488.2.51.part2"> Prächtig, und Philosophie liegt drin, ich versichre Euch, Salz.</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg488.2.52.part1">FRAU.</speaker>
                                <l xml:id="tg488.2.52.part2"> Und der Satan war mitten drunter.</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg488.2.53.part1">BÄCKER.</speaker>
                                <l xml:id="tg488.2.53.part2"> Alles unserm Könige zu Ehren.</l>
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                                <stage rend="zenoPC" xml:id="tg488.2.55">
                                    <hi rend="italic" xml:id="tg488.2.55.1">Die Gäste kommen.</hi>
                                </stage>
                                <lb xml:id="tg488.2.56"/>
                            </sp>
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                                <speaker xml:id="tg488.2.57.part1">GÄSTE.</speaker>
                                <l xml:id="tg488.2.57.part2"> Munter! munter! das heiß ich einen fröhlichen Abend!</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg488.2.58.part1">ANDRE.</speaker>
                                <l xml:id="tg488.2.58.part2"> So lustig sind wir lange nicht gewesen.</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg488.2.59.part1">ANDRE.</speaker>
                                <l xml:id="tg488.2.59.part2"> Und werden's lange nicht wieder sein.</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg488.2.60.part1">VIERTER GAST.</speaker>
                                <p xml:id="tg488.2.60.part2"> Dumm ist's bei alledem, daß so 'n Geburtstag, wie man's nennt, als an dem der Mensch geboren zu sein pflegt, seht ihr, daß der im Jahre nur einmal ist.</p>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg488.2.61.part1">ERSTER GAST.</speaker>
                                <p xml:id="tg488.2.61.part2"> Einmal? dummer Teufel! Hast du keine Wissenschaften im Kopfe? In jedem Jahrhundert ist er nur einmal.</p>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg488.2.62.part1">VIERTER GAST.</speaker>
                                <p xml:id="tg488.2.62.part2"> Nur einmal? Nun hört, ihr Herren, die Possen! und jedes Jahrhundert kömmt selbst in hundert Jahren nur einmal. Ist's nicht wahr, Caspar?</p>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg488.2.63.part1">ZWEITER GAST.</speaker>
                                <l xml:id="tg488.2.63.part2"> Ja, das ist ausgemacht; darum nennt man's auch immer ein Jahrhundert.</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg488.2.64.part1">VIERTER GAST.</speaker>
                                <l xml:id="tg488.2.64.part2"> Wovon gibt's denn aber ein sechzehntes Jahrhundert?</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg488.2.65.part1">ZWEITER GAST.</speaker>
                                <l xml:id="tg488.2.65.part2"> Narren, das war eine Ausnahme von wegen des westfälischen Friedens.</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg488.2.66.part1">DRITTER GAST.</speaker>
                                <l xml:id="tg488.2.66.part2"> Mein Geburtstag fällt immer gerade dreimal in einem Jahre.</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg488.2.67.part1">ZWEITER GAST.</speaker>
                                <l xml:id="tg488.2.67.part2"> Die Schalksjahre haben mehr Privilegien.</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg488.2.68.part1">ALLE.</speaker>
                                <l xml:id="tg488.2.68.part2"> Kommt! kommt! wir wollen weiter, wir müssen auch die Maskerade sehn!</l>
                                <lb xml:id="tg488.2.69"/>
                                <stage rend="zenoPC" xml:id="tg488.2.70">
                                    <hi rend="italic" xml:id="tg488.2.70.1">Alle ab.</hi>
                                </stage>
                                <lb xml:id="tg488.2.71"/>
                                <pb n="311" xml:id="tg488.2.72"/>
                                <lb xml:id="tg488.2.73"/>
                            </sp>
                        </div>
                    </div>
                </div>
                <div subtype="work:no" type="scene" xml:id="tg489" n="/Literatur/M/Tieck, Ludwig/Dramen/Die verkehrte Welt/3. Akt/5. Szene">
                    <div>
                        <desc>
                            <title>5. Szene</title>
                        </desc>
                    </div>
                    <div type="text" xml:id="tg489.2">
                        <div type="h4">
                            <head type="h4" xml:id="tg489.2.1">Fünfte Szene</head>
                            <stage rend="zenoPC" xml:id="tg489.2.4">
                                <hi rend="italic" xml:id="tg489.2.4.1">Saal mit einem Theater.</hi>
                            </stage>
                            <stage rend="zenoPC" xml:id="tg489.2.5">
                                <hi rend="italic" xml:id="tg489.2.5.1">Grünhelm. Der Fremde.</hi>
                            </stage>
                            <lb xml:id="tg489.2.6"/>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg489.2.7.part1">DER FREMDE.</speaker>
                                <l xml:id="tg489.2.7.part2"> Aber glaubst du, daß es gelingen wird?</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg489.2.8.part1">GRÜNHELM.</speaker>
                                <l xml:id="tg489.2.8.part2"> Ich gebe Ihnen mein Ehrenwort. Machen Sie sich nur keine unnötige Bedenklichkeiten.</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg489.2.9.part1">FREMDER.</speaker>
                                <l xml:id="tg489.2.9.part2"> Wird er dadurch gerührt werden?</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg489.2.10.part1">GRÜNHELM.</speaker>
                                <l xml:id="tg489.2.10.part2"> Er muß.</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg489.2.11.part1">FREMDER.</speaker>
                                <l xml:id="tg489.2.11.part2"> Meine Hoffnung beruht immer noch auf einem sehr unsichern Grunde.</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg489.2.12.part1">GRÜNHELM.</speaker>
                                <l xml:id="tg489.2.12.part2"> Der Grund ist sicher genug, wenn Sie nur sichrer wären.</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg489.2.13.part1">FREMDER.</speaker>
                                <l xml:id="tg489.2.13.part2"> Ich verlasse mich ganz auf dich.</l>
                                <lb xml:id="tg489.2.14"/>
                                <stage rend="zenoPC" xml:id="tg489.2.15">
                                    <hi rend="italic" xml:id="tg489.2.15.1">Thalia kömmt.</hi>
                                </stage>
                                <lb xml:id="tg489.2.16"/>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg489.2.17.part1">THALIA.</speaker>
                                <l xml:id="tg489.2.17.part2"> Nun, meine Freunde, seid ihr zur Komödie ganz eingerichtet?</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg489.2.18.part1">GRÜNHELM.</speaker>
                                <l xml:id="tg489.2.18.part2"> Ich bin immer dazu fertig; aber der erste Liebhaber da hat noch Zweifel.</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg489.2.19.part1">THALIA.</speaker>
                                <l xml:id="tg489.2.19.part2"> Das ist unrecht, Sie werden sehn, daß alles sehr schön ablaufen wird.</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg489.2.20.part1">FREMDER.</speaker>
                                <l xml:id="tg489.2.20.part2"> Ich zittre.</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg489.2.21.part1">THALIA.</speaker>
                                <l xml:id="tg489.2.21.part2"> Das macht die Entwickelung um so interessanter.</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg489.2.22.part1">GRÜNHELM.</speaker>
                                <l xml:id="tg489.2.22.part2"> Die Zuschauer kommen schon. <hi rend="italic" xml:id="tg489.2.22.1.part2">Sie gehen.</hi>
                                </l>
                                <lb xml:id="tg489.2.23"/>
                                <stage rend="zenoPC" xml:id="tg489.2.24">
                                    <hi rend="italic" xml:id="tg489.2.24.1">Trompeten. Skaramuz von seinem Hofe begleitet.</hi>
                                </stage>
                                <lb xml:id="tg489.2.25"/>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg489.2.26.part1">SKARAMUZ.</speaker>
                                <p xml:id="tg489.2.26.part2"> Wir wollen uns setzen, jeder nach seinem Stande. Ich werde wohl auf diese Art der Vornehmste hier sein.</p>
                                <lb xml:id="tg489.2.27"/>
                                <stage rend="zenoPC" xml:id="tg489.2.28">
                                    <hi rend="italic" xml:id="tg489.2.28.1">Sie setzen sich, der Vorhang des Theaters wird aufgezogen, welches einen Garten vorstellt.</hi>
                                </stage>
                                <stage rend="zenoPC" xml:id="tg489.2.29">
                                    <hi rend="italic" xml:id="tg489.2.29.1">Grünhelm als Prologus.</hi>
                                </stage>
                                <lb xml:id="tg489.2.30"/>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg489.2.31">PROLOGUS.</speaker>
                                <lg>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg489.2.32">Woher soll Poesie die kühnsten Bilder greifen,</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg489.2.33">Durch welches ferne Land der dunkeln Träume streifen,</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg489.2.34">Um allenthalben Blum' und Weihrauch abzupflücken,</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg489.2.35">Und deinen Namen so nach Würden auszuschmücken?</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg489.2.36">Die Wahrheit selbst wird stumm, Erfindung zittert blaß,</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg489.2.37">Der Danaiden Chor füllt eher noch ihr Faß,</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg489.2.38">Ja Tantalus wird wohl den Apfel noch erschnappen,</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg489.2.39">
                                        <pb n="312" xml:id="tg489.2.39.1"/>
Und Sisyphus den Stein in seinem Fall ertappen,</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg489.2.40">Eh es dem Menschengeist nach seinem Wunsch gelingt,</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg489.2.41">Daß er dein ganzes Lob aus voller Kehle singt.</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg489.2.42">Wohl mag sich Pegasus im höchsten Äther baden,</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg489.2.43">Doch wenn er will dein Lob auf seinen Rücken laden,</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg489.2.44">Ja Herkules dazu, das glaubt mir auf mein Wort,</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg489.2.45">Sie werden beide lahm, sie bringen es nicht fort:</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg489.2.46">Und doch ist dieser Mann der Stärkst im Land gewesen,</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg489.2.47">Und hatte Kraft genug den Atlas abzulösen;</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg489.2.48">Auch wenn die Musen neun sich alle fügen sollten,</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg489.2.49">Daß sie dein Lob im Chor poetisch singen wollten:</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg489.2.50">So bist du Musengott, die Musen dienen dir,</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg489.2.51">Und Dichtkunst hat durch dich erst ihre wahre Zier.</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg489.2.52">Darum versuchen wir, im stummberedten Schweigen,</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg489.2.53">Wie wir dir huldigen, am besten noch zu zeigen.</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg489.2.54">Drum, wer nur schweigen kann, erhebe heut dich laut,</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg489.2.55">Bis nach Monduntergang die Morgendämmrung graut.</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg489.2.56">Sieh denn auf unser Herz und nicht auf unser Maul,</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg489.2.57">So mehr jens tätig ist, so mehr erscheint dies faul.</l>
                                </lg>
                                <lb xml:id="tg489.2.58"/>
                                <stage rend="zenoPC" xml:id="tg489.2.59">
                                    <hi rend="italic" xml:id="tg489.2.59.1">Verbeugung, geht ab.</hi>
                                </stage>
                                <lb xml:id="tg489.2.60"/>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg489.2.61.part1">SKARAMUZ.</speaker>
                                <l xml:id="tg489.2.61.part2"> Das war gut. Man hat mich lange nicht so zweckmäßig gelobt. – Wer hat das gemacht?</l>
                                <lb xml:id="tg489.2.62"/>
                                <stage rend="zenoPC" xml:id="tg489.2.63">
                                    <hi rend="italic" xml:id="tg489.2.63.1">Der Hofpoet kömmt.</hi>
                                </stage>
                                <lb xml:id="tg489.2.64"/>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg489.2.65.part1">HOFPOET.</speaker>
                                <l xml:id="tg489.2.65.part2"> Ihro Majestät, ich habe nur im Namen aller Ihrer getreuen Untertanen gesprochen.</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg489.2.66.part1">SKARAMUZ.</speaker>
                                <l xml:id="tg489.2.66.part2"> Denken so alle meine Untertanen von mir?</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg489.2.67.part1">HOFPOET.</speaker>
                                <l xml:id="tg489.2.67.part2"> Wer es anders meint, ist ein Hochverräter.</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg489.2.68.part1">SKARAMUZ.</speaker>
                                <p xml:id="tg489.2.68.part2"> Das ist recht. Da habt Ihr Geld, fahrt so fort. Gebt acht auf alles Große, was ich tue, besonders wenn ich mit jedem Tage immer vortrefflicher werde. Ich sage Euch, laßt mich nicht aus den Augen, denn es ist sehr viel an mir zu beobachten.</p>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg489.2.69.part1">HOFPOET.</speaker>
                                <l xml:id="tg489.2.69.part2"> Wenn es Ihro Majestät erlauben, so werde ich es nicht unterlassen. <hi rend="italic" xml:id="tg489.2.69.1.part2">Geht ab.</hi>
                                </l>
                                <lb xml:id="tg489.2.70"/>
                                <stage rend="zenoPC" xml:id="tg489.2.71">
                                    <hi rend="italic" xml:id="tg489.2.71.1">Ein Vater tritt auf mit einem jungen Menschen.</hi>
                                </stage>
                                <stage rend="zenoPC" xml:id="tg489.2.72">
                                    <hi rend="italic" xml:id="tg489.2.72.1">(Der junge Mensch ist der Fremde.)</hi>
                                </stage>
                                <lb xml:id="tg489.2.73"/>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg489.2.74.part1">VATER.</speaker>
                                <p xml:id="tg489.2.74.part2"> Mein lieber junger Mensch, ich habe dich, wie du weißt, an Kindes Statt angenommen, da deine armen Eltern schon in deiner Jugend starben; ich habe dich erzogen, ich <pb n="313" xml:id="tg489.2.74.1.part2"/>
habe dich in allen Künsten und Wissenschaften unterrichten lassen, dafür mußt du hübsch dankbar sein: nun sage mir also, warum bist du seit einiger Zeit immer so traurig.</p>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg489.2.75.part1">JUNGER MENSCH.</speaker>
                                <l xml:id="tg489.2.75.part2"> Man hat sich nicht immer in seiner Gewalt, Verehrungswürdiger.</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg489.2.76.part1">SKARAMUZ.</speaker>
                                <l xml:id="tg489.2.76.part2"> Wer ist der junge Mensch? Er kömmt mir so bekannt vor.</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg489.2.77.part1">SCHATZMEISTER.</speaker>
                                <l xml:id="tg489.2.77.part2"> Er ist der fremde Doktor, der kürzlich nur angekommen ist.</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg489.2.78.part1">SKARAMUZ.</speaker>
                                <p xml:id="tg489.2.78.part2"> Und der spielt nun schon in der Stadt Komödie? – Das geht geschwinde, ihm wird es an einer guten Praxis niemals fehlen.</p>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg489.2.79.part1">VATER.</speaker>
                                <p xml:id="tg489.2.79.part2"> Sei heute wenigstens fröhlich; sieh, meine Tochter und meine übrigen Verwandten sind es so sehr. Heute ist mein Geburtstag, da möcht ich gern lauter fröhliche Gesichter sehn.</p>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg489.2.80.part1">SKARAMUZ.</speaker>
                                <l xml:id="tg489.2.80.part2"> Des Menschen Geburtstag ist heute auch? Das trifft sich wunderbar.</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg489.2.81.part1">SCHATZMEISTER.</speaker>
                                <p xml:id="tg489.2.81.part2"> Vermutlich nur eine rührende und witzige Anspielung, mein König, denn was da vorgestellt wird, ist nichts Wirkliches, es ist nur ein Schauspiel.</p>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg489.2.82.part1">SKARAMUZ.</speaker>
                                <l xml:id="tg489.2.82.part2"> Es ist wahr, das hatt ich ganz vergessen.</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg489.2.83.part1">SCÄVOLA.</speaker>
                                <p xml:id="tg489.2.83.part2"> Leute, bedenkt einmal, wie wunderbar! Wir sind hier die Zuschauer, und dorten sitzen die Leute nun auch als Zuschauer.</p>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg489.2.84.part1">PIERROT.</speaker>
                                <l xml:id="tg489.2.84.part2"> Es steckt immer so ein Stück im andern.</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg489.2.85.part1">JUNGER MENSCH.</speaker>
                                <p xml:id="tg489.2.85.part2"> Ja, ich will an diesem schönen Tage fröhlich sein; Sie sollen kein trauriges Gesicht zu sehn bekommen.</p>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg489.2.86.part1">VATER.</speaker>
                                <p xml:id="tg489.2.86.part2"> Meine Tochter hat mir gesagt, daß ihr mir ein kleines Stück aufführen wollt; hast du denn auch eine Rolle darin?</p>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg489.2.87.part1">JUNGER MENSCH</speaker>
                                <stage>
                                    <hi rend="italic" xml:id="tg489.2.87.1.part1">seufzend.</hi>
                                </stage>
                                <l xml:id="tg489.2.87.part2"> O ja.</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg489.2.88.part1">VATER.</speaker>
                                <p xml:id="tg489.2.88.part2"> Worüber seufzest du wieder? Du hast mir soeben angelobt, daß du fröhlich sein wolltest. Was fehlt dir? Entdecke dich mir, ich will dir helfen, wenn ich kann.</p>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg489.2.89.part1">JUNGER MENSCH.</speaker>
                                <l xml:id="tg489.2.89.part2"> Ach, mein Vater!</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg489.2.90.part1">VATER.</speaker>
                                <l xml:id="tg489.2.90.part2"> Sprich.</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg489.2.91.part1">JUNGER MENSCH.</speaker>
                                <l xml:id="tg489.2.91.part2"> Ich kann nicht.</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg489.2.92.part1">VATER.</speaker>
                                <p xml:id="tg489.2.92.part2"> Du solltest Vertrauen zu mir haben. Jetzt muß ich dich verlassen, meine Gäste werden gleich kommen. <hi rend="italic" xml:id="tg489.2.92.1.part2">Geht ab.</hi>
                                </p>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg489.2.93.part1">PIERROT.</speaker>
                                <p xml:id="tg489.2.93.part2"> Für welches Schauspiel soll man sich nun interessieren? Für das vorige, oder für das, das jetzt aufgeführt wird?</p>
                                <pb n="314" xml:id="tg489.2.94"/>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg489.2.95.part1">SCÄVOLA.</speaker>
                                <p xml:id="tg489.2.95.part2"> Eine verflucht spitzfindige Frage. Am besten ist es man interessiert sich nur so in den Tag hinein, oder für keins von beiden.</p>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg489.2.96.part1">JUNGER MENSCH.</speaker>
                                <p xml:id="tg489.2.96.part2"> Nein, ich kann ihm meine Liebe nicht entdecken. Er würde mir niemals seine Tochter bewilligen, und eine abschlägige Antwort könnte ich nicht überleben. O Emilie! Und doch muß es sich heut noch entscheiden!</p>
                                <lb xml:id="tg489.2.97"/>
                                <stage rend="zenoPC" xml:id="tg489.2.98">
                                    <hi rend="italic" xml:id="tg489.2.98.1">Melpomene tritt als Emilie auf.</hi>
                                </stage>
                                <lb xml:id="tg489.2.99"/>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg489.2.100.part1">EMILIE.</speaker>
                                <l xml:id="tg489.2.100.part2"> Find ich dich wieder in Tränen?</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg489.2.101.part1">JUNGER MENSCH.</speaker>
                                <l xml:id="tg489.2.101.part2"> Und wie anders, teuerste Emilie? Soeben habe ich deinen Vater gesprochen.</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg489.2.102.part1">EMILIE.</speaker>
                                <l xml:id="tg489.2.102.part2"> Nun?</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg489.2.103.part1">JUNGER MENSCH.</speaker>
                                <p xml:id="tg489.2.103.part2"> Er war wie immer, sehr gütig gegen mich, das Bekenntnis meiner Liebe schwebte schon auf meinen Lippen, aber die Besonnenheit hindert mich noch, unvorsichtig zu sein.</p>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg489.2.104.part1">EMILIE.</speaker>
                                <p xml:id="tg489.2.104.part2"> Ich denke, daß wir ihn durch unser kleines Stück überraschen und rühren wollen, und uns so den Weg zu unserm Geständnisse bahnen.</p>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg489.2.105.part1">JUNGER MENSCH.</speaker>
                                <p xml:id="tg489.2.105.part2"> O liebe Emilie, das quält mich eben. Ist unser Projekt, ja ich mag es wohl so nennen, unser Hinterhalt, nicht eine Entweihung dieses Tages? Wir wollen ihm durch ein Schauspiel Freude machen, und wir benutzen dieses Schauspiel, uns und unsre Situation darzustellen. Gerade an dem heutigen Tage sollten wir am wenigsten für uns zu handeln suchen, und ich brauche grade diesen Tag als ein Mittel, um mich glücklich zu machen.</p>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg489.2.106.part1">EMILIE.</speaker>
                                <p xml:id="tg489.2.106.part2"> Du hast eine eigene Gabe, die Sachen zu ernsthaft, und eben darum unrecht zu nehmen. Unsre Verbindung wird auch ihn beglücken, auch hat er uns noch keine Veranlassung gegeben, zu glauben, daß er unsre Liebe mißbilligen würde, wenn er sie kennte.</p>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg489.2.107.part1">JUNGER MENSCH.</speaker>
                                <l xml:id="tg489.2.107.part2"> Wie beneid ich dich um diesen männlichen Mut.</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg489.2.108.part1">EMILIE.</speaker>
                                <l xml:id="tg489.2.108.part2"> Wenn er männlich ist, so schäme dich, daß du ihn nicht hast.</l>
                                <lb xml:id="tg489.2.109"/>
                                <stage rend="zenoPC" xml:id="tg489.2.110">
                                    <hi rend="italic" xml:id="tg489.2.110.1">Thalia als Lisette.</hi>
                                </stage>
                                <lb xml:id="tg489.2.111"/>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg489.2.112.part1">THALIA.</speaker>
                                <l xml:id="tg489.2.112.part2"> Die Fremden sind schon angekommen; Ihr Herr Vater komplimentiert sich mit ihnen sehr weitläuftig.</l>
                                <pb n="315" xml:id="tg489.2.113"/>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg489.2.114.part1">EMILIE.</speaker>
                                <l xml:id="tg489.2.114.part2"> Wer sind sie denn?</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg489.2.115.part1">THALIA.</speaker>
                                <p xml:id="tg489.2.115.part2"> Erstlich ist da, die dicke Frau, die Sie aus der Taufe gehoben hat, eine Frau, die alles verachtet, was nicht so dick und reich ist, als sie selbst; dann der Graf Sternheim, der bei jedem dritten Worte innehält, um sich auf den Zusammenhang zu besinnen und desto gewisser aus dem Zusammenhange zu kommen, dieser hat alle seine Bedienten und sogar seinen Narren mitgebracht; dann der Baron Fuchsheim, der mehr hustet als spricht, und mehr spricht als denkt. Die übrigen kenne ich nicht, sie scheinen aber von keiner sonderlichen Bedeutung zu sein.</p>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg489.2.116.part1">EMILIE.</speaker>
                                <l xml:id="tg489.2.116.part2"> So wollen wir nur gehen, um unser Theater einzurichten. – Komm, mein Freund. <hi rend="italic" xml:id="tg489.2.116.1.part2">Beide gehn ab.</hi>
                                </l>
                                <lb xml:id="tg489.2.117"/>
                                <stage rend="zenoPC" xml:id="tg489.2.118">
                                    <hi rend="italic" xml:id="tg489.2.118.1">Der Vater, Graf Sternheim, Baron Fuchsheim, die dicke Frau, andre Gäste, Bediente, Grünhelm als Narr, treten ein.</hi>
                                </stage>
                                <lb xml:id="tg489.2.119"/>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg489.2.120.part1">VATER.</speaker>
                                <p xml:id="tg489.2.120.part2"> Sein Sie mir nochmals von ganzem Herzen willkommen, und nehmen Sie mit diesem herzlichen Willkommen vorlieb, denn er ist das Beste, was ich Ihnen geben kann.</p>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg489.2.121.part1">FUCHSHEIM.</speaker>
                                <l xml:id="tg489.2.121.part2"> Gehorsamster – bitte – wissen schon – bitte –</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg489.2.122.part1">DICKE FRAU.</speaker>
                                <p xml:id="tg489.2.122.part2"> Uns ist Ihre Galanterie schon aus alten Zeiten bekannt, und Sie haben darin gewiß noch mehr Fortschritte gemacht.</p>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg489.2.123.part1">STERNHEIM.</speaker>
                                <p xml:id="tg489.2.123.part2"> Gut Obst scheinen s' hier besitzen zu tun – schönen Blumenkohl – allerliebste Aprikosen – aber einen Narren hab ich doch selber mitgebracht, den trifft man hier nicht an.</p>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg489.2.124.part1">NARR.</speaker>
                                <l xml:id="tg489.2.124.part2"> Ich habe Sie mitgenommen, Herr Graf, und das will ich beschwören.</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg489.2.125.part1">STERNHEIM.</speaker>
                                <l xml:id="tg489.2.125.part2"> Ist es nicht ein guter Eselskopf? – Er sagt mir immer prächtige Grobheiten.</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg489.2.126.part1">NARR.</speaker>
                                <p xml:id="tg489.2.126.part2"> Und der Graf sagt mir herrliche Wahrheiten, denn er sagt mir nichts, und es ist eine Wahrheit, daß er nichts ist und daß er nichts zu sagen weiß.</p>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg489.2.127.part1">STERNHEIM.</speaker>
                                <l xml:id="tg489.2.127.part2"> Konfuse, ein ungeordneter Verstand – aber gute Anlagen.</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg489.2.128.part1">FUCHSHEIM</speaker>
                                <stage>
                                    <hi rend="italic" xml:id="tg489.2.128.1.part1">lachend.</hi>
                                </stage>
                                <l xml:id="tg489.2.128.part2"> Gute Anlagen zu einem Narren – ja, ja – dafür sind seine Anlagen gut genug.</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg489.2.129.part1">NARR.</speaker>
                                <l xml:id="tg489.2.129.part2"> Wissen Sie denn, was ein vollkommener Narr zu bedeuten hat?</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg489.2.130.part1">STERNHEIM.</speaker>
                                <l xml:id="tg489.2.130.part2"> Dazu halt ich dich ja, Narr, damit ich das beständig wissen möge.</l>
                                <pb n="316" xml:id="tg489.2.131"/>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg489.2.132.part1">NARR.</speaker>
                                <l xml:id="tg489.2.132.part2"> Der Geschmack ist verschieden, ich halte mir lieber einen Grafen.</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg489.2.133.part1">STERNHEIM.</speaker>
                                <l xml:id="tg489.2.133.part2"> Er darf mir alles bieten, weil er nämlich nur ein Narr ist.</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg489.2.134.part1">FUCHSHEIM.</speaker>
                                <l xml:id="tg489.2.134.part2"> Ich muß mir auch einen anschaffen. Wo hat man die beste Sorte?</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg489.2.135.part1">STERNHEIM.</speaker>
                                <p xml:id="tg489.2.135.part2"> Sie geraten nicht in jedem Jahre gleich gut, manchmal ist ein ordentlicher Mißwachs – ich habe sie auf meinen Gütern als ein Landesprodukt ziehn wollen – aber sie sind nicht eingeschlagen – das Klima muß nicht taugen.</p>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg489.2.136.part1">FUCHSHEIM.</speaker>
                                <p xml:id="tg489.2.136.part2"> Wenn man so manchmal seiner Vernunft überdrüssig wird, so muß ein solcher Narr ein wahrer Leckerbissen sein.</p>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg489.2.137.part1">STERNHEIM.</speaker>
                                <l xml:id="tg489.2.137.part2"> Diesen da hab ich geerbt, und ich weiß sein Vaterland nicht.</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg489.2.138.part1">FUCHSHEIM.</speaker>
                                <l xml:id="tg489.2.138.part2"> Hat er keinen Taufschein?</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg489.2.139.part1">STERNHEIM.</speaker>
                                <l xml:id="tg489.2.139.part2"> Narren werden gar nicht getauft.</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg489.2.140.part1">FUCHSHEIM.</speaker>
                                <l xml:id="tg489.2.140.part2"> Zu welcher Kirche bekennen sie sich denn aber?</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg489.2.141.part1">STERNHEIM.</speaker>
                                <l xml:id="tg489.2.141.part2"> Sie sind damit zufrieden, daß sie in der Irre wandeln.</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg489.2.142.part1">FUCHSHEIM.</speaker>
                                <l xml:id="tg489.2.142.part2"> Sie sollten ihn bekehren lassen.</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg489.2.143.part1">STERNHEIM.</speaker>
                                <l xml:id="tg489.2.143.part2"> Ei, beileibe nicht, da würde ja ein ordinärer vernünftiger Mensch aus ihm.</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg489.2.144.part1">FUCHSHEIM.</speaker>
                                <l xml:id="tg489.2.144.part2"> Sie verkaufen ihn wohl nicht?</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg489.2.145.part1">STERNHEIM.</speaker>
                                <l xml:id="tg489.2.145.part2"> Nimmermehr, ich will ihn mit ins Grab nehmen.</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg489.2.146.part1">NARR.</speaker>
                                <l xml:id="tg489.2.146.part2"> Ei, ganz gehorsamster Diener! das ist eine verfluchte Redensart, um seine Liebe auszudrücken.</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg489.2.147.part1">VATER.</speaker>
                                <l xml:id="tg489.2.147.part2"> Meine Herren, und meine gnädige Frau, ist es Ihnen nicht gefällig, in mein Haus zu treten?</l>
                                <lb xml:id="tg489.2.148"/>
                                <stage rend="zenoPC" xml:id="tg489.2.149">
                                    <hi rend="italic" xml:id="tg489.2.149.1">Sie gehn ab.</hi>
                                </stage>
                                <stage rend="zenoPC" xml:id="tg489.2.150">
                                    <hi rend="italic" xml:id="tg489.2.150.1">Lisette und der Narr bleiben.</hi>
                                </stage>
                                <lb xml:id="tg489.2.151"/>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg489.2.152.part1">LISETTE.</speaker>
                                <l xml:id="tg489.2.152.part2"> Wer sind Sie eigentlich, mein Freund?</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg489.2.153.part1">NARR.</speaker>
                                <l xml:id="tg489.2.153.part2"> Aufzuwarten, ein Narr.</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg489.2.154.part1">LISETTE.</speaker>
                                <l xml:id="tg489.2.154.part2"> Das heißt, ein Mann. Aber dies weiß ich schon; ich fragte nur nach Ihrem eigentlichen Stande.</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg489.2.155.part1">NARR.</speaker>
                                <p xml:id="tg489.2.155.part2"> Ich bleibe leider in allen Positionen ein Narr, und wenn Sie mich auch so oft umwenden, als einen gut gebratnen Krammetsvogel.</p>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg489.2.156.part1">LISETTE.</speaker>
                                <l xml:id="tg489.2.156.part2"> Haben Sie sich auf sonst nichts gelegt?</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg489.2.157.part1">NARR.</speaker>
                                <l xml:id="tg489.2.157.part2"> Das ist genug, mein schönes Kind, und mehr als genug.</l>
                                <pb n="317" xml:id="tg489.2.158"/>
                                <l xml:id="tg489.2.159">O man hat sein ganzes Leben zu studieren, um es darin zu einer gewissen Vollkommenheit zu bringen.</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg489.2.160.part1">LISETTE.</speaker>
                                <l xml:id="tg489.2.160.part2"> Es ist doch schade um Ihre hübsche Person.</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg489.2.161.part1">NARR.</speaker>
                                <p xml:id="tg489.2.161.part2"> Ich war schon vor meiner Geburt ein Narr, sonst hätte sich meine unsterbliche Seele gewiß nicht bereden lassen, in diesen sterblichen Körper zu kriechen, und darin ein so kauderwelsches Leben zu führen.</p>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg489.2.162.part1">LISETTE.</speaker>
                                <l xml:id="tg489.2.162.part2"> Sie drücken sich sehr angenehm aus.</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg489.2.163.part1">NARR.</speaker>
                                <p xml:id="tg489.2.163.part2"> Ich schüttle die Worte zwischen den Zähnen herum, und werfe sie dann dreist und gleichgültig wie Würfel heraus. Glauben Sie mir, es gerät dem Menschen selten, alle sechse zu werfen, er mag nun besonnen oder unbesonnen spielen.</p>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg489.2.164.part1">LISETTE.</speaker>
                                <l xml:id="tg489.2.164.part2"> Sie sprechen klüger, als Ihr Herr.</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg489.2.165.part1">NARR.</speaker>
                                <l xml:id="tg489.2.165.part2"> Und Sie gefallen mir mehr als Ihre Gebieterin.</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg489.2.166.part1">LISETTE.</speaker>
                                <l xml:id="tg489.2.166.part2"> Ich glaube, Sie müßten sich noch bessern können.</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg489.2.167.part1">NARR.</speaker>
                                <l xml:id="tg489.2.167.part2"> Ich glaube, ich würde Sie lieben lernen.</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg489.2.168.part1">LISETTE.</speaker>
                                <l xml:id="tg489.2.168.part2"> Sie sind schon auf dem bessern Wege.</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg489.2.169.part1">NARR.</speaker>
                                <p xml:id="tg489.2.169.part2"> Und doch fang ich nur an, ein noch größerer Narr zu werden; o wenn Sie mich in meiner allerhöchsten Raserei sehen sollten, Sie würden entzückt sein.</p>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg489.2.170.part1">LISETTE.</speaker>
                                <l xml:id="tg489.2.170.part2"> Ich möchte es schon darauf wagen.</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg489.2.171.part1">NARR.</speaker>
                                <l xml:id="tg489.2.171.part2"> Was meinen Sie, zum Exempel, von der Anbetung?</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg489.2.172.part1">LISETTE.</speaker>
                                <l xml:id="tg489.2.172.part2"> Wen wollen Sie anbeten?</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg489.2.173.part1">NARR.</speaker>
                                <l xml:id="tg489.2.173.part2"> Sie, meine Göttin.</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg489.2.174.part1">LISETTE.</speaker>
                                <l xml:id="tg489.2.174.part2"> O mein Herr, für eine Göttin bin ich wohl etwas zu schlecht.</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg489.2.175.part1">NARR.</speaker>
                                <p xml:id="tg489.2.175.part2"> Im Gegenteil, Allerglorreichste, viel zu gut; man kann in unsern Tagen fast nichts Erbärmlicheres sein, als eine Göttin.</p>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg489.2.176.part1">LISETTE.</speaker>
                                <l xml:id="tg489.2.176.part2"> Wie ist das gekommen?</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg489.2.177.part1">NARR.</speaker>
                                <p xml:id="tg489.2.177.part2"> Das müssen Sie die weisen Leute fragen, ich darf das Geheimnis nicht verraten; Weise und Toren, törichte Weise, und weise Narren haben die Weiber mit vieler Mühe zu Göttinnen erhoben, um sie recht bequem schlechtzumachen, denn seitdem sind sie keine taube Nuß mehr wert.</p>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg489.2.178.part1">LISETTE.</speaker>
                                <l xml:id="tg489.2.178.part2"> Sie lieben mich also vielleicht?</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg489.2.179.part1">NARR.</speaker>
                                <p xml:id="tg489.2.179.part2"> O dies himmlische <hi rend="spaced" xml:id="tg489.2.179.1.part2">Vielleicht</hi> läßt mir noch einige Hoffnung übrig, daß Sie noch nicht so ganz in mich vernarrt sind –</p>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg489.2.180.part1">LISETTE.</speaker>
                                <l xml:id="tg489.2.180.part2"> Und wenn ich es nun wäre?</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg489.2.181.part1">NARR.</speaker>
                                <l xml:id="tg489.2.181.part2"> So säh ich mich ja genötigt vor Entzücken zu Ihren Füßen zu sterben.</l>
                                <pb n="318" xml:id="tg489.2.182"/>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg489.2.183.part1">LISETTE.</speaker>
                                <l xml:id="tg489.2.183.part2"> Das will ich mir verbitten.</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg489.2.184.part1">NARR.</speaker>
                                <p xml:id="tg489.2.184.part2"> Welches Opfer befehlen Sie denn also, das ich Ihnen zum Zeichen meiner aufrichtigen Liebe bringen soll?</p>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg489.2.185.part1">LISETTE.</speaker>
                                <l xml:id="tg489.2.185.part2"> Heiraten Sie mich.</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg489.2.186.part1">NARR.</speaker>
                                <l xml:id="tg489.2.186.part2"> Heiraten! – Ich weiß nicht, ob ich recht gehört habe. – <hi rend="spaced" xml:id="tg489.2.186.1.part2">Heiraten,</hi> sagten Sie?</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg489.2.187.part1">LISETTE.</speaker>
                                <l xml:id="tg489.2.187.part2"> Nun freilich, kein andres Wort, wenn ich bei Verstande bin.</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg489.2.188.part1">NARR.</speaker>
                                <l xml:id="tg489.2.188.part2"> Sie wollten also einen Ehemann aus mir machen? – Das ist schrecklich!</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg489.2.189.part1">LISETTE.</speaker>
                                <l xml:id="tg489.2.189.part2"> Wie denn so?</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg489.2.190.part1">NARR.</speaker>
                                <p xml:id="tg489.2.190.part2"> Weil Sie mich dann in eine Art von Narrheit einweihen, gegen die meine jetzige kaum für einen Anfangsgrund zu rechnen ist.</p>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg489.2.191.part1">LISETTE.</speaker>
                                <l xml:id="tg489.2.191.part2"> Kommen Sie hinein.</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg489.2.192.part1">NARR.</speaker>
                                <l xml:id="tg489.2.192.part2"> Ich bin der Ihrige.</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg489.2.193.part1">LISETTE.</speaker>
                                <l xml:id="tg489.2.193.part2"> Ich halte Sie beim Wort.</l>
                                <lb xml:id="tg489.2.194"/>
                                <stage rend="zenoPC" xml:id="tg489.2.195">
                                    <hi rend="italic" xml:id="tg489.2.195.1">Sie gehn.</hi>
                                </stage>
                                <lb xml:id="tg489.2.196"/>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg489.2.197.part1">SKARAMUZ.</speaker>
                                <l xml:id="tg489.2.197.part2"> Ist das Zeug da witzig?</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg489.2.198.part1">SCHATZMEISTER.</speaker>
                                <l xml:id="tg489.2.198.part2"> Es wird wenigstens dafür ausgegeben, und man muß also den guten Willen schätzen.</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg489.2.199.part1">SKARAMUZ.</speaker>
                                <l xml:id="tg489.2.199.part2"> Es ist von einem Untertanen, das Stück da?</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg489.2.200.part1">SCHATZMEISTER.</speaker>
                                <l xml:id="tg489.2.200.part2"> Allerdings.</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg489.2.201.part1">SKARAMUZ.</speaker>
                                <l xml:id="tg489.2.201.part2"> So ist es doch wenigstens keine Kontrebande, sondern ein einheimisches Fabrikat.</l>
                                <lb xml:id="tg489.2.202"/>
                                <stage rend="zenoPC" xml:id="tg489.2.203">
                                    <hi rend="italic" xml:id="tg489.2.203.1">Saal mit einem kleinen Privat-Theater.</hi>
                                </stage>
                                <stage rend="zenoPC" xml:id="tg489.2.204">
                                    <hi rend="italic" xml:id="tg489.2.204.1">Der Vater und Die Gäste kommen.</hi>
                                </stage>
                                <lb xml:id="tg489.2.205"/>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg489.2.206.part1">VATER.</speaker>
                                <p xml:id="tg489.2.206.part2"> Setzen Sie sich allerseits, man hat uns hier ein kleines Schauspiel veranstaltet; ich denke, daß der Vorhang sogleich aufgehen wird.</p>
                                <lb xml:id="tg489.2.207"/>
                                <stage rend="zenoPC" xml:id="tg489.2.208">
                                    <hi rend="italic" xml:id="tg489.2.208.1">Flöten, der Vorhang des Theaters hebt sich, das einen schonen Garten darstellt.</hi>
                                </stage>
                                <stage rend="zenoPC" xml:id="tg489.2.209">
                                    <hi rend="italic" xml:id="tg489.2.209.1">Ein Schäfer und eine Schäferin.</hi>
                                </stage>
                                <lb xml:id="tg489.2.210"/>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg489.2.211">SCHÄFER.</speaker>
                                <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg489.2.212">Willst du nimmer mich erhören?</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg489.2.213">SCHÄFERIN.</speaker>
                                <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg489.2.214">Nein, du willst mein Herz betören.</l>
                                <pb n="319" xml:id="tg489.2.215"/>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg489.2.216">SCHÄFER.</speaker>
                                <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg489.2.217">Nein, ich will dich lieben lehren.</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg489.2.218">SCHÄFERIN.</speaker>
                                <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg489.2.219">Lieb ist Torheit, will ich schwören.</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg489.2.220">SCHÄFER.</speaker>
                                <lg>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg489.2.221">O Liebe,</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg489.2.222">Die Triebe,</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg489.2.223">Dies Sinnen,</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg489.2.224">Dies Trachten,</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg489.2.225">Mit zärtlichem Schmachten</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg489.2.226">Das Herz zu gewinnen –</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg489.2.227">Nein glaub wie ich schwöre,</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg489.2.228">Wenn ich dich betöre,</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg489.2.229">So strafen die Götter</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg489.2.230">Im rächenden Wetter</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg489.2.231">Den frevelnden Schwur.</l>
                                </lg>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg489.2.232">SCHÄFERIN.</speaker>
                                <lg>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg489.2.233">Ich höre</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg489.2.234">Die Lehre</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg489.2.235">Und schwöre,</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg489.2.236">Bei jeglichem Sterne</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg489.2.237">In bläulicher Ferne,</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg489.2.238">Beim schimmernden Licht:</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg489.2.239">Ich liebte seit lange,</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg489.2.240">Die Brust klopfte bange,</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg489.2.241">Du liebtest mich nicht;</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg489.2.242">Kommt rächende Wetter</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg489.2.243">Und straft mich, ihr Götter,</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg489.2.244">Ist falsch dieser Schwur.</l>
                                </lg>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg489.2.245">BEIDE.</speaker>
                                <lg>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg489.2.246">Im Frühlingsglanze schimmert</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg489.2.247">Wald und Flur,</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg489.2.248">Und Liebe leuchtet und flimmert</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg489.2.249">Und waltet beseelend in der ganzen Natur.</l>
                                </lg>
                                <lb xml:id="tg489.2.250"/>
                                <stage rend="zenoPC" xml:id="tg489.2.251">
                                    <hi rend="italic" xml:id="tg489.2.251.1">Sie gehn ab.</hi>
                                </stage>
                                <lb xml:id="tg489.2.252"/>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg489.2.253.part1">STERNHEIM.</speaker>
                                <l xml:id="tg489.2.253.part2"> Das war wenig, aber gut, und so lieb ich's.</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg489.2.254.part1">FUCHSHEIM.</speaker>
                                <l xml:id="tg489.2.254.part2"> Nicht zu viel und nicht zu wenig, das ist mein Motto.</l>
                                <lb xml:id="tg489.2.255"/>
                                <stage rend="zenoPC" xml:id="tg489.2.256">
                                    <hi rend="italic" xml:id="tg489.2.256.1">Melpomene oder Emilie tritt als Laura auf.</hi>
                                </stage>
                                <lb xml:id="tg489.2.257"/>
                                <pb n="320" xml:id="tg489.2.258"/>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg489.2.259">LAURA.</speaker>
                                <lg>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg489.2.260">Durch die bunten Rosenhecken</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg489.2.261">Flattern Schmetterlinge hin,</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg489.2.262">Muntre Lerchentöne wecken</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg489.2.263">Schon die Tageskönigin.</l>
                                </lg>
                                <lb xml:id="tg489.2.264"/>
                                <lg>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg489.2.265">Immer wach sind meine Sorgen,</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg489.2.266">Nimmer ruht dies treue Herz,</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg489.2.267">Und ein jeder rote Morgen</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg489.2.268">Findet meinen regen Schmerz.</l>
                                </lg>
                                <lb xml:id="tg489.2.269"/>
                                <lg>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg489.2.270">Wollt ihr mich der Qual entbinden?</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg489.2.271">Hört ihr, Götter? mein Gebet?</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg489.2.272">Kann ich nie die Ruhe finden,</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg489.2.273">Die mein Herz von euch erfleht?</l>
                                </lg>
                                <lb xml:id="tg489.2.274"/>
                                <lg>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg489.2.275">Ich sah Fernando bleich in meinen Träumen,</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg489.2.276">Und oh, wie sehnt sich nun mein schlagend Herz,</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg489.2.277">Mein liebend banges Auge ihn zu treffen. –</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg489.2.278">Ach, warum ist die Liebe immer krank</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg489.2.279">Und eingeengt? Nur Leid erkauft die Wonne,</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg489.2.280">Und Wochen Grams den frohen Augenblick.</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg489.2.281">Wie? Ist denn dies die Satzung der Natur?</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg489.2.282">Trifft mich und ihn nur dieses harte Los?</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg489.2.283">Ach Leben, wie wärst du so reizend schön,</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg489.2.284">Wenn du nicht unsern allzu zarten Händen</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg489.2.285">Für eine Rose tausend Dornen reichtest;</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg489.2.286">Wenn wir mit Sicherheit den Pfad hinunter</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg489.2.287">Spazieren können, überzeugt, beblümte</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg489.2.288">Gefilde anzutreffen, muntre Quellen,</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg489.2.289">Und kühle Schatten unter Myrtenbäumen.</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg489.2.290">Doch sorgsam prüfend setzen wir den Fuß,</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg489.2.291">Auch wenn der Weg im Anfang freundlich scheint;</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg489.2.292">Führt er uns wohl in dunkle schwarze Wälder?</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg489.2.293">Vielleicht zu schroffen, abgelegnen Klippen?</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg489.2.294">Wird auch die Liebe immer mit uns gehn?</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg489.2.295">So zagen wir und zweifeln, und vergessen</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg489.2.296">Im Zweifel selbst die holde Gegenwart,</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg489.2.297">Die, ach! so flüchtig eilet, zu genießen.</l>
                                </lg>
                                <lb xml:id="tg489.2.298"/>
                                <stage rend="zenoPC" xml:id="tg489.2.299">
                                    <hi rend="italic" xml:id="tg489.2.299.1">Der Fremde, oder Der Junge Mensch, tritt als Fernando auf.</hi>
                                </stage>
                                <lb xml:id="tg489.2.300"/>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg489.2.301">FERNANDO.</speaker>
                                <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg489.2.302">Du bist schon früh im Garten, meine Liebe.</l>
                                <pb n="321" xml:id="tg489.2.303"/>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg489.2.304">LAURA.</speaker>
                                <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg489.2.305">Ich habe meine Liebe hier erwartet.</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg489.2.306">FERNANDO.</speaker>
                                <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg489.2.307">O du beschämst die muntre Morgenröte.</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg489.2.308">LAURA.</speaker>
                                <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg489.2.309">Und selber dich, Fernando, lieber Freund.</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg489.2.310">FERNANDO.</speaker>
                                <lg>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg489.2.311">Kein Schlummer wollte mich die Nacht besuchen,</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg489.2.312">Die Sorgen saßen mit den greisen Häuptern</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg489.2.313">An meinem Bett und hielten stets mich wach;</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg489.2.314">Da sah ich bange ahndend trübe Zukunft,</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg489.2.315">Von keinem flüchtgen Sonnenstrahl erhellt,</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg489.2.316">Da war die weite, wüste Dunkelheit,</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg489.2.317">Mit allen ihren Schrecken, holde Liebe,</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg489.2.318">Ja selbst die Hoffnung floh: da lag</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg489.2.319">Nur ewge, träge Gegenwart, kein Schwung</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg489.2.320">Trieb rascher um die jammervolle Zeit.</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg489.2.321">Am Morgen fielen matt die Augen zu,</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg489.2.322">Da wandelte mein Geist zu Blumenbeeten,</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg489.2.323">Und suchte Trost bei bunten Frühlingskindern,</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg489.2.324">Wie Regenbogen war dein süßer Name</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg489.2.325">Mit Liebe schützend über mir gespannt,</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg489.2.326">Und ihn umspielten Chöre lichter Engel,</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg489.2.327">Die gleich den Äolsglocken Töne sangen,</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg489.2.328">Von ewger Liebe und von Küssen sprachen,</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg489.2.329">Daß weit umher abwärts die Winde blieben,</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg489.2.330">Und sich ein Wohllaut durch den Himmel goß,</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg489.2.331">Mit Tönen, die nur Laura jedem Stern</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg489.2.332">Entgegenjauchzten: da erwacht ich schnell,</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg489.2.333">Mir war, <hi rend="spaced" xml:id="tg489.2.333.1">du</hi> riefst, da starb die Melodie.</l>
                                </lg>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg489.2.334">LAURA.</speaker>
                                <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg489.2.335">Und bist für meinen Gruß und Kuß erwacht.</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg489.2.336">FERNANDO.</speaker>
                                <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg489.2.337">Und bleich und krank ist nun mein Traumgesicht.</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg489.2.338">LAURA.</speaker>
                                <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg489.2.339">Fernando! liebst du mich aus treuem Herzen?</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg489.2.340.part1">FERNANDO</speaker>
                                <stage>
                                    <hi rend="italic" xml:id="tg489.2.340.1.part1">knieend.</hi>
                                </stage>
                                <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg489.2.341">O könnt ich ohne Treue, Liebste, lieben?</l>
                                <lb xml:id="tg489.2.342"/>
                                <stage rend="zenoPC" xml:id="tg489.2.343">
                                    <hi rend="italic" xml:id="tg489.2.343.1">Claudio, der Vater, tritt auf.</hi>
                                </stage>
                                <lb xml:id="tg489.2.344"/>
                                <pb n="322" xml:id="tg489.2.345"/>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg489.2.346">CLAUDIO.</speaker>
                                <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg489.2.347">Wie, Bösewicht?</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg489.2.348">LAURA.</speaker>
                                <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg489.2.349">Mein Vater!</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg489.2.350">CLAUDIO.</speaker>
                                <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg489.2.351">Undankbare!</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg489.2.352.part1">DER VATER.</speaker>
                                <p xml:id="tg489.2.352.part2"> O Kinder, macht der Komödie ein Ende, der Vater ist gar zu grausam, ich würde gleich meine Einwilligung geben.</p>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg489.2.353.part1">SKARAMUZ.</speaker>
                                <l xml:id="tg489.2.353.part2"> Ich auch, denn mich fängt an zu hungern.</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg489.2.354.part1">EMILIE</speaker>
                                <stage>
                                    <hi rend="italic" xml:id="tg489.2.354.1.part1">heruntersteigend, dem Vater zu Füßen.</hi>
                                </stage>
                                <l xml:id="tg489.2.354.part2"> Ihren Segen also, mein Vater.</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg489.2.355.part1">FERNANDO.</speaker>
                                <l xml:id="tg489.2.355.part2"> Nein, Emilie, dorthin.</l>
                                <lb xml:id="tg489.2.356"/>
                                <stage rend="zenoPC" xml:id="tg489.2.357">
                                    <hi rend="italic" xml:id="tg489.2.357.1">Sie knieen vor Skaramuz.</hi>
                                </stage>
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                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg489.2.359.part1">SKARAMUZ.</speaker>
                                <l xml:id="tg489.2.359.part2"> Wie? Was? Was ist denn?</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg489.2.360.part1">MELPOMENE.</speaker>
                                <l xml:id="tg489.2.360.part2"> Ihre Einwilligung, mein Apollo; geben Sie mich frei, ich mag nicht länger Muse sein.</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg489.2.361.part1">SKARAMUZ.</speaker>
                                <l xml:id="tg489.2.361.part2"> Also war das Ganze nur eine eigentliche Komödie?</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg489.2.362.part1">DER FREMDE.</speaker>
                                <l xml:id="tg489.2.362.part2"> Ja, Ihro Majestät.</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg489.2.363.part1">SKARAMUZ.</speaker>
                                <p xml:id="tg489.2.363.part2"> Nun, weil ihr mich gerührt habt, und weil ich gerade bei guter Laune bin, so mögt ihr einander heiraten. Es ist aber eine wunderliche Sache, die Melpomene verläßt das Theater, dort werden wir also keine Leichen mehr sehn; aber sie heiratet dafür einen Doktor – ich weiß nicht was schlimmer ist.</p>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg489.2.364.part1">THALIA.</speaker>
                                <l xml:id="tg489.2.364.part2"> Herr König, ich wollte auch gern heiraten.</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg489.2.365.part1">SKARAMUZ.</speaker>
                                <l xml:id="tg489.2.365.part2"> Wen denn?</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg489.2.366.part1">THALIA.</speaker>
                                <l xml:id="tg489.2.366.part2"> Da ist so eine Art Narr, im gemeinen Leben Grünhelm genannt.</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg489.2.367.part1">GRÜNHELM.</speaker>
                                <l xml:id="tg489.2.367.part2"> Ja, Ihro Majestät, ich bin des ledigen Standes überdrüssig.</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg489.2.368.part1">SKARAMUZ.</speaker>
                                <p xml:id="tg489.2.368.part2"> In Gottes Namen. Aber so fällt ja auch unser Lustspiel über den Haufen. – Nehmt einander, und quält euch recht.</p>
                                <lb xml:id="tg489.2.369"/>
                                <stage rend="zenoPC" xml:id="tg489.2.370">
                                    <hi rend="italic" xml:id="tg489.2.370.1">Alle gehn ab.</hi>
                                </stage>
                                <stage rend="zenoPC" xml:id="tg489.2.371">
                                    <hi rend="italic" xml:id="tg489.2.371.1">Ein großes Getümmel unter den Zuschauern.</hi>
                                </stage>
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                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg489.2.373.part1">PIERROT.</speaker>
                                <p xml:id="tg489.2.373.part2"> Ei! ei! wie ist denn ein solches Ding zu begreifen? Es täte not, daß man sich einen eisernen Reifen um den Kopf legen ließe, um es auszuhalten.</p>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg489.2.374.part1">SCÄVOLA.</speaker>
                                <p xml:id="tg489.2.374.part2"> Es ist gar zu toll. Seht, Leute, wir sitzen hier als Zuschauer und sehn ein Stück; in jenem Stück sitzen wieder <pb n="323" xml:id="tg489.2.374.1.part2"/>
Zuschauer und sehn ein Stück, und in jenem dritten Stück wird jenen dritten Akteurs wieder ein Stück vorgespielt.</p>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg489.2.375.part1">WACHTEL.</speaker>
                                <p xml:id="tg489.2.375.part2"> Ich habe nichts gesagt; aber um nur zur Ruhe zu kommen, hätt ich mich gern aus meinem jetzigen Zuschauerstande in die letzte versifizierte Komödie als Akteur hineingeflüchtet. Je weiter ab vom Zuschauer, je besser.</p>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg489.2.376.part1">DER ANDRE.</speaker>
                                <p xml:id="tg489.2.376.part2"> Nun denkt euch, Leute, wie es möglich ist, daß wir wieder Akteurs in irgendeinem Stücke wären, und einer sähe nun das Zeug so alles durcheinander! Das wäre doch die Konfusion aller Konfusionen. Wir sind noch glücklich, daß wir nicht in dieser bedauernswürdigen Lage sind; denn es wäre nachher kaum möglich, sich auf gelinde Weise wieder in seinen allerersten vernünftigen Zustand zurückbringen zu lassen; ich fürchte, man müßte mit Pulver wieder hineingesprengt werden.</p>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg489.2.377.part1">SCÄVOLA.</speaker>
                                <p xml:id="tg489.2.377.part2"> Man träumt oft auf ähnliche Weise, und es ist erschrecklich; auch manche Gedanken spinnen und spinnen sich auf solche Art immer weiter und weiter ins Innere hinein. Beides ist auch, um toll zu werden.</p>
                                <lb xml:id="tg489.2.378"/>
                            </sp>
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                            <head type="h4" xml:id="tg489.2.379">Musik</head>
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                                <hi rend="italic" xml:id="tg489.2.380.1">Rondo</hi>
                            </stage>
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                            <p xml:id="tg489.2.382">Wie sagte doch jener Bauer, als er die Pflaumen schon zur Suppe essen sollte? ja: darin ist kein Verstand!</p>
                            <p rend="zenoPLm4n0" xml:id="tg489.2.383">So oft sich der Philosoph verwundern muß, so oft er ein Ding nicht begreift, (und das geschieht meist, weil es zu seinem Systeme nicht paßt, denn außer dem würde ihm die Sache nicht so fremd sein, vielleicht wäre ihm der Gedanke ganz natürlich) ebenso oft ruft er aus: darin ist kein Verstand!</p>
                            <p rend="zenoPLm4n0" xml:id="tg489.2.384">Ja der Verstand, wenn er sich recht auf den Grund kommen will, wenn er sein eignes Wesen bis ins Innerste erforscht, und sich nun selbst beobachtet und beobachtend vor sich liegen hat, sagt: darin ist kein Verstand.</p>
                            <p rend="zenoPLm4n0" xml:id="tg489.2.385">Nicht wahr, es ist am bequemsten, das Denken ganz aufzugeben? das tun auch die meisten, ohne es zu wissen. Doch wer mit Vernunft die Vernunft verachtet, ist dadurch wieder vernünftig. Daß nur keiner sagt: darin ist kein Verstand.</p>
                            <p rend="zenoPLm4n0" xml:id="tg489.2.386">Manche Verse sind toll gewordene Prose, manche Prose ist gichtlahmer Vers; was zwischen Poesie und Prosa liegt, ist <pb n="324" xml:id="tg489.2.386.1"/>
auch nicht das Beste – o Musik! wohin willst du? Nicht wahr, du gestehst es zu: in dir ist kein Verstand.</p>
                            <p rend="zenoPLm4n0" xml:id="tg489.2.387">Wozu sollen diese Gedanken? Wozu soll dergleichen Musik? Wozu sollen dergleichen historische Schauspiele? Wozu soll am Ende die ganze Welt? Wozu sollen aber auch solche Fragen? In ihnen steckt kein Verstand.</p>
                            <p rend="zenoPLm4n0" xml:id="tg489.2.388">Von der Mücke bis zum Elefanten ist alles zunächst um sein selbst willen da, des Menschen zu geschweigen; so sollte es nicht auch mit Gedanken sein, die früher sind als ihre Anwendung? Nicht ebenfalls mit Laune und Lust und Lachen und einer verkehrten Welt? Verkehrt sie nur noch einmal, so kehrt ihr die rechte Seite heraus, und ihr sagt dann nicht: darin ist kein Verstand.</p>
                        </div>
                    </div>
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            </div>
            <div subtype="work:no" type="act" xml:id="tg490" n="/Literatur/M/Tieck, Ludwig/Dramen/Die verkehrte Welt/4. Akt">
                <div>
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                        <title>4. Akt</title>
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                <div subtype="work:no" type="scene" xml:id="tg491" n="/Literatur/M/Tieck, Ludwig/Dramen/Die verkehrte Welt/4. Akt/1. Szene">
                    <div>
                        <desc>
                            <title>1. Szene</title>
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                            <head type="h4" xml:id="tg491.2.1">Erste Szene</head>
                            <stage rend="zenoPC" xml:id="tg491.2.4">
                                <hi rend="italic" xml:id="tg491.2.4.1">Gerichtssaal.</hi>
                            </stage>
                            <stage rend="zenoPC" xml:id="tg491.2.5">
                                <hi rend="italic" xml:id="tg491.2.5.1">Skaramuz, Räte.</hi>
                            </stage>
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                                <speaker xml:id="tg491.2.7.part1">SKARAMUZ.</speaker>
                                <l xml:id="tg491.2.7.part2"> Meine Herren, Sie sind doch noch immer überzeugt, daß ich mein Land glücklich mache?</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg491.2.8.part1">RÄTE.</speaker>
                                <l xml:id="tg491.2.8.part2"> Durchaus, Ihro Majestät können gar nicht anders.</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg491.2.9.part1">SKARAMUZ.</speaker>
                                <p xml:id="tg491.2.9.part2"> Wir müssen unermüdet fortfahren, die Sitten des Landes umzuarbeiten. Alle ehemalige Barbarei muß man mit Stumpf und Stiel ausrotten, daß auch kein Gebein davon übrigbleibt.</p>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg491.2.10.part1">RÄTE.</speaker>
                                <p xml:id="tg491.2.10.part2"> Allerdings, man muß nicht nur das aufgeschossene Unkraut ausjäten, sondern auch nach dem kleinen sehn, damit nichts zur Saat stehn bleibe.</p>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg491.2.11.part1">SKARAMUZ.</speaker>
                                <p xml:id="tg491.2.11.part2"> So ist auch mein Wille. Das Verfeinern und Kultivieren der Leute kommt doch so ziemlich in den Gang. – Jetzt laßt die Parteien vortreten.</p>
                                <lb xml:id="tg491.2.12"/>
                                <stage rend="zenoPC" xml:id="tg491.2.13">
                                    <hi rend="italic" xml:id="tg491.2.13.1">Ein Schriftsteller und Ein Leser treten auf.</hi>
                                </stage>
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                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg491.2.15.part1">SKARAMUZ.</speaker>
                                <l xml:id="tg491.2.15.part2"> Was wollt ihr?</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg491.2.16.part1">LESER.</speaker>
                                <p xml:id="tg491.2.16.part2"> Herr König, ich habe eine große und gegründete Klage über den Mann da zu führen. Er ist nämlich eine Person, die Bücher in den Druck gibt, und ich bin derjenige, der sie <pb n="325" xml:id="tg491.2.16.1.part2"/>
nachher lesen muß. Nun find ich es sehr natürlich, daß ich zu ihm sagen kann: seht, mein Herr, so und so müßt Ihr die Bücher einrichten, dann gefallen sie mir beim Lesen. Und das will er nicht.</p>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg491.2.17.part1">SKARAMUZ.</speaker>
                                <l xml:id="tg491.2.17.part2"> Aber, Kerl, warum nicht?</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg491.2.18.part1">SCHRIFTSTELLER.</speaker>
                                <p xml:id="tg491.2.18.part2"> Ihro Majestät geruhen nur zu bemerken, daß der Mensch keinen Geschmack hat, und daß er schlechte Bücher von mir verlangt; darin kann ich ihm doch unmöglich willfahren.</p>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg491.2.19.part1">SKARAMUZ.</speaker>
                                <p xml:id="tg491.2.19.part2"> Aber warum nicht, da es ihn doch am Ende trifft, daß er dein Geschreibe lesen muß? Du sollst also den Geschmack haben, den er von dir verlangt. Ich sehe wohl, du bist ein eigensinniger Bursche, gehe hin und bessere dich. –</p>
                                <lb xml:id="tg491.2.20"/>
                                <stage rend="zenoPC" xml:id="tg491.2.21">
                                    <hi rend="italic" xml:id="tg491.2.21.1">Schriftsteller ab.</hi>
                                </stage>
                                <lb xml:id="tg491.2.22"/>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg491.2.23.part1">LESER.</speaker>
                                <l xml:id="tg491.2.23.part2"> Ich danke für gütige Resolution.</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg491.2.24.part1">SKARAMUZ.</speaker>
                                <l xml:id="tg491.2.24.part2"> Aber, Ihr Narr, braucht ja nur gar nicht zu lesen, so ist ja der Handel mit einem Male aus.</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg491.2.25.part1">LESER.</speaker>
                                <p xml:id="tg491.2.25.part2"> Nein, gnädigster König, das kann ich nicht lassen, weit eher das Tabakrauchen. Lesen ist mein einziges Vergnügen und bildet mich und klärt mich auf.</p>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg491.2.26.part1">SKARAMUZ.</speaker>
                                <l xml:id="tg491.2.26.part2"> Versteht Ihr auch alles, was Ihr lest?</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg491.2.27.part1">LESER.</speaker>
                                <p xml:id="tg491.2.27.part2"> Ich denke wohl, und wenn ich einmal den Weg unter meinen Füßen verliere, so denke ich immer, des Himmels Güte wird auch das wohl zu meinem Besten lenken.</p>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg491.2.28.part1">SKARAMUZ.</speaker>
                                <p xml:id="tg491.2.28.part2"> Geht und fahrt so fort, denn Ihr habt einen guten Glauben. <hi rend="italic" xml:id="tg491.2.28.1.part2">Leser ab.</hi> – Habt Ihr die Wissenschaften wohl schon in solchem Flore gesehn?</p>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg491.2.29.part1">RÄTE.</speaker>
                                <l xml:id="tg491.2.29.part2"> Niemalen.</l>
                                <lb xml:id="tg491.2.30"/>
                                <stage rend="zenoPC" xml:id="tg491.2.31">
                                    <hi rend="italic" xml:id="tg491.2.31.1">Aulicus und Myrtill kommen.</hi>
                                </stage>
                                <lb xml:id="tg491.2.32"/>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg491.2.33.part1">SKARAMUZ.</speaker>
                                <l xml:id="tg491.2.33.part2"> Was gibt's? Redet!</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg491.2.34.part1">AULICUS.</speaker>
                                <p xml:id="tg491.2.34.part2"> Mein König, wir sind Schäfer, was man so schlechtweg Schäfer zu nennen pflegt, aber Schäfer im weitesten Sinn des Worts, denn wir halten uns auch etliche Kühe.</p>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg491.2.35.part1">SKARAMUZ.</speaker>
                                <l xml:id="tg491.2.35.part2"> Ist das eure Klage?</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg491.2.36.part1">AULICUS.</speaker>
                                <p xml:id="tg491.2.36.part2"> Nimmermehr. Je da müßten wir ja wohl rechte Erzstümper sein, wenn wir darüber klagen wollten. Nein, im Gegenteil, wollte der Himmel, wir hätten nur mehr.</p>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg491.2.37.part1">SKARAMUZ.</speaker>
                                <l xml:id="tg491.2.37.part2"> Kommt zur Sache.</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg491.2.38.part1">MYRTILL.</speaker>
                                <p xml:id="tg491.2.38.part2"> Gevatter, laßt mich das Wort führen, sonst kann ja <pb n="326" xml:id="tg491.2.38.1.part2"/>
der König nimmermehr klug werden. Versteht mich, Herr König, und wenn Ihr den Mann da bis übermorgen reden ließet, so würde er doch nicht zur Sache kommen. Er ist mein Gevatter, und sonst ein guter Mann, aber das müssen ihm selbst seine Feinde im Grabe nachsagen, daß er das Maul immer vornweg hat. Es ist ein Erbschaden an ihm.</p>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg491.2.39.part1">SKARAMUZ.</speaker>
                                <l xml:id="tg491.2.39.part2"> Was wollt ihr denn, Leute? Ich verliere die Geduld.</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg491.2.40.part1">MYRTILL.</speaker>
                                <l xml:id="tg491.2.40.part2"> Nimmermehr, Herr König, denn wir haben sie auch schon verloren. Wißt Ihr was Scheren ist?</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg491.2.41.part1">SKARAMUZ.</speaker>
                                <l xml:id="tg491.2.41.part2"> Dumme Frage! Wie sollt ich denn das nicht wissen?</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg491.2.42.part1">MYRTILL.</speaker>
                                <p xml:id="tg491.2.42.part2"> Nun, so haben wir den Prozeß beinahe schon gewonnen. Die Schafe werden nämlich von uns geschoren, und das ist gut und löblich, denn dazu sind sie da; wir haben das auch immer bis jetzt redlich beobachtet, aber nun soll sich das Ding umkehren, denn die Schafe haben gegen uns rebelliert.</p>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg491.2.43.part1">SKARAMUZ.</speaker>
                                <l xml:id="tg491.2.43.part2"> Wieso?</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg491.2.44.part1">MYRTILL.</speaker>
                                <p xml:id="tg491.2.44.part2"> Es ist so weit gekommen, daß sie verlangen, wir sollen uns zur Abwechselung auch einmal scheren lassen.</p>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg491.2.45.part1">SKARAMUZ.</speaker>
                                <l xml:id="tg491.2.45.part2"> Was haben sie für Gründe?</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg491.2.46.part1">MYRTILL.</speaker>
                                <l xml:id="tg491.2.46.part2"> Sie haben ordentlich einen Anwalt angenommen, ihre Sache in Schutz zu nehmen.</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg491.2.47.part1">SKARAMUZ.</speaker>
                                <l xml:id="tg491.2.47.part2"> Laßt ihn kommen.</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg491.2.48.part1">GRÜNHELM</speaker>
                                <stage>
                                    <hi rend="italic" xml:id="tg491.2.48.1.part1">tritt auf.</hi>
                                </stage>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg491.2.49.part1">SKARAMUZ.</speaker>
                                <p xml:id="tg491.2.49.part2"> Sieh da, Grünhelm! bist du derjenige, der da behauptet, die Schäfer müßten sich von ihren Schafen rasieren lassen?</p>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg491.2.50.part1">GRÜNHELM.</speaker>
                                <l xml:id="tg491.2.50.part2"> Allerdings, durchlauchtigster Apollo.</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg491.2.51.part1">SKARAMUZ.</speaker>
                                <l xml:id="tg491.2.51.part2"> Aus welchen Gründen?</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg491.2.52.part1">GRÜNHELM.</speaker>
                                <p xml:id="tg491.2.52.part2"> Erstlich haben sie es den Schafen so oft getan, daß es nun zur Abwechselung wohl einmal mag umgekehrt werden. Sie haben von den Schafen so viele Wohltaten genossen, daß es ja nur ein unbedeutendes <hi rend="spaced" xml:id="tg491.2.52.1.part2">don gratuit</hi> ist, was die armen Tiere jetzt von diesen hartherzigen Schäfern verlangen; wahrlich, ich wollte mich nicht um eine solche Kleinigkeit schlachten und scheren und hudeln lassen. Dann seht nur zweitens, die schönen Bärte um Kinn und Maul, nicht wahr, jedermann muß Lust zum Scheren bekommen, der diesen reichen Segen sieht? Welche Gedanken sollen wohl die guten geduldigen Schafe fassen, wenn sie dergleichen <pb n="327" xml:id="tg491.2.52.2.part2"/>
vortreffliche Wolle im Winter und Sommer, in Schnee und Regen, zwecklos baumeln sehn? Es wäre ihnen ja wahrlich nicht zu verargen, wenn sie auf die Meinung gerieten, daß alles Scheren nur unnütze Schererei wäre. Schließlich werden diese Schäfer es auch drittens viel besser nachher einsehn, was es auf sich habe, geschoren zu werden; sie werden dadurch gegen die Schafe mitleidiger und dankbarer werden. Ich will sie bloß zur Tugend anführen.</p>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg491.2.53.part1">SKARAMUZ.</speaker>
                                <p xml:id="tg491.2.53.part2"> Du hast recht. Schäfer, ihr habt euren Prozeß verloren, geht und unterwerft euch dem Willen eurer Untergebenen. <hi rend="italic" xml:id="tg491.2.53.1.part2">Die Schäfer ab.</hi> – Sie werden zum allgemeinen Besten geschoren, die Spitzbuben, und wollen sich noch beklagen!</p>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg491.2.54.part1">GRÜNHELM.</speaker>
                                <l xml:id="tg491.2.54.part2"> Der Egoismus, Herr Apollo, ist sehr schwer aus dem Menschen zu vertreiben. <hi rend="italic" xml:id="tg491.2.54.1.part2">Sie gehn ab.</hi>
                                </l>
                                <lb xml:id="tg491.2.55"/>
                            </sp>
                        </div>
                    </div>
                </div>
                <div subtype="work:no" type="scene" xml:id="tg492" n="/Literatur/M/Tieck, Ludwig/Dramen/Die verkehrte Welt/4. Akt/2. Szene">
                    <div>
                        <desc>
                            <title>2. Szene</title>
                        </desc>
                    </div>
                    <div type="text" xml:id="tg492.2">
                        <div type="h4">
                            <head type="h4" xml:id="tg492.2.1">Zweite Szene</head>
                            <stage rend="zenoPC" xml:id="tg492.2.4">
                                <hi rend="italic" xml:id="tg492.2.4.1">Zimmer.</hi>
                            </stage>
                            <stage rend="zenoPC" xml:id="tg492.2.5">
                                <hi rend="italic" xml:id="tg492.2.5.1">Rabe. Seine Gattin. Wilhelm, ein Knabe.</hi>
                            </stage>
                            <lb xml:id="tg492.2.6"/>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg492.2.7.part1">GATTIN</speaker>
                                <stage>
                                    <hi rend="italic" xml:id="tg492.2.7.1.part1">die mit einem kleinen Mädchen spielt.</hi>
                                </stage>
                                <l xml:id="tg492.2.7.part2"> Sieh, mein trauter Mann, Adelaide lernt schon spielen.</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg492.2.8.part1">RABE.</speaker>
                                <p xml:id="tg492.2.8.part2"> O welche väterliche Gesinnungen, welche liebevolle Empfindungen bei mir erregt werden, wenn ich so die Fortschritte meiner verehrungswürdigen Kinder gewahr werde.</p>
                            </sp>
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                                <speaker xml:id="tg492.2.9.part1">GATTIN.</speaker>
                                <l xml:id="tg492.2.9.part2"> Mit Recht nennst du sie verehrungswürdig, denn ich verehre sie auch, ja ich bete sie an.</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg492.2.10.part1">WILHELM.</speaker>
                                <l xml:id="tg492.2.10.part2"> Lieber Vater, wozu ist aber das Buchstabieren nütze?</l>
                            </sp>
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                                <speaker xml:id="tg492.2.11.part1">RABE.</speaker>
                                <p xml:id="tg492.2.11.part2"> Höre doch, liebe Gattin, die philosophische Frage des allerliebsten Kindes! – Komm her, Junge, dafür muß ich dich tüchtig küssen. – O Kind, du wirst gewiß ein großes Genie werden. Zweifelst du schon jetzt an dem Nutzen des Buchstabierens, was wirst du erst in deinem dreißigsten Jahre tun?</p>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg492.2.12.part1">GATTIN.</speaker>
                                <l xml:id="tg492.2.12.part2"> Er ist gar zu klug für sein Alter. Wenn es ihn nur nicht angreift.</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg492.2.13.part1">RABE.</speaker>
                                <p xml:id="tg492.2.13.part2"> Geh, mein Kind, mach dir jetzt ein Spiel zurecht, du hast nun heut schon zu viel gearbeitet. Hörst du? Du mußt dich nicht zu sehr anstrengen, sonst wirst du krank.</p>
                                <pb n="328" xml:id="tg492.2.14"/>
                            </sp>
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                                <speaker xml:id="tg492.2.15.part1">GATTIN.</speaker>
                                <l xml:id="tg492.2.15.part2"> Du bleibst dann auch nicht so hübsch, wie du bist du wirst dann ganz häßlich.</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg492.2.16.part1">RABE.</speaker>
                                <p xml:id="tg492.2.16.part2"> Ich muß den Jungen doch wohl in die neumodische Schule schicken, so hart es mir auch ankommen wird, ihn nur einen Augenblick von mir zu lassen. Ich war neulich bei der Prüfung der Kinder zugegen, o teuerste Elisa, als sie so wunderbar mauzten und prauzten (denn sie buchstabieren dort nicht) halb niesend, halb hustend und gurgelnd, ich war in Entzücken verloren. Wie bedauerte ich, daß ich nicht von neuem auf diesem edleren Wege konnte lesen lernen!</p>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg492.2.17.part1">WILHELM.</speaker>
                                <l xml:id="tg492.2.17.part2"> Spiele mit mir, Vater! da sind die Karten, nun baue mir ein Haus.</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg492.2.18.part1">RABE.</speaker>
                                <l xml:id="tg492.2.18.part2"> Ich habe zu tun, mein Sohn.</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg492.2.19.part1">WILHELM.</speaker>
                                <l xml:id="tg492.2.19.part2"> Du sollst aber.</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg492.2.20.part1">RABE.</speaker>
                                <l xml:id="tg492.2.20.part2"> Nimm vernünftige Gründe an, mein Kind, ich habe wirklich keine Zeit. Das Geschäft ist dringend.</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg492.2.21.part1">WILHELM.</speaker>
                                <l xml:id="tg492.2.21.part2"> Ich will es aber.</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg492.2.22.part1">RABE.</speaker>
                                <p xml:id="tg492.2.22.part2"> Mein Sohn, wenn ich nicht beschäftigt wäre und ich wollte dann nicht mit dir spielen, so könntest du mir gegründete Vorwürfe machen, aber so –</p>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg492.2.23.part1">GATTIN.</speaker>
                                <l xml:id="tg492.2.23.part2"> So spiele doch nur mit ihm, du siehst ja, daß er weint.</l>
                            </sp>
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                                <speaker xml:id="tg492.2.24.part1">RABE.</speaker>
                                <p xml:id="tg492.2.24.part2"> Nun so komm, Wilhelm, weine nicht. Die Arbeit hat im Grunde auch noch Zeit und kann warten. Aber sei auch hübsch artig nun, du siehst ja, daß ich dir deinen Willen tue.</p>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg492.2.25.part1">GATTIN.</speaker>
                                <l xml:id="tg492.2.25.part2"> Ich lasse ja auch die Wirtschaft liegen, um meine Adelaide auszubilden.</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg492.2.26.part1">RABE.</speaker>
                                <l xml:id="tg492.2.26.part2"> Hast du schon die neuste Schrift für Mütter gelesen, Elisa?</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg492.2.27.part1">GATTIN.</speaker>
                                <l xml:id="tg492.2.27.part2"> Nein, mein Kind.</l>
                            </sp>
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                                <speaker xml:id="tg492.2.28.part1">RABE.</speaker>
                                <p xml:id="tg492.2.28.part2"> Das mußt du ja nicht versäumen; das Buch enthält ganz unvergleichliche Beobachtungen; zum Beispiel, daß eine Magd die Kinder nie nehmen dürfe, oder nur mit ihnen sprechen.</p>
                            </sp>
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                                <speaker xml:id="tg492.2.29.part1">GATTIN.</speaker>
                                <p xml:id="tg492.2.29.part2"> Ich dulde es niemals; immer hab ich geschaudert, wenn unsre Katharine, sonst eine gute Person, das himmlische Kind nur anblickte. Ja, schon die Blicke können meinen Engel entweihen.</p>
                            </sp>
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                                <speaker xml:id="tg492.2.30.part1">WILHELM.</speaker>
                                <p xml:id="tg492.2.30.part2"> Wenn du was bauen willst, Vater, so mußt du auch die Gedanken dabei haben und nicht andre Sachen reden.</p>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg492.2.31.part1">GATTIN.</speaker>
                                <l xml:id="tg492.2.31.part2"> Ein allerliebster Junge. – Sieh, Adelaide, so wirft man in die Höhe. Das heißt <hi rend="spaced" xml:id="tg492.2.31.1.part2">werfen,</hi> mein Kind.</l>
                                <pb n="329" xml:id="tg492.2.32"/>
                            </sp>
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                                <speaker xml:id="tg492.2.33.part1">RABE.</speaker>
                                <p xml:id="tg492.2.33.part2"> Wie sich doch seit der Regierung des jetzigen Apollo die Sitten verfeinert haben! Wie schlecht wurden wir erzogen, Elisa!</p>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg492.2.34.part1">GATTIN.</speaker>
                                <p xml:id="tg492.2.34.part2"> Ja wohl, so rauh und barbarisch; wir mußten vor unsern Eltern Respekt haben! – Aber sage, was war es doch für ein schrecklicher Mensch, der unserm zarten Wilhelm gestern einen Hanswurst zum Spielen brachte?</p>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg492.2.35.part1">RABE.</speaker>
                                <p xml:id="tg492.2.35.part2"> Fürchterlich! Was sollte das idealisch gestimmte Wesen doch mit dieser gotischen Fratze? Aber ich habe es dem Gevatter Brusebart eingetränkt, und er wird mit dergleichen nicht wieder kommen. Ich bestellte ihm gleich darauf beim Drechsler einen kleinen belvederischen Apoll, damit der Liebliche hohe Gestalten, Götterphysiognomien zu seinen Gespielen habe, und sich so der Sinn für die hohe Kunst in ihm so leichter erschließe.</p>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg492.2.36.part1">GATTIN.</speaker>
                                <p xml:id="tg492.2.36.part2"> Der Eindruck, den die barbarische Figur auf mich gemacht hat, war so stark, daß ich die ganze Nacht von diesem fürchterlichen Hanswurst geträumt habe. Am Ende warst du selbst der Gräßliche, mein Selmar, und ich erwachte mit Entsetzen.</p>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg492.2.37.part1">RABE.</speaker>
                                <p xml:id="tg492.2.37.part2"> Könnte man die guten Kinder nur ganz vom übrigen Menschengeschlecht absondern, so würde ihre Heiligkeit um so weniger gestört. Denk- am vorigen Sonntag hör ich unsern Wilhelm in der Rosenlaube, indem er für sich: »Ach du mein lieber Augustin!« singt.</p>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg492.2.38.part1">GATTIN.</speaker>
                                <l xml:id="tg492.2.38.part2"> Schaudervoll, o schaudervoll, höchst schaudervoll!</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg492.2.39.part1">RABE.</speaker>
                                <p xml:id="tg492.2.39.part2"> Da er Trieb zur Kunst hat, so habe ich den herrlichen Chorgesang aus dem Sophokles über das Schicksal zu der Melodie: »Blühe liebes Veilchen«, bearbeitet, und das soll er einstudieren; kann er den lieben Augustin aber gar nicht vergessen, so akkommodiere ich ein Matthisonsches Mondscheingedicht zu dieser Weise, damit ihm die Gemeinheit des Liedes nur verschwinde.</p>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg492.2.40.part1">GATTIN.</speaker>
                                <l xml:id="tg492.2.40.part2"> Die Kinderschriften haben doch eine vorteilhafte Revolution zuwege gebracht.</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg492.2.41.part1">RABE.</speaker>
                                <l xml:id="tg492.2.41.part2"> O was werden unsre Kinder auch für göttliche Menschen werden!</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg492.2.42.part1">GATTIN.</speaker>
                                <l xml:id="tg492.2.42.part2"> Man wird sie ohne Zweifel in Kupfer stechen.</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg492.2.43.part1">RABE.</speaker>
                                <p xml:id="tg492.2.43.part2"> Wir werden uns vor Freude, die wir an ihnen erleben, gar nicht zu lassen wissen. – Lange regiere unser Apoll!</p>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg492.2.44.part1">GATTIN.</speaker>
                                <p xml:id="tg492.2.44.part2"> Komm mit ihnen in den Garten, daß sie die Natur <pb n="330" xml:id="tg492.2.44.1.part2"/>
empfinden, und sich von der Holdseligkeit der Rosen anlachen lassen.</p>
                                <lb xml:id="tg492.2.45"/>
                                <stage rend="zenoPC" xml:id="tg492.2.46">
                                    <hi rend="italic" xml:id="tg492.2.46.1">Sie gehn ab.</hi>
                                </stage>
                                <lb xml:id="tg492.2.47"/>
                            </sp>
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                <div subtype="work:no" type="scene" xml:id="tg493" n="/Literatur/M/Tieck, Ludwig/Dramen/Die verkehrte Welt/4. Akt/3. Szene">
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                        <desc>
                            <title>3. Szene</title>
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                        <div type="h4">
                            <head type="h4" xml:id="tg493.2.1">Dritte Szene</head>
                            <stage rend="zenoPC" xml:id="tg493.2.4">
                                <hi rend="italic" xml:id="tg493.2.4.1">Ein andres Zimmer.</hi>
                            </stage>
                            <stage rend="zenoPC" xml:id="tg493.2.5">
                                <hi rend="italic" xml:id="tg493.2.5.1">Melpomene, der Fremde.</hi>
                            </stage>
                            <lb xml:id="tg493.2.6"/>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg493.2.7.part1">FREMDER.</speaker>
                                <l xml:id="tg493.2.7.part2"> Liebe Frau, wie lange sind wir nun schon miteinander verheiratet?</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg493.2.8.part1">MELPOMENE.</speaker>
                                <l xml:id="tg493.2.8.part2"> Vier Wochen.</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg493.2.9.part1">FREMDER.</speaker>
                                <l xml:id="tg493.2.9.part2"> Ist es noch nicht länger?</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg493.2.10.part1">MELPOMENE.</speaker>
                                <l xml:id="tg493.2.10.part2"> Währt dir die Zeit so lang?</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg493.2.11.part1">FREMDER.</speaker>
                                <l xml:id="tg493.2.11.part2"> Das grade nicht; aber ich meinte, es sei länger.</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg493.2.12.part1">MELPOMENE.</speaker>
                                <l xml:id="tg493.2.12.part2"> Soll ich nun darüber nicht weinen?</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg493.2.13.part1">FREMDER.</speaker>
                                <p xml:id="tg493.2.13.part2"> Du Weinst viel zu viel; wir zanken uns alle Tage, und haben in den vier Wochen wenigstens dreißig Aussöhnungen gefeiert.</p>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg493.2.14.part1">MELPOMENE.</speaker>
                                <p xml:id="tg493.2.14.part2"> Du betrübst mich recht von Herzen; du bist ein leichtsinniger Mensch, ein Mensch, der an meinem Jammer Vergnügen findet.</p>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg493.2.15.part1">FREMDER.</speaker>
                                <l xml:id="tg493.2.15.part2"> O so höre doch auf.</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg493.2.16.part1">MELPOMENE.</speaker>
                                <l xml:id="tg493.2.16.part2"> Einer, der ungerührt meine Tränen sehn kann.</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg493.2.17.part1">FREMDER.</speaker>
                                <l xml:id="tg493.2.17.part2"> Hol doch der Teufel den Apollo! Warum hat er dich nicht auf dem Theater behalten?</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg493.2.18.part1">MELPOMENE.</speaker>
                                <l xml:id="tg493.2.18.part2"> Ja, ich wollte, ich hätte dich nie mit Augen gesehn.</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg493.2.19.part1">FREMDER.</speaker>
                                <l xml:id="tg493.2.19.part2"> Wär ich doch nie hiehergekommen!</l>
                                <lb xml:id="tg493.2.20"/>
                                <stage rend="zenoPC" xml:id="tg493.2.21">
                                    <hi rend="italic" xml:id="tg493.2.21.1">Grünhelm und Thalia.</hi>
                                </stage>
                                <lb xml:id="tg493.2.22"/>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg493.2.23.part1">GRÜNHELM.</speaker>
                                <l xml:id="tg493.2.23.part2"> Wir müssen euch doch auch einmal besuchen, Freunde.</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg493.2.24.part1">THALIA.</speaker>
                                <l xml:id="tg493.2.24.part2"> Wie geht's, liebe Melpomene?</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg493.2.25.part1">MELPOMENE.</speaker>
                                <l xml:id="tg493.2.25.part2"> O mein Mann –</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg493.2.26.part1">GRÜNHELM.</speaker>
                                <l xml:id="tg493.2.26.part2"> Nun, Doktor, wie steht's?</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg493.2.27.part1">FREMDER.</speaker>
                                <l xml:id="tg493.2.27.part2"> O meine Frau –</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg493.2.28.part1">THALIA.</speaker>
                                <p xml:id="tg493.2.28.part2"> Ihr seid beständig entzweit, und das ist durchaus nicht recht. In eurem Hause regiert immer ein bürgerliches Trauerspiel, und das ist mir etwas Verhaßtes.</p>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg493.2.29.part1">MELPOMENE.</speaker>
                                <l xml:id="tg493.2.29.part2"> Ist es zu ändern?</l>
                                <pb n="331" xml:id="tg493.2.30"/>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg493.2.31.part1">THALIA.</speaker>
                                <l xml:id="tg493.2.31.part2"> Ihr müßt euch wieder vertragen. Melpomene, du mußt nachgeben.</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg493.2.32.part1">MELPOMENE.</speaker>
                                <l xml:id="tg493.2.32.part2"> Eher sterben.</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg493.2.33.part1">THALIA.</speaker>
                                <p xml:id="tg493.2.33.part2"> Daraus wird ja doch nichts; das darf ja schon des frohen Ausgangs wegen nicht geschehn. Warum lebe ich denn mit meinem Manne glücklich?</p>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg493.2.34.part1">MELPOMENE.</speaker>
                                <l xml:id="tg493.2.34.part2"> Weil du eine Närrin bist.</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg493.2.35.part1">GRÜNHELM.</speaker>
                                <l xml:id="tg493.2.35.part2"> Gehorsamer Diener! Also verlohnte es sich wohl gar nicht der Mühe, mit mir glücklich zu sein?</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg493.2.36.part1">MELPOMENE.</speaker>
                                <l xml:id="tg493.2.36.part2"> Schwerlich.</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg493.2.37.part1">FREMDER.</speaker>
                                <l xml:id="tg493.2.37.part2"> Nun, Frau, da ist meine Hand, sei wieder gut. Die Szene darf ja doch nicht zu tragisch wer den.</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg493.2.38.part1">MELPOMENE.</speaker>
                                <l xml:id="tg493.2.38.part2"> Du gibst also zu, daß du unrecht hast?</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg493.2.39.part1">FREMDER.</speaker>
                                <l xml:id="tg493.2.39.part2"> Nimmermehr!</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg493.2.40.part1">MELPOMENE.</speaker>
                                <l xml:id="tg493.2.40.part2"> Nun, Thalia, da siehst du.</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg493.2.41.part1">THALIA.</speaker>
                                <p xml:id="tg493.2.41.part2"> Auf diese Art könnt ihr nimmermehr zusammenkommen. Der hat offenbar unrecht, der jetzt nicht zur Versöhnung die Hand bietet; wer dem andern zuerst vergibt, der hat das meiste Recht.</p>
                                <lb xml:id="tg493.2.42"/>
                                <stage rend="zenoPC" xml:id="tg493.2.43">
                                    <hi rend="italic" xml:id="tg493.2.43.1">Die beiden Eheleute umarmen sich.</hi>
                                </stage>
                                <lb xml:id="tg493.2.44"/>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg493.2.45.part1">FREMDER.</speaker>
                                <l xml:id="tg493.2.45.part2"> O wie ich dich nun wieder liebe! – Wie mein Herz nur für dich schlägt!</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg493.2.46.part1">MELPOMENE.</speaker>
                                <l xml:id="tg493.2.46.part2"> Ebenfalls.</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg493.2.47.part1">FREMDER.</speaker>
                                <l xml:id="tg493.2.47.part2"> Ich begreife nicht, wie ich dich so verkennen mochte.</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg493.2.48.part1">MELPOMENE.</speaker>
                                <l xml:id="tg493.2.48.part2"> Ich auch nicht, Geliebter.</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg493.2.49.part1">FREMDER.</speaker>
                                <l xml:id="tg493.2.49.part2"> Im Grunde hatten wir beide unrecht.</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg493.2.50.part1">MELPOMENE.</speaker>
                                <l xml:id="tg493.2.50.part2"> Ich geb es zu.</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg493.2.51.part1">FREMDER.</speaker>
                                <p xml:id="tg493.2.51.part2"> Nun so sei dieser Tag der Versöhnung ein Tag der Freude für uns. – Bleibt bei uns, lieben Freunde, und helft uns ein so schönes häusliches Fest der Liebe begehn.</p>
                                <lb xml:id="tg493.2.52"/>
                                <stage rend="zenoPC" xml:id="tg493.2.53">
                                    <hi rend="italic" xml:id="tg493.2.53.1">Gehn ab.</hi>
                                </stage>
                                <lb xml:id="tg493.2.54"/>
                            </sp>
                        </div>
                    </div>
                </div>
                <div subtype="work:no" type="scene" xml:id="tg494" n="/Literatur/M/Tieck, Ludwig/Dramen/Die verkehrte Welt/4. Akt/4. Szene">
                    <div>
                        <desc>
                            <title>4. Szene</title>
                        </desc>
                    </div>
                    <div type="text" xml:id="tg494.2">
                        <div type="h4">
                            <head type="h4" xml:id="tg494.2.1">Vierte Szene</head>
                            <stage rend="zenoPC" xml:id="tg494.2.4">
                                <hi rend="italic" xml:id="tg494.2.4.1">Das Meer.</hi>
                            </stage>
                            <stage rend="zenoPC" xml:id="tg494.2.5">
                                <hi rend="italic" xml:id="tg494.2.5.1">Ein Kriegsschiff segelt vorüber, Pantalon der Admiral auf dem Verdecke, Soldaten.</hi>
                            </stage>
                            <lb xml:id="tg494.2.6"/>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg494.2.7.part1">PANTALON.</speaker>
                                <p xml:id="tg494.2.7.part2"> Ihr, meine lieben Soldaten, heut muß das Seegefecht notwendig vorgenommen werden, denn der Wind <pb n="332" xml:id="tg494.2.7.1.part2"/>
ist uns überaus günstig. Auch können wir uns nicht länger halten, weil uns der Proviant ausgeht.</p>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg494.2.8.part1">EIN SOLDAT.</speaker>
                                <l xml:id="tg494.2.8.part2"> Soll es ein scharfes Seegefecht werden?</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg494.2.9.part1">PANTALON.</speaker>
                                <l xml:id="tg494.2.9.part2"> Wir fechten bis auf den letzten Mann. Und daß nur keiner zu desertieren gedenkt!</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg494.2.10.part1">SOLDAT.</speaker>
                                <l xml:id="tg494.2.10.part2"> Davor soll uns Gott behüten.</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg494.2.11.part1">PANTALON.</speaker>
                                <p xml:id="tg494.2.11.part2"> Der fremde Admiral kann unmöglich standhalten, denn seine Flotte ist viel schwächer; er wird sich ergeben müssen, und dann fahren wir im Triumph nach Hause.</p>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg494.2.12.part1">SOLDAT.</speaker>
                                <l xml:id="tg494.2.12.part2"> Wenn nur keiner von uns dabei umkömmt!</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg494.2.13.part1">PANTALON.</speaker>
                                <l xml:id="tg494.2.13.part2"> Da muß man schon die Augen zudrücken und fünfe gerade sein lassen, denn das steht nicht zu ändern.</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg494.2.14.part1">SOLDAT.</speaker>
                                <l xml:id="tg494.2.14.part2"> Aber wen's trifft, der hat doch den Schaden.</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg494.2.15.part1">PANTALON.</speaker>
                                <l xml:id="tg494.2.15.part2"> Sprich beherzter, sonst bist du ein erbärmlicher Soldat.</l>
                                <lb xml:id="tg494.2.16"/>
                                <stage rend="zenoPC" xml:id="tg494.2.17">
                                    <hi rend="italic" xml:id="tg494.2.17.1">Sie fahren vorbei, die übrige Flotte folgt.</hi>
                                </stage>
                                <stage rend="zenoPC" xml:id="tg494.2.18">
                                    <hi rend="italic" xml:id="tg494.2.18.1">Ein anderes Kriegesschiff tritt auf. Harlekin als Admiral, Soldaten.</hi>
                                </stage>
                                <lb xml:id="tg494.2.19"/>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg494.2.20.part1">SOLDAT.</speaker>
                                <l xml:id="tg494.2.20.part2"> Soll heut die Bataille vorgenommen werden?</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg494.2.21.part1">HARLEKIN.</speaker>
                                <p xml:id="tg494.2.21.part2"> Wenn ihr es meint, Leute, so wollen wir dran; einmal muß es ja doch sein, und so ist es immer besser heute als morgen.</p>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg494.2.22.part1">SOLDAT.</speaker>
                                <l xml:id="tg494.2.22.part2"> Wir haben schon alle Flinten geladen.</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg494.2.23.part1">HARLEKIN.</speaker>
                                <p xml:id="tg494.2.23.part2"> Das ist recht, Kinder; und im Gefecht nur nicht den Mut verloren! Bedenkt, daß ihr doch irgendeinmal sterben müßt, und daß ihr hier auf der See fürs Grab nichts zu bezahlen braucht.</p>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg494.2.24.part1">SOLDAT.</speaker>
                                <l xml:id="tg494.2.24.part2"> Ganz gut, ich wollte, der Feind wäre erst da.</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg494.2.25.part1">HARLEKIN.</speaker>
                                <l xml:id="tg494.2.25.part2"> Ist die ganze Flotte beisammen?</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg494.2.26.part1">SOLDATEN</speaker>
                                <stage>
                                    <hi rend="italic" xml:id="tg494.2.26.1.part1">von den andern Schiffen.</hi>
                                </stage>
                                <l xml:id="tg494.2.26.part2"> Ja, Herr Admiral!</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg494.2.27.part1">HARLEKIN.</speaker>
                                <p xml:id="tg494.2.27.part2"> Nun stellt euch in Schlachtordnung. Marsch! links um! – So! – wir müssen dem Feinde den Wind abgewinnen, wir müssen nicht saumselig sein, denn auf unsere Behendigkeit kömmt alles an.</p>
                                <lb xml:id="tg494.2.28"/>
                                <stage rend="zenoPC" xml:id="tg494.2.29">
                                    <hi rend="italic" xml:id="tg494.2.29.1">Pantalon tritt mit seiner Flotte auf.</hi>
                                </stage>
                                <lb xml:id="tg494.2.30"/>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg494.2.31.part1">PANTALON.</speaker>
                                <p xml:id="tg494.2.31.part2"> Sieh, da ist ja die feindliche Flotte. Das ist mir recht lieb, so brauchen wir nicht länger die Hände in den Schoß zu legen. Schießt nur brav nach den Matrosen, lieben Leute, wenn sie oben in den Masten herumklettern.</p>
                                <pb n="333" xml:id="tg494.2.32"/>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg494.2.33.part1">HARLEKIN.</speaker>
                                <l xml:id="tg494.2.33.part2"> Macht den Angriff!</l>
                                <lb xml:id="tg494.2.34"/>
                                <stage rend="zenoPC" xml:id="tg494.2.35">
                                    <hi rend="italic" xml:id="tg494.2.35.1">Es wird geschossen; die Kanonen donnern; viel Rauch; die Schiffe geraten aneinander; ein paar fallen um; das Meer schwimmt voll Soldaten.</hi>
                                </stage>
                                <lb xml:id="tg494.2.36"/>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg494.2.37.part1">PANTALON.</speaker>
                                <l xml:id="tg494.2.37.part2"> Es ist ein heißes Gefecht.</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg494.2.38.part1">HARLEKIN.</speaker>
                                <l xml:id="tg494.2.38.part2"> Nun wollen wir das Admiralschiff entern.</l>
                                <lb xml:id="tg494.2.39"/>
                                <stage rend="zenoPC" xml:id="tg494.2.40">
                                    <hi rend="italic" xml:id="tg494.2.40.1">Er steigt mit seinen Soldaten bei Pantalon an Bord.</hi>
                                </stage>
                                <lb xml:id="tg494.2.41"/>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg494.2.42.part1">PANTALON.</speaker>
                                <p xml:id="tg494.2.42.part2"> Was ist das? – Ei, den Teufel, das gilt nicht! das gilt nicht! – das ist gegen alle Kriegsmanier! – Harlekin, das gilt nicht! das gilt nicht!</p>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg494.2.43.part1">HARLEKIN.</speaker>
                                <l xml:id="tg494.2.43.part2"> Warum soll's nicht gelten? Ich habe nun den Krieg gewonnen.</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg494.2.44.part1">PANTALON.</speaker>
                                <l xml:id="tg494.2.44.part2"> Das ist ganz was Neues, das ist gegen alle Abrede.</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg494.2.45.part1">HARLEKIN.</speaker>
                                <l xml:id="tg494.2.45.part2"> Ei was, im Kriege gelten alle Vorteile.</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg494.2.46.part1">PANTALON.</speaker>
                                <p xml:id="tg494.2.46.part2"> Nein, Herr Narr, das soll nimmermehr sein. Ich will die alte Manier behaupten. <hi rend="italic" xml:id="tg494.2.46.1.part2">Sie ringen miteinander, Pantalon fällt ins Wasser.</hi> Hülfe! Hülfe!</p>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg494.2.47.part1">HARLEKIN.</speaker>
                                <l xml:id="tg494.2.47.part2"> Nun haben wir den glorreichsten Sieg davongetragen.</l>
                                <lb xml:id="tg494.2.48"/>
                                <stage rend="zenoPC" xml:id="tg494.2.49">
                                    <hi rend="italic" xml:id="tg494.2.49.1">Der Direktor Wagemann kömmt als Neptun aus der Tiefe des Meeres.</hi>
                                </stage>
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                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg494.2.51.part1">WAGEMANN.</speaker>
                                <l xml:id="tg494.2.51.part2"> Wer macht auf meinem Schauplatz solch Getöse?</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg494.2.52.part1">PANTALON.</speaker>
                                <l xml:id="tg494.2.52.part2"> Da bin ich ins Wasser gefallen, Herr Wagemann, und habe die Seeschlacht verloren.</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg494.2.53.part1">WAGEMANN.</speaker>
                                <l xml:id="tg494.2.53.part2"> Hier schwimmt ja alles voll Soldaten. Kerls, stellt euch doch auf eure Beine, was schwimmt ihr denn?</l>
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                                <stage rend="zenoPC" xml:id="tg494.2.55">
                                    <hi rend="italic" xml:id="tg494.2.55.1">Die Soldaten stehn aufrecht und gehn ans Ufer.</hi>
                                </stage>
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                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg494.2.57.part1">PANTALON.</speaker>
                                <l xml:id="tg494.2.57.part2"> Helft Ihr mir denn nicht, Herr Directeur?</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg494.2.58.part1">WAGEMANN.</speaker>
                                <l xml:id="tg494.2.58.part2"> Steige unverzagt hier in meinen Wagen hinein, wir wollen nachher deine Kleider trocknen.</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg494.2.59.part1">PANTALON.</speaker>
                                <l xml:id="tg494.2.59.part2"> Das war ein grausames Meertreffen. <hi rend="italic" xml:id="tg494.2.59.1.part2">Er wird ans Ufer gefahren.</hi>
                                </l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg494.2.60.part1">HARLEKIN.</speaker>
                                <l xml:id="tg494.2.60.part2"> Wir können nun auch aussteigen, denn der Triumph ist unser.</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg494.2.61.part1">PANTALON.</speaker>
                                <p xml:id="tg494.2.61.part2"> Herr Neptun! ich habe in der Hitze der Schlacht meine kostbare Admiralskappe verloren; wie soll das werden?</p>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg494.2.62.part1">NEPTUN.</speaker>
                                <l xml:id="tg494.2.62.part2"> Ich will in den Grund des Meers hinunterfahren und sie suchen. <hi rend="italic" xml:id="tg494.2.62.1.part2">Er geht unter.</hi>
                                </l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg494.2.63.part1">HARLEKIN.</speaker>
                                <l xml:id="tg494.2.63.part2"> Soldaten, steigt ans Land! <hi rend="italic" xml:id="tg494.2.63.1.part2">Sie steigen alle ans Land.</hi>
                                </l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg494.2.64.part1">PANTALON.</speaker>
                                <l xml:id="tg494.2.64.part2"> Zwei von meinen Schiffen sind in den Grund gebohrt, der Schade ist ganz unersetzlich.</l>
                                <pb n="334" xml:id="tg494.2.65"/>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg494.2.66.part1">NEPTUN</speaker>
                                <stage>
                                    <hi rend="italic" xml:id="tg494.2.66.1.part1">aus dem Meere.</hi>
                                </stage>
                                <p xml:id="tg494.2.66.part2"> Hier ist die Mütze, Pantalon, nehmt sie künftig besser in acht. Ihr seid überhaupt liederliches Gesindel; es liegen da noch sehr viele Theaterrequisiten herum.</p>
                                <p xml:id="tg494.2.67">wer hat am Ende den Schaden davon als ich?</p>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg494.2.68.part1">PANTALON.</speaker>
                                <l xml:id="tg494.2.68.part2"> Bei einer Bataille kann man nicht so haarscharf auf alles achtgeben.</l>
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                                <stage rend="zenoPC" xml:id="tg494.2.70">
                                    <hi rend="italic" xml:id="tg494.2.70.1">Skaramuz mit Gefolge.</hi>
                                </stage>
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                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg494.2.72.part1">SKARAMUZ.</speaker>
                                <l xml:id="tg494.2.72.part2"> Ich habe lange keinen so angenehmen Spaziergang gemacht. – Was ist das da?</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg494.2.73.part1">SCHATZMEISTER.</speaker>
                                <l xml:id="tg494.2.73.part2"> Das Meer, mein König.</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg494.2.74.part1">SKARAMUZ.</speaker>
                                <l xml:id="tg494.2.74.part2"> Das Meer? – Sieh, ich habe ein Meer in meinem Lande, und weiß kein Wort davon. – Und wer seid Ihr?</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg494.2.75.part1">HARLEKIN.</speaker>
                                <p xml:id="tg494.2.75.part2"> Euer getreuster Untertan, der Admiral Harlekin, der soeben den großen feindlichen Admiral Pantalon überwunden hat.</p>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg494.2.76.part1">SKARAMUZ.</speaker>
                                <l xml:id="tg494.2.76.part2"> Ich weiß von euch allen nichts. Also hat meine Flotte den Sieg davongetragen?</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg494.2.77.part1">HARLEKIN.</speaker>
                                <l xml:id="tg494.2.77.part2"> Allerdings.</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg494.2.78.part1">SKARAMUZ.</speaker>
                                <l xml:id="tg494.2.78.part2"> Aber, Kerle, warum sagt ihr mir nichts davon, daß dergleichen in meinen Staaten vorgeht?</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg494.2.79.part1">SCHATZMEISTER.</speaker>
                                <l xml:id="tg494.2.79.part2"> Es wäre schädlich, wenn Ew. Majestät für alles sorgen wollten.</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg494.2.80.part1">SKARAMUZ.</speaker>
                                <l xml:id="tg494.2.80.part2"> Nun das hat seine Richtigkeit. Und du bist also mein Feind?</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg494.2.81.part1">PANTALON.</speaker>
                                <l xml:id="tg494.2.81.part2"> Ihnen aufzuwarten, mein König.</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg494.2.82.part1">SKARAMUZ.</speaker>
                                <l xml:id="tg494.2.82.part2"> Bei welchem Könige dienst du denn?</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg494.2.83.part1">PANTALON.</speaker>
                                <p xml:id="tg494.2.83.part2"> Ihro Majestät, ich habe den Namen vergessen, und der tut ja doch auch nichts zur Sache. Jeder Mensch hat seine Feinde, und so geht es Ihnen auch. Genug, wir sind besiegt, und die Ruhe in Ihrem Reiche ist wieder hergestellt.</p>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg494.2.84.part1">SKARAMUZ.</speaker>
                                <l xml:id="tg494.2.84.part2"> Was ist denn das für ein Kerl da in der See?</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg494.2.85.part1">EIN SOLDAT.</speaker>
                                <l xml:id="tg494.2.85.part2"> Das ist der Meergott, Neptun.</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg494.2.86.part1">NEPTUN.</speaker>
                                <p xml:id="tg494.2.86.part2"> Herr Skaramuz, Sie vergessen sich zu sehr, das muß ich Ihnen sagen. Ihr Hochmut übersteigt beinah alle Grenzen, Kennen Sie mich, Ihren Directeur Wagemann nicht mehr?</p>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg494.2.87.part1">SKARAMUZ.</speaker>
                                <l xml:id="tg494.2.87.part2"> Ich erinnere mich ganz dunkel eines solchen Namens.</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg494.2.88.part1">NEPTUN.</speaker>
                                <l xml:id="tg494.2.88.part2"> Ich habe Ihnen zu befehlen, mein Herr.</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg494.2.89.part1">SKARAMUZ.</speaker>
                                <l xml:id="tg494.2.89.part2"> Mir zu befehlen?</l>
                                <pb n="335" xml:id="tg494.2.90"/>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg494.2.91.part1">NEPTUN.</speaker>
                                <p xml:id="tg494.2.91.part2"> Nun, warten Sie nur den letzten Akt ab, so sollen Sie es schon gewahr werden; ich mag jetzt das Schauspiel nicht stören; aber ich bin imstande, und gebe Ihnen den Abschied.</p>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg494.2.92.part1">SKARAMUZ.</speaker>
                                <p xml:id="tg494.2.92.part2"> Mir den Abschied? Einem Könige den Abschied? Nun, hört nur, Leute, welche revolutionäre Gesinnungen der Wassernix da von sich gibt. Mein Herr Neptun, oder wer Sie sein mögen, ich verspreche Ihnen, daß Sie gar keinen letzten Akt erleben sollen.</p>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg494.2.93.part1">NEPTUN.</speaker>
                                <l xml:id="tg494.2.93.part2"> Wir sprechen uns schon wieder. <hi rend="italic" xml:id="tg494.2.93.1.part2">Geht unter.</hi>
                                </l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg494.2.94.part1">SKARAMUZ.</speaker>
                                <l xml:id="tg494.2.94.part2"> Wo ist der Kerl geblieben?</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg494.2.95.part1">SCHATZMEISTER.</speaker>
                                <l xml:id="tg494.2.95.part2"> Er ist versunken.</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg494.2.96.part1">SKARAMUZ.</speaker>
                                <l xml:id="tg494.2.96.part2"> Wie kömmt das?</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg494.2.97.part1">SCHATZMEISTER.</speaker>
                                <l xml:id="tg494.2.97.part2"> Vermöge der Maschinerie.</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg494.2.98.part1">SKARAMUZ.</speaker>
                                <p xml:id="tg494.2.98.part2"> Der Kerl, der Maschinist, ist doch an allen Dingen in der Welt schuld; er hat mir schon unsägliche Leiden erregt. – Maschinist, hieher!</p>
                                <lb xml:id="tg494.2.99"/>
                                <stage rend="zenoPC" xml:id="tg494.2.100">
                                    <hi rend="italic" xml:id="tg494.2.100.1">Der Maschinist kömmt aus der See.</hi>
                                </stage>
                                <lb xml:id="tg494.2.101"/>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg494.2.102.part1">MASCHINIST.</speaker>
                                <l xml:id="tg494.2.102.part2"> Was gibt's, Herr Skaramuz!</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg494.2.103.part1">SKARAMUZ.</speaker>
                                <l xml:id="tg494.2.103.part2"> Du lässest ja die Leute versinken, wie ich höre.</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg494.2.104.part1">MASCHINIST.</speaker>
                                <l xml:id="tg494.2.104.part2"> O ja, mein König, wenn es das Stück erfordert.</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg494.2.105.part1">SKARAMUZ.</speaker>
                                <p xml:id="tg494.2.105.part2"> Immer hör ich von einem Stücke reden. Mir hast du noch nie das Vergnügen gemacht, daß ich versunken wäre.</p>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg494.2.106.part1">MASCHINIST.</speaker>
                                <l xml:id="tg494.2.106.part2"> Es hat auch nichts davon in Ihrer Rolle gestanden.</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg494.2.107.part1">SKARAMUZ.</speaker>
                                <p xml:id="tg494.2.107.part2"> So? Aber mit einem Gewitter bist du mir doch zur Last gefallen, das mir äußerst fatal war? – Jetzt will ich einmal untergehn.</p>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg494.2.108.part1">MASCHINIST.</speaker>
                                <l xml:id="tg494.2.108.part2"> Bemühen Sie sich nur zu mir ins Meer herein.</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg494.2.109.part1">SKARAMUZ.</speaker>
                                <p xml:id="tg494.2.109.part2"> Ins Meer? Ja, daß ich dir doch traute; ich könnte am Ende gar ersaufen. Das Meer ist keines Menschen Freund.</p>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg494.2.110.part1">MASCHINIST.</speaker>
                                <l xml:id="tg494.2.110.part2"> Ich gebe Ihnen mein Wort, Sie sollen mit der größten Sicherheit untergehn.</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg494.2.111.part1">SKARAMUZ.</speaker>
                                <l xml:id="tg494.2.111.part2"> Ich will aber lieber hier auf dem Trocknen versinken.</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg494.2.112.part1">MASCHINIST.</speaker>
                                <l xml:id="tg494.2.112.part2"> Mein König, dort sind keine Falltüren angebracht.</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg494.2.113.part1">SCHATZMEISTER.</speaker>
                                <l xml:id="tg494.2.113.part2"> Tun Sie's immer dort in der See, es hat wirklich keine Gefahr.</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg494.2.114.part1">SKARAMUZ.</speaker>
                                <p xml:id="tg494.2.114.part2"> Nun, auf eure Verantwortung, Leute. Wenn ich sterbe und es wird aus euch eine Republik, so habt ihr den <pb n="336" xml:id="tg494.2.114.1.part2"/>
größten Schaden davon. <hi rend="italic" xml:id="tg494.2.114.2.part2">Er geht ins Meer und versinkt; die übrigen gehn ab.</hi>
                                </p>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg494.2.115.part1">SCÄVOLA.</speaker>
                                <l xml:id="tg494.2.115.part2"> So eine Meerschlacht ist doch etwas Grausames.</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg494.2.116.part1">DER ANDRE.</speaker>
                                <l xml:id="tg494.2.116.part2"> Man glaubt es vorher nicht so, bis man es selber mit Augen sieht.</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg494.2.117.part1">PIERROT.</speaker>
                                <l xml:id="tg494.2.117.part2"> Was ich zu tadeln habe, ist nur, daß in solchen Szenen immer viel Wasser sein muß.</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg494.2.118.part1">DER ANDRE.</speaker>
                                <p xml:id="tg494.2.118.part2"> Es hat bis jetzt noch keiner die poetische Schwierigkeit überwunden, eine Seeschlacht ohne Wasser zu machen.</p>
                                <lb xml:id="tg494.2.119"/>
                            </sp>
                        </div>
                    </div>
                </div>
                <div subtype="work:no" type="scene" xml:id="tg495" n="/Literatur/M/Tieck, Ludwig/Dramen/Die verkehrte Welt/4. Akt/5. Szene">
                    <div>
                        <desc>
                            <title>5. Szene</title>
                        </desc>
                    </div>
                    <div type="text" xml:id="tg495.2">
                        <div type="h4">
                            <head type="h4" xml:id="tg495.2.1">Fünfte Szene</head>
                            <stage rend="zenoPC" xml:id="tg495.2.4">
                                <hi rend="italic" xml:id="tg495.2.4.1">Feld.</hi>
                            </stage>
                            <stage rend="zenoPC" xml:id="tg495.2.5">
                                <hi rend="italic" xml:id="tg495.2.5.1">Apollo. Admet. Alceste.</hi>
                            </stage>
                            <lb xml:id="tg495.2.6"/>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg495.2.7.part1">APOLLO.</speaker>
                                <l xml:id="tg495.2.7.part2"> Warum duldet Ihr alles mit dieser feigen Unterwürfigkeit?</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg495.2.8.part1">ADMET.</speaker>
                                <l xml:id="tg495.2.8.part2"> Was soll ich tun? Meine ganze Seele empört sich dagegen, aber er ist zu mächtig.</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg495.2.9.part1">ALCESTE.</speaker>
                                <p xml:id="tg495.2.9.part2"> Die Notwendigkeit lehrt uns, mit Dingen vertraut tun, die wir sonst nicht einmal in Gedanken ertragen konnten.</p>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg495.2.10.part1">APOLLO.</speaker>
                                <p xml:id="tg495.2.10.part2"> Nehmt Eure königlichen Gesinnungen wieder an, versammelt Eure Macht und tut offenbaren Widerstand. Glaubt mir, man hat schon dadurch Stärke, daß man sich welche zutraut.</p>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg495.2.11.part1">ADMET.</speaker>
                                <l xml:id="tg495.2.11.part2"> Du sprichst gut, Schäfer; wer hat dich das gelehrt?</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg495.2.12.part1">APOLLO.</speaker>
                                <p xml:id="tg495.2.12.part2"> Braucht man das zu lernen? Ihr seid zu zahm, vertraut Euch selber, bedenkt, was Ihr gewesen seid, und noch sein könnt, wenn Ihr wollt. Geht, wir sehn uns bald wieder.</p>
                                <lb xml:id="tg495.2.13"/>
                                <stage rend="zenoPC" xml:id="tg495.2.14">
                                    <hi rend="italic" xml:id="tg495.2.14.1">Admet, Alceste ab.</hi>
                                </stage>
                                <stage rend="zenoPC" xml:id="tg495.2.15">
                                    <hi rend="italic" xml:id="tg495.2.15.1">Aulicus und Myrtill.</hi>
                                </stage>
                                <lb xml:id="tg495.2.16"/>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg495.2.17.part1">APOLLO.</speaker>
                                <l xml:id="tg495.2.17.part2"> Was fehlt euch? Ihr seht so verdrüßlich aus.</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg495.2.18.part1">AULICUS.</speaker>
                                <l xml:id="tg495.2.18.part2"> Hol der Henker Eure ganze Kultur, sie hat uns schlechte Dienste geleistet.</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg495.2.19.part1">APOLLO.</speaker>
                                <l xml:id="tg495.2.19.part2"> Wieso?</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg495.2.20.part1">AULICUS.</speaker>
                                <p xml:id="tg495.2.20.part2"> Seht uns nur an. Unsre schönen Bärte hat man uns gänzlich weggeschnitten, wir sind gar nicht mehr, was wir waren. Und das ist auf Befehl unsers Königs und unsrer Schafe geschehn.</p>
                                <pb n="337" xml:id="tg495.2.21"/>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg495.2.22.part1">APOLLO.</speaker>
                                <l xml:id="tg495.2.22.part2"> Warum leidet ihr dergleichen?</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg495.2.23.part1">MYRTILL.</speaker>
                                <p xml:id="tg495.2.23.part2"> Ja, ehemals, in unserm rohen Zustande hätte uns einer mit solcher Anmutung kommen sollen! Aber Eure verwünschte Bildung, zu der Ihr uns verführt habt! Als es uns so was mehr auseinandergesetzt wurde, kam es uns selber ganz vernünftig vor. Und dann die Übergewalt!</p>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg495.2.24.part1">APOLLO.</speaker>
                                <l xml:id="tg495.2.24.part2"> Ihr hättet euch widersetzen sollen.</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg495.2.25.part1">MYRTILL.</speaker>
                                <p xml:id="tg495.2.25.part2"> Keiner will der erste sein, weil er sich vor Schaden fürchtet; man wird geschoren, macht ein krummes Maul, und denkt hernach: nun war's doch vorbei.</p>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg495.2.26.part1">APOLLO.</speaker>
                                <p xml:id="tg495.2.26.part2"> Eure sklavische Gesinnung, nicht die Gewalt, ist also Ursach, daß ihr unterdrückt werdet, da ihr das Schimpfliche gern duldet, um nur der Gefahr zu entgehn.</p>
                                <lb xml:id="tg495.2.27"/>
                                <stage rend="zenoPC" xml:id="tg495.2.28">
                                    <hi rend="italic" xml:id="tg495.2.28.1">Die Vorigen. Mopsa. Phyllis.</hi>
                                </stage>
                                <lb xml:id="tg495.2.29"/>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg495.2.30.part1">APOLLO.</speaker>
                                <l xml:id="tg495.2.30.part2"> Schäfer, und Ihr Schäferin, ich muß euch jetzt verlassen, aber wir sehn uns bald wieder.</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg495.2.31.part1">MOPSA.</speaker>
                                <l xml:id="tg495.2.31.part2"> Heiratet Ihr denn keine von uns?</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg495.2.32.part1">APOLLO.</speaker>
                                <l xml:id="tg495.2.32.part2"> Ich darf nicht, das Schicksal und die Götter sind dagegen.</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg495.2.33.part1">MOPSA.</speaker>
                                <p xml:id="tg495.2.33.part2"> Ihr seid ein Narr. – Nun, Myrtill, so muß ich wohl mit Euch vorliebnehmen; Ihr seid gebildet und geschoren, und Ihr gefallt mir nun viel besser.</p>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg495.2.34.part1">AULICUS.</speaker>
                                <l xml:id="tg495.2.34.part2"> Und du, Phyllis?</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg495.2.35.part1">PHYLLIS.</speaker>
                                <p xml:id="tg495.2.35.part2"> Je nun, wenn meine Schwester mir mit dem Beispiele vorgeht, so will ich mich auch mit dir zufriedenstellen.</p>
                                <lb xml:id="tg495.2.36"/>
                                <stage rend="zenoPC" xml:id="tg495.2.37">
                                    <hi rend="italic" xml:id="tg495.2.37.1">Schäfer ab.</hi>
                                </stage>
                                <lb xml:id="tg495.2.38"/>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg495.2.39.part1">APOLLO</speaker>
                                <stage>
                                    <hi rend="italic" xml:id="tg495.2.39.1.part1">allein.</hi>
                                </stage>
                                <lg>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg495.2.40">Ich muß mich schämen, wenn ich Feigheit tadle;</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg495.2.41">Denn hält mich etwas andres hier zurück,</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg495.2.42">Als daß ich der Gefahr entweichen möchte?</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg495.2.43">Wir leben gern in Schande, wenn die Schande</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg495.2.44">Sich nur mit Sicherheit vermählt. Doch kann</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg495.2.45">Denn Sicherheit der ganz verkehrte Sinn</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg495.2.46">In Ruh und Ohnmacht und Verachtung finden?</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg495.2.47">Wir fliehn vor unsern eigenen Gedanken,</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg495.2.48">Wenn sie uns raten, nicht das Joch zu dulden. –</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg495.2.49">Lebt wohl, ihr Herden und ihr stillen Fluren,</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg495.2.50">Ich gehe kühnlich der Gefahr entgegen,</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg495.2.51">Ich will mein altes Königreich besitzen,</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg495.2.52">Wo nicht, auf edle Art dem Feind erliegen.</l>
                                </lg>
                                <lb xml:id="tg495.2.53"/>
                                <stage rend="zenoPC" xml:id="tg495.2.54">
                                    <hi rend="italic" xml:id="tg495.2.54.1">Geht ab.</hi>
                                </stage>
                                <lb xml:id="tg495.2.55"/>
                                <pb n="338" xml:id="tg495.2.56"/>
                                <lb xml:id="tg495.2.57"/>
                            </sp>
                        </div>
                    </div>
                </div>
                <div subtype="work:no" type="scene" xml:id="tg496" n="/Literatur/M/Tieck, Ludwig/Dramen/Die verkehrte Welt/4. Akt/6. Szene">
                    <div>
                        <desc>
                            <title>6. Szene</title>
                        </desc>
                    </div>
                    <div type="text" xml:id="tg496.2">
                        <div type="h4">
                            <head type="h4" xml:id="tg496.2.1">Sechste Szene</head>
                            <stage rend="zenoPC" xml:id="tg496.2.4">
                                <hi rend="italic" xml:id="tg496.2.4.1">Einsamer Felsen im Meer. Nacht.</hi>
                            </stage>
                            <lb xml:id="tg496.2.5"/>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg496.2.6.part1">SEELMANN</speaker>
                                <stage>
                                    <hi rend="italic" xml:id="tg496.2.6.1.part1">ein Soldat, oben auf dem Felsen.</hi>
                                </stage>
                                <lg>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg496.2.7">Wie furchtbar hohl die Flut tief unten wallt,</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg496.2.8">Die dunkle Einsamkeit ertönt vom Klange</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg496.2.9">Der Meereswogen, die der Wind bewegt.</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg496.2.10">Warum bin ich allein zurückgeblieben,</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg496.2.11">Da alle Rettung fanden aus der Schlacht?</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg496.2.12">Nun harr ich lange schon auf diesem Felsen,</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg496.2.13">Ob meine Augen nicht ein Schiff erspähn,</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg496.2.14">Das von der öden Klippe mich erlöse.</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg496.2.15">Du hellgestirnter Himmel, der mein Leid</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg496.2.16">Schon oft gesehn, oft mein Gebet gehört,</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg496.2.17">Laß endlich der Befreiung Stunde nahn.</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg496.2.18">Das wilde Meer ist taub und unerbittlich,</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg496.2.19">Es sendet keinen Menschen mir zur Hülfe,</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg496.2.20">Kein Fischernachen schwimmt herbei, ach kein</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg496.2.21">Zerbrechlich Fahrzeug! ja, ich möchte mich</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg496.2.22">Dem Brett, der schwachen Stange gern vertraun.</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg496.2.23">Ach, wer noch nie die Einsamkeit empfand,</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg496.2.24">Wen seine Freunde niemals noch verließen,</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg496.2.25">Ja wer auch ohne Freund nur lebt bei Menschen,</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg496.2.26">Wie ist sein Los zu neiden! – Seltsam klingt</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg496.2.27">Der Zug von Wasservögeln über mir;</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg496.2.28">Wie grauenhaft dehnt sich die Dunkelheit</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg496.2.29">So tief hinaus und dämmert ungewiß</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg496.2.30">Vom Widerschein der Sterne in der Flut;</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg496.2.31">Bald spricht die Welle wie mit Menschenstimmen,</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg496.2.32">Und höhnt mein einsam Leiden boshaft spottend;</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg496.2.33">Bald sieht mein schwindelnder Blick in grauer Ferne</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg496.2.34">Ein Land so wie in Wolken stehn, mit Bergen,</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg496.2.35">Mit Bäumen ausgeschmückt, und meine Sehnsucht</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg496.2.36">Vernimmt ein Waldgeräusch, der Äxte Klang,</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg496.2.37">Den Fall der Bäume: dann vergeß ich wohl,</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg496.2.38">Daß diese Klippe meine Heimat ist. –</l>
                                </lg>
                                <lb xml:id="tg496.2.39"/>
                                <stage rend="zenoPC" xml:id="tg496.2.40">
                                    <hi rend="italic" xml:id="tg496.2.40.1">Die Sonne geht auf.</hi>
                                </stage>
                                <lb xml:id="tg496.2.41"/>
                                <lg>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg496.2.42">Mit welcher Wonne füllt mich dieser Blick</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg496.2.43">An jedem Morgen! Furchtbar majestätisch</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg496.2.44">Ergießt aus allen Quellen sich der Strom</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg496.2.45">Des purpurroten Glanzes, goldne Schimmer</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg496.2.46">
                                        <pb n="339" xml:id="tg496.2.46.1"/>
Entsprühen funkelnd aus der grünen Flut;</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg496.2.47">Die Wogen klingen bis zum Grund der Tiefe</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg496.2.48">Geheimen Lobgesang, die Adler ziehn</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg496.2.49">Aus ihren Nestern übers Meer dahin,</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg496.2.50">Und fliegen mit dem Gruß der Sonn entgegen.</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg496.2.51">Was ist der Mensch, daß er um Leiden jammert?</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg496.2.52">Wer sieht die Allmacht, die mit goldnem Fittich</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg496.2.53">So unermeßlich in die Welt hineinrauscht,</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg496.2.54">Und denkt an sich? hinweg, du kindisch Zagen!</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg496.2.55">Was seh ich? blendet mich der trunkne Blick?</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg496.2.56">Ein majestätisch Schiff auf ferner Woge?</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg496.2.57">Hieher! hieher! bemerkt dies weiße Tuch,</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg496.2.58">Das hoch im kühlen Morgenwinde flattert!</l>
                                </lg>
                                <lb xml:id="tg496.2.59"/>
                                <stage rend="zenoPC" xml:id="tg496.2.60">
                                    <hi rend="italic" xml:id="tg496.2.60.1">Er winkt durch Zeichen.</hi>
                                </stage>
                                <lb xml:id="tg496.2.61"/>
                                <lg>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg496.2.62">Ein Boot wird ausgesetzt! – sie nahn, sie kommen –</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg496.2.63">Schon kann ich Menschen unterscheiden – welch</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg496.2.64">Gefühl gleicht meiner Freude? – O willkommen!</l>
                                </lg>
                                <lb xml:id="tg496.2.65"/>
                                <stage rend="zenoPC" xml:id="tg496.2.66">
                                    <hi rend="italic" xml:id="tg496.2.66.1">Ein Boot mit Matrosen rudert heran.</hi>
                                </stage>
                                <lb xml:id="tg496.2.67"/>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg496.2.68.part1">ERSTER MATROSE.</speaker>
                                <l xml:id="tg496.2.68.part2"> Sieh, wie der Mensch da oben am Felsen klebt!</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg496.2.69.part1">ZWEITER MATROSE.</speaker>
                                <l xml:id="tg496.2.69.part2"> Bis jetzt ist es uns noch nie gelungen, einen solchen Vogel auszunehmen.</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg496.2.70.part1">ERSTER MATROSE.</speaker>
                                <l xml:id="tg496.2.70.part2"> Steig herunter, Mensch!</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg496.2.71.part1">SEELMANN</speaker>
                                <stage>
                                    <hi rend="italic" xml:id="tg496.2.71.1.part1">herunterkletternd.</hi>
                                </stage>
                                <lg>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg496.2.72">O Freude! Freude!</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg496.2.73">Nach langem Leide,</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg496.2.74">Seh ich die lieben Brüder,</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg496.2.75">Die Menschen wieder!</l>
                                </lg>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg496.2.76.part1">ZWEITER MATROSE.</speaker>
                                <l xml:id="tg496.2.76.part2"> Höre nur, er singt ordentlich.</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg496.2.77.part1">ERSTER MATROSE.</speaker>
                                <l xml:id="tg496.2.77.part2"> Er hat sich hier in der Einsamkeit wohl aufs Singen legen müssen?</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg496.2.78.part1">SEELMANN</speaker>
                                <stage>
                                    <hi rend="italic" xml:id="tg496.2.78.1.part1">im Boot.</hi>
                                </stage>
                                <lg>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg496.2.79">O Leute, ein ganzes Buch will ich schreiben,</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg496.2.80">Das soll jedem Leser die Zeit vertreiben,</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg496.2.81">Von allem, was ich auf dem Felsen gelitten,</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg496.2.82">Wie manche Not ich hier bestritten,</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg496.2.83">Was ich von der Einsamkeit ausgestanden,</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg496.2.84">Und wie mich endlich Menschen wiederfanden.</l>
                                </lg>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg496.2.85.part1">ERSTER MATROSE.</speaker>
                                <l xml:id="tg496.2.85.part2"> Es ist wohl sehr einsam da oben?</l>
                                <pb n="340" xml:id="tg496.2.86"/>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg496.2.87">SEELMANN.</speaker>
                                <lg>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg496.2.88">Freunde, ihr glaubt's nicht, wenn man's auch erzählt,</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg496.2.89">Wie sehr es an guter Gesellschaft fehlt;</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg496.2.90">Man ist nur immer mit sich allein,</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg496.2.91">Da mag der Henker lange verständig sein:</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg496.2.92">Man lebt hier beinahe wie auf dem Land,</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg496.2.93">Keine Neuigkeit kömmt einem zur Hand,</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg496.2.94">Von Maskeraden schweig ich nun gar und von Bällen,</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg496.2.95">Die einzige Unterhaltung sind die Meereswellen;</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg496.2.96">Ja, vernehmt ihr erst alle meine Klagen,</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg496.2.97">Was, Freunde, werdet ihr dann wohl sagen?</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg496.2.98">In dieser weiten Ferne konnt ich den Souffleur nicht spüren,</l>
                                    <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg496.2.99">Und doch mußt ich einen großen Monolog rezitieren.</l>
                                </lg>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg496.2.100.part1">ERSTER MATROSE.</speaker>
                                <l xml:id="tg496.2.100.part2"> Seid also froh, daß wir Euch gefunden haben.</l>
                                <lb xml:id="tg496.2.101"/>
                                <stage rend="zenoPC" xml:id="tg496.2.102">
                                    <hi rend="italic" xml:id="tg496.2.102.1">Fahren ab.</hi>
                                </stage>
                                <lb xml:id="tg496.2.103"/>
                            </sp>
                        </div>
                    </div>
                </div>
                <div subtype="work:no" type="scene" xml:id="tg497" n="/Literatur/M/Tieck, Ludwig/Dramen/Die verkehrte Welt/4. Akt/7. Szene">
                    <div>
                        <desc>
                            <title>7. Szene</title>
                        </desc>
                    </div>
                    <div type="text" xml:id="tg497.2">
                        <div type="h4">
                            <head type="h4" xml:id="tg497.2.1">Siebente Szene</head>
                            <stage rend="zenoPC" xml:id="tg497.2.4">
                                <hi rend="italic" xml:id="tg497.2.4.1">Wirtshaus.</hi>
                            </stage>
                            <stage rend="zenoPC" xml:id="tg497.2.5">
                                <hi rend="italic" xml:id="tg497.2.5.1">Der Wirt. Anne.</hi>
                            </stage>
                            <lb xml:id="tg497.2.6"/>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg497.2.7.part1">WIRT.</speaker>
                                <l xml:id="tg497.2.7.part2"> Von unserm Fremden haben wir doch gar nichts weiter gehört.</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg497.2.8.part1">ANNE.</speaker>
                                <l xml:id="tg497.2.8.part2"> Er war ein sehr uninteressanter Mensch.</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg497.2.9.part1">WIRT.</speaker>
                                <p xml:id="tg497.2.9.part2"> Wußte dabei gar nichts einmal von den simpelsten dramatischen Regeln, verwunderte sich über alles. Es ist recht gut, daß er kein Fürst oder dergleichen war, denn da er die <hi rend="spaced" xml:id="tg497.2.9.1.part2">ars poetica</hi> nicht studiert hatte, wäre er gewiß aus seinem Charakter gefallen.</p>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg497.2.10.part1">ANNE.</speaker>
                                <l xml:id="tg497.2.10.part2"> Habt Ihr denn Euern Charakter auch daher, Vater?</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg497.2.11.part1">WIRT.</speaker>
                                <p xml:id="tg497.2.11.part2"> Eigentlich wohl nicht, denn die Wirte sind dort nicht namentlich mit aufgeführt; aber ich habe mir aus allen meinen Erfahrungen eine Art von Theorie zusammengesetzt, so daß ich nicht leicht irren kann.</p>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg497.2.12.part1">ANNE.</speaker>
                                <l xml:id="tg497.2.12.part2"> Wie fangt Ihr's nun an?</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg497.2.13.part1">WIRT.</speaker>
                                <p xml:id="tg497.2.13.part2"> Das Hauptsächlichste, worauf ich zu sehn habe, ist, daß ich nicht unnatürlich werde; alles andre gibt sich schon eher. Ich muß also allen Schwulst vermeiden, alle poetischen Ausdrücke, ich darf nicht zu verständig sprechen.</p>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg497.2.14.part1">ANNE.</speaker>
                                <l xml:id="tg497.2.14.part2"> Also daran liegt's? Hab ich doch immer nicht gewußt –</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg497.2.15.part1">WIRT.</speaker>
                                <p xml:id="tg497.2.15.part2"> Ja, ja, wer kann gegen seine Bestimmung? Es ist nun <pb n="341" xml:id="tg497.2.15.1.part2"/>
einmal so angenommen; es hat mich Mühe genug gekostet, mich gehörig einzurichten, und es wurde doch wohl Klage geführt, daß der Dichter manchmal aus mir herausguckte. Es ging mir einigemal wie dem Midas, der seine langen Ohren durchaus nicht verbergen konnte. – Sieh, jetzt bin ich nun zum Beispiel recht eklatant aus meinem Charakter herausgefallen! – Wie kann ein Wirt eine gelehrte und witzige Anspielung auf den <hi rend="spaced" xml:id="tg497.2.15.2.part2">Midas</hi> machen! – außer, es müßte denn vorher sehr weitläuftig motiviert und präpariert sein; man müßte erfahren, der Wirt habe einer vorzüglich guten Erziehung genossen, er habe sogar die Alten gelesen, und sei nur durch wunderliche Zufälle dahin gekommen, ein Wirtshaus zu halten. – Das mit dem Midas war nun wieder der Dichter, der aus mir hervorguckte. Es ist doch ein verfluchter Fehler, den ich an mir habe!</p>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg497.2.16.part1">ANNE.</speaker>
                                <p xml:id="tg497.2.16.part2"> Sollte der Dichter aber wohl darauf kommen, seine Weisheit oder seinen Witz mit Eselsohren zu vergleichen? Ich denke doch immer, daß Ihr das selber erfunden habt.</p>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg497.2.17.part1">WIRT.</speaker>
                                <l xml:id="tg497.2.17.part2"> Es ist doch wenigstens unwahrscheinlich, und das darf nicht sein.</l>
                                <lb xml:id="tg497.2.18"/>
                                <stage rend="zenoPC" xml:id="tg497.2.19">
                                    <hi rend="italic" xml:id="tg497.2.19.1">Direktor Wagemann kömmt.</hi>
                                </stage>
                                <lb xml:id="tg497.2.20"/>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg497.2.21.part1">WAGEMANN.</speaker>
                                <l xml:id="tg497.2.21.part2"> Ihr Diener, kennen Sie mich?</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg497.2.22.part1">WIRT.</speaker>
                                <p xml:id="tg497.2.22.part2"> Je, was soll ich denn meinen verehrungswürdigen Herrn Direktor nicht kennen? Ganz ergebenster Diener. Wie kommt denn mein schlechtes Haus zu der unverdienten Ehre?</p>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg497.2.23.part1">WAGEMANN.</speaker>
                                <p xml:id="tg497.2.23.part2"> Es ist ein seltsamer Vorfall, der mich zu Ihnen bringt; aber ich muß wissen, ob ich mich auf Ihre Verschwiegenheit verlassen kann.</p>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg497.2.24.part1">WIRT.</speaker>
                                <l xml:id="tg497.2.24.part2"> Durchaus, wertgeschätzter Herr Direktor.</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg497.2.25.part1">WAGEMANN.</speaker>
                                <p xml:id="tg497.2.25.part2"> Sie werden wissen, daß sich unser Skaramuz der Rolle des Apollo angemaßt hat, und daß er unter diesem Namen das Land beherrscht.</p>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg497.2.26.part1">WIRT.</speaker>
                                <l xml:id="tg497.2.26.part2"> O ja.</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg497.2.27.part1">WAGEMANN.</speaker>
                                <p xml:id="tg497.2.27.part2"> Nun gut. Ich sah das Ding ruhig mit an, weil es mir im Grunde gleichgültig ist, wer Apollo genannt wird. Ich spiele meine Stücke, wie sie das Zeitalter mit sich bringt, und weiter hab ich mich nie darum gekümmert. Ich wollte also bei dieser Gelegenheit auch in diesen löblichen Gesinnungen fortfahren, allein Herr Skaramuz macht es mir<pb n="342" xml:id="tg497.2.27.1.part2"/>
 unmöglich. Er ist so hochmütig geworden, daß er mir grob begegnet, daß er seine und meine Person ganz vergessen hat. Überdies fürcht ich noch, daß der Kerl den Gedanken im Kopfe hat, das Stück gar nicht zu beendigen, damit er nur immer an der Regierung bleiben und ich ihn nicht abstrafen könne. Aus allen diesen Ursachen ist nun etwas sehr Großes im Werke.</p>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg497.2.28.part1">WIRT.</speaker>
                                <l xml:id="tg497.2.28.part2"> Ich bin begierig.</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg497.2.29.part1">WAGEMANN.</speaker>
                                <p xml:id="tg497.2.29.part2"> Es sind sehr viele angesehene Personen, die der Schelm alle beleidigt hat, zusammengetreten, um eine Verschwörung gegen ihn anzuzetteln, und ihn dann mit gewaffneter Hand vom Thron zu stoßen. Ich bin einer von diesen, und wir haben Ihr Haus, Herr Wirt, weil ich immer ein Freund von Ihnen gewesen bin, zur Zusammenkunft der Verschwornen auserwählt.</p>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg497.2.30.part1">WIRT.</speaker>
                                <p xml:id="tg497.2.30.part2"> O welches Glück! welch unendliches Glück! Herr Directeur, mein ganzes Leben reicht nicht hin, um Ihnen meine Dankbarkeit zu bezeigen. Das ist mir mehr wert, als wenn Sie mir wöchentlich drei Taler Zulage gegeben hätten. O Anne, meine Tochter! so freue dich doch mit deinem Vater! Mein Haus, diese Stube hier der Sammelplatz der Verschworenen! Aber kommen sie denn bald? – Nein, so etwas ist noch in keinem einzigen Stücke erhört! – Und der Herr Direktor sind darunter, folglich sind es gewiß lauter Männer von Gewicht und Ansehn, keine ordinäre Lumpenverschwornen. – In einem Wirtshause! Das kömmt selbst im Abällino nicht vor, so gemein es auch darin zugeht. – O Herr Directeur, lassen Sie sich umarmen!</p>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg497.2.31.part1">WAGEMANN.</speaker>
                                <l xml:id="tg497.2.31.part2"> Mäßigen Sie Ihre Entzückungen, lieber Freund, damit unsre Sache nicht vor der Zeit ruchtbar werde.</l>
                                <lb xml:id="tg497.2.32"/>
                                <stage rend="zenoPC" xml:id="tg497.2.33">
                                    <hi rend="italic" xml:id="tg497.2.33.1">Poet kömmt.</hi>
                                </stage>
                                <lb xml:id="tg497.2.34"/>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg497.2.35.part1">POET.</speaker>
                                <l xml:id="tg497.2.35.part2"> Ist noch niemand weiter hier?</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg497.2.36.part1">WAGEMANN.</speaker>
                                <l xml:id="tg497.2.36.part2"> Nein, Herr Poet.</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg497.2.37.part1">POET.</speaker>
                                <l xml:id="tg497.2.37.part2"> So muß der König Admet mit seiner Königin sogleich kommen.</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg497.2.38.part1">WIRT.</speaker>
                                <l xml:id="tg497.2.38.part2"> Welche hohe Personen nehmen heut unter meinem Dache vorlieb!</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg497.2.39.part1">POET.</speaker>
                                <l xml:id="tg497.2.39.part2"> Es wird ein furchtbarer Aufruhr werden. Skaramuz mag auf seinem Throne nur fest sitzen.</l>
                                <lb xml:id="tg497.2.40"/>
                                <stage rend="zenoPC" xml:id="tg497.2.41">
                                    <hi rend="italic" xml:id="tg497.2.41.1">Admet und Alceste.</hi>
                                </stage>
                                <lb xml:id="tg497.2.42"/>
                                <pb n="343" xml:id="tg497.2.43"/>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg497.2.44.part1">ADMET.</speaker>
                                <p xml:id="tg497.2.44.part2"> Da sind wir, meine Herren; ich hoffe, ich will wieder zu meiner Krone gelangen, die mir der Usurpator entrissen hat.</p>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg497.2.45.part1">ALCESTE.</speaker>
                                <l xml:id="tg497.2.45.part2"> Ist der Schäfer noch nicht hier?</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg497.2.46.part1">POET.</speaker>
                                <l xml:id="tg497.2.46.part2"> Noch niemand weiter.</l>
                                <lb xml:id="tg497.2.47"/>
                                <stage rend="zenoPC" xml:id="tg497.2.48">
                                    <hi rend="italic" xml:id="tg497.2.48.1">Aulicus und Myrtill.</hi>
                                </stage>
                                <lb xml:id="tg497.2.49"/>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg497.2.50.part1">AULICUS.</speaker>
                                <l xml:id="tg497.2.50.part2"> Da sind wir auch; ich denke, wir sollen ziemlich gute Soldaten abgeben.</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg497.2.51.part1">MYRTILL.</speaker>
                                <l xml:id="tg497.2.51.part2"> Ich will ihm den Possen gedenken, und gewiß tapfer dreinschlagen.</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg497.2.52.part1">AULICUS.</speaker>
                                <l xml:id="tg497.2.52.part2"> Ja, ja, er soll auch einmal die Pflichten eines Untertanen empfinden.</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg497.2.53.part1">MYRTILL.</speaker>
                                <l xml:id="tg497.2.53.part2"> Sieh, da draußen zieht eine große Armee auf. Nun krieg ich erst rechte Courage.</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg497.2.54.part1">WIRT.</speaker>
                                <l xml:id="tg497.2.54.part2"> Meine Herren allerseits, das wird aber ein furchtbarer blutiger Krieg werden.</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg497.2.55.part1">POET.</speaker>
                                <l xml:id="tg497.2.55.part2"> Allerdings, und ich hoffe, daß unsre gerechte Sache siegen wird.</l>
                                <lb xml:id="tg497.2.56"/>
                                <stage rend="zenoPC" xml:id="tg497.2.57">
                                    <hi rend="italic" xml:id="tg497.2.57.1">Der Schriftsteller und Apollo.</hi>
                                </stage>
                                <lb xml:id="tg497.2.58"/>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg497.2.59.part1">SCHRIFTSTELLER.</speaker>
                                <l xml:id="tg497.2.59.part2"> Da bring ich den Schäfer, der uns alle aufgehetzt hat.</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg497.2.60.part1">APOLLO.</speaker>
                                <l xml:id="tg497.2.60.part2"> Hier treff ich ja unsre ganze Gesellschaft. Nun, meine Freunde, habt ihr alle Mut zur Unternehmung?</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg497.2.61.part1">ALLE.</speaker>
                                <l xml:id="tg497.2.61.part2"> Ja!</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg497.2.62.part1">WIRT.</speaker>
                                <l xml:id="tg497.2.62.part2"> O nun wird geschworen werden! Nun wird geschworen werden! Was sich das feierlich machen wird!</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg497.2.63.part1">APOLLO.</speaker>
                                <p xml:id="tg497.2.63.part2"> Nein, keinen Schwur. O meine Freunde! welchen andern Sporn als unsre Sache braucht es, uns zu stacheln zur Herstellung? Und welchen andern Eid als Redlichkeit mit Redlichkeit im Bund, daß dies gescheh, wo nicht, dafür zu sterben? Entehrt nicht so den Gleichmut unsrer Handlung und unsern unbezwinglich festen Sinn, zu denken, unsre Sache, unsre Tat brauch einen Eid! – Wer so nicht denkt der ziehe sich zurück. Aber es ist kein solcher unter uns, und darum will ich mich euch jetzt entdecken. – <hi rend="italic" xml:id="tg497.2.63.1.part2">Er wirft die Verkleidung ab.</hi> Ich bin Apollo!</p>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg497.2.64.part1">ALLE.</speaker>
                                <l xml:id="tg497.2.64.part2"> Apollo?</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg497.2.65.part1">APOLLO.</speaker>
                                <p xml:id="tg497.2.65.part2"> Niemand anders. Erschreckt nicht, meine Freunde, vor meiner Gottheit, denn im Grunde bin ich doch nur ein armer Narr, wie ihr alle.</p>
                                <pb n="344" xml:id="tg497.2.66"/>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg497.2.67.part1">WIRT.</speaker>
                                <l xml:id="tg497.2.67.part2"> Einen Gott in meinem Hause zu haben! Welche Wollust!</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg497.2.68.part1">APOLLO.</speaker>
                                <l xml:id="tg497.2.68.part2">Hört auf zu erstaunen, geliebten Freunde; ja, ich bin der echte, weltberühmte Apollo.</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg497.2.69.part1">AULICUS</speaker>
                                <stage>
                                    <hi rend="italic" xml:id="tg497.2.69.1.part1">zu Myrtill.</hi>
                                </stage>
                                <l xml:id="tg497.2.69.part2"> Bauertölpel! willst du wohl den Hut ab nehmen?</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg497.2.70.part1">MYRTILL.</speaker>
                                <l xml:id="tg497.2.70.part2"> Man kann ja nicht gleich an alles denken.</l>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg497.2.71.part1">APOLLO.</speaker>
                                <p xml:id="tg497.2.71.part2"> Nein, bedeckt euch, lieben Freunde. Es ist wahr, ich bin etwas Großes; indessen ihr seid jetzt meine Freunde, deren Beistand ich brauche. Ich bin ein Mann, vor dem sogar die Rezensenten einige Achtung hegen, ich habe alle Magister zu beschützen, ich bin oft in Stein gehauen und in dem belvederischen Apoll am besten getroffen; mir sind Operntheater und Komödienhäuser gewidmet, daß ich sie nicht alle zählen kann; ich bin oft vor den Musenalmanachen in Kupfer gestochen; ich bin, um mich kurz zu fassen, gewiß etwas recht Besondres. Indes hat das alles nichts zu sagen, ich weiß, daß wir nicht alle Götter sein können, es muß auch andre Kreaturen geben, und darum wollen wir nur ohne alle Zeremonien frisch ans Werk gehn.</p>
                            </sp>
                            <sp>
                                <speaker xml:id="tg497.2.72.part1">ALLE.</speaker>
                                <l xml:id="tg497.2.72.part2"> Es lebe der majestätische Apollo! <hi rend="italic" xml:id="tg497.2.72.1.part2">Alle ab.</hi>
                                </l>
                                <lb xml:id="tg497.2.73"/>
                                <stage rend="zenoPC" xml:id="tg497.2.74">
                                    <hi rend="italic" xml:id="tg497.2.74.1">Der Vorhang fällt.</hi>
                                </stage>
                                <lb xml:id="tg497.2.75"/>
                            </sp>
                        </div>
                        <div type="h4">
                            <head type="h4" xml:id="tg497.2.76">Musik</head>
                            <stage rend="zenoPC" xml:id="tg497.2.77">
                                <hi rend="italic" xml:id="tg497.2.77.1">Menuetto con Variazioni</hi>
                            </stage>
                            <lb xml:id="tg497.2.78"/>
                            <p xml:id="tg497.2.79">Es sind schon so viele Menuetten gemacht, daß es schwer ist, ein neues Thema zu finden. Bringt nun, ihr ruhigern Töne, wo möglich Vernunft, Absicht und Anwendung in das Schauspiel, da es bald zu Ende ist; vielleicht ist der Schluß das Beste. –</p>
                            <p rend="zenoPLm4n0" xml:id="tg497.2.80">Aber, könnte man fragen, wäre es nicht zweckmäßiger, wenn dergleichen Werke nicht geschrieben würden? Das Höchste, was sie erreichen, ist: daß sie uns den Kopf verwirren.</p>
                            <p rend="zenoPLm4n0" xml:id="tg497.2.81">Je nun, eine gute Verwirrung ist mehr wert, als eine schlechte Ordnung.</p>
                            <lb xml:id="tg497.2.82"/>
                            <stage rend="zenoPC" xml:id="tg497.2.83">
                                <hi rend="italic" xml:id="tg497.2.83.1">Variazio I</hi>
                            </stage>
                            <lb xml:id="tg497.2.84"/>
                            <p xml:id="tg497.2.85">Das Neue ist bei einer Menuet, wie bei allem Vernünftigen, ein sehr entbehrliches Prädikat; in recht neumodischen Menuetten kommt man gar leicht aus dem Takt. Ob das Schauspiel nicht ganz ohne Takt-Abteilung mag geschrieben sein? – Aber wozu all die Verwirrung? Krieg und Frieden, Ernst und <pb n="345" xml:id="tg497.2.85.1"/>
Scherz? Nichts ist durchgeführt, keine Idee hält uns stand. Wozu die Qual, da wir schwerlich unterhalten sind.</p>
                            <p rend="zenoPLm4n0" xml:id="tg497.2.86">Je nun, so sind wir doch gequält, und das ist vielleicht jezuweilen auch Unterhaltung.</p>
                            <lb xml:id="tg497.2.87"/>
                            <stage rend="zenoPC" xml:id="tg497.2.88">
                                <hi rend="italic" xml:id="tg497.2.88.1">Variazio II</hi>
                            </stage>
                            <lb xml:id="tg497.2.89"/>
                            <p xml:id="tg497.2.90">Wer darauf ausgeht, etwas Unerhörtes zu schaffen, kann gar leicht ins Alberne, und hinter die ersten Anfangsgründe des Verständigen geraten, weil nirgend warnende Tonnen gelegt sind, den Schiffer von Untiefen und Sandbänken zurückzuweisen. Der Verirrte hält dann das Kindische für das Neue und Seltsame; aus Sucht zum Exzentrischen ist er abgeschmackt geworden; o wehe dem Dichter, der in das Gebiet hineinsegelt! – Aber, ist es nicht vielleicht dem gegenwärtigen so ergangen? – Den englischen Lustspieldichtern hat man oft vorgeworfen, daß sie die dummen Charaktere mit vielem Witze schilderten, diejenigen aber ohne Witz und Verstand auftreten ließen, die im Stücke für witzig und geistreich ausgegeben wür den; von den deutschen Lustspielern kann man dies nicht behaupten; ihnen geraten die Narren nicht, aber aus den Vortrefflichen und Verständigen, die sie schildern, werden, ohne daß sie es merken, unvergleichliche Narren; und also kann sich ein deutscher Komödiendichter gewiß immer mit einem englischen messen.</p>
                            <p rend="zenoPLm4n0" xml:id="tg497.2.91">Je nun, vortreffliche Leser, die Narren entgehn euch also auf keinen Fall, der Dichter mag sich auch gebärden, wie er will; woraus ich den Schluß ziehe, daß es weit vorteilhafter sei, ein Leser als ein Dichter zu sein.</p>
                            <lb xml:id="tg497.2.92"/>
                            <stage rend="zenoPC" xml:id="tg497.2.93">
                                <hi rend="italic" xml:id="tg497.2.93.1">Variazio III</hi>
                            </stage>
                            <lb xml:id="tg497.2.94"/>
                            <p xml:id="tg497.2.95">Alles Vortreffliche ist immer noch neu, so alt es auch sein mag, es wird sich auch noch lange so erhalten, denn man nützt es durch Gebrauch nicht sonderlich ab. Wer den Satz versteht, dem ist es unbenommen, neu zu sein. – Aber, Lesewelt, Zuhörerschaft, wenn du dich etwa im Zustande des Nichtverstehens befinden solltest! Wenn der Teufel es ordentlich so veranstaltete, daß du dich zu klug fühltest, um klug zu sein! Kannst du vielleicht gar nicht einmal das Thema aus unsern Variationen heraushören?</p>
                            <p rend="zenoPLm4n0" xml:id="tg497.2.96">Je nun, so haben wir sie doch gespielt, wir legen den Bogen hin und gehn nach Hause.</p>
                            <pb n="346" xml:id="tg497.2.97"/>
                        </div>
                    </div>
                </div>
            </div>
            <div subtype="work:no" type="act" xml:id="tg498" n="/Literatur/M/Tieck, Ludwig/Dramen/Die verkehrte Welt/5. Akt">
                <div>
                    <desc>
                        <title>5. Akt</title>
                    </desc>
                </div>
                <div type="text" xml:id="tg498.2">
                    <div type="h4">
                        <head type="h4" xml:id="tg498.2.1">Fünfter Akt</head>
                        <stage rend="zenoPC" xml:id="tg498.2.4">
                            <hi rend="italic" xml:id="tg498.2.4.1">Der Parnaß.</hi>
                        </stage>
                        <lb xml:id="tg498.2.5"/>
                        <sp>
                            <speaker xml:id="tg498.2.6.part1">SKARAMUZ</speaker>
                            <stage>
                                <hi rend="italic" xml:id="tg498.2.6.1.part1">nachdenkend.</hi>
                            </stage>
                            <p xml:id="tg498.2.6.part2"> Die Regierung ist nunmehr in der schönsten Verfassung. Man kann nicht mehr Verstand haben, als ich besitze, und ich denke gewiß noch zu niedrig von mir. Bescheidenheit ist mein vorzüglichster Fehler, den ich mir mit der Zeit noch ganz abgewöhnen muß. – Manchmal schwindelt mir vor mir selber, wenn ich meine Größe ermesse; dann möcht ich den Hofpoeten wohl ein Buch in Dialogen von mir schreiben lassen. Aber der Hofpoet schreibt nicht erhaben genug.</p>
                            <lb xml:id="tg498.2.7"/>
                            <stage rend="zenoPC" xml:id="tg498.2.8">
                                <hi rend="italic" xml:id="tg498.2.8.1">Grünhelm kommt.</hi>
                            </stage>
                            <lb xml:id="tg498.2.9"/>
                        </sp>
                        <sp>
                            <speaker xml:id="tg498.2.10.part1">GRÜNHELM.</speaker>
                            <l xml:id="tg498.2.10.part2"> Mein König, mir fehlt es an Atem.</l>
                        </sp>
                        <sp>
                            <speaker xml:id="tg498.2.11.part1">SKARAMUZ.</speaker>
                            <l xml:id="tg498.2.11.part2"> Das ist schlimm.</l>
                        </sp>
                        <sp>
                            <speaker xml:id="tg498.2.12.part1">GRÜNHELM.</speaker>
                            <l xml:id="tg498.2.12.part2"> Grausame, furchtbare, schreckliche Neuigkeiten habe ich vorzutragen.</l>
                        </sp>
                        <sp>
                            <speaker xml:id="tg498.2.13.part1">SKARAMUZ.</speaker>
                            <l xml:id="tg498.2.13.part2"> Rede, Adjutant, ich fange an zu zittern.</l>
                        </sp>
                        <sp>
                            <speaker xml:id="tg498.2.14.part1">GRÜNHELM.</speaker>
                            <l xml:id="tg498.2.14.part2"> Zittern Sie nur, gnädiger Herr, Ihr Zittern ist gerade am rechten Orte angebracht.</l>
                        </sp>
                        <sp>
                            <speaker xml:id="tg498.2.15.part1">SKARAMUZ.</speaker>
                            <l xml:id="tg498.2.15.part2"> Nun so sprich nur endlich; ich vergeh in der Angst, und weiß noch gar nicht, was mir fehlt.</l>
                        </sp>
                        <sp>
                            <speaker xml:id="tg498.2.16.part1">GRÜNHELM.</speaker>
                            <l xml:id="tg498.2.16.part2"> Die vollkommenste Rebellion ist fertiggeworden.</l>
                        </sp>
                        <sp>
                            <speaker xml:id="tg498.2.17.part1">SKARAMUZ.</speaker>
                            <l xml:id="tg498.2.17.part2"> Rebellion? – Was willst du damit sagen?</l>
                        </sp>
                        <sp>
                            <speaker xml:id="tg498.2.18.part1">GRÜNHELM.</speaker>
                            <l xml:id="tg498.2.18.part2"> Ach, und daß ich nun Frau und Kinder habe, daß ich nicht nach Herzenslust davonlaufen kann!</l>
                        </sp>
                        <sp>
                            <speaker xml:id="tg498.2.19.part1">SKARAMUZ.</speaker>
                            <l xml:id="tg498.2.19.part2"> Bösewicht!</l>
                        </sp>
                        <sp>
                            <speaker xml:id="tg498.2.20.part1">GRÜNHELM.</speaker>
                            <p xml:id="tg498.2.20.part2"> Eine Rebellion ist unterwegs, wie ich sie noch nimmermehr gesehn habe; sie wurde schon als ein großes Stück beigesetzt, und ist nun am Feuer noch mehr aufgequollen, sie ist sehr gut aufgegangen, denn man hat vortreffliche Hefen hineingenommen.</p>
                        </sp>
                        <sp>
                            <speaker xml:id="tg498.2.21.part1">SKARAMUZ.</speaker>
                            <l xml:id="tg498.2.21.part2"> Was für Hefen? – Du wirst mich um die <hi rend="spaced" xml:id="tg498.2.21.1.part2">présence d'esprit</hi> bringen. – Was für Hefen?</l>
                        </sp>
                        <sp>
                            <speaker xml:id="tg498.2.22.part1">GRÜNHELM.</speaker>
                            <p xml:id="tg498.2.22.part2"> Je nun, die Kerls, die wir neulich haben scheren lassen – die Ungeheuer sind nun Rebellen geworden, und rebellieren, was das Zeug halten will.</p>
                        </sp>
                        <sp>
                            <speaker xml:id="tg498.2.23.part1">SKARAMUZ.</speaker>
                            <l xml:id="tg498.2.23.part2"> Nun, was will es denn halten?</l>
                        </sp>
                        <sp>
                            <speaker xml:id="tg498.2.24.part1">GRÜNHELM.</speaker>
                            <p xml:id="tg498.2.24.part2"> O Ihr müßt die sprichwörtlichen Redensarten <pb n="347" xml:id="tg498.2.24.1.part2"/>
nicht so genau nehmen. – Ach lieber Himmel! wo sollen wir bei der Belagerung nur Proviant hernehmen?</p>
                        </sp>
                        <sp>
                            <speaker xml:id="tg498.2.25.part1">SKARAMUZ.</speaker>
                            <l xml:id="tg498.2.25.part2"> Ich will aus dem Parnaß eine Festung machen – wenn ich nur erst wüßte, was es geben soll.</l>
                        </sp>
                        <sp>
                            <speaker xml:id="tg498.2.26.part1">GRÜNHELM.</speaker>
                            <p xml:id="tg498.2.26.part2"> Der Apoll will sein Reich wiederhaben, Admet steht ihm bei; sie haben eine große Schwadron von Menschen zusammengebracht, und da soll es nun über die armen Unschuldigen hergehen.</p>
                        </sp>
                        <sp>
                            <speaker xml:id="tg498.2.27.part1">SKARAMUZ.</speaker>
                            <l xml:id="tg498.2.27.part2"> Nennst du mich einen armen Unschuldigen?</l>
                        </sp>
                        <sp>
                            <speaker xml:id="tg498.2.28.part1">GRÜNHELM.</speaker>
                            <l xml:id="tg498.2.28.part2"> Ich meine leider mich.</l>
                        </sp>
                        <sp>
                            <speaker xml:id="tg498.2.29.part1">SKARAMUZ.</speaker>
                            <p xml:id="tg498.2.29.part2"> Wir müssen uns also zum Kriege rüsten. – Nur heran, Leute! Generale! Minister! es ist Krieg! Feuer! Feuer!</p>
                            <lb xml:id="tg498.2.30"/>
                            <stage rend="zenoPC" xml:id="tg498.2.31">
                                <hi rend="italic" xml:id="tg498.2.31.1">Generale und Minister versammeln sich. Soldaten mit Trommeln und Fahnen. Der Bäcker und Brauer kommen. Ein Nachtwächter.</hi>
                            </stage>
                            <lb xml:id="tg498.2.32"/>
                        </sp>
                        <sp>
                            <speaker xml:id="tg498.2.33.part1">SKARAMUZ.</speaker>
                            <p xml:id="tg498.2.33.part2"> Nachtwächter, blast Feuerlärm. – Geh einer hin, und lasse die Sturmglocken läuten. – Dagegen müssen eiligst Anstalten getroffen werden. – Wißt ihr's schon, meine Herrn? Das Neuste vom Jahr ist eine saubre niedliche Rebellion. <hi rend="italic" xml:id="tg498.2.33.1.part2">Sturmgeläute, Blasen der Nachtwächter, Trommeln.</hi> Nun hört nur den allerliebsten Lärmen. – Ja, ja, solche Freude hat man vom Königsein. – Ihr Leute, habt ihr denn auch Courage?</p>
                        </sp>
                        <sp>
                            <speaker xml:id="tg498.2.34.part1">GENERAL.</speaker>
                            <l xml:id="tg498.2.34.part2"> Ohne Zweifel, mein König.</l>
                        </sp>
                        <sp>
                            <speaker xml:id="tg498.2.35.part1">SKARAMUZ.</speaker>
                            <p xml:id="tg498.2.35.part2"> Nu, nu, ich fragte nur. – Wer wollte auch in so betrübten verzweiflungsvollen Zeitläuften nicht Courage haben? – Und, denkt nur, auf mich armen unschuldigen Menschen ist es abgesehn!</p>
                        </sp>
                        <sp>
                            <speaker xml:id="tg498.2.36.part1">BRAUER.</speaker>
                            <l xml:id="tg498.2.36.part2"> Herr König, ist etwa Feuer?</l>
                        </sp>
                        <sp>
                            <speaker xml:id="tg498.2.37.part1">SKARAMUZ.</speaker>
                            <l xml:id="tg498.2.37.part2"> Ochsenkopf! eine Rebellion ist ausgebrochen!</l>
                        </sp>
                        <sp>
                            <speaker xml:id="tg498.2.38.part1">BRAUER.</speaker>
                            <l xml:id="tg498.2.38.part2"> In welcher Gasse?</l>
                        </sp>
                        <sp>
                            <speaker xml:id="tg498.2.39.part1">BÄCKER.</speaker>
                            <l xml:id="tg498.2.39.part2"> Kann sie nicht wieder eingesperrt werden?</l>
                        </sp>
                        <sp>
                            <speaker xml:id="tg498.2.40.part1">SKARAMUZ.</speaker>
                            <p xml:id="tg498.2.40.part2"> O liebste Untertanen, seid nicht wie das Rindvieh, darum bitte ich inständigst. Bewaffnet euch, denn der Feind ist schon in der Nähe. Die ganze Macht rückt nämlich heran. – Leute, was machen wir?</p>
                        </sp>
                        <sp>
                            <speaker xml:id="tg498.2.41.part1">GRÜNHELM.</speaker>
                            <l xml:id="tg498.2.41.part2"> Ist kein Davonlaufen möglich?</l>
                        </sp>
                        <sp>
                            <speaker xml:id="tg498.2.42.part1">MINISTER.</speaker>
                            <l xml:id="tg498.2.42.part2"> Durchaus nicht.</l>
                        </sp>
                        <sp>
                            <speaker xml:id="tg498.2.43.part1">SKARAMUZ.</speaker>
                            <l xml:id="tg498.2.43.part2"> Nein, durchaus nicht. – Läßt sich nicht noch geschwind eine Festung bauen?</l>
                        </sp>
                        <sp>
                            <speaker xml:id="tg498.2.44.part1">GENERAL.</speaker>
                            <l xml:id="tg498.2.44.part2"> Unmöglich, und es sind auch nicht einmal die Materialien da.</l>
                            <pb n="348" xml:id="tg498.2.45"/>
                        </sp>
                        <sp>
                            <speaker xml:id="tg498.2.46.part1">SKARAMUZ.</speaker>
                            <l xml:id="tg498.2.46.part2"> Sagt einmal – sollten sich die Feinde nicht vor dem Teufelsspektakul fürchten?</l>
                        </sp>
                        <sp>
                            <speaker xml:id="tg498.2.47.part1">GENERAL.</speaker>
                            <l xml:id="tg498.2.47.part2"> Schwerlich.</l>
                        </sp>
                        <sp>
                            <speaker xml:id="tg498.2.48.part1">SKARAMUZ.</speaker>
                            <p xml:id="tg498.2.48.part2"> Fürchte ich mich doch; zum Henker! das müssen ja vermaledeite Feinde sein! Müssen mir nun gerade die schlimmsten Feinde auf den Hals kommen!</p>
                            <lb xml:id="tg498.2.49"/>
                            <stage rend="zenoPC" xml:id="tg498.2.50">
                                <hi rend="italic" xml:id="tg498.2.50.1">Harlekin kömmt.</hi>
                            </stage>
                            <lb xml:id="tg498.2.51"/>
                        </sp>
                        <sp>
                            <speaker xml:id="tg498.2.52.part1">HARLEKIN.</speaker>
                            <l xml:id="tg498.2.52.part2"> Mein König, zur See haben wir einen großen Vorteil.</l>
                        </sp>
                        <sp>
                            <speaker xml:id="tg498.2.53.part1">SKARAMUZ.</speaker>
                            <l xml:id="tg498.2.53.part2"> Das ist ja schön.</l>
                        </sp>
                        <sp>
                            <speaker xml:id="tg498.2.54.part1">HARLEKIN.</speaker>
                            <l xml:id="tg498.2.54.part2"> Der Feind hat nämlich gar keine Flotte. Von der Seite wären wir also sicher.</l>
                        </sp>
                        <sp>
                            <speaker xml:id="tg498.2.55.part1">SKARAMUZ.</speaker>
                            <p xml:id="tg498.2.55.part2"> Ein schöner Trost! – O nur brav Mannschaften zusammengebracht! bewaffnet euch all, ihr Leute! – Das ist mir so plötzlich gekommen, daß ich mich kaum zu fassen weiß. – Brauer, alle deine Gäste müssen fechten. – Ach, welch ein Blutbad wird das geben! – Eine ruhige Regierung ist doch eine große Gabe. – Sollte der Maschinist wohl wieder schuld daran sein?</p>
                        </sp>
                        <sp>
                            <speaker xml:id="tg498.2.56.part1">MASCHINIST.</speaker>
                            <p xml:id="tg498.2.56.part2"> Nein, mein König, denn ich diene ja auf Eurer Seite. Verzagt überhaupt nur nicht, denn wir sind an Anzahl den Feinden sehr überlegen. Ich will Donner und Blitz ein richten, und wer auf die Falltüren tritt, soll plötzlich versinken.</p>
                        </sp>
                        <sp>
                            <speaker xml:id="tg498.2.57.part1">SKARAMUZ.</speaker>
                            <p xml:id="tg498.2.57.part2"> Das ist schön. Wir müssen alle Minen springen lassen. – Wenn der Krieg erst ganz vorbei ist, dann wollen wir uns recht lustig miteinander machen. Nun kommt, kommt, wir wollen alle Anstalten treffen.</p>
                            <lb xml:id="tg498.2.58"/>
                            <stage rend="zenoPC" xml:id="tg498.2.59">
                                <hi rend="italic" xml:id="tg498.2.59.1">Sie gehn ab.</hi>
                            </stage>
                            <stage rend="zenoPC" xml:id="tg498.2.60">
                                <hi rend="italic" xml:id="tg498.2.60.1">Der Brauer und Bäcker bleiben.</hi>
                            </stage>
                            <lb xml:id="tg498.2.61"/>
                        </sp>
                        <sp>
                            <speaker xml:id="tg498.2.62.part1">BRAUER.</speaker>
                            <l xml:id="tg498.2.62.part2"> Wir müssen uns nun auch nur zum Kriege anziehn.</l>
                        </sp>
                        <sp>
                            <speaker xml:id="tg498.2.63.part1">BÄCKER.</speaker>
                            <l xml:id="tg498.2.63.part2"> Es wird wohl nicht anders werden. Wer soll aber indes für die Semmeln sorgen?</l>
                        </sp>
                        <sp>
                            <speaker xml:id="tg498.2.64.part1">BRAUER.</speaker>
                            <l xml:id="tg498.2.64.part2"> Wir wollen ein Dutzend mit ins Feld nehmen, dann ist es ja gut.</l>
                        </sp>
                        <sp>
                            <speaker xml:id="tg498.2.65.part1">BÄCKER.</speaker>
                            <l xml:id="tg498.2.65.part2"> Wie du's verstehst nämlich. – Ich wollte, der Teufel holte den Krieg!</l>
                        </sp>
                        <sp>
                            <speaker xml:id="tg498.2.66.part1">BRAUER.</speaker>
                            <l xml:id="tg498.2.66.part2"> Ich muß doch nach meinen Gästen sehn, und ihnen die schöne Neuigkeit melden. <hi rend="italic" xml:id="tg498.2.66.1.part2">Ab.</hi>
                            </l>
                            <pb n="349" xml:id="tg498.2.67"/>
                        </sp>
                        <sp>
                            <speaker xml:id="tg498.2.68.part1">BÄCKER.</speaker>
                            <p xml:id="tg498.2.68.part2"> Erstens, das Schießen ist mir zuwider; zweitens hat der Satan das Pulver erfunden; drittens geht es für den Skaramuz, für den ich keinen Patriotismus habe; viertens, ist Krieg nicht mein Handwerk; fünftens, kann der Beste bei solchem Spaße umkommen; sechstens, heiratet mein Geselle nach meinem Tode vielleicht meine Frau; siebentens, steht der Galgen aufs Desertieren – o man findet keinen Grund und Boden, gar kein Ende, wenn man alle Übel des Krieges herrechnen wollte.</p>
                            <lb xml:id="tg498.2.69"/>
                            <stage rend="zenoPC" xml:id="tg498.2.70">
                                <hi rend="italic" xml:id="tg498.2.70.1">Brauer treibt die Gäste hinaus.</hi>
                            </stage>
                            <lb xml:id="tg498.2.71"/>
                        </sp>
                        <sp>
                            <speaker xml:id="tg498.2.72.part1">BRAUER.</speaker>
                            <l xml:id="tg498.2.72.part2"> Keiner von den Hunden will auf seinen Beinen stehn, da liegen sie alle in den Winkeln und schlafen.</l>
                        </sp>
                        <sp>
                            <speaker xml:id="tg498.2.73.part1">VIERTER GAST.</speaker>
                            <p xml:id="tg498.2.73.part2"> Aufzuwecken! vom Schlaf aufzuwecken! mitten aus dem Winkel einen Mann herauszuwecken, der alle Tage sein Geld hier verzehrt hat! Nein, das ist zu grob.</p>
                        </sp>
                        <sp>
                            <speaker xml:id="tg498.2.74.part1">ERSTER GAST.</speaker>
                            <l xml:id="tg498.2.74.part2"> Was gibt's denn?</l>
                        </sp>
                        <sp>
                            <speaker xml:id="tg498.2.75.part1">ZWEITER GAST.</speaker>
                            <l xml:id="tg498.2.75.part2"> Er wird wieder wollen Kegel spielen.</l>
                        </sp>
                        <sp>
                            <speaker xml:id="tg498.2.76.part1">BRAUER.</speaker>
                            <l xml:id="tg498.2.76.part2"> Leute, wir haben Krieg, wir haben Blutbad, die Empörung ist im Schwange gegangen.</l>
                        </sp>
                        <sp>
                            <speaker xml:id="tg498.2.77.part1">BÄCKER.</speaker>
                            <l xml:id="tg498.2.77.part2"> Das nun nicht, es ist nichts als simple Rebellion.</l>
                        </sp>
                        <sp>
                            <speaker xml:id="tg498.2.78.part1">BRAUER.</speaker>
                            <l xml:id="tg498.2.78.part2"> Ihr mögt wohl selbst simpel sein.</l>
                        </sp>
                        <sp>
                            <speaker xml:id="tg498.2.79.part1">BÄCKER.</speaker>
                            <l xml:id="tg498.2.79.part2"> Wer ist simpel? – Wer hat das Herz, das zu sagen?</l>
                        </sp>
                        <sp>
                            <speaker xml:id="tg498.2.80.part1">BRAUER.</speaker>
                            <l xml:id="tg498.2.80.part2"> Ich.</l>
                        </sp>
                        <sp>
                            <speaker xml:id="tg498.2.81.part1">BÄCKER.</speaker>
                            <l xml:id="tg498.2.81.part2"> Das soll gestraft werden. Hier wart einen Augenblick.</l>
                            <lb xml:id="tg498.2.82"/>
                            <stage rend="zenoPC" xml:id="tg498.2.83">
                                <hi rend="italic" xml:id="tg498.2.83.1">Bäcker und Brauer ab.</hi>
                            </stage>
                            <lb xml:id="tg498.2.84"/>
                        </sp>
                        <sp>
                            <speaker xml:id="tg498.2.85.part1">VIERTER GAST.</speaker>
                            <p xml:id="tg498.2.85.part2"> Herauszuwecken! Es geht zu weit in unsern Tagen! Die Weltbegebenheit hat so was noch nicht erlebt, daß sie ist aus dem Schlummer herausgeweckt worden!</p>
                            <p xml:id="tg498.2.86">Keinem verstorbenen Kaiser und Kurfürsten ist das noch nicht begegnet, und mir muß das arrivieren! Das kann ich nur nicht verdauen.</p>
                        </sp>
                        <sp>
                            <speaker xml:id="tg498.2.87.part1">DRITTER GAST.</speaker>
                            <l xml:id="tg498.2.87.part2"> Gevatter, haben wir bald Fastnacht?</l>
                        </sp>
                        <sp>
                            <speaker xml:id="tg498.2.88.part1">VIERTER GAST.</speaker>
                            <l xml:id="tg498.2.88.part2"> Religionskrieg haben wir vors erste! Habt Ihr's denn nicht gehört?</l>
                        </sp>
                        <sp>
                            <speaker xml:id="tg498.2.89.part1">DRITTER GAST.</speaker>
                            <l xml:id="tg498.2.89.part2"> Also ist die Gewissensfreiheit wieder zum Teufel?</l>
                        </sp>
                        <sp>
                            <speaker xml:id="tg498.2.90.part1">VIERTER GAST.</speaker>
                            <lg>
                                <l xml:id="tg498.2.90.part2"> Die totale Mondfinsternis wird wieder Mode. –</l>
                                <l xml:id="tg498.2.91">Hol der Satan alles, wenn ich nicht mehr frei denken darf.</l>
                            </lg>
                        </sp>
                        <sp>
                            <speaker xml:id="tg498.2.92.part1">ERSTER GAST.</speaker>
                            <l xml:id="tg498.2.92.part2"> Wer will es uns aber wehren?</l>
                        </sp>
                        <sp>
                            <speaker xml:id="tg498.2.93.part1">VIERTER GAST.</speaker>
                            <l xml:id="tg498.2.93.part2"> Das wird dir schon gewiesen werden, wenn die Religion aus der freien Ausübung wieder herauskommt.</l>
                            <pb n="350" xml:id="tg498.2.94"/>
                        </sp>
                        <sp>
                            <speaker xml:id="tg498.2.95.part1">ZWEITER GAST.</speaker>
                            <l xml:id="tg498.2.95.part2"> Aber ist denn der Antichrist schon unterwegs?</l>
                        </sp>
                        <sp>
                            <speaker xml:id="tg498.2.96.part1">VIERTER GAST.</speaker>
                            <p xml:id="tg498.2.96.part2"> Freilich. Nun muß unser Gewissen wieder leiden. Das arme Tier ist kaum ein bißchen zu Atem gekommen. Um die unschuldige Bestie tut mir's nur am meisten leid.</p>
                            <lb xml:id="tg498.2.97"/>
                            <stage rend="zenoPC" xml:id="tg498.2.98">
                                <hi rend="italic" xml:id="tg498.2.98.1">Brauer und Bäcker kommen gerüstet herauf.</hi>
                            </stage>
                            <lb xml:id="tg498.2.99"/>
                        </sp>
                        <sp>
                            <speaker xml:id="tg498.2.100.part1">BÄCKER.</speaker>
                            <l xml:id="tg498.2.100.part2"> Nur heran, Brauer, wenn du Herz hast.</l>
                        </sp>
                        <sp>
                            <speaker xml:id="tg498.2.101.part1">BRAUER.</speaker>
                            <l xml:id="tg498.2.101.part2"> O ich warte sehnlichst darauf, dich umzubringen.</l>
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                            <stage rend="zenoPC" xml:id="tg498.2.103">
                                <hi rend="italic" xml:id="tg498.2.103.1">Sie fechten.</hi>
                            </stage>
                            <lb xml:id="tg498.2.104"/>
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                        <sp>
                            <speaker xml:id="tg498.2.105.part1">VIERTER GAST.</speaker>
                            <l xml:id="tg498.2.105.part2"> Seht ihr, da fängt die Intoleranz schon an; das wird nun bald mehr um sich greifen.</l>
                            <lb xml:id="tg498.2.106"/>
                            <stage rend="zenoPC" xml:id="tg498.2.107">
                                <hi rend="italic" xml:id="tg498.2.107.1">Skaramuz kömmt.</hi>
                            </stage>
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                        </sp>
                        <sp>
                            <speaker xml:id="tg498.2.109.part1">SKARAMUZ.</speaker>
                            <l xml:id="tg498.2.109.part2"> Ei! da ist ja schon ein Stückchen Rebellion!</l>
                        </sp>
                        <sp>
                            <speaker xml:id="tg498.2.110.part1">BRAUER.</speaker>
                            <l xml:id="tg498.2.110.part2"> Halt! Ich bin überwunden.</l>
                        </sp>
                        <sp>
                            <speaker xml:id="tg498.2.111.part1">SKARAMUZ.</speaker>
                            <l xml:id="tg498.2.111.part2"> Worüber seid ihr denn uneins?</l>
                        </sp>
                        <sp>
                            <speaker xml:id="tg498.2.112.part1">BRAUER.</speaker>
                            <l xml:id="tg498.2.112.part2"> Wir wissen's selber nicht, Herr König; wir brauchen auch, gottlob, keine Ursachen dazu.</l>
                        </sp>
                        <sp>
                            <speaker xml:id="tg498.2.113.part1">SKARAMUZ.</speaker>
                            <l xml:id="tg498.2.113.part2"> Vertragt euch. – Und ihr, Leute, rüstet euch ebenfalls, ihr seid ja meine leiblichen Untertanen.</l>
                        </sp>
                        <sp>
                            <speaker xml:id="tg498.2.114.part1">ERSTER GAST.</speaker>
                            <l xml:id="tg498.2.114.part2"> Was sollen wir denn verfechten?</l>
                        </sp>
                        <sp>
                            <speaker xml:id="tg498.2.115.part1">SKARAMUZ.</speaker>
                            <l xml:id="tg498.2.115.part2"> Narren, den Krieg.</l>
                        </sp>
                        <sp>
                            <speaker xml:id="tg498.2.116.part1">VIERTER GAST.</speaker>
                            <l xml:id="tg498.2.116.part2"> Ob's gegen den Türken gedient sein soll?</l>
                        </sp>
                        <sp>
                            <speaker xml:id="tg498.2.117.part1">SKARAMUZ.</speaker>
                            <l xml:id="tg498.2.117.part2"> Gegen den Feind. – Macht euch fertig, ich habe mehr zu tun. <hi rend="italic" xml:id="tg498.2.117.1.part2">Ab.</hi>
                            </l>
                        </sp>
                        <sp>
                            <speaker xml:id="tg498.2.118.part1">VIERTER GAST.</speaker>
                            <p xml:id="tg498.2.118.part2"> Kommt, Leute, und überleset die zehn Gebote oder die sieben Bitten, was ihr am ersten habhaft werden könnt, und dann laßt uns sogleich in den Krieg ziehn. <hi rend="italic" xml:id="tg498.2.118.1.part2">Ab.</hi>
                            </p>
                        </sp>
                        <sp>
                            <speaker xml:id="tg498.2.119.part1">BRAUER.</speaker>
                            <l xml:id="tg498.2.119.part2"> Wir beide können gleich in unsrer Rüstung bleiben. <hi rend="italic" xml:id="tg498.2.119.1.part2">Ab mit dem Bäcker.</hi>
                            </l>
                            <lb xml:id="tg498.2.120"/>
                            <stage rend="zenoPC" xml:id="tg498.2.121">
                                <hi rend="italic" xml:id="tg498.2.121.1">Grünhelm, Thalia.</hi>
                            </stage>
                            <lb xml:id="tg498.2.122"/>
                        </sp>
                        <sp>
                            <speaker xml:id="tg498.2.123.part1">THALIA.</speaker>
                            <l xml:id="tg498.2.123.part2"> Und du willst dein Weib, dein unmündiges Kind verlassen?</l>
                        </sp>
                        <sp>
                            <speaker xml:id="tg498.2.124.part1">GRÜNHELM.</speaker>
                            <p xml:id="tg498.2.124.part2"> Ja, liebe Frau, es ist nun nicht anders, ich muß. Oder willst du lieber, daß ich im Kriege umkommen soll?</p>
                        </sp>
                        <sp>
                            <speaker xml:id="tg498.2.125.part1">THALIA.</speaker>
                            <l xml:id="tg498.2.125.part2"> Keins von beiden, sondern du sollst bei mir bleiben.</l>
                        </sp>
                        <sp>
                            <speaker xml:id="tg498.2.126.part1">GRÜNHELM.</speaker>
                            <l xml:id="tg498.2.126.part2"> Das geht aber nimmermehr.</l>
                        </sp>
                        <sp>
                            <speaker xml:id="tg498.2.127.part1">THALIA.</speaker>
                            <l xml:id="tg498.2.127.part2"> So versuche wenigstens dein Heil im Kriege.</l>
                        </sp>
                        <sp>
                            <speaker xml:id="tg498.2.128.part1">GRÜNHELM.</speaker>
                            <l xml:id="tg498.2.128.part2"> Das geht noch viel weniger.</l>
                            <pb n="351" xml:id="tg498.2.129"/>
                        </sp>
                        <sp>
                            <speaker xml:id="tg498.2.130.part1">THALIA.</speaker>
                            <p xml:id="tg498.2.130.part2"> Du willst also dein Vaterland und mich verlassen? O du Hartherziger! habe ich dich darum so geliebt, bin ich dir darum so getreu gewesen? Der König hätte vielleicht seine Neigung auf mich geworfen, wenn unsre Ehe nicht gewesen wäre.</p>
                        </sp>
                        <sp>
                            <speaker xml:id="tg498.2.131.part1">GRÜNHELM.</speaker>
                            <l xml:id="tg498.2.131.part2"> Beruhige dich, liebe Frau, der König hat vielleicht auch am längsten gelebt.</l>
                        </sp>
                        <sp>
                            <speaker xml:id="tg498.2.132.part1">THALIA</speaker>
                            <stage>
                                <hi rend="italic" xml:id="tg498.2.132.1.part1">niederknieend.</hi>
                            </stage>
                            <p xml:id="tg498.2.132.part2"> Du hast mich noch niemals weinen sehen; o sieh, wie ich jetzt zu deinen Füßen Tränen vergieße. Laß dich durch mein Flehen zurückhalten. Sind meine Worte zu schwach, o so laß die Worte deines Kindes die Kraft der meinigen vermehren. Erinnre dich der frohen Stunden, die wir miteinander verlebt haben; gedenke der süßen Hoffnungen, von denen wir uns unterhielten. – Soll alles dies nun gänzlich vorüber sein? – Wie? bist du gerührt?</p>
                        </sp>
                        <sp>
                            <speaker xml:id="tg498.2.133.part1">GRÜNHELM.</speaker>
                            <l xml:id="tg498.2.133.part2"> Keinesweges, Geliebte, außer zum Weglaufen, und das bin ich, wie gesagt, schon von Natur.</l>
                        </sp>
                        <sp>
                            <speaker xml:id="tg498.2.134.part1">THALIA.</speaker>
                            <p xml:id="tg498.2.134.part2"> So will ich auch kein einziges Wort mehr verschwenden, du Feigherziger! Geh denn, andre Männer werden meine Liebe höher achten. <hi rend="italic" xml:id="tg498.2.134.1.part2">Sie geht ins Haus.</hi>
                            </p>
                        </sp>
                        <sp>
                            <speaker xml:id="tg498.2.135.part1">GRÜNHELM.</speaker>
                            <p xml:id="tg498.2.135.part2"> Nun ich sie verlassen soll, fang ich bei meiner Seele erst an sie zu lieben. – <hi rend="italic" xml:id="tg498.2.135.1.part2">An das Parterre.</hi> Ja, meine Herren, es ist mit mir so weit gekommen, daß ich beschlossen habe, das Theater wieder zu verlassen, denn für den Krieg bin ich durchaus nicht gemacht. Es ist schon eine geraume Zeit her, daß ich hier heraufkletterte, und nun stehe ich wieder hier, im Begriff, hinunterzuklettern. – Wunderbar! daß unser Leben einen solchen Kreis durchläuft, der zu Ende ist, ehe wir es uns versehn.</p>
                            <p xml:id="tg498.2.136">Meine Geehrtesten! sehn Sie, ich bin nun bis zum Selbstmorde gekommen: ich meine, daß ich den Schauplatz wieder verlassen will. Ich hätte nicht geglaubt, daß meine Bestimmung mich dahin bringen sollte.</p>
                            <p xml:id="tg498.2.137">Dunkles Land! – Wie ist es jenseit dem Souffleur und diesen Lampen? – Ist es mir doch, als könnt ich mich leise dieses Zustandes erinnern. – Wie mag es dort unter euch sein, ihr ruhig anschauende Schatten? Ihr habt doch wohl alle eure Narrheiten zu Hause gelassen, so wie eure Geschäfte?</p>
                            <p xml:id="tg498.2.138">Apropos, Narrheiten! – Was haltet ihr davon? Die Menschen halten sehr viel davon und glauben es nicht. Jetzt erst, am Rande des Grabes, seh ich meine Torheiten vollkommen ein<pb n="352" xml:id="tg498.2.138.1"/>
 – und dies vollkommene Einsehn ist nur meine letzte Torheit. – Wer es vorher wüßte, wie oft ihm der Witz versagte: wie oft eine Posse, die ihn ergötzt, keinem andern gefällt – o wer das vorhersehen könnte, würde nimmermehr ein so langweiliges Spiel anfangen.</p>
                            <p xml:id="tg498.2.139">Vor meiner Geburt war ich gewiß schon ein Narr, denn sonst hätte mir das Klugwerden nach der Geburt etwas leichter und natürlicher ankommen müssen. – In meiner Kindheit war ich ein Narr, und das bedarf keines Beweises. Dann wurde ich in die Torheit der Wissenschaften hineingetrieben und wurde ein ausgemachter Narr, denn ich wurde eitel und dünkte mich gelehrt und weise. Dann wurde ich ein Zänker, der Händel suchte und immer schlimm dabei wegkam. Darauf verbesserte ich mich zu einem furchtsamen Narren; ein Zustand, den ich jetzt zum zweiten Male erlebe, und der mir die Gelegenheit verschafft, diese wenigen Betrachtungen anzustellen.</p>
                            <p xml:id="tg498.2.140">Doch, daß ich's kurz mache, ich wurde verliebt, ja ich heiratete, eine größere Narrheit folgte der großen; nun ward ich gar Vater und sah in allem, was mein Kind schrie und spielte, die wunderbarsten Genieanlagen, verhätschelte mich in ihm und war in Zärtlichkeit und Eigenliebe der größte Narr. Wie nun gar, da ich philosophisch zu erziehen anfing!</p>
                            <p xml:id="tg498.2.141">Das ist so der kurzgefaßte Inbegriff aller meiner Wissenschaften, und nun, meine Hochgeehrtesten- dies sind ohngefähr die letzten Worte, die ich sagen kann, denn bald werde ich hier nicht mehr sein – (ich wollte, es fiele mir noch ein andrer Spaß ein, als daß ich gleich herunterspringen werde – nein, in der Tat, mir kömmt gar nichts bei) – nun also werd ich mich, wie gesagt, zu euch verfügen, um von dort in Ruhe den Sturz des Skaramuz zu sehn. – Jetzt spring ich! Kopf weg! <hi rend="italic" xml:id="tg498.2.141.1">Er springt in das Parterre hinab.</hi>
                            </p>
                        </sp>
                        <sp>
                            <speaker xml:id="tg498.2.142.part1">SCÄVOLA.</speaker>
                            <l xml:id="tg498.2.142.part2"> Das war eine erstaunlich rührende Szene. – Aber was heult denn hier so?</l>
                        </sp>
                        <sp>
                            <speaker xml:id="tg498.2.143.part1">DER ANDRE.</speaker>
                            <l xml:id="tg498.2.143.part2"> Herr Wachtel schluchzt so sehr.</l>
                        </sp>
                        <sp>
                            <speaker xml:id="tg498.2.144.part1">WACHTEL.</speaker>
                            <l xml:id="tg498.2.144.part2"> Ne- nein – ei- ei- einen solchen – Selbstmord – ka- kann's nicht ansehn!</l>
                            <lb xml:id="tg498.2.145"/>
                            <stage rend="zenoPC" xml:id="tg498.2.146">
                                <hi rend="italic" xml:id="tg498.2.146.1">Die Armee des Skaramuz, darunter Schatzmeister, Stallmeister, Rabe, der Fremde, der Maschinist, Harlekin, der Leser.</hi>
                            </stage>
                            <lb xml:id="tg498.2.147"/>
                        </sp>
                        <sp>
                            <speaker xml:id="tg498.2.148.part1">SKARAMUZ</speaker>
                            <stage>
                                <hi rend="italic" xml:id="tg498.2.148.1.part1">reitet in voller Rüstung auf seinem Esel herein.</hi>
                            </stage>
                            <pb n="353" xml:id="tg498.2.149"/>
                        </sp>
                        <sp>
                            <speaker xml:id="tg498.2.150.part1">SKARAMUZ.</speaker>
                            <p xml:id="tg498.2.150.part2"> Der Feind ist ganz nahe – fürchtet euch nur nicht, liebsten Leute – er ist doch immer nur der Feind. – Wo ist mein Adjutant?</p>
                        </sp>
                        <sp>
                            <speaker xml:id="tg498.2.151.part1">HARLEKIN.</speaker>
                            <l xml:id="tg498.2.151.part2"> Er soll sich selber umgebracht haben.</l>
                        </sp>
                        <sp>
                            <speaker xml:id="tg498.2.152.part1">GRÜNHELM.</speaker>
                            <l xml:id="tg498.2.152.part2"> Ja, ich sitze hier mit meiner Seele in Elysium, und fürchte mich nun nicht mehr.</l>
                        </sp>
                        <sp>
                            <speaker xml:id="tg498.2.153.part1">SKARAMUZ.</speaker>
                            <p xml:id="tg498.2.153.part2"> Ach, er ist zu beneiden, lieben Freunde; auf die Fieberschauer dieses Lebens schläft er wohl, er ist glücklich.</p>
                            <lb xml:id="tg498.2.154"/>
                            <stage rend="zenoPC" xml:id="tg498.2.155">
                                <hi rend="italic" xml:id="tg498.2.155.1">Trompeten. Das Heer des Apollo, mit ihm Admet, Myrtill, Aulicus, der Schriftsteller, der Wirt, der Poet, der Directeur.</hi>
                            </stage>
                            <lb xml:id="tg498.2.156"/>
                        </sp>
                        <sp>
                            <speaker xml:id="tg498.2.157.part1">SKARAMUZ.</speaker>
                            <p xml:id="tg498.2.157.part2"> Da sind die grausamen Feinde, alle sind sie da – und hört nur, wie unverschämt sie in die Trompeten stoßen!</p>
                            <lb xml:id="tg498.2.158"/>
                            <stage rend="zenoPC" xml:id="tg498.2.159">
                                <hi rend="italic" xml:id="tg498.2.159.1">Apollo, der auf dem Pegasus durch die Luft herunterfliegt.</hi>
                            </stage>
                            <lb xml:id="tg498.2.160"/>
                        </sp>
                        <sp>
                            <speaker xml:id="tg498.2.161.part1">SKARAMUZ.</speaker>
                            <l xml:id="tg498.2.161.part2"> Seht, was der Kerl da für Streiche macht! – Das verursacht gewiß wieder der verwünschte Maschinist.</l>
                        </sp>
                        <sp>
                            <speaker xml:id="tg498.2.162.part1">MASCHINIST.</speaker>
                            <l xml:id="tg498.2.162.part2"> Wahrlich nicht, mein König, diese Künste sind mir selber unbegreiflich.</l>
                        </sp>
                        <sp>
                            <speaker xml:id="tg498.2.163.part1">SKARAMUZ.</speaker>
                            <p xml:id="tg498.2.163.part2"> Nun, Leute, haltet euch nur tapfer, denn das ist die Hauptsache, alles übrige wird nicht viel zu bedeuten haben. – Ich kann keine langen Reden halten, aber einen Schlachtgesang sollen uns die Musen singen.</p>
                        </sp>
                        <sp>
                            <speaker xml:id="tg498.2.164">SCHLACHTGESANG.</speaker>
                            <lg>
                                <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg498.2.165">Das Vaterland! das Vaterland!</l>
                                <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg498.2.166">Daß nur keiner davonläuft!</l>
                                <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg498.2.167">Ihr kennt doch wohl den Stock? –</l>
                                <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg498.2.168">Das Vaterland! das Vaterland!</l>
                                <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg498.2.169">Frisch in den Feind hinein,</l>
                                <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg498.2.170">Sonst soll der Stock –</l>
                                <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg498.2.171">O Vaterland! o Vaterland!</l>
                                <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg498.2.172">Für dich nur fechten wir:</l>
                                <l rend="zenoPLm4n4" xml:id="tg498.2.173">Du bist der Stock!</l>
                            </lg>
                            <lb xml:id="tg498.2.174"/>
                            <stage rend="zenoPC" xml:id="tg498.2.175">
                                <hi rend="italic" xml:id="tg498.2.175.1">Es wird das Zeichen zum Angriff gegeben, eine fürchterliche Schlacht, alle gehn kämpfend ab.</hi>
                            </stage>
                            <stage rend="zenoPC" xml:id="tg498.2.176">
                                <hi rend="italic" xml:id="tg498.2.176.1">Feldgeschrei. Der Maschinist, der Poet, im Zweikampfe.</hi>
                            </stage>
                            <lb xml:id="tg498.2.177"/>
                        </sp>
                        <sp>
                            <speaker xml:id="tg498.2.178.part1">POET.</speaker>
                            <l xml:id="tg498.2.178.part2"> Ergib dich, du erbärmlicher Maschinist, der nur immer für den elendesten Effekt arbeitet.</l>
                        </sp>
                        <sp>
                            <speaker xml:id="tg498.2.179.part1">MASCHINIST.</speaker>
                            <p xml:id="tg498.2.179.part2"> Ergib dich, Poet, der du so unverschämt bist, <pb n="354" xml:id="tg498.2.179.1.part2"/>
zu verlangen, daß sich die Menschen der Poesie erfreuen sollen.</p>
                        </sp>
                        <sp>
                            <speaker xml:id="tg498.2.180.part1">POET.</speaker>
                            <l xml:id="tg498.2.180.part2"> Ja, das will ich, und sie sollen es!</l>
                        </sp>
                        <sp>
                            <speaker xml:id="tg498.2.181.part1">MASCHINIST.</speaker>
                            <l xml:id="tg498.2.181.part2"> Und sie sollen die Dekorationen vorziehn!</l>
                            <lb xml:id="tg498.2.182"/>
                            <stage rend="zenoPC" xml:id="tg498.2.183">
                                <hi rend="italic" xml:id="tg498.2.183.1">Gehn fechtend ab.</hi>
                            </stage>
                            <stage rend="zenoPC" xml:id="tg498.2.184">
                                <hi rend="italic" xml:id="tg498.2.184.1">Apollo mit Gefolge.</hi>
                            </stage>
                            <lb xml:id="tg498.2.185"/>
                        </sp>
                        <sp>
                            <speaker xml:id="tg498.2.186.part1">APOLLO.</speaker>
                            <l xml:id="tg498.2.186.part2"> Frisch, meine Freunde! der Sieg neigt sich schon auf unsre Seite.</l>
                            <lb xml:id="tg498.2.187"/>
                            <stage rend="zenoPC" xml:id="tg498.2.188">
                                <hi rend="italic" xml:id="tg498.2.188.1">Brauer kömmt.</hi>
                            </stage>
                            <lb xml:id="tg498.2.189"/>
                        </sp>
                        <sp>
                            <speaker xml:id="tg498.2.190.part1">BRAUER.</speaker>
                            <p xml:id="tg498.2.190.part2"> Ich habe schon ein paar Wunden, die mir nicht übel schmecken. Skaramuz tut wahre Wunder der Tapferkeit; den Esel haben sie ihm unterm Leibe umgebracht, die hartherzigen Feinde; aber das rührt ihn nicht, er streitet zu Fuß immer weiter.</p>
                            <lb xml:id="tg498.2.191"/>
                            <stage rend="zenoPC" xml:id="tg498.2.192">
                                <hi rend="italic" xml:id="tg498.2.192.1">Skaramuz tritt auf.</hi>
                            </stage>
                            <lb xml:id="tg498.2.193"/>
                        </sp>
                        <sp>
                            <speaker xml:id="tg498.2.194.part1">SKARAMUZ.</speaker>
                            <l xml:id="tg498.2.194.part2"> Ein Pferd! ein Pferd! mein Königreich für ein Pferd!</l>
                        </sp>
                        <sp>
                            <speaker xml:id="tg498.2.195.part1">BRAUER.</speaker>
                            <l xml:id="tg498.2.195.part2"> Warum denn gleich das ganze Königreich? So bleibt Euch ja nachher nichts übrig.</l>
                        </sp>
                        <sp>
                            <speaker xml:id="tg498.2.196.part1">SKARAMUZ.</speaker>
                            <l xml:id="tg498.2.196.part2"> Es ist ja nur eine Hyperbel, Esel, die ich in der Leidenschaft ausstoße. <hi rend="italic" xml:id="tg498.2.196.1.part2">Geht ab.</hi>
                            </l>
                        </sp>
                        <sp>
                            <speaker xml:id="tg498.2.197.part1">BRAUER.</speaker>
                            <l xml:id="tg498.2.197.part2"> Ich muß doch auch wieder nachsehn, wie sich die Bataille befindet. <hi rend="italic" xml:id="tg498.2.197.1.part2">Geht ab.</hi>
                            </l>
                            <lb xml:id="tg498.2.198"/>
                            <stage rend="zenoPC" xml:id="tg498.2.199">
                                <hi rend="italic" xml:id="tg498.2.199.1">Rückzug. Das Heer des Skaramuz nimmt die Flucht, die andern verfolgen die Fliehenden. Skaramuz kömmt trostlos.</hi>
                            </stage>
                            <lb xml:id="tg498.2.200"/>
                        </sp>
                        <sp>
                            <speaker xml:id="tg498.2.201.part1">SKARAMUZ.</speaker>
                            <p xml:id="tg498.2.201.part2"> Meine Herren, die ganze Bataille ist total verloren nun bleibt mir gar keine Hoffnung mehr – ich werde abgesetzt, der verdammte Apollo nimmt meine Stelle ein. – Meine ganze Armee ist zerstreut; – erbarmen Sie sich meiner, geliebte Zuschauer, schicken Sie mir eine Verstärkung!</p>
                        </sp>
                        <sp>
                            <speaker xml:id="tg498.2.202.part1">SCÄVOLA.</speaker>
                            <l xml:id="tg498.2.202.part2"> Warum stehn wir aber auch müßig, und sehn das Leiden des großen Mannes so kaltblütig mit an?</l>
                        </sp>
                        <sp>
                            <speaker xml:id="tg498.2.203.part1">PIERROT.</speaker>
                            <l xml:id="tg498.2.203.part2"> Wir sind Schurken, wenn wir es leiden, daß er abgesetzt wird.</l>
                        </sp>
                        <sp>
                            <speaker xml:id="tg498.2.204.part1">DER ANDRE.</speaker>
                            <l xml:id="tg498.2.204.part2"> Nimmermehr soll es so weit kommen.</l>
                        </sp>
                        <sp>
                            <speaker xml:id="tg498.2.205.part1">ZUSCHAUER.</speaker>
                            <l xml:id="tg498.2.205.part2"> Nein! nein! hat schon das Gewitter ausgestanden, und soll sich nun noch sein Reich zerstören lassen.</l>
                            <lb xml:id="tg498.2.206"/>
                            <stage rend="zenoPC" xml:id="tg498.2.207">
                                <hi rend="italic" xml:id="tg498.2.207.1">
                                    <pb n="355" xml:id="tg498.2.207.1.1"/>
Apollo kömmt mit seinem Gefolge.</hi>
                            </stage>
                            <lb xml:id="tg498.2.208"/>
                        </sp>
                        <sp>
                            <speaker xml:id="tg498.2.209.part1">APOLLO.</speaker>
                            <p xml:id="tg498.2.209.part2"> Der Sieg ist nun unser, Freunde; nehmt noch den Skaramuz gefangen und dann wollen wir das Reich von neuem einrichten.</p>
                        </sp>
                        <sp>
                            <speaker xml:id="tg498.2.210.part1">ZUSCHAUER.</speaker>
                            <l xml:id="tg498.2.210.part2"> Nimmermehr soll es so weit kommen.</l>
                            <lb xml:id="tg498.2.211"/>
                            <stage rend="zenoPC" xml:id="tg498.2.212">
                                <hi rend="italic" xml:id="tg498.2.212.1">Sie klettern alle zum Theater hinauf.</hi>
                            </stage>
                            <lb xml:id="tg498.2.213"/>
                        </sp>
                        <sp>
                            <speaker xml:id="tg498.2.214.part1">APOLLO.</speaker>
                            <l xml:id="tg498.2.214.part2"> Was gibt's denn?</l>
                        </sp>
                        <sp>
                            <speaker xml:id="tg498.2.215.part1">ZUSCHAUER.</speaker>
                            <p xml:id="tg498.2.215.part2"> Er ist unser Freund, wir wollen für ihn bis auf den letzten Blutstropfen fechten. Fangt nur die Schlacht gleich wieder von neuem an, dann wollen wir sehn, wer den Sieg davonträgt.</p>
                        </sp>
                        <sp>
                            <speaker xml:id="tg498.2.216.part1">APOLLO.</speaker>
                            <l xml:id="tg498.2.216.part2"> Ha ha ha! liebe Herren, Sie vergessen sich ganz.</l>
                            <lb xml:id="tg498.2.217"/>
                            <stage rend="zenoPC" xml:id="tg498.2.218">
                                <hi rend="italic" xml:id="tg498.2.218.1">Die ganze Armee des Apollo lacht.</hi>
                            </stage>
                            <lb xml:id="tg498.2.219"/>
                        </sp>
                        <sp>
                            <speaker xml:id="tg498.2.220.part1">SCÄVOLA.</speaker>
                            <p xml:id="tg498.2.220.part2"> Es ist da nichts zu lachen, wir beschützen sein Königreich; er hat tugendhaft und gut regiert, <hi rend="spaced" xml:id="tg498.2.220.1.part2">wir</hi> wollen seine treuen Untertanen sein.</p>
                        </sp>
                        <sp>
                            <speaker xml:id="tg498.2.221.part1">APOLLO.</speaker>
                            <p xml:id="tg498.2.221.part2"> Aber, meine Herren, Sie vergessen in Ihrem Enthusiasmus, daß wir alle nur Schauspieler sind, und daß das Ganze nichts als ein Spiel ist. – Und damit wäre denn das Stück völlig zu Ende.</p>
                        </sp>
                        <sp>
                            <speaker xml:id="tg498.2.222.part1">WAGEMANN.</speaker>
                            <l xml:id="tg498.2.222.part2"> Herr Skaramuz, Sie haben sich sehr tapfer gehalten.</l>
                        </sp>
                        <sp>
                            <speaker xml:id="tg498.2.223.part1">SCÄVOLA.</speaker>
                            <p xml:id="tg498.2.223.part2"> Herr Directeur, Sie ließen im Stücke einmal ein Wort davon fallen, daß Sie den Skaramuz abdanken wollten, das soll auch nicht sein.</p>
                        </sp>
                        <sp>
                            <speaker xml:id="tg498.2.224.part1">WAGEMANN.</speaker>
                            <p xml:id="tg498.2.224.part2"> Ich wäre ja ein Tor, wenn ich es täte, da er Ihren Beifall in einem so hohen Grade hat, daß Sie für ihn sterben wollen.</p>
                        </sp>
                        <sp>
                            <speaker xml:id="tg498.2.225.part1">SCÄVOLA.</speaker>
                            <l xml:id="tg498.2.225.part2"> Ja, Blut und Leben für Skaramuz!</l>
                        </sp>
                        <sp>
                            <speaker xml:id="tg498.2.226.part1">ALLE.</speaker>
                            <l xml:id="tg498.2.226.part2"> Leib und Leben für Skaramuz!</l>
                            <lb xml:id="tg498.2.227"/>
                            <stage rend="zenoPC" xml:id="tg498.2.228">
                                <hi rend="italic" xml:id="tg498.2.228.1">Der Vorhang fällt.</hi>
                            </stage>
                            <stage rend="zenoPC" xml:id="tg498.2.229">
                                <hi rend="italic" xml:id="tg498.2.229.1">Prologus tritt bescheiden herein.</hi>
                            </stage>
                            <lb xml:id="tg498.2.230"/>
                        </sp>
                        <sp>
                            <speaker xml:id="tg498.2.231.part1">PROLOGUS.</speaker>
                            <p xml:id="tg498.2.231.part2"> Sie werden hier ein Stück sehen, meine Verehrungswürdigen, das ein wenig wunderlich aussieht, das es aber von Herzen gut meint. Es ist nützlich, wenn wir zuweilen des mannigfachen Elends dieser großen Erde vergessen, oder auch es milder im Spiegel der Torheit anschaun, und dazu dient vielleicht nachfolgendes.</p>
                            <pb n="356" xml:id="tg498.2.232"/>
                            <p xml:id="tg498.2.233">Gefällt Ihnen das Stück nicht, so steht es um so schlimmer um den Verfasser; alle Entschuldigungen sind dann umsonst, und ich will kein Wort zu seiner Rechtfertigung sagen. Wenn Ihnen also die Zeit lange währt, so wünsche ich Ihnen von ganzem Herzen bei irgendeinem andern Schauspiele desto mehr Vergnügen. –</p>
                            <p xml:id="tg498.2.234">Doch ich sehe soeben, es ist kein Zuschauer da, der diesen so notwendigen Prologus anhören könnte.</p>
                        </sp>
                        <sp>
                            <speaker xml:id="tg498.2.235.part1">ZUSCHAUER.</speaker>
                            <l xml:id="tg498.2.235.part2"> Wir sitzen hinter der Gardine, Herr Prologus, beim Herrn Skaramuz.</l>
                        </sp>
                        <sp>
                            <speaker xml:id="tg498.2.236.part1">PROLOGUS.</speaker>
                            <p xml:id="tg498.2.236.part2"> So will ich also auch zu ihm gehn. Ich empfehle mich. – <hi rend="italic" xml:id="tg498.2.236.1.part2">Er verbeugt sich sehr ehrerbietig gegen die leeren Bänke und geht ab.</hi>
                            </p>
                        </sp>
                        <sp>
                            <speaker xml:id="tg498.2.237.part1">GRÜNHELM.</speaker>
                            <p xml:id="tg498.2.237.part2"> Nun ist der ganze Prolog an mich gerichtet gewesen, der ich eine der Hauptpersonen im Stücke selber war, und doch ist er mich gar nicht gewahr geworden, und doch bin ich hier der einzige Mensch! Es ist immer sehr wunderbar, und verdient wohl eine Untersuchung der Philosophen. – Aber ich tue wohl gut, nach Hause zu gehn, und meiner wirklichen Frau von meinen wunderbaren Begebenheiten diesseit und jenseit der Lampen zu erzählen, denn die Verbindung mit der Thalia war nur eine KomödienheiRäte. <hi rend="italic" xml:id="tg498.2.237.1.part2">Er geht.</hi>
                            </p>
                        </sp>
                    </div>
                </div>
            </div>
        </body>
    </text>
</TEI>