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1810-08-20_AvBassewitz_CRichter.xml
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<titleStmt><title>Von Adelheid von Bassewitz an Caroline Richter. Potsdam, 20. August 1810, Montag</title><respStmt ref="http://d-nb.info/gnd/1155558472"><persName><surname>Jahnke</surname><forename>Selma</forename></persName><resp><note type="remarkResponsibility">Editorin</note></resp></respStmt><respStmt><persName ref="http://d-nb.info/gnd/1121508855"><surname>Neuber</surname><forename>Frederike</forename></persName><resp><note type="remarkResponsibility">Digitale Konzeption und Modellierung</note></resp></respStmt><respStmt><persName><surname>Rölcke</surname><forename>Michael</forename></persName><resp><note type="remarkResponsibility">Editor</note></resp></respStmt><respStmt><persName><surname>Lecroq</surname><forename>Axelle</forename></persName><resp><note type="remarkResponsibility">Digitale Modellierung</note></resp></respStmt><respStmt><persName><surname>Thielert</surname><forename>Pauline</forename></persName><resp><note type="remarkResponsibility">Mitarbeit</note></resp></respStmt></titleStmt><editionStmt><edition>Briefe aus Jean Pauls Umfeld. Herausgegeben an der Berlin-Brandenburgischen
Akademie der Wissenschaften von Selma Jahnke und Michael Rölcke (2020-). In: Jean
Paul – Sämtliche Briefe digital. Herausgegeben im Auftrag der
Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften von Markus Bernauer, Norbert
Miller und Frederike Neuber (2018–).</edition></editionStmt>
<publicationStmt><publisher><email>telota@bbaw.de</email><orgName>TELOTA - The Electronic Life Of The Academy</orgName><orgName>Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften</orgName><address><addrLine>Jägerstr. 22/23, 10117 Berlin</addrLine><country>Germany</country></address></publisher><pubPlace>Berlin</pubPlace><date type="publication">2020 ff.</date><availability status="free"><licence target="http://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0/"/></availability></publicationStmt>
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<msDesc rend="manuscript" type="baseText">
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<institution>BJK</institution>
<collection>Berlin A</collection>
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<physDesc><p>
2 Dbl. 8°, 7⅓ S.
</p></physDesc>
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</listWit><p>Über dem Brief vfrH: 20.8.</p>
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<correspAction type="sent">
<persName key="JP-000225">Adelheid Henriette von Bassewitz</persName>
<placeName key="JP-006162">Potsdam</placeName>
<date when="1810-08-20" cert="high"/>
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<correspAction type="received">
<persName key="JP-003469">Caroline Richter</persName>
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<keywords scheme="#correspondents">
<term corresp="#JP-012320">Caroline Richter-Kreis</term>
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<term corresp="#JP-012278">Freundschaften</term>
<term corresp="#JP-012449">Kinder</term>
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<p>Aus der verzögerten Antwort, auf <seg type="comment"><orig>Ihr liebes
Schreiben</orig><note xml:id="nwnw_tvh_klb">Nicht
überliefert.</note></seg>, haben Sie, meine theure Caroline, vielleicht den
Schluß gezogen, daß Ihr Andenken, nicht sehr lebhaft in meinem Herzen geblieben
sein müßte. Mit Freuden und inniger Bewegung bin ich es mir aber bewußt, daß
meine herzliche Freundschaft für Sie ganz unverändert ist, daß ich mit der
wahrsten Theilnahme jede Nachricht von Ihnen aufgenommen habe, u daß die liebe
Zeilen welche mir <persName key="JP-001296">Wilhelm Gerlach</persName>
überbrachte, mich mit einer Freude erfüllten, die fast über jede Beschreibung
ist. Wie durfte ich hoffen, daß Sie theuerste Caroline bei der vielfachen
Veränderung des Orts und der Lage die eine so große Zerstreuung und eine
ausgebreitete Bekanntschaft mit vielen treflichen Menschen gewöhnlich mit sich
führt <pb n="2"/>mein Bild in Ihrem Herzen bewahrt hätten; und daß mein Andenken
Ihnen werth geblieben sei.</p>
<p>Die Fröhlichkeit und Unbefangenheit der Zeit die wir miteinander verlebten, wurde
lebendig hervorgerufen in meiner Seele, durch jedes Ihrer lieben Worte; und der
feierliche ergreifende Tag an welchen ich Ihre liebe Zeilen empfing, wurde mir
durch das Bewustsein Ihres Andenkens und Ihrer Liebe verherrlicht und verklärt.
Es war gerade der <seg type="comment"><orig>Tauftag meines 4ten kleinen
Mädchens</orig><note xml:id="nwwt_1wh_klb">Auguste Dorothea von
Bassewitz wurde am 10. Mai 1810 geboren.</note></seg> an welchen ich
Ihren Brief empfing; ein großer Theil meiner Freunde hatte sich um mich
versammelt, um <add place="superlinear" hand="#author">Taufzeugen bei</add>
meiner kleinen <persName key="JP-012247">Auguste</persName> zu sein, <persName key="JP-001296">Wilhelm Gerlach</persName> kam wie gerufen, und durch Ihre
liebe Zeilen waren Sie theure Caroline mit einem mal auch <del rendition="#s" cert="high" hand="#author">mein</del> in meiner Nähe versetzt. Gewiß hätte
ich Ihnen sehr bald und <add place="superlinear" hand="#author">noch</add>
ergriffen <pb n="3"/>vom dem Eindruck den Ihre Zeilen auf mich gemacht haben
geantwortet, <subst>
<del rendition="#ow"><gap reason="illegible" unit="chars" quantity="1"/></del>
<add place="across">w</add>
</subst>äre nicht meine Freundinn <hi rendition="#u" hand="#author" cert="high"><persName key="JP-000830">Minchen Dörfer</persName></hi>, die sich
schon seit einigen Jahren, bei mir aufhält und mich bei der Erziehung <persName key="JP-012884">meiner Kinder</persName> unterstützt den Tag nach der Taufe
in eine langwierige Krankheit verfallen, von welcher sie jetzt erst anfängt sich
zu erholen. Meine häusliche Geschäfte häuften sich <subst>
<del rendition="#s">an</del>
<add place="superlinear">so</add>
</subst> an und meine Kräfte waren noch so gering, daß ich mich anstrengen mußte
um nur das nothwendigste zu thun u so kam es daß die Beantwortung <seg type="comment"><orig>Ihres lieben Briefes</orig><note xml:id="nhjq_kjl_klb">Nicht überliefert.</note></seg> von einer Woche zur andern verschoben
wurde. Sie haben in diesen Zeilen nun bereits gesehen daß ich <seg type="comment"><orig>vier Töchter</orig><note xml:id="nu4p_ljl_klb"><persName key="JP-012199">Sophie Henriette Ernestine</persName>,
<persName key="JP-012624">Adelheid</persName>, <persName key="JP-011855">Marie</persName> und <persName key="JP-012247">Auguste Dorothea von Bassewitz</persName>.</note></seg> habe, und
daß eine Freundinn die wir beide <del rendition="#s" cert="high" hand="#author">ein</del> in der Blüthe unserer Freundschaft mit Herzlichkeit u Liebe
umfaßten sich bei mir aufhält und durch eine nützliche Thätigkeit <pb n="4"/>sich über vieles, was sie im Leben erfahren u leiden mußte, erhebt. Außer den
<ref target="JP-UB0048/#nu4p_ljl_klb">4 Mädchen</ref> habe ich <persName key="JP-012403">einen Sohn</persName>, der jetzt im siebenten Jahre ist, der
aber obgleich er der Einzige ist, gewiß nicht verzogen und ungerecht vorgezogen
wird. <persName key="JP-012199">Meine älteste Tochter</persName> ist sehr
schwachen Körperbaues, sie hat mir unendlichen Kummer und große Sorge durch ihre
Schwächlichkeit verursacht; doch ersetzt sie dieses jetzt alles, durch ihre
große Zärtlichkeit für mich, u durch recht ausgezeichnete Fähigkeiten und
Anlagen die meine größte Freude ausmachen. <persName key="JP-012624">Meine
zweite Tochter</persName> ist ein liebes sanftes freundliches Kind vielmehr
läßt sich noch nicht von ihr sagen. <seg type="comment"><orig>Die beiden
jüngsten Mädchen</orig><note xml:id="nw5s_yjl_klb"><persName key="JP-011855">Marie</persName> wurde 1808, <persName key="JP-012247">Auguste Dorothea</persName> 1810
geboren.</note></seg> wovon das Eine zwei Jahr <ref target="JP-UB0048/#nwwt_1wh_klb">das andere 3 Monat <add place="superlinear" hand="#author">alt</add></ref> ist sind die Spielpuppen im Hause für
Mutter <persName key="JP-012364">Vater</persName> u Tante (so nennen alle Kinder
<persName key="JP-000830">Minch Dör</persName>). <pb n="5"/><persName key="JP-011855">Marie</persName> die älteste von den beiden Kleinen ist ein
gar drolliges u sehr lebhaftes Kind und eigentlich der Verzug <subst>
<del rendition="#s"><gap reason="illegible" unit="words" quantity="1"/>
ganzen Hause.</del>
<add place="superlinear">von uns allen!</add>
</subst> Hier haben Sie beste Caroline, ein Bild von meinem Hausstande freilich
ist es gar unvollständig, doch die Lückken welche durch eine so lange Trennung,
wie die unsrige ist, entstehen, laßen sich mit einem Briefe, nicht ausfüllen.
Wie glücklich könnte es mich machen wenn Sie mit <persName key="JP-003482">Ihrer
ganzen Familie</persName>, wie es schon einige mal hieß, zum Besuch nach
<placeName key="JP-005586">Berlin</placeName>, kämen, u die Freundinn hier
in <placeName key="JP-006162">Potsdam</placeName> mit Ihrem u der Ihrigen
Anblick erfreuten. Das lebhafte Intereße was <persName key="JP-999999">Ihr
theurer Mann</persName> mir durch alles was ich früher von ihm wußte
einflößte, ist durch die fortgesetzte Bekanntschaft mit seinen
schriftstellerischen Arbeiten, u durch die Kunde von dem häuslichem Glücke was
er den <pb n="6"/>Seinen bereitet, ehr erhöht, als verringert. Und ich darf mich
ihm mit dem Bewußtsein empfehlen, jetzt seiner Freundschaft würdiger zu sein,
als in früherer Zeit, wo er uns alle mit so vieler Nachsicht u Zartheit
behandelte. Daß ich häuslich <hi rendition="#u" hand="#author" cert="high">sehr</hi>
<hi rendition="#u" hand="#author" cert="high">sehr</hi> glücklich lebe, daß
sagte Ihnen wohl <persName key="JP-001296">Wilhelm Gerlach</persName>. Ich habe
hier in <placeName key="JP-006162">Potsdam</placeName> wenig Umgang, aber viel
Genuß in der Natur und in den herrlichen Umgebungen, die diesen Ort vor so
vielen auszeichnen. Den Zusammenhang mit meinen Freunden in Berlin unterhalte
ich lebhaft – es sind immer dieselben, welche die liebe Caroline früher kannten
/ <seg type="comment"><orig>Stubenrauchs</orig><note xml:id="nzpb_kkl_klb">Die
drei Töchter von <persName key="JP-004206">Friedrich Heinrich</persName>
und <persName key="JP-004205">Friederike Stubenrauch</persName>:
<persName key="JP-000437">Wilhelmine Dorothea</persName>, <persName key="JP-012248">Amalie</persName> und <persName key="JP-012254">Ernestine Auguste</persName>.</note></seg> / wovon <persName key="JP-012248">die Zweite</persName> an einen treflichen Mann, dem
<persName key="JP-011793">Staats Rath Borsche</persName> verheirathet ist,
die <persName key="JP-012431">Eimbeck</persName>. / eine <persName key="JP-001600">Heimsche</persName> Tochter / <persName key="JP-012254">die
jüngste Stubenrauch, Auguste</persName>, ist zu einem treflichen Mädchen
erwachsen. Von der <unclear reason="illegible"><seg type="comment"><orig>Bülow</orig><note xml:id="nzbt_1q1_xmb">Caroline Richters
Jugendfreundin <persName key="JP-000537">Jeanette
Schmucker</persName>, die 1804 den späteren preußischen
Staatsminister <persName key="JP-012303">Ludwig Friedrich Victor
Hans von Bülow </persName>geheiratet
hatte.</note></seg></unclear>
<pb n="7"/>bin ich durch manche Verhältniße äußerlich getrennt; meine Liebe für
sie ist aber immer dieselbe, ich zweifle nicht an die ihre u obgleich wir uns
seit Jahren nicht <add place="intralinear" hand="#author">ge</add>schrieben <add place="superlinear" hand="#author">haben</add>, würde uns eine Stunde freien
Gesprächs in Herzlichkeit u Liebe vereinen. <persName key="JP-000437">Die
älteste Stubenrauch; Wilhelmine</persName>, hält sich in <placeName key="JP-012522">Sonnenburg</placeName> bei ihrer <seg type="comment"><orig><add place="superlinear" hand="#author">ältesten</add>
Schwester</orig><note xml:id="nx45_3tl_klb">Gemeint ist <persName key="JP-012260">Karoline Stosch, geb. Stubenrauch</persName>
(1770-1842), die einzige Tochter aus der Ehe zwischen <persName key="JP-004206">Friedrich Heinrich Stubenrauch</persName> und
<persName key="JP-011978">Caroline Wilhelmine Henriette
Scholz</persName>, die 1793 den Sonnenburger Oberregierungsrat
Wilhelm Stoch geheiratet hatte.</note></seg> auf, und erzieht u
unterrichtet <persName key="JP-012852">ihre kleine Nichten</persName> deren sie
fünfe dort hat. <persName key="JP-000830">Minchen Dörfer</persName>
<subst>
<del rendition="#s">wird</del>
<add place="superlinear">würde</add>
</subst> sehr erfreut <subst>
<del rendition="#s">sein</del>
<add place="superlinear">werden</add>
</subst> durch die Versichrung, daß Sie, meine liebe Caroline ihrer mit Liebe
gedenken, das Schicksal was Ihnen <persName key="JP-002581">die theure
Schwester</persName> raubte, hat ihr zugleich die zärtlich geliebteste
Freundinn genommen. Wollen Sie, meine beste Caroline, den Zusammenhang unter
uns, zuweilen durch einige Zeilen unterhalten so werden Sie mich dadurch sehr
glücklich machen; mögten diese Zeilen Ihnen ein Zeugniß sein wie sehr ich es
wünsche <pb n="8"/>mögte sie mit ähnlichen Gesinnungen u Empfindungen von Ihnen
empfangen werden als die Ihrigen bei mir hervorbrachten. Von ganzem Herzen und
mit ewig unveränderter Freundschaft die Ihrige</p>
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<hi rendition="#right">Adelheid v Baßewitz<lb/>geborne v Gerlach.</hi>
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