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<teiHeader>
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<titleStmt><title>Von Friedrich Arnold Brockhaus an Ernst Karl Friedrich Ludwig. Altenburg, 14.
oder 21. Dezember 1810, Freitag</title><respStmt ref="http://d-nb.info/gnd/1155558472"><persName><surname>Jahnke</surname><forename>Selma</forename></persName><resp><note type="remarkResponsibility">Editorin</note></resp></respStmt><respStmt><persName ref="http://d-nb.info/gnd/1121508855"><surname>Neuber</surname><forename>Frederike</forename></persName><resp><note type="remarkResponsibility">Digitale Konzeption und Modellierung</note></resp></respStmt><respStmt><persName><surname>Rölcke</surname><forename>Michael</forename></persName><resp><note type="remarkResponsibility">Editor</note></resp></respStmt><respStmt><persName><surname>Lecroq</surname><forename>Axelle</forename></persName><resp><note type="remarkResponsibility">Digitale Modellierung</note></resp></respStmt><respStmt><persName><surname>Thielert</surname><forename>Pauline</forename></persName><resp><note type="remarkResponsibility">Mitarbeit</note></resp></respStmt></titleStmt><editionStmt><edition>Briefe aus Jean Pauls Umfeld. Herausgegeben an der Berlin-Brandenburgischen
Akademie der Wissenschaften von Selma Jahnke und Michael Rölcke (2020-). In: Jean
Paul – Sämtliche Briefe digital. Herausgegeben im Auftrag der
Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften von Markus Bernauer, Norbert
Miller und Frederike Neuber (2018–).</edition></editionStmt>
<publicationStmt><publisher><email>telota@bbaw.de</email><orgName>TELOTA - The Electronic Life Of The Academy</orgName><orgName>Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften</orgName><address><addrLine>Jägerstr. 22/23, 10117 Berlin</addrLine><country>Germany</country></address></publisher><pubPlace>Berlin</pubPlace><date type="publication">2020 ff.</date><availability status="free"><licence target="http://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0/"/></availability></publicationStmt>
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<bibl rend="print" type="baseText">Brockhaus, Leben 1, S. 205–206
(unvollständig).</bibl>
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<correspAction type="sent">
<persName key="JP-000501">Friedrich Arnold Brockhaus</persName>
<placeName key="JP-005521">Altenburg</placeName>
<date notBefore="1810-12-14" notAfter="1810-12-21" cert="high"/>
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<correspAction type="received">
<persName key="JP-002527">Ernst Karl Friedrich Ludwig</persName>
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<note>Zur Datierung: Geschrieben an einem Freitag nach dem 8. Dezember 1810, also am
14. oder 21. Dezember.</note>
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<keywords scheme="#correspondents">
<term corresp="#JP-012648">Altenburger Bekannte</term>
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<keywords scheme="#topics">
<term corresp="#JP-012486">Krankheit bzw.
Gesundheitszustand</term>
<term corresp="#JP-012350">Minna Spaziers Beruf</term>
<term corresp="#JP-013235">Minna Spaziers Erkrankung</term>
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<dateline>Freitag Morgen.</dateline>
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<p>Hierbei, lieber Ludwig, <seg type="comment"><orig>der Brief vom Vater</orig><note xml:id="nxxq_bvy_tnb">Gemeint ist Minna Spaziers Vater <persName key="JP-002703">Johann Siegfried Wilhelm Mayer</persName>; der
Brief, der einen nicht überlieferten Brief von Ernst Ludwig
beantwortete, stammte vom 8. Dezember 1810.</note></seg> zurück. Ich
leugne nicht, daß mich derselbe sehr afficirt hat, und daß ich wünschte, ihn
nicht gelesen zu haben. <seg type="comment"><orig>Wenn es vom <persName key="JP-002703">Vater</persName> darin als etwas unbedingt
Ausgemachtes angenommen wird, daß der Zustand von <persName key="JP-004393">Minna</persName> nur und alleine aus ihrer
Exaltation über meine persönlichen Angelegenheiten könne entstanden
sein</orig><note xml:id="nc2x_tyy_tnb">Vgl. Brockhaus, Leben 1, S. 204,
wo Mayers Brief wie folgt paraphrasiert wird: "In diesem Briefe vom 8.
December dankt Mayer für die ihm auch von Ludwig gegebenen Nachrichten;
sie hätten ihn tief erschüttert und nur der Gedanke an die Theilnahme,
die seine Tochter von ihm und den Seinigen sowie von Herrn Brockhaus
erfahren, habe ihn und seine Frau einigermaßen beruhigen können. Der
Anlaß zu der Geistesverwirrung seiner Tochter, wenigstens der nächste
und unmittelbarste, könne indeß kein anderer sein als die
Verlegenheiten, in denen sie sich befinde und die sie durch den Antheil,
den sie an den Angelegenheiten des Herrn Brockhaus genommen, noch mehr
auf sich gehäuft habe." Dem Brief an Ludwig war auch ein nicht
überlieferter Brief Mayers an Brockhaus beigelegt.</note></seg>, so
setzt er mich auf einen Standpunkt zu unserer Freundin, der mein ganzes Innere
in Anspruch nimmt, und mich – ich muß es nur heraussagen – wirklich empört.</p>
<p>Es ist auch für den psychologischen Arzt, und wäre es ein zweiter <persName key="JP-013227">Willis</persName>, wol immer eine der schwersten
Aufgaben, auch bei der vollständigsten Kenntniß aller Verhältnisse und der
sorgfältigsten Beobachtung bei Kranken dieser Art, die Ursachen positiv
anzugeben, die die Entfernung des gesunden Denkvermögens bewirkt haben, und es
erfordert unendliche Zartheit, sich über solche mögliche Ursachen auszusprechen.
<persName key="JP-002703">Der Vater</persName> handelt also sehr übereilt,
wenn er bei seiner mangelhaften Kenntniß aller Verhältnisse dennoch ein so
absprechendes und mich auch mit sehr verletzendes Urtheil wagt.</p>
<p>Ich für mich glaube überzeugt sein zu dürfen, daß allerdings jene äußern Ursachen
auch etwas zur physischen Krankheit – dem rheumatischen Nervenfieber und den
Krämpfen – können beigetragen haben, daß aber im Innersten von <persName key="JP-004393">Minna's</persName> Seele der Keim zu der eingetretenen
Desorganisation ihres Seelenzustandes längst gelegen hat und daß dieser früher
oder später ausbrechen mußte. Die Ursachen zu diesen Keimen gehören aber zu den
unaussprechlichen Dingen und sind also auch dem <persName key="JP-002703">Vater</persName>, der in seiner Arglosigkeit nichts von ihnen ahndet, nicht
mitzutheilen.</p>
<p><seg type="comment"><orig>Ebenso unrichtig ist es, wenn <persName key="JP-002703">der Vater</persName> annimmt, daß durch geistige Anstrengung bei
ihren literarischen Arbeiten <persName key="JP-004393">Minna</persName>
sich sehr könne überspannt haben.</orig><note xml:id="nny4_xyy_tnb">Vgl.
Brockhaus, Leben 1, S. 204-205, wonach Mayer geäußert haben soll: "Er
wolle nicht bestreiten, daß auch übermäßige Anstrengung in ihren
literarischen Productionen den Zustand befördert haben könne, zumal bei
den körperlichen Fatiguen, die ihr der Abzug von Leipzig und das Hin-
und Herreicsen zugezogen haben müsse."</note></seg> In diesem ganzen
Jahre hat <persName key="JP-004393">Minna</persName> sich nur so unbedeutend mit
eigenen literarischen Arbeiten beschäftigt, daß es gar nicht nennenswerth ist
und, den gegebenen Stoff mitgerechnet, der blos überarbeitet zu werden brauchte,
gedruckt kaum fünf bis sechs Bogen betragen würde.</p>
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